Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521089/17/Br/Ga

Linz, 01.12.2005

 

 

 

VwSen-521089/17/Br/Ga Linz, am 1. Dezember 2005

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn S K, H, S, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 8. August 2005, AZ: VerkR21-42-2005, mit welchem ihm die Lenkberechtigung der Klasse B für die Dauer von fünfzehn Monaten entzogen wurde und gleichzeitig begleitende Maßnahmen angeordnet wurden nach der am 10. Oktober 2005 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die Entzugsdauer mit zwölf Monaten festgesetzt wird; im Übrigen wird der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I 10/2004 - AVG, § 7 Abs.1, 3 und 4 Führerscheingesetz - FSG, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 129/2004;

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Behörde erster Instanz hat mit dem oa. angeführten Bescheid folgende Spruchpunkte erlassen:

" a) Die Lenkberechtigung der Klasse B wird Ihnen für die Dauer von 15 Monaten, gerechnet ab dem Tag der Zustellung des Mandatsbescheides, sohin ab 11. März 2005 entzogen. In dieser Zeit darf Ihnen keine Lenkberechtigung neu erteilt werden.

 

Führerschein

ausgestellt von:

Bezirkshauptmannschaft Perg

am: 29.04.2004

Geschäftszahl: VerkR20-588-2004/PE

 

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 24 Abs. 1 Ziff. 1 und § 7 Abs. 3 Ziff. 1 des Führerscheingesetzes (FSG)

 

b) Sie haben sich auf Ihre Kosten einer besonderen Nachschulung (Einstellungs- und Verhaltenstraining für alkoholauffällige Lenker) zu unterziehen. Weiters haben Sie eine verkehrspsychologische Stellungnahme und ein amtsärztliches Gutachten über Ihre gesundheitliche Eignung beizubringen.

 

Rechtsgrundlage:

§ 24 Abs. 3 und § 26 Abs. 8 FSG

 

c) Die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid wird im

Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug aberkannt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.2 Allgemeines Verwaltungsgesetz 1991

 

Begründung:

 

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 9. März 2005 wurde Ihnen die Berechtigung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B gemäß § 24 Abs. 1 FSG für die Dauer von 15 Monaten entzogen.

 

Gegen diesen Bescheid haben Sie fristgerecht das Rechtsmittel der Vorstellung bei der Bezirkshauptmannschaft Perg eingebracht. In der Folge wurde von der Behörde gemäß § 57 Abs. 3 AVG das Ermittlungsverfahren eingeleitet. Es ergeben sich folgende Feststellungen:

 

Sie lenkten, am 26. Februar 2005, um 01:20 Uhr, den PKW, Kennzeichen, im Gemeindegebiet von S auf der A Straße. Auf Höhe der Liegenschaft A waren Sie an einem Verkehrsunfall beteiligt. Im Zuge der Unfallserhebung wurde die Bundespolizeidirektion Linz ersucht, Sie zu einer Atemluftuntersuchung bei Vorliegen der typischen Alkoholisierungssymptome aufzufordern. Nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt wurden Sie auch aufgefordert, diese Untersuchung durchzuführen. Dies wurde von Ihnen jedoch verweigert.

 

Im Verwaltungsstrafverfahren mussten Sie sich wegen Übertretung nach §§ 5Abs. 2 in Verbindung mit 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 verantworten. Die im Verfahren gestellten Anträge wurden im Verwaltungsstrafverfahren berücksichtigt.

 

Gemäß § 24 Abs. 1 Ziff. 1 Führerscheingesetz (FSG) ist die Lenkberechtigung zu entziehen, wenn ihr Besitzer nicht mehr verkehrszuverlässig ist.

 

Eine Person gilt gemäß § 7 Abs. 1 FSG dann nicht als verkehrszuverlässig, wenn aufgrund erwiesener, bestimmter Tatsachen und ihrer Wertung angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit gefährden wird, insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr, Trunkenheit oder einen durch Suchtgift oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand.

 

Gemäß § 7 Abs. 3 Ziff. 1 FSG gilt als bestimmte Tatsache, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz-SPG, zu beurteilen ist.

 

In § 26 Abs. 2 FSG ist ausgeführt, dass die Lenkberechtigung für die Dauer von mindestens vier Monaten zu entziehen ist, wenn beim Lenken eines Kraftfahrzeuges erstmalig eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 begangen wurde.

 

Gemäß § 24 Abs. 3 FSG kann die Behörde bei der Entziehung auch zusätzlich begleitende Maßnahmen (Nachschulung, Einstellungs- und Verhaltenstraining oder Aufbauseminar) anordnen.

 

Nach § 26 Abs. 8 FSG hat die Behörde bei einer Entziehung nach Abs. 1 Ziff. 3 oder Abs. 2 begleitende Maßnahmen gemäß § 24 Abs. 3 anzuordnen, bei einer Entziehung gemäß Abs. 2 zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8.

 

Bei der Verkehrszuverlässigkeit handelt es sich also um einen charakterlichen Wertbegriff und es ist demnach die charakterliche Veranlagung des Betroffenen einer Prüfung und Beurteilung zu unterziehen. Dabei sind jene Handlungen der zu beurteilenden Person, die nach außen hin in Erscheinung getreten und der Behörde zur Kenntnis gekommen sind, dahingehend zu analysieren und zu werten, ob in näherer oder fernerer Zukunft gleiche oder ähnliche Handlungen mit einiger Wahrscheinlichkeit erwartet bzw. befürchtet werden können und ob diese Handlungen für die allgemeine Verkehrssicherheit eine Gefahr darstellen. Im vorliegenden Fall gilt es zunächst auch darauf hinzuweisen, dass das Lenken eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand zu den schwerwiegendsten Verstößen gegen die Verkehrsvorschriften überhaupt zu zählen ist und bereits für sich allein ein Rückschluss auf das Vorliegen von schweren charakterlichen Mängeln zulässt.

 

Wie sich aus den Feststellungen ergibt, haben Sie ein Kraftfahrzeug offensichtlich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand in Betrieb genommen und gelenkt und damit in Kauf genommen, dass Sie den Anforderungen, denen ein Kraftfahrzeuglenker zu entsprechen hat, nicht mehr gewachsen waren. Bedingt durch Ihre offensichtliche Alkoholisierung war ihnen anscheinend nicht bewusst, dass Sie dadurch andere Straßenverkehrsteilnehmer arg gefährdeten.

 

Die Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes ergibt damit eindeutig, dass Sie derzeit eine charakterliche Einstellung besitzen, die der Verkehrssicherheit abträglich ist und die Begehung weiterer Gefährdungshandlungen beim Lenken von Kraftfahrzeugen der im Spruch angeführten Gruppen befürchten lässt. Sie können daher keineswegs als verkehrszuverlässig im Sinne von § 7 Abs. 1 FSG angesehen werden. Bei Berücksichtigung aller Umstände und bei Bewertung der vorliegenden Fakten gelangt die Behörde zum Schluss, dass es unbedingt der im Spruch angeführten Zeitdauer bedarf, dass Sie Ihre für Belange der Verkehrssicherheit derzeit abträgliche Gesinnung ändern und die Wiederherstellung der Verkehrszuverlässigkeit erwartet werden kann. Die Entziehungsdauer von 15 Monaten stellt ein Mindestmaß dessen dar, was im Interesse der Verkehrssicherheit vorzusehen war. Aus den angeführten Gründen war daher die Lenkberechtigung für die erwähnte Zeitdauer zu entziehen.

 

 

Da Sie als verkehrsunzuverlässig einzustufen sind und deshalb beim Lenken von Kraftfahrzeugen der angeführten Klasse(n) eine Gefahr für die übrigen Verkehrsteilnehmer darstellen würden, war die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid gemäß § 64 Abs. 2 AVG wegen Gefahr im Verzug im Interesse des öffentlichen Wohles abzuerkennen.

 

Da Sie die Atemluftuntersuchung auf Alkoholgehalt verweigerten, waren begleitende Maßnahmen und die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme und eines amtsärztlichen Gutachtens vorzuschreiben.

 

 

2. In der durch seinen privaten Bevollmächtigten, als Vorstellungswerber bezeichnet, fristgerecht eingebrachten Berufung wird folgendes ausgeführt:

"Der Bescheid der BH Perg vom 08.08.2005, VerkR21-42-2005, wurde dem Vertreter des Berufungswerbers am 12.08.2005 zugestellt.

 

Binnen offener Frist erhebt S K durch seinen ausgewiesenen Vertreter dagegen die

 

B E R U F U N G .

 

Der genannte Bescheid wird seinem gesamten Inhalte nach angefochten.

 

Begründung:

Dem Berufungswerber wurde die Lenkberechtigung im Wesentlichen mit der Begründung, er sei nicht mehr verkehrszuverlässig, entzogen. Die Verkehrsunzuverlässigkeit wurde seitens der Behörde im Wesentlichen damit begründet, der Berufungswerber habe eine Atemluftuntersuchung verweigert und dadurch eine Übertretung nach § 5 Abs. 2 iVm 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 zu verantworten, womit eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 1 iVm Abs. 3 Ziffer 1 FSG vorliege.

 

Das Vorliegen der genannten bestimmten Tatsache bzw. einer Verweigerung der Atemluftuntersuchung seitens des Berufungswerbers hat sich nicht erwiesen. Die Feststellung, dass der Berufungswerber eine Atemluftuntersuchung verweigert hat, beruht auf einer vorgreifenden Beweiswürdigung.

 

Gemäß § 43 Abs. 4 AVG hat die Behörde auf Beweisanträge der Beteiligten einzugehen, soweit sie nicht offenbar unerheblich sind. Offenbar unerheblich sind Beweisanträge dann, wenn sie nur unbestimmte Angaben ohne konkrete Beweisanbote enthalten oder, wenn der angebotene Beweis objektiv gesehen nicht geeignet ist, über den Gegenstand der Beweisaufnahme einen Beweis zu liefern (Walter-Mayer, Grundriss des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts, 6. Auflage, Rz 321 ff). Die im § 45 Abs. 2 AVG normierte "freie Beweiswürdigung" darf erst nach einer vollständigen Beweiserhebung einsetzen.

Den Tatbestand der Verweigerung als erfüllt anzunehmen, setzt voraus, dass sich der Aufgeforderte über den Inhalt der Aufforderung und seiner eigenen Erklärung im Klaren war (VwGH 20.11.1986, 86/02/0110). Eine aus medizinischen Gründen bestehende Unfähigkeit, die Atemluftprobe abzugeben, stellt einen Mangel am Tatbestand dar (VwGH 05.11.1987, 87/18/0087).

Die erkennende Behörde hat es trotz wiederholter Beantragung (insbesondere Stellungnahme vom 02.08.2005) unterlassen, Dr. E S oder einen anderen medizinischen Sachverständigen auf Grund der vorgelegten und schließlich amtswegig eingeholten Krankenunterlagen von Dr. P und der darin enthaltenen unfallbedingten Diagnosen (insbesondere Commotio cerebri, Cephalea, Emesis, retrograde Amnesie) mit der Ergänzung des eingeholten medizinischen Sachverständigengutachtens zu beauftragen, was zur Feststellung des maßgeglichen Sachverhalts, nämlich, ob der Berufungswerber auf Grund seiner unfallbedingten Beschwerden zum Zeitpunkt der Aufforderung zum Alkotest und zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Blutabnahme zurechnungsfähig war und er den Tatbestand der Verweigerung erfüllt hat, erforderlich gewesen wäre. Die Behörde selbst ist und war nicht in der Lage diese Fachfrage zu klären und die vorhandenen Diagnosen (insbesondere Commotio cerebri, Cephalea, Emesis, retrograde Amnesie), welche nunmehr im Ergebnis völlig unberücksichtigt blieben, zu beurteilen. Ein Sachverständiger wäre zur Gutachtenserstellung bzw. -ergänzung auf Grund seines Fachwissens jedenfalls in der Lage gewesen.

Mit dieser Vorgehensweise hat die Behörde einen wesentlichen Verfahrensverstoß zu vertreten.

 

Die Behörde hat auch die Ladung und Einvernahme der beantragten Zeugen, C S und M D zum Beweis dafür, dass der Berufungswerber zum Lenkzeitpunkt nicht durch Alkohol beeinträchtigt war, unterlassen. Denn selbst wenn die Auffassung des Vorliegens einer Verweigerung des Alkotests vertreten wird, kann durch den nachträglichen Nachweis, zum Lenkzeitpunkt nicht durch Alkohol beeinträchtigt gewesen zu sein, nicht auf eine die Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit rechtfertigende Sinnesart geschlossen werden (Grundtner-Pürstl, FSG, 2. Auflage, zu § 7 FSG, E.10). Im übrigen hat die Behörde auch die Ladung und Einvernahme des Berufungswerbers nicht vorgenommen und sich nur unzureichend mit der Verantwortung des Berufungswerbers auseinandergesetzt. Der Behörde hat durch die Nichtaufnahme der genannten und beantragten Beweise wesentliche Verfahrensfehler zu vertreten.

 

Zum Beweis dafür, dass der Berufungswerber zum Zeitpunkt der Aufforderung zum Alkotest und zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Blutabnahme auf Grund seiner unfallbedingten Beschwerden unzurechnungsfähig und dazu nicht in der Lage war, er daher den Verweigerungstatbestand nicht erfüllt hat und daher nicht als verkehrsunzuverlässig angesehen werden kann, wird

 

b e a n t r a g t,

 

die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens bzw. die Ergänzung des vorliegenden Gutachtens unter Einbeziehung der amtswegig beigeschafften und vorgelegten Krankenunterlagen, insbesondere des behandelnden Arztes Dr. R P bzw. der darin enthaltenen Diagnosen (Commotio cerebri, Cephalea, Emesis, retrograde Amnesie), und die Ladung und Einvernahme des Berufungswerbers,

und zum Beweis dafür, dass er zum Lenkzeitpunkt nicht durch Alkohol beeinträchtigt war und daher nicht als verkehrsunzuverlässig angesehen werden kann, die Ladung und Einvernahme der Zeugen, M D, Kfz-Mechaniker, H, S, und der C S, Arbeitnehmerin, H, S, und die Ladung und Einvernahme des Berufungswerbers.

 

Der Berufungswerber stellt sohin die

 

A N T R Ä G E,

 

es möge dieser Berufung gegen den angefochtenen Bescheid der BH Perg vom 08.08.2005, VerkR21-42-2005, nach Aufnahme der beantragten Beweise vollinhaltlich stattgegeben, der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben und die für den Berufungswerber ausgestellte Lenkberechtigung der BH Perg vom 29.04.2004, VerkR20-588-2004/PE, unverzüglich wieder ausgefolgt werden.

 

Es möge eine mündliche Berufungsverhandlung anberaumt werden.

 

Perg, 26.08.2005 S K"

 

 

3.  Der unabhängige Verwaltungssenat hat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 2.Satz AVG). Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung wurde hier gesondert beantragt. Der unabhängige Verwaltungssenat ist durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG).

Mit Schriftsatz vom 9.11.2005, hier eingelangt am 10.11.2005, wurde die Vollmacht der Rechtsvertreter des Berufungswerbers aufgelöst.

 

 

3.1. Der Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Verlesung des erstbehördlichen Verfahrensaktes. Anlässlich der Berufungsverhandlung wurden die Polizeibeamten (Meldungsleger) RevInsp. H und N, sowie C S und M D zeugenschaftlich einvernommen. Auch der Berufungswerber wurde als Beschuldigter zur Sache gehört. Beigezogen wurde ebenfalls die Amtsärztin, welche als Sachverständige zu den ergänzend vorgetragenen Einwänden zur Frage der Zurechnungsfähigkeit medizinisch sachverständig Stellung nahm.

Ein Vertreter der Behörde erster Instanz nahm entschuldigt an der Berufungsverhandlung nicht teil.

Abzuwarten galt es noch das Ergebnis der Strafverhandlung beim LG f. Strafsachen Linz vom 24.11.2005, 33 Hv 98/05 f. Der Sachausgang wurde am 30.11.2005 im Wege des mit diesem Fall betrauten Richters erhoben (AV v. 30.11.2005).

 

 

4. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

 

4.1. Der Berufungswerber lenkte am 26.2.2005 um 01.20 Uhr einen Pkw in S, A markteinwärts, wobei es in Höhe der Liegenschaft A zu einen Verkehrsunfall mit schweren Verletzungsfolgen einer Insassin (Lenkerin) des zweitbeteiligten Fahrzeuges kam. Anzumerken ist an dieser Stelle, dass von der Behörde erster Instanz offenbar nicht der gesamte Unfallakt vorgelegt wurde, weil der Amtsärztin Aktenunterlagen (Vernehmungsprotokolle) zur Verfügung standen die sich nicht im Verfahrensakt befunden haben oder bzw. mit diesem nicht vorgelegt wurden.

Der Berufungswerber wurde in der Folge in das AKH Linz eingeliefert. Wegen angeblicher Anhaltspunkte hinsichtlich einer bei ihm bestehenden Alkoholisierung wurde im Wege der Gendarmerie Perg bei der Bundespolizeidirektion Linz das Ersuchen um Durchführung einer Atemluftuntersuchung beim Berufungswerber im AKH Linz gestellt.

Dort wurde er von den Meldungslegern im Vorraum des Behandlungsraumes mit nacktem Oberkörper angetroffen. An seinem Oberkörper war eine offenbar durch den Sicherheitsgurt verursachte Verletzung im Brustbereich sichtbar. Vor der Aufforderung zu der Atemluftuntersuchung hielt der Meldungsleger (RI N) mit einem Arzt Rücksprache. Dieser bestätigte ihm die medizinische Unbedenklichkeit einer Atemluftuntersuchung.

Der Berufungswerber machte auf die Meldungsleger den Eindruck, dass er durchaus der ausgesprochenen Aufforderung zur Atemluftuntersuchung folgen konnte. Dieser Aufforderung wurde mit dem Hinweis vorher einen Anwalt sprechen zu wollen nicht nachgekommen.

Die Meldungsleger schilderten die dezidierte Verweigerung der Atemluftuntersuchung in sich übereinstimmend, sodass im Rahmen der Berufungsverhandlung der Eindruck gewonnen werden musste, dass diese Aufforderung nicht nur deutlich und klar ausgesprochen, sondern vom Berufungswerber ebenso verstanden und ganz die Atemluftuntersuchung folglich bewusst verweigert wurde. Im Rahmen der Berufungsverhandlung wurden auch die Begleitumstände der Verweigerung, nämlich die Ungehaltenheit des Berufungswerbers über das an ihn herangetragene Ansinnen lebendig zum Ausdruck gebracht. Die einschreitenden Beamten gaben an beim Berufungswerber Alkoholgeruch wahrgenommen zu haben.

Ebenfalls wollte der Berufungswerber, seinen Vater bzw. bei diesem anrufen lassen, wobei er aber nicht bereit war dessen Telefonnummer zu nennen. Gegen 05.00 Uhr früh wurde der Berufungswerber schließlich wieder aus dem Krankenhaus entlassen.

Der Berufungswerber bestreitet dies und beruft sich auf seinen unfalls- und verletzungsbedingten "seelischen Ausnahme- oder Schockzustand."

Er schilderte im Rahmen der Berufungsverhandlung die Umstände bei der Einlieferung ins Krankenhaus durchaus klar und er konnte sich auch noch an Details der Abläufe erinnern.

Er habe vor der Fahrt keinen Alkohol konsumiert gehabt und stellte diesbezüglich auch Zeugen zur Berufungsverhandlung.

Zusammenfassend lassen sich die umfassend erörterten medizinischen Aspekte dahingehend werten, dass daraus kein objektiver Anhaltspunkt für eine auch nur vorübergehende Unzurechnungsfähigkeit abgeleitet werden kann.

Die Amtsärztin verwies neben dem Erstbehandlungsbericht etwa auch auf die Diagnose nach einem Aufsuchen seines Hausarztes durch den Berufungswerber,
ca. 12 Stunden nach dem Unfall.

Auch aus dieser Diagnose konnte aus fachlicher Sicht ein Schluss auf eine Zurechnungsunfähigkeit des Berufungswerbers zum Zeitpunkt der Verweigerung der Atemluftuntersuchung nicht gezogen werden. Der Hausarzt empfahl dem Berufungswerber angesichts der laut dessen Angaben zwischenzeitig aufgetretenen Beschwerden (Kopfschmerzen und mehrfachen Erbrechens), sich zwecks deren Abklärung abermals ins Krankenhaus einweisen zu lassen. Dieser Empfehlung folgte der Berufungswerber aber nicht.

Anzumerken ist an dieser Stelle, dass auch der diesbezügliche Befund des Hausarztes mit dem Berufungsakt nicht vorgelegt wurde. Die an der Berufungsverhandlung teilnehmende Amtsärztin verfügte über diesen Befund, sodass er zum Gegenstand der unmittelbaren Beweisaufnahme im Berufungsverfahren gemacht werden konnte.

Der unabhängige Verwaltungssenat erblickt aus den fachlichen Angaben der Amtsärztin, welche in Verbindung mit den Eindrücken der Meldungsleger vom Berufungswerber zum Zeitpunkt der Amtshandlung gesetzt werden müssen, keinen sachlich begründbaren Anhaltspunkt für eine Zurechnungsunfähigkeit bzw. mangelnde Dispositionsfähigkeit des Berufungswerbers.

Andererseits ergeben sich aber - mit Ausnahme des in der Anzeige erwähnten Alkoholgeruches aus dem Mund - auch keine objektivierten Anhaltspunkte auf eine tatsächliche Alkoholisierung des Berufungswerbers zum Lenk- und Unfallszeitpunkt.

Dies könnte auf die Aussagen der Zeugen C S und M D gestützt werden. Letzterer gab etwa an, dass er den Berufungswerber zwischen 23.00 Uhr und 23.30 Uhr besucht und ihn zum Besuch einer Disko überredet habe. Zu diesem Zeitpunkt sei der Berufungswerber bereits zu Bett gegangen gewesen.

Er sei dann noch aufgestanden und beide seien dann vom Vater des Berufungswerbers zur etwa 10 Fahrminuten entfernt gelegenen Disko gefahren worden. Weil der Berufungswerber beim Eingang der Disko feststellte das Geld vergessen zu haben fuhr er mit dem Auto seines Vaters wieder nach Hause um das Geld zu holen. Bei dieser Fahrt ist es dann zum Unfall gekommen. Warum der Berufungswerber, der gemeinsam mit seinem Freund D von seinem Vater zur Disko gefahren wurde schließlich alleine wieder nach Hause fuhr um sich Geld zu holen, ist an sich als unlogisch festzustellen.

Der Zeuge D wartete vergeblich auf den Berufungswerber in der Disko. Er erlangte von diesem Unfallereignis erst am nächsten Tag Kenntnis.

Auch die Lebensgefährtin des Berufungswerbers bestätigte im Ergebnis, dass sie die Stunden vor dem Unfall beim Berufungswerber keinerlei Alkoholkonsum wahrgenommen habe. Diese Aussagen haben im Verfahrenszusammenhang an sich keine Bedeutung, wobei die Problematik eines allfälligen Restalkohols durch diese Zeugenaussagen wohl kaum geklärt gelten könnte.

Mit Blick auf diese Angaben erwiese sich die Verweigerung der Atemluftuntersuchung wohl als höchst unlogisch, wobei sie als Faktum aber unstrittig feststeht. Da es keinerlei sachlich nachvollziehbare Anhaltspunkte dafür gibt die im Hinblick auf diese Verweigerung auf einen Zustand der Zurechnungsfähigkeit oder einer sonstigen Bewusstseinstrübung beim Berufungswerber schließen lassen könnten, ist ihm dieses Verhalten - die Verweigerung der Atemluftuntersuchung - zuzurechnen. Ob nun dahinter eine oder keine Alkoholisierung steckte, hat im Rahmen dieses Verfahrens auf sich bewenden zu bleiben. Wie oben schon erwähnt, gibt es für eine tatsächliche Alkoholisierung, mit Ausnahme der ebenfalls schon erwähnten Symptome, keine konkreten Anhaltspunkte.

Der Berufungswerber wurde jedoch hinsichtlich der fraglichen Fahrt wegen § 88 Abs.4 iVm § 81 StGB (Begehung unter besonders gefährlichen Verhältnissen) unter der Annahme einer Minderalkoholisierung strafgerichtlich rechtskräftig verurteilt. Er zeigte sich dort hinsichtlich der Tat geständig.

 

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Wie von der Behörde erster Instanz zutreffend ausgeführt, gilt nach § 7 des Führerscheingesetzes als verkehrszuverlässig eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3 leg.cit.) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, ....

Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs.1 leg.cit. hat insbesondere zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hierbei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO 1960 begangen hat (§ 7 Abs.3 Z1 FSG).

Für die Wertung der in § 7 Abs.3 FSG beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend. Gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Verwerflichkeit eines Verweigerungsdeliktes einer erwiesenen Alkoholbeeinträchtigung gleichzuhalten (VwGH 22.1.2002, 201/11/0401 mit Hinweis auf VwGH 20.3.2001, 2001/11/0078).

An den rechtskräftigen Strafausspruch besteht - wie oben bereits ausgeführt - eine Bindung im Administrativverfahren (vgl. VwGH 23.4.2002, 2000/11/0184 mit Hinweis auf VwGH 24.10.2000, 99/11/0376 und abermals VwGH 1.12.1992, 92/11/0093 mwN).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind die Kraftfahrbehörden an die rechtskräftigen Bestrafungen durch die Strafbehörden gebunden (vgl VwGH 24. Oktober 2000, 99/11/0376, mwN). Aus diesem Grund geht das Beschwerdevorbringen, soweit es darauf gerichtet ist zu zeigen, eine Verweigerung der Atemluftalkoholuntersuchung habe gar nicht stattgefunden, ins Leere.

Im Hinblick auf den Umstand, dass der Beschwerdeführer rechtskräftig wegen eines Verstoßes gegen § 5 Abs.2 in Verbindung mit § 99 Abs.1 lit. b StVO 1960 bestraft wurde, hatte die belangte Behörde vom Vorliegen einer bestimmten Tatsache im Sinn des § 7 Abs.3 Z1 FSG auszugehen (VwGH 23.4.2002, 2000/11/0099). Darüber hinaus war auch seine zu einem Verkehrsunfall führende Fahrt und die dahinter stehende - rechtskräftig festgestellte - Alkofahrt in die Wertung miteinzubeziehen.

In Beurteilung der Gesamtpersönlichkeit des Berufungswerbers kann aber dennoch selbst unter Bedachtnahme auf den bereits einmal wegen eines Alkodeliktes ausgesprochenen Entzuges auch mit einer Entzugsdauer von nur zwölf Monaten das Auslangen gefunden werden. Besondere Berücksichtigung findet dabei die Geständigkeit des Berufungswerbers im gerichtlichen Strafverfahren. Wohl kaum zu bezweifeln wird sein, dass allein schon die mehreren Verfahren die der Berufungswerber im Zusammenhang mit seinem schwerwiegenden Fehlverhalten über sich ergehen lassen musste, schon zwischenzeitig zu einer Änderung seiner Sinneshaltung beigetragen haben.

Hinzuweisen ist ferner auch noch auf die zu absolvierenden begleitenden Maßnahmen und deren zu erwartenden positiven Auswirkungen auf die Sinneshaltung beim Berufungswerber. Somit kann mit guten Gründen schon früher von der Wiedererlangung der Verkehrszuverlässigkeit ausgegangen werden.

Der Entzug endet letztendlich erst mit der Absolvierung dieser Maßnahmen.

Dem Berufungswerber hat letztlich auch im Rahmen dieses Verfahrens - welches wohl sekundär auf den Wegfall der Bindung an die Vorfrage zielte - den Sachverhalt nicht mehr bestritten, wohl aber dessen mildere Bewertung moniert.

Auf die Schwere der Unfallfolgen kommt es in Beziehung auf die Wertung im Sinne des § 7 Abs. 4 FSG 1997 und damit auch auf die Bemessung der Entziehungsdauer (§ 25 Abs. 1 FSG 1997) nicht an (VwGH 11.7.2000, 2000/11/0092 mit Hinweis auf VwGH 19.2.1988, 87/18/0115, VwSlg 12651 A/1988 und VwGH 15.3.1994, 93/11/0265).

Demnach konnte hier die Entzugsdauer reduziert werden, wobei angesichts einer Mindestentzugsdauer von vier Monaten für die Verweigerung der Atemluftuntersuchung in Verbindung mit der Wertung dieser Tat als unter besonders gefährlichen Verhältnissen und des bereits einmal ausgesprochenen Entzuges der Lenkberechtigung, ein noch geringeres Ausmaß im Rahmen der Prognosebeurteilung nicht in Betracht kam.

 

5.2. Aus den angeführten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof und/oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180  Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

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