Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521065/7/Br/Wü

Linz, 27.09.2005

 

 

VwSen-521065/7/Br/Wü Linz, am 27. September 2005

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn S K, L, G, vertreten durch Dr. G K, Rechtsanwalt, R, W, gegen die Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 18. Juli 2005, Zl.: VerkR20-1609-2005/WL, zu Recht:

 

Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die Befristung behoben wird;

Die Auflage der Beibringung der Laborparameter (Leberfunktionsparameter: GOT, GPT, GGT u. CD-Tect) wird mit der Maßgabe bestätigt, diese dass der Berufungswerber ab 20. Oktober 2005 bis einschließlich 20. Oktober 2006 (mit einer Toleranzfrist von zehn Tagen) alle drei Monate der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land (Führerscheinabteilung) vorzulegen hat ; Im Verlaufe des Novembers 2006 hat sich der Berufungswerber ferner einer amtsärztlichen Nachuntersuchung zwecks Beurteilung seiner Stabilität im Umgang mit Alkohol zu unterziehen.

Die Auflage des Tragens einer Brille bleibt mangels Anfechtung von dieser Entscheidung unberührt.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 3 Abs.1 Z3, § 5 Abs.1 u. 2, § 8 Abs.1 und 2 Führerscheingesetz - FSG zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 129/2002 iVm § 5 Abs.1 Z4 lit.a u. § 14 Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung - FSG-GV, BGBl. II Nr. 322/1997 zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 427/2002

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oa Bescheid wurde dem Berufungswerber gestützt auf § 24 Abs.1 FSG die von der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land am 13.12.1999, Zl:. VerkR20-1781-1999/WL, für die Kl. B erteilte Lenkberechtigung ab Zustellung des Bescheides mangels gesundheitlicher Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen bis zur behördlichen Feststellung der Wiedereignung entzogen.

 

    1. Die Behörde erster Instanz stützte ihre Entscheidung auf das ein Jahr alte amtsärztliche Gutachten. Der mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochenen Beschränkung war ein auf § 7 FSG (Verkehrszuverlässigkeit) gestützter Entzug in der Dauer von zwölf Monaten - beginnend mit Zustellung des am 13.7.2004 abgefertigten Bescheides - vorausgegangen. Das exakte Zustelldatum lässt sich dem Akt nicht entnehmen. Eine tragfähige inhaltliche Begründung der Befristung lässt sich ebenso wenig aus der Aktenlage ableiten wie dies für die Umstände zutrifft, die den aktuellen gesundheitlichen Status des Berufungswerbers als Entscheidungsgrundlage festzustellen haben.
    2.  

    3. Der Berufungswerber wendet gegen diese Auflagen mit seiner fristgerecht durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung. Er verweist darin insbesondere auf die zwischenzeitig alle drei Monate der Behörde vorgelegten Befunde, welche - wie oben angeführt - im angefochtenen Bescheid unerwähnt und offenbar gänzlich unberücksichtigt geblieben waren. Aus diesen Befunden wäre laut Ansicht des Berufungswerbers seine Enthaltsamkeit während eines Jahres ableitbar. Ebenfalls habe er sich einem sozialen Dienst unterworfen was seine "geläuterte Einstellung" manifestiere. Die Befristung bis Juli 2006 sei daher sachlich nicht gerechtfertigt.

 

  1. Der Verfahrensakt wurde am 8. Juli 2005 dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Dieser ist durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen (§ 67a Abs.1 Z2 AVG). Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte angesichts der unstrittigen Faktenlage und des abschließenden Verzichtes auf die Berufungsverhandlung unterbleiben (§ 67d Abs.2 AVG).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsakt. Ergänzend Beweis erhoben wurde durch die mit Schreiben vom 18.8.2005 aufgetragenen Ergänzung des amtsärztlichen Gutachtens. Dies unter Hinweis auf die Notwendigkeit der Bezugnahme auf den aktuellen gesundheitlichen Status unter Hinweis auf das Schlüssigkeitsgebot gemäß dem diesbezüglichen Erlass des vom 26.1.2005 des BMVIT. Ebenfalls wurde auf die
ICD-10 Kriterien und die vom Berufungswerber zwischenzeitig vorgelegten Laborparameter hingewiesen.

 

3.1. Im Rahmen des Berufungsverfahrens wurde von h. an den Amtsarzt bei der Behörde erster Instanz der Auftrag zur Ergänzung seines Gutachtens erteilt. Herr
Dr. B K erstattete folglich am 13.9.2005 nachfolgende fachliche Stellungnahme:

"Am 04.07.2005 (gemeint wohl: 2004) trank Herr S K 18.00 Uhr bis 02.30 Uhr etwa 7 Biere. Obwohl der Fahrzeugschlüssel versteckt wurde, holte er sich diesen zurück und fuhr mit Freunden im alkoholisierten Zustand zum Stadtfest nach S-P.

Dort konsumierte er nicht mehr erinnerbare Menge an Bier und Schnaps. Fuhr anschließend mit einer noch stärkeren Alkoholisierung nach Hause und dabei kollidierte er mit einer Verkehrsinsel.

 

Die von der Polizei durchgeführten Prüfung des Atemluftgehaltes an Alkohol ergab 1,78 %o Blutalkoholgehalt.

Alkoholische Anamnese: pro Monat 1 x beim Fortgehen trinkt er sich einen Rausch an mit
5 - 7 Bieren. Manchmal käme es auch vor, dass er sich 3 x im Monat einen Rausch antrinkt.

 

Vom 04.07. auf 05.07.2005 (richtig wohl: 2004) fuhr er 2 x im alkoholisierten Zustand. Auf Grund dieser Trunkenheitsfahrten muss eine besonders unkritische Einstellung gegenüber den Gefahren des Alkohols im Straßenverkehrs angenommen werden.

 

Im Befund der verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle "Gute Fahrt" Linz vom 29.07.2004 wurde bei der Erhebung des evt. aggressiven Verhaltens im Straßenverkehrs eine starke Orientierung der Antworten an sozialen Erwünschtheit ausgewiesen,

sodass das Ergebnis nicht interpretiert werden konnte.

 

In einem Selbstbeurteilungsfragebogen zur Erfassung "subjektiven empfunden psychischen und soialen Funktion des Alkoholtrinken sind die Skalen exzitative Alkoholwirkung, sozialdynamische Funktion des Trinkens und Symptome der psychischen und physischen Abhängigkeit signifikant erhöht. Dies bedeutet dass Alkoholgewöhnung und eine psychische Alkoholabhänigkeit bereits vorliegt.

 

Außerdem ist die Alkoholtolleranz ebenfalls erhöht, weil er mit einem sehr erhöhten Alkoholgehalt in der Lage war Fahrzeuge zu lenken.

Der Alkohol spielt bei Herrn S K eine soziale integrierende Funktion und gilt auch zur Selbstverstärkung. Psychische und körperliche Probleme führen bei Herrn K zum erneuten Alkoholmissbrauch und mit erhöhter Wahrscheinlichkeiten zu Trunkenheitsfahrten.

 

Im Akt liegen Leberuntersuchungsergebnsisse und CD-Tect-Wert vom 21.08.2004 vor, in mehrfach kopierter Form. Der letzte Befund Leberwerte und CD-Tect-Wert stammt vom 28.06.2005. Im Erstbefund ist der Leberwert SGPT mit 21 U/l normal, im nächsten Befund
1 Jahr später hat sich dieser Wert auf das mehr als dopptelte erhöht und ist krankhaft, 49 U/l (Normal bis 45).

Die zwei CD-Tect-Werte sind beide unauffällig.

 

Auf Grund obiger Ausführungen insbesondere der Befund der verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle Gute Fahrt vom 29.07.2004 zeigt, dass beim Herrn S K eine Alkoholgewöhnung, Alkoholmissbrauch und eine deutlich erhöhte Alkoholtoleranz vorliegt.

Er war auch am Delikttag mit einem sehr hohen Alkoholgehalt im Straßenverkehr unterwegs, sodass sehr wohl von wiederholten Alkoholfahrten gesprochen werden kann. Der ausgewiesenen Blutalkoholgehalt setzt wie schon beschrieben extremen Alkoholkonsum voraus.

Die Gefahr von zukünftigen Alkoholfahrten ist auf Grund der psychischen und physischen Abhängigkeit erhöht.

 

Einer der vorliegenden Leberwerte zeigt deutliche Verschlechterung bis in den krankhaften Bereich hin. Die zwei CD-Tect-Werte mit 10 Monaten Abstand beweisen keinesfalls anhaltende Alkoholenthaltsamkeit, welche jedoch grundlegende Voraussetzung ist um Alkoholenthaltsamkeit nachweisen zu können.

Laut Schlußbeurteilung der verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle wird auch gefordert, dass über die dauerhafte Alkoholenthaltsamkeit laufend Befund vorgelegt werden, um einen Rückfalls in das frühere Konsumverhalten verhindern zu können."

 

3.2. Der Berufungswerber führte im Wege des Parteiengehörs dazu am 26.9.2005 aus, dass eine Befristung nicht geboten wäre, gleichzeitig er aber bereit wäre in entsprechenden von der Behörde anzuordnenden Abständen den Gamma-GT-Wert vorzulegen.

 

3.2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat vermag einerseits dem amtsärztlichen Ergänzungsgutachten vom 13. September 2005 dahingehend zu folgen, dass beim Berufungswerber derzeit von einer psychischen und physischen Alkoholgewöhnung auszugehen ist, wobei eine Alkoholabhängigkeit bereits vorzuliegen scheint. Diesbezüglich ist auf das verkehrspsychologische Gutachten vom 29. Juli 2004 zu verweisen. Dieses führte aber schon damals zu einer "bedingten Eignung" mit den von der Behörde erster Instanz ausgesprochenen Auflageempfehlungen. Da insbesondere die Befristungsempfehlung auf ein Jahr ausgesprochen wurde und dieses Jahr letztlich im Gesamtumfang vom Entzug wegen der ausgesprochenen fehlenden Verkehrszuverlässigkeit umfasst war, kann diese Empfehlung sachlich wohl kaum ein weiteres Jahr fortgeschrieben werden. Dies würde zu einem Widerspruch in sich führen, weil die Basis von 2004, insbesondere angesichts der im Ansatz letztlich doch positiv verlaufenen Einschränkung des Trinkverhaltens und wohl auch die positive Wirkung auf die Bewusstseinsbildung, nicht 1:1 auf das Jahr 2005 übertragbar sein kann. Dies tat die Behörde erster Instanz aber mit ihrem Rückgriff auf die Daten des Juli 2004 im Juli 2005 ohne sich auch nur im Ansatz über den zwischenzeitigen Verlauf Gedanken zu machen bzw. diesbezüglich den Amtsarzt noch zu befassen.

Wenngleich die etwa zwei CD-Tect-Werte im Abstand von zehn Monaten unauffällig waren, belegt dies laut Amtsarzt aber noch keinesfalls eine geübte und stabile Alkoholenthaltsamkeit. Wenn der Amtsarzt in seiner jüngsten Stellungnahme abschließend auf die notwendige laufende Kontrolle des Alkoholkonsumverhaltens hinweist um einen Rückfall in das frühere Konsumverhalten verhindern zu können, scheint diese Darstellung aus der Sicht der Berufungsbehörde nachvollziehbar und schlüssig. Hierzu bedarf es der Vorlage der sogenannten Leberfunktionsparameter und nicht bloß des CD-Tect-Wertes.

Immerhin ist von zwei hochgradigen Alkofahrten und in diesem Zusammenhang auf die Beurteilung der Verkehrspsychologie hinzuweisen.

4. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Nach § 3 Abs.1 FSG, darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die nach den Voraussetzungen der Z1 und 2. 3. gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9);

Nach § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z 2 bis 4) gegeben sind, von der Behörde die Lenkberechtigung unter Bedachtnahme auf die empfohlenen Auflagen wieder zu erteilen.

Der vom Berufungswerber im Ergebnis bekämpfte Umfang der Beschränkung seiner Berechtigung konnte insofern Folge gegeben werden, als eine Befristung eines sachlichen Anhaltspunktes einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes - der Risikoeignung - bedarf. Eine solche kann aus dem ergänzend beigeschafften Gutachten jedoch nicht abgeleitet werden. Eine Befristung würde letztlich einem Entzug auf Verdacht gleichkommen. Dies ist mit dem Sachlichkeitsgebot und Übermaßverbot nicht in Einklang zu bringen.

Sehr wohl jedoch erweist sich eine "gesundheits(risiko-)eignungs) erhaltende Auflage im Lichte der Vorgeschichte und der sich daraus fachlich ergebenen Annahme einer noch bestehenden Instabilität gegenüber dem Zuspruch zum Alkohol durchaus noch als sachlich geboten und gerechtfertigt.

Der Umfang der Laborparameter ergibt sich aus der amtsärztlichen Stellungnahme.

Die gesetzliche Intention stellt nicht bloß auf den gegenwärtigen Zustand, sondern mit Blick auf die Vorereignisse auf eine Nachhaltigkeit ab, welche in geeigneter Weise glaubhaft zu machen bzw. als die Eignung erhaltende Maßnahme (noch) zu belegen ist (§ 2 Abs.1 Z4 FSG-GV). Dies geht eben aus der im Rahmen des Berufungsverfahrens eingeholten o.a. amtsärztlichen Stellungnahme in nachvollziehbarer Weise hervor. Dieser trat der Berufungswerber im Rahmen der Berufungsverhandlung inhaltlich nicht entgegen, sondern identifizierte sich im Ergebnis vielmehr mit einer solchen Maßnahme (vgl. h. Erk v. 20. November 2003, VwSen-520385/2/Sch/Pe, sowie v. 25. November 2003, VwSen-520394/14/Fra/Ka).

Eine auf eine Prognosebeurteilung hinauslaufende Entscheidung hat letztendlich immer die Gesamtpersönlichkeit zu erfassen, wobei letztendlich das Vertrauen in das Wohlverhalten des Menschen als Teil der Risikoabwägung und am Sachlichkeitsgebot orientiert die Entscheidungsfindung bedingen muss (vgl. Gehrmann/Umdeutsch,das Gutachten der MPU und Kraftfahreignung, Verlag C.H. Beck, Rn. 461). In Vermeidung der Konsequenz, dass ein mehrfach als solcher in Erscheinung getretener Alkolenker gänzlich von der aktiven Teilnahme am Straßenverkehr ausgeschlossen wird, weil ein solcher letztlich immer ein etwas erhöhtes Rückfallrisiko darstellen wird, muss auch eine Entscheidung über Auflagen in einem sachgerechten Verhältnis zum öffentlichen Interesse der Verkehrssicherheit in eine sachlich vertretbare Beziehung gesetzt werden (s. obiger Literaturhinweis, Rn 140, mit Hinweis auf Urteil des BVwerG v. 18.3.1982, Nr. 2885).

4.2. Abschließend sei der Berufungswerber an dieser Stelle noch auf die Folgen sich allenfalls negativ verändernder Werte hingewiesen. Dies könnte zum Wegfall der gegenwärtig positiv zu beurteilten Annahme der gesundheitlichen - Risikoeignung - führen (VwGH 30.5.2001, 2000/11/0018 mit Hinweis auf VwGH 22. Mai 1990, 89/11/0215, VwSlg 13204 A/1990, vom 1.12.1992, Zl. 92/11/0147 und vom 28.11. 1996, 96/11/0202).

Eine abschließende Begutachtung durch den Amtsarzt scheint angesichts einer bis an den Rand einer Abhängigkeit fortgeschrittenen Alkoholaffinität ebenfalls noch gerechtfertigt. Im Falle der auch nach einem Jahr noch festzustellenden diesbezüglich stabilen Haltung könnte letztlich jedoch jegliche weitere Beschränkung (die Auflage) gänzlich entfallen.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

Beschlagwortung:

 

Risikoeignung, Sachlichkeitsgebot, Risikoabwägung.

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