Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104143/10/Br

Linz, 11.12.1996

VwSen-104143/10/Br Linz, am 11. Dezember 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn M, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt, O, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 7. Oktober 1996, Zl.: VerkR96-10755-1996, wegen Übertretung des KFG - 1967, nach der am 10. Dezember 1996 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

I. Der Berufung wird F o l g e gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr.

471/1995 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr.

52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 620/1995 - VStG; II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Erstbehörde hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis wider den Berufungswerber eine Geldstrafe von 10.000 S und für den Nichteinbringungsfall 336 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er auf Verlangen der Behörde nach § 103 Abs.2 KFG nicht fristgerecht darüber Auskunft erteilt habe, wer ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug, dessen Zulassungsbesitzer er ist, zu einem bestimmten Zeitpunkt gelenkt habe.

2. Die Erstbehörde führte begründend folgendes aus:

"Die Ihnen angelastete Verwaltungsübertretung ist durch die Tatsache, daß Sie die Lenkererhebung nicht innerhalb der im § 103 Abs.2 KFG.1967 normierten zweiwöchigen Frist beantwortet haben und dadurch, daß Sie die Ihnen angelastete Verwaltungsübertretung unbestritten ließen, so ausreichend erwiesen, daß spruchgemäß zu entscheiden war.

Da Sie der ha. Aufforderung vom 13.8.1996 (am 21.8.1996 beim Postamt K hinterlegt) sich schriftlich zu rechtfertigen oder zur mündlichen Verhandlung bei diesem Amt am 10.9.1996 persönlich zu erscheinen oder einen mit der Sachlage vertrauten und schriftlich bevollmächtigten, eigenberechtigten Vertreter zu entsenden, keine Folge geleistet haben, wird das Verwaltungsstrafverfahren nunmehr ohne Anhörung durchgeführt. Die Durchführung des Strafverfahrens ohne Anhörung wurde angedroht.

Gemäß § 103 Abs.2 KFG.1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probeoder Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen (Verfassungsbestimmung).

Gemäß § 134 Abs.1 KFG.1967 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000,--, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu 6 Wochen zu bestrafen, wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen zuwiderhandelt.

Zu den Bestimmungen des § 19 VStG 1991 wird festgestellt, daß Sie trotz schriftlichem Ersuchen keine Auskunft über Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse erteilten. Es wird daher ein fiktives monatliches Durchschnittseinkommen von S 15.000,- , keine Sorgepflicht und kein Vermögen angenommen.

Bei der Strafzumessung lagen keine mildernden Umstände vor.

Straferschwerend war die der Lenkeranfrage zugrundeliegende eklatante Geschwindigkeitsüberschreitung die in einem Bereich lag, daß sie den Entzug der Lenkerberechtigung zur Folge hätte.

2.1. Dagegen wandte sich der Berufungswerber durch die von seinem ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht erhobene Berufung und führt folgendes aus:

"In umseits näher bezeichneter Verwaltungsstrafsache erhebe ich durch meinen ausgewiesenen Rechtsvertreter gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 7.10.1996, GZ. VerkR 96-10755-1996, binnen offener Frist nachstehende BERUFUNG und führe diese aus wie folgt:

Das oben bezeichnete Straferkenntnis wird seinem gesamten Inhalte nach angefochten und werden als Berufungsgründe Rechtswidrigkeit aufgrund rechtsunwirksamer Zustellung geltend gemacht.

Zu meiner Berufung möchte ich ausführen, daß ich insgesamt vom 21.6. bis 27.7.1996 ortsabwesend war. Während des genannten Zeitraumes habe ich mich in Kroatien aufgehalten, wobei ich ausführen möchte, daß ich eine Segeljacht besitze, welche in der M in K stationiert ist. Über die Sommermonate habe ich meine Segeljacht verchartert, wobei ich selbst als Skipper tätig bin. Demnach halte ich mich über die Sommermonate vorwiegend in Kroatien auf meinem Schiff auf.

Richtig ist, daß die Aufforderung zur Erteilung einer Lenkerauskunft am 9.7.1996 beim Postamt K hinterlegt wurde, wobei ich jedoch aufgrund meiner Ortsabwesenheit keine Kenntnis erlangen konnte und demnach die Zustellung durch Hinterlegung nicht rechtswirksam vorgenommen werden konnte.

Wie bereits dargelegt, bin ich erst in der Nacht vom 27.7.

auf 28.7.1996 aus Kroatien zurückgekehrt. Demnach habe ich die Hinterlegungsanzeige erst am 28.7.1996 vorgefunden und sodann am 29.7.1996 die Lenkererhebung beim Postamt K behoben. Durch meine Rückkehr in der Nacht vom 27.7. auf 28.7.1996 an die Abgabestelle wurde bewirkt, daß die Zustellung frühestens mit dem 29.7.1996 wirksam wird, sodaß die entsprechende Frist zur Abgabe einer Lenkerauskunft frühestens mit dem 29.7.1996 zu laufen beginnen konnte. Die Lenkerauskunft habe ich sodann am 1.8.1996 mittels eingeschriebenen Briefes an die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck übermittelt.

Da ich daher nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang in Folge meiner Ortsabwesenheit Kenntnis erlangen konnte wurde die Zustellung demnach gemäß § 17 Abs.3 Zustellgesetz erst an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam und war dies eben der 29.7.1996.

Beweis: zeugenschaftliche Einvernahme von Frau Elfriede P zeugenschaftliche Einvernahme von Frau F Einvernahme von Herrn M Im Hinblick darauf, daß die Hinterlegung aufgrund meiner Ortsabwesenheit nicht rechtswirksam erfolgen konnte, stelle ich daher den ANTRAG die Berufungsbehörde wolle in Stattgebung meiner Berufung 1. das angefochtene Straferkenntnis dahingehend abändern, daß dieses behoben werde und bezüglich des gegen mich eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahrens die Einstellung verfügen.

K, am 22.10.1996 Dr.Sch/W M" 3. Die Erstbehörde hatte offenbar ohne Prüfung der Berufungsgründe keine Berufungsvorentscheidung sogleich vorgelegt. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den erstbehördlichen Verfahrensakt und die Vornahme ergänzender Erhebungen, sowie die Vernehmung des Berufungswerbers anläßlich der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung. Zusätzlich wurde an den angeblichen Lenker durch ein Schreiben an dessen Heimatort in Kroatien eine schriftliche Anfrage im Hinblick auf diese Lenkereigenschaft gestellt. Eine Beantwortung dieses Schreibens war bis zum Verhandlungstag noch nicht eingelangt.

4. Zumal keine 10.000,- S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen.

5. Für den Berufungswerber wurde die Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers am 9. Juli 1996 beim Postamt K hinterlegt und ab diesem Zeitpunkt zur Abholung bereitgehalten. Behoben wurde das Schriftstück schließlich am 29. Juli 1996 durch den Berufungswerber. Der Berufungswerber hielt sich zum Zeitpunkt der Hinterlegung nicht in Österreich auf. Er kehrte am 28. Juli 1996 vom Urlaub zurück und erlangte zu diesem Zeitpunkt Kenntnis von der hinterlegten Postsendung, welche er am 29. Juli 1996 behob. Die Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers leitete er mit Schreiben vom 1. August 1996 an die Erstbehörde. In der Folge reagierte er offenbar auf die Aufforderung zur Rechtfertigung nur telefonisch, blieb in weiterer Folge jedoch eine diesbezüglich schriftliche Erklärung im Hinblick auf die geringfügig "verspätet" erteilte Lenkerauskunft der Behörde schuldig.

Der Berufungswerber belegte die Ortsabwesenheit durch die Vorlage eidesstattlicher Erklärungen und durch seine Aussage vor dem Verwaltungssenat. Zwischenzeitig wurde jedoch vom angeblichen Lenker mitgeteilt, daß er das Fahrzeug zum fraglichen Zeitpunkt nicht gelenkt habe.

6. Der § 103 Abs.2 KFG 1967 lautet:

Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat.

Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen (Verfassungsbestimmung). Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

6.1. Hier lag keine bloß vorübergehende Abwesenheit von der Abgabenstelle vor, sodaß der dritte Satz des § 17 Abs.3 ZustellG zur Anwendung gelangt. Der Berufungswerber war gehindert den Zustellvorgang am 8. Juli 1996 im Bereich des Zustellortes wahrzunehmen, wie dies eben im Fall einer Reise, eines Urlaubes oder eines Krankenhausaufenthaltes der Fall ist.

Die berufliche Abwesenheit von der Wohnung während des Tages ist hingegen keine vorübergehende Abwesenheit (VwGH 12.9.1985, 85/06/0118).

Hier wurde damit die Zustellung erst an dem der Rückkehr folgenden Tag, also am Tag der Abholung wirksam (§ 17 Abs.4 ZustellG, letzter Satz). Die Lenkerauskunft wurde daher rechtzeitig erteilt. Der Berufungswerber ist mit seinem Vorbringen daher vollinhaltlich im Recht.

6.2. Wie bereits anläßlich des hg. Erkenntnisses VwSen-103449 v. 18. Jänner 1996 (ebenfalls ein Verfahren der BH Vöcklabruck betreffend) ausgeführt, ist die Behörde bei der Strafzumessung nicht gehalten auf jene Strafdrohung Rücksicht zu nehmen, welche hinsichtlich jener Verwaltungsübertretung besteht, die Anlaß für das Auskunftsverlangen war (VwGH 22.2.1989, Zl. 89/02/0005). Dies tat die Erstbehörde jedoch offenkundig und vermerkte in ihrer Begründung zusätzlich auch noch als Strafzumessunsgmotiv die mit dem Grunddelikt verbundenen weiteren Rechtsfolgen in Form des Entzuges der Lenkerberechtigung. Dies ist unzulässig. Der Verwaltungsgerichtshof führt im oben zitierten Erkenntnis unter Hinweis auf sein Erkenntnis vom 9.11.1984, Zl.

84/02B/0029 weiter aus, daß die Auskunftspflicht nach § 103 Abs.2 KFG, anläßlich deren Verletzung es folglich zur Einleitung eines eigenen Strafverfahrens zu kommen hat, daher mit einem durch die Verletzung der Auskunftspflicht unterbleibenden Verfahren in keinen Zusammenhang sein kann.

Ebenfalls hätte der Aktenlage nach dem Berufungswerber auch der Milderungsgrund der bisherigen Unbescholtenheit zuerkannt werden müssen.

Die hier mit 10.000 S bemessene Strafe wäre daher nicht gerechtfertigt gewesen.

6.3. Abschließend sei bemerkt, daß auch im Falle einer objektiv falschen Lenkerauskunft - so wie sich dies nun im nachträglich hervorkommenden Beweismittel zu ergeben scheint - der hier vorliegende Tatvorwurf trotzdem nicht aufrecht erhalten ließe, indem es hier um eine "nicht rechtzeitig erteilte Lenkerauskunft" geht.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. B l e i e r

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