Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-104160/12/Br

Linz, 22.01.1997

VwSen-104160/12/Br Linz, am 22. Jänner 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr.Bleier über die Berufung des Herrn A, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding, AZ.

VerkR96-880-8-1995-Pi/Ri, vom 30. September 1996, wegen Übertretungen der StVO 1960 und des KFG, nach der am 20.

Dezember 1996 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird mit der Maßgabe bestätigt, daß dem Spruchpunkt 1.) die Wortfolge anzufügen ist "indem die Lücke durch Weiterfahrt des nachfolgenden Fahrzeuges während des Überholvorganges geschlossen werden hätte können"; im Punkt 2.) in den Klammerausdruck anstatt der Worte 'Kurve, Bäume, Zaun' durch die Worte "durch den Kurvenverlauf bedingte Gefahrensichtweite nur 178 Meter betrug", zu ersetzen sind.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl.Nr.

51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995 - AVG, iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 620/1995 - VStG; II. Zuzüglich zum erstinstanzlichen Verfahrenskostenbeitrag werden dem Berufungswerber als Kosten für das Berufungsverfahren (insgesamt) 740 S (20 % der verhängten Strafe) auferlegt.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Eferding hat mit dem Straferkenntnis vom 30. September 1996 über den Berufungswerber drei Geldstrafen 1.) und 2.) je 1.500 S, 3.) 700 S und für den Nichteinbringungsfall 1.) u. 2.) je 24 Stunden und 3.) 12 Stunden verhängt, weil er am 3. 4. 1995 um 06.42 Uhr das KFZ mit dem Kennzeichen auf der Bundesstraße 134 im Ortschaftsbereich Breitwiesen, von Eferding kommend in Richtung Bundesstraße 137 gelenkt habe und zwischen Strkm 11,170 und Strkm. 11,260 eine in gleiche Richtung fahrende Fahrzeugkolonne überholt habe, obwohl 1.) er nicht einwandfrei erkennen habe können, ob er sein Fahrzeug nach dem Überholvorgang ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer wieder in den Verkehr einordnen können werde, 2.) infolge der örtlichen Verhältnisse (Kurve, Bäume, Zaun) nicht genügend Sicht für ein gefahrloses Überholen gegeben gewesen sei.

3) Es als Zulassungsbesitzer unterlassen hat, die Wohnsitzänderung in den Zulassungsschein eintragen zu lassen und bei der Behörde, die den Zulassungsschein ausgestellt hat, binnen einer Woche anzuzeigen (den Wohnsitzwechsel).

1.1. Die Erstbehörde stützte ihre Entscheidung im wesentlichen auf die Angaben des Zeugen GI Mair und die gutachterlichen Ausführungen des Amtssachverständigen des Amtes der oö. Landesregierung.

Zur Strafzumessung führte die Erstbehörde aus, daß derartige Überholmanöver häufig Ursache für Verkehrsunfälle seien. Es sei daher die festgesetzte Strafe gerechtfertigt gewesen, um derartigen Übertretungen vorzubeugen.

2. Der Berufungswerber führte durch seinen ag. Rechtsvertreter in der fristgerecht erhobenen Berufung folgendes aus:

"Das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding zu VerkR96-880-8-1995 vom 30.09.1996 wurde meinem Verteidiger am 04.10.1996 zugestellt.

Wie schon seinerzeit in der Strafverfügung hält nunmehr auch die Bezirkshauptmannschaft Eferding im Straferkenntnis an drei Verwaltungsübertretungen fest, insbesondere wird zur Last gelegt, daß ich mit meinem PKW auf der Bundesstraße 134 im Ortsbereich Breitwiesen am 03.04.1995 von Eferding kommend in Richtung Bundesstraße 137 zwischen Straßenkilometer 11.170 und 11.260 eine in gleiche Richtung fahrende Fahrzeugkolonne überholt hätte, obwohl 1. ich nicht einwandfrei erkennen konnte, ob ich mein Fahrzeug nach dem Überholvorgang ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer einordnen könnte; 2. infolge der örtlichen Verhältnisse Überholmanöver gehabt hätte und nicht genügend Sicht für ein gefahrloses Überholmanöver gehabt hätte und 3. als Zulassungsbesitzer es unterlassen hätte, Änderungen durch die behördlichen Eintragungen im Zulassungsschein berührt werden, innerhalb einer Wochenfrist der Behörde anzuzeigen (Wohnortwechsel).

Aufgrund dieser Vorwürfe wird im Sinne der §§ 16 Abs. 1 lit.c, 16 Abs. 2 lit.b jeweils StVO 1960 sowie schließlich § 42 Abs. 1 KFG 1967 eine Geldstrafe von insgesamt S 3.700,-- zuzüglich des 10 %-igen Kostenbeitrages, sohin gesamt...................... S 4.070,-verhängt.

Begründet wird dieser Schuldspruch ausschließlich mit der Aussage des Bezirksinspektor M als Anzeiger und wird dies einfach mit einer schon klassisch stereotypen Begründung zu erhärten versucht, als eben der diesbezüglichen Zeugenaussage ein höherer Wahrheitsgehalt zuzuschreiben ist, dies im Hinblick auf seine Stellung und mit dem strafrechtlich und dienstrechtlichen Sanktionen, mit denen ich nicht zu rechnen hätte.

Wie im Nachhinein noch gezeigt wird, reicht dies keinesfalls aus, insbesondere angesichts des eingeholten Amtssachverständigengutachtens, welches ohne weiteres meine Darstellungen voll untermauert.

Wider dieses Straferkenntnis wird nunmehr durch meinen ausgewiesenen Vertreter innerhalb offener Frist erstattet nachstehende BERUFUNG an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes und werden gleichzeitig die am Ende dieser Berufungsausführung angeführten Anträge gestellt.

Das Straferkenntnis wird in seinem vollen Umfang angefochten, auch Punkt 3. des Straferkenntnisses, zu welchem Vorwurf ich stets geständig war und bin, zumal weder von § 21 VSTG noch von einer Herabsetzung der Strafe in Ansehnung der Strafverfügung Gebrauch gemacht wurde.

Als Berufungsgrund wird geltend gemacht unrichtige und unvollständige Sachverhaltsfeststellung bzw. unrichtige Beweiswürdigung, Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie unrichtig rechtliche Beurteilung.

1. Unrichtige und unvollständige Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung:

a) Vorerst wird festgehalten, daß, insbesondere um eine Vielzahl von Wiederholungen zu vermeiden, auf die Ausführungen in meinem Einspruch vom 10.05.1995 sowie auf meine Stellungnahme vom 15.09.1995 verwiesen wird, welches Vorbringen auch zum Inhalt der nunmehrigen Berufung erhoben wird.

Vorderhand ist ferner festzuhalten, daß es überhaupt nicht mein Ansinnen ist, durch irgendwelche unrichtigen Behauptungen oder Aussagen mich einer Sanktion durch die erkennende Behörde zu entziehen. Ich bin aber tatsächlich der Überzeugung, daß gerade was die Punkte 1. und 2. des Straferkenntnis angeht - ein Vorwurf mir nicht zu machen ist und diesbezügliche Vergehen von mir nicht zu verantworten sind.

Was die Feststellungen des Sachverhaltes angeht, folgt die Behörde erster Instanz der Angabe des Meidungslegers (Bez.Insp. M) und begründet dies, wie schon eingangs angeführt, lapidar mit der an sich schon alt bekannten und längst nicht mehr haltbaren Argumentation, wonach dieser bei Verletzung der Wahrheitsverpflichtung mit straf- oder dienstrechtlichen Sanktionen zu rechnen hätte. Ich hingegen könnte mich völlig frei verantworten.

Dies ist nicht hinreichend, um einen Schuldspruch zu begründen, sondern müssen vielmehr in der Sache selbst entscheidende Kriterien vorhanden sein, warum der einen Aussage der Vorzug gegenüber der anderen gegeben wird. Eine derartige Begründung gibt es nicht, was klar ist, zumal ein solches Argument auch nicht besteht.

Ganz im Gegenteil ist es vielmehr so, daß, und dies wurde von meinem Vertreter schon in der Stellungnahme vom 01.04.1996 festgehalten, daß aufgrund des vorliegenden Gutachtens des Sachverständigen Ing. M meine Darstellung hinreichend untermauert ist und ein Schuldspruch, gerade was die behaupteten Vergehen i.S.d. §§ 16 Abs.2 lit.c und 16 Abs. 2 lit.b angeht, nicht vorgenommen werden kann.

Schon bei einer "Patt-Stellung", welche daherrührt, wenn zwei Aussagen konträr gegenüberstehen, ist es grundsätzlich der erkennenden Behörde verwehrt, Feststellungen zu Ungunsten des Beschuldigten zu treffen. Dies gilt hier umso mehr, als meine Ausführungen nicht irgendwie unglaubwürdig von den tatsächlichen Gegebenheiten abweichen, sondern eine Stütze finden im Gutachten des Amtes der Oö Landesregierung, Straßenverkehrstechnik, und ist es einzige logische Folge in Wahrung des Grundsatzes in dubio pro reo zu meinen Gunsten zu entscheiden.

b) In diesem Zusammenhang sind auf folgende Ungereimtheiten mit allem Nachdruck hinzuweisen:

Aus der Position des Meldungslegers kann nicht auf die Sichtverhältnisse geschlossen werden, die für mich aus meiner Kolonnenposition bestanden haben. Auszugehen ist davon, daß im gegenständlichen Bereich durch den Kurvenverlauf mir die Einsichtnahme in einen allfälligen Gegenverkehr, welcher weit und breit nicht vorhanden war, leicht möglich war. Die diesbezüglichen Geschehnisse bzw.

Sichtverhältnisse sind aus dem im Gendarmerieakt des Gendarmeriepostens Krenglbach vorhandenen Lichtbildern nachzuvollziehen und habe ich schon dargelegt, daß ich mein Überholmanöver etwa kurz vor dem Bushäuschen angesetzt habe.

Sollten hier Behauptungen des Meldungslegers vorhanden sein, daß ich mich schon vor diesem Bereich, etwa schon in Höhe des StrKm 11,170, auf dem linken Fahrstreifen befunden hätte, ist dies einfach nicht richtig. Gerade das in den Lichtbildern angeführte Werbeschild "Aquapulco" war ja auch zum Tatzeitpunkt noch nicht vorhanden und ist es schon aufgrund der Lichtbilder für mich nicht erklärlich, wie die Behörde dazu kommt, daß nicht hinreichende Sicht für das Überholmanöver vorhanden gewesen sein sollte.

Es ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, daß es sich bei der Überholstrecke um eine äußerst geringe Distanz handelt, zumal die Kolonne gestanden ist oder allenfalls nur mit Schrittgeschwindigkeit, etwa 3 bis 5 km/h unterwegs war.

Mit allem Nachdruck wird ferner festgehalten, daß ich mich vor Beginn des Überholmanövers überzeugt habe, daß ich mein Fahrzeug auch wieder einordnen kann, dies ohne irgendwelche Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer und war eben die Lücke in der Kolonne für mich zum Zeitpunkt des Beginns des Überholmanövers ausdrücklich als solche erkennbar.

Daß eine solche tatsächlich vorhanden war, steht ja außer Frage und wäre sohin auch festzustellen gewesen, daß ich nach dem Überholvorgang bei der Einordnung in die Kolonne weder einen Gegenverkehr, der ja nicht vorhanden war, noch überholte Kraftfahrzeuge gefährdete oder behinderte. Es gab diesbezüglich auch überhaupt keine Unmutsäußerungen durch Hupen oder sonstige Aktivitäten der anderen Verkehrsteilnehmer. Es ist völlig unzulässig, zu unterstellen, ich hätte ohne derartige Beobachtungen und Überlegungen ein Überholmanöver gestartet, zumal ein solchen Fahrverhalten lebensfremd ist und nicht mit den täglichen Erfahrungen im Straßenverkehr in Einklang zu bringen ist.

Eine derartige Unterstellung ist unzulässig, zumal eine äußerst geringe Hemmschwelle nötig ist, um eine solches Fahrverhalten zu setzen, die jedenfalls bei mir, gerade als Führerscheinneuling nicht vorliegt.

c) Völlig verabsäumt wird es von der Behörde, Feststellungen zu treffen, die sich in Übereinstimmung mit meinen Ausführungen aus dem Gutachten der Straßenverkehrstechnik des Amtes der oö Landesregierung ergeben.

Selbst bei Ausgehen von jenen Prämissen, die der Gutachter zugrundelegt, kommt er zum Ergebnis, daß eine tatsächliche Sichtweite durchaus im Bereich dessen gegeben ist, wie es den theoretischen Berechnungen entspricht. Es fehlen Feststellungen, die entscheidungsreievant sind, nämlich, wieviele Fahrzeuge tatsächlich überholt worden sind. Läßt sich eine solche nicht treffen, ist jedenfalls von für mich günstigsten Aspekt auszugehen, sohin jedenfalls nicht sieben Fahrzeuge zugrundezulegen sind. Dasselbe gilt für die Art der Fahrzeuge, sodaß die tatsächliche Sichtweite sohin über die erforderlichen Ausmaße hinausgeht, sodaß schon aufgrund dieser Ausführungen ein Vorwurf nach § 16 Abs.2 lit.b scheitert.

Hinsichtlich der Erkennbarkeit des Wiedereinordnens hält der Sachverständige fest dessen Ausführungen im Hinblick auf diverse Beobachtungen im täglichen Straßenverkehr oder Sinnhaftigkeit von fahrtechnischen Verhalten sind in übrigen völlig unbeachtlich und gehen über jede Zuständigkeit des Sachverständigen hinaus - wird festgehalten, daß diese Einordnungsmöglichkeit jedenfalls möglich war.

In aller Deutlichkeit ist auch festzuhalten, daß die Erstinstanz nicht feststellt, daß gerade am Vorfalistag aufgrund einer Baustelle eine 30-km/h-Beschränkung vorhanden war. Ich konnte sohin damit rechnen, daß der Gegenverkehr keine höhere Geschwindigkeit als 30 km/h einhält und sohin für die Inanspruchnahme des Überholmanövers bis zur Erreichung der Lücke ausreichende Sicht und ausreichende Zeit vorhanden war, um gefahrlos dieses Überholmanöver abschließen zu können. Hier sind noch günstigere Berechnungsergebnisse für mich zu erwarten.

Es handelt sich hier um wesentliche Feststellungen, um eine abschließende Beurteilung vorzunehmen und leidet hiebei das Erkenntnis an gravierenden Feststellungsmängel.

2. Mangelhaftigkeit des Verfahrens:

Diesbezüglich wird gerügt, daß ich nicht nochmals, allenfalls an Ort und Stelle die Möglichkeit erhalten habe, eine umfangreiche Darstellung meiner Sicht der Dinge zu bieten. Gerade dann hätte auch die erstinstanzliche Behörde einen persönlichen Eindruck von mir gewonnen und hätte sohin sicherlich im Rahmen der Beweiswürdigung eine entsprechend andere Entscheidung treffen können. Da dies jedenfalls nachzuholen sein wird, wird auch jetzt noch bekanntgegeben die Beifahrerin, weiche sich zum gegebenen Zeitpunkt in meinem Fahrzeug befunden hat, nämlich C, Angestellte, B Nr. 9, und möge diese Person im Rahmen der anzuberaumenden mündlichen Berufungsverhandlung an Ort und Stelle als Zeugin geladen werden.

Gerade im Hinblick auf die von der Erstbehörde getroffenen falschen Beweiswürdigung ist die Entscheidungsrelevanz des Verfahrensmangels offensichtlich.

Gerade die Abhaltung eines Lokalaugenscheins ist zur Klärung der Sichtverhältnisse, der genauen Positionierung des Überholmanövers und dergleichen von wesentlicher Bedeutung.

Hier wird auf die Bestimmung des § 25 Abs. 1 VStG verwiesen.

Es wird in diesem Zusammenhang auch darauf hingewiesen, daß der Anzeiger Bez.Insp. M, so aufgrund des Inhalts im Gendarmerieakt vom 05.04.1995, festhält, daß er sich mit dem Privat-PKW in einer fast stehenden Kolonne befunden hat. In der Einvernahme am 04.07.1995 verwehrt er sich in aller Form, daß die Kolonne gestanden sei, taucht in diesem Fall das Problem auf daß es nahezu unmöglich ist, exakte Beobachtungen machen zu können, wann ein Überholmanöver begonnen wurde, wann wiederum und an weichen Punkten sich eine Lücke geöffnet hat und dergleichen mehr.

Diese Widersprüchlichkeit lassen auch erhebliche Zweifel an der Richtigkeit seiner Aussage aufkommen, und wird hier nochmals auf die unter Punkt III. 1. angeführten Überlegungen verwiesen, gerade was die Beweiswürdigung der ersten Instanz anlangt.

3. Unrichtige rechtliche Beurteilung:

Vorerst wird darauf verwiesen, daß unter diesem Gesichtspunkt auch gerügt werden mangelnde Feststellungen, die eben aufgrund unrichtiger rechtlicher Beurteilungen resultiert sind; dabei wird auf Punkt III. 1. verwiesen.

Die Überschreitung nach § 16 Abs.2 lit.c. StVO macht eine sehr genaue Tatortumschreibung erforderlich, weil nur dann bestimmt werden kann, die Frage der einwandfreien Erkennbarkeit der Möglichkeit des Einordnens nach dem Überholvorgang, also auch den Umstand der Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer. Hier sind die entsprechenden Feststellungen im Straferkenntnis zu unbestimmt.

Auch die genaue Anzahl der Kraftfahrzeuge geht nicht hervor.

Es wurde zwar ein kraftfahrtechnisches Sachverständigen-Gutachten beim Amt der Landesregierung eingeholt, ist aber die Erstbehörde viel zu wenig auf dieses eingegangen, insbesondere bei entsprechender Würdigung und Wahrung der Grundsätze im Rahmen eines Strafverfahrens hinsichtlich Punkt 1. und 2. des Straferkenntnis ein Freispruch gefällt hätte werden müssen.

Was den Punkt 3. angeht, so habe ich mich schon seinerzeit im Einspruch diesbezüglich für schuldig erkannt. Die Berufung richtet sich aber auch gegen diesen Punkt, dies was die Bestrafung angeht. Nach Ansicht des Berufungswerbers verbleibt lediglich dieser Punkt 3. des Straferkenntnis, zumal die Überzeugung besteht, daß hinsichtlich Punkt 1. und 2. eine Einstellung erfolgen muß. Diesbezüglich reicht es völlig, wenn die Bestimmung des § 21 VSTG angewandt wird und von einer Bestrafung abgesehen wird.

Im Hinblick darauf werden gestellt nachstehende A N T R Ä G E:

Der Unabhängige Verwaltungssenat für das Land möge 1. eine öffentliche mündliche Verhandlung an Ort und Stelle durchführen, in deren Zuge der Beschuldigte Alfred P sowie der Anzeiger Bez.Insp. M sowie die vorhin namhaft gemachte Zeugin C geladen und einvernommen werden.

2. Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses wegen Rechtswidrigkeit hinsichtlich Punkt 1. und 2. des Straferkenntnisses und hinsichtlich Punkt 3. unter Anwendung des § 21 VSTG die Einstellung des Strafverfahrens in eventu das Straferkenntnis aufheben und die Rechtssache zur allfälligen Beweisergänzung und neuerlichen Entscheidung an die Behörde erster Instanz zurückverweisen.

Marchtrenk, 18. Oktober 1996/1 Alfred P" 3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch die Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Eferding, AZ.

VerkR96-880-8-1995-Pi/Ri, und Erörterung des Akteninhaltes im Rahmen der unter antragsgemäßer Abhaltung eines Ortsaugenscheines am 20. Dezember 1996 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung. Ferner durch die Vernehmung des Berufungswerbers als Beschuldigten und von BezInsp. M und der vom Berufungswerber beantragten Frau C als Zeugin, sowie durch die Vermessung des gegenständlichen Streckenbereiches, insbesondere im Hinblick auf die Gefahrensichtweite auf den Gegenverkehr und die rechnerische Nachvollziehung des Überholdiagramms mittels des EVU-Unfallrekonstruktionsprogramms von Prof. Dr. Gratzer.

Über Antrag des Berufungswerbers wurde noch die Frage erhoben und ihm zu Hd. seines Rechtsvertreters zur Kenntnis gebracht und Gelegenheit zu einer Äußerung eröffnet, ob an der fraglichen Örtlichkeit zur Tatzeit eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 30 km/h verordnet und kundgemacht gewesen ist. Auf die Anberaumung einer weiteren Berufungsverhandlung wurde einvernehmlich verzichtet.

4. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

4.1. Der Berufungswerber lenkte zur oben genannten Zeit und Örtlichkeit seinen Pkw aus Richtung Eferding kommend in Richtung der B 137 (Innviertler Bundesstraße). Ab Strkm 11,2 herrschte ein Verkehrsstau, wo die Fahrzeuge fast zum Stillstand gekommen waren. Der Berufungswerber reduzierte seine Fahrgeschwindigkeit zumindest auf Schrittgeschwindigkeit oder brachte es kurzzeitig sogar zum Stillstand, ehe er fünf Fahrzeuge der in Schrittgeschwindigkeit rollenden Kolonne überholte und sich 64 Meter weiter vorne in einer größeren Lücke in die Kolonne wieder einordnete. Von der Stelle des Überholbeginns beträgt die "Gefahrensichtweite" (die Sichtweite in den Gegenverkehrsbereich) 178 Meter. Wie sich aus der von der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen eingeholten Stellungnahme vom 23.12.1996, Zl.

VerkR10-115-1996, ergibt, reichte der 30 km/h Beschränkungsbereich in der Gegenrichtung nur bis 300 Meter vor die Vorfallsörtlichkeit. Vor dem Überholbereich des Berufungswerbers durfte daher von dem von der B137 kommenden und in Richtung Eferding fahrenden Verkehr (den Gegenverkehr) 60 km/h gefahren werden.

Das Fahrzeug des Berufungswerbers ist 90 PS stark. Laut Kraftfahrzeugdaten erreicht der Pkw des Berufungswerbers eine Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 11.1 Sekunden.

Dies entspricht einem durchschnittlichen Wert von 2,5 m/sek/2. Die Beschleunigungskomponente wird im unteren Geschwindigkeitsbereich zugunsten des Berufungswerbers mit 3 m/sek/2 angenommen. Rein rechnerisch ergibt sich unter Annahme der zumindest aus theoretischer Sicht günstigsten Voraussetzungen (Querbeschleunigungskomponente [für das Einscheren] 3,5 m/sek/2, Überholen aus 3 km/h heraus und einer Beschleunigung auf 40 km/h mit 3 m/sek/2 und dem Stillstand der Kolonne) ein Gesamtüberholweg von 78,2 Meter bei einer Gesamtzeit von 8,63 Sekunden. In dieser Zeit hätte ein mit 60 km/h entgegenkommender Gegenverkehr 143,9 Meter zurückgelegt. Es ist daher nur unschwer nachvollziehbar, daß hier der Gegenverkehr zum Abbremsen ja geradezu genötigt gewesen wäre, um einen drohenden Frontalzusammenstoß auf der bloß knapp sechs Meter breiten Straße zu vermeiden. Die gesamte Gefahrensichtstrecke hätte daher für dieses Manöver theoretisch zumindest 222 Meter betragen müssen. Dabei ist darin noch kein Reaktionsweg enthalten, welcher noch hinzuzurechnen wäre, wenn etwa der Gegenverkehr exakt mit dem Überholentschluß sichtbar geworden wäre.

Wie die "Durchsichtprobe" anläßlich des Ortsaugenscheines (Aufstellen zweier Fahrzeuge an entsprechender Stelle kurz nach Strkm 11,2) ergeben hat, konnte der Berufungswerber auf Grund seines Sichtwinkels in der Fahrzeugkolonne auch nicht ausreichend erkennen, ob die Lücke für ein Wiedereinordnen ausreichen würde, wobei er vor allem damit rechnen hätte müssen, daß diese während seines Überholmanövers durch Fahrtfortsetzung "zugemacht" werden hätte können. Dies unter völlig logischen - im Gegensatz zu seiner Überholentscheidung - und legitimen Gesichtspunkten.

4.2. Dieses Beweisergebnis stützt sich vor allem auf die Angaben des Zeugen BezInsp M, aber auch jener der Zeugin C.

Die beiden Zeugen schildern anläßlich ihrer Vernehmung vor Ort im Ergebnis übereinstimmend die Positionen des Ausscherens und des Wiedereinordnens. Inwiefern der sich in der Fahrzeugkolonne befindliche Meldungsleger, als dem Straßenverkehr beruflich besonders nahestehend, den Vorfall nicht entsprechend einschätzen können haben sollte, ist schlechthin unerfindlich. Schon aus dessen Angaben, welche mit den Feststellungen vor Ort in Einklang stehend festgestellt werden konnten, ergibt sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt, welcher grundsätzlich auch nicht mit der Verantwortung des Berufungswerbers in der Verhandlung in Widerspruch steht. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob der Berufungswerber hinter der Kolonne zur Gänze zum Stehen kam, oder wie der Zeuge M ausführte, ohne anzuhalten, sozusagen in einem Zug dieses Überholmanöver durchführte. Die vom Berufungswerber eingewendete 30 km/h-Beschränkung für den Gegenverkehr bestand, wie sich aus den beigeschafften Aufzeichnungen der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen ergab, lediglich für den Bereich ca. 300 Meter in Richtung B137 (in Fahrtrichtung des Berufungswerbers nach der Vorfallsörtlichkeit); sie galt daher nicht für den verfahrensgegenständlichen Bereich. Die Wegstrecken und Bewegungsabläufe konnten anläßlich der vor Ort durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung nachvollzogen werden. Die entsprechenden Distanzen und Sichtweiten wurden (mit Meßrad) ausgemessen.

Im Ergebnis decken sich die erstinstanzlichen Feststellungen mit dem nunmehrigen Ermittlungsergebnis und den daraus zu ziehenden fahrtechnischen Schlußfolgerungen ebenfalls mit jenen des erstinstanzlichen Verfahrens. Auch die Berufungsbehörde vermochte dies rechnerisch plausibel nachzuvollziehen.

Das Berufungsvorbringen erwies sich demzufolge über weite Bereiche als unlogisch, haltlos und offenkundig auch auf bloß nicht den Tatsachen entsprechenden Schutzbehauptungen gestützt. Im weiteren Gegensatz zum Berufungsvorbringen wurde das erstbehördliche Verfahren hier sehr umfangreich, sorgfältig und nicht von Verfahrensmängel behaftet geführt.

Der Überholentschluß des Berufungswerbers kann angesichts der vor Ort festgestellten Tatsachen im Ergebnis nicht anders als von der "Überlegung" getragen gewesen sein, "es wird schon gut gehen", qualifiziert werden! Generell gesehen scheint diese Verhaltensweise in seiner Innentendenz einer für ein gedeihliches Miteinander im Straßenverkehr unabdingbar erforderlichen "sozialen Ein- u. Unterordnungsneigung" entbehrt zu haben.

5.1. Rechtlich hat er unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

5.1.1. § 16 Abs.1 lit.c und § 16 Abs.2 lit.b StVO 1960 lauten:

Der Lenker eines Fahrzeuges darf nicht überholen:

c) wenn er nicht einwandfrei erkennen kann, daß er sein Fahrzeug nach dem Überholvorgang in den Verkehr einordnen kann, ohne andere Straßenbenützer zu gefährden oder zu behindern; (2) außer in den im Abs. 1 angeführten Fällen darf der Lenker eines Fahrzeuges nicht überholen:

b) bei ungenügender Sicht und auf unübersichtlichen Straßenstellen, z. B. vor und in unübersichtlichen Kurven und vor Fahrbahnkuppen; es darf jedoch überholt werden, wenn die Fahrbahn durch eine Sperrlinie (§ 55 Abs.2 StVO 1960) geteilt ist und diese Linie vom überholenden Fahrzeug nicht überragt wird.

5.1.2. Die Entscheidung über die Zulässigkeit des Überholmanövers setzt grundsätzlich die Feststellung jener Umstände voraus, die für die Länge der für den Überholvorgang benötigten Strecke von Bedeutung sind, das sind in erster Linie die Geschwindigkeiten des Überholenden und des [der] zu überholenden Fahrzeuge[s] (VwGH 12.3.1986, 85/03/0152).

Eine Kumulation mit einem weiteren im § 16 StVO 1960 umschriebenen Tatbestand ist möglich, wenn zwei verschiedene Tatbilder vorliegen welche einander nicht ausschließen, indem jedes für sich alleine und beide auch gleichzeitig begangen werden können (VwGH 28.10.1983, 83/02/0233). Dies trifft für die hier vorgeworfenen Tathandlungen zu! 5.1.3. Ein Lenker kann daher durch einen Überholvorgang sowohl gegen § 16 Abs. 1 lit. a StVO 1960 als auch gegen § 16 Abs.2 lit.b StVO 1960 (Idealkonkurrenz) verstoßen, wenn er vor einer unübersichtlichen Kurve und trotz erkennbaren Gegenverkehrs, der gefährdet werden könnte, zu überholen begonnen hat oder wenn er - nachdem er ohne erkennbaren Gegenverkehr, aber vor einer unübersichtlichen Kurve zu Überholen begonnen hat - trotz während des Überholvorganges erkennbar werdenden Gegenverkehrs den Überholversuch nicht abbricht, obwohl dies noch möglich wäre. Bereits bei einer bloß abstrakten [möglichen] Gefährdung eines präsumtiv entgegenkommenden Lenkers aus dem Überholen an einer unübersichtlichen Straßenstelle, was auf Grund der Gefahrensichtweite von [nur] 178 Meter und dem Überholen mehrerer Personenkraftwagen in einer, wenn auch nur sehr langsam fahrenden Fahrzeugkolonne zutrifft, hat der Berufungswerber (zusätzlich) auch gegen § 16 Abs.2 lit.b verstoßen (VwGH 29. 8. 1990, 90/02/0044, ZVR 1991/79).

5.1.4. Im Sinne des § 44a Abs.1 VStG war der Spruch den Sachverhaltsfeststellungen des Berufungsverfahrens entsprechend anzupassen gewesen.

6. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.1. Konkret ist zur Strafzumessung auszuführen, daß die Strafsätze eher noch als niedrig bemessen zu erachten sind.

Ein Ermessensfehler in der Strafzumessung kann daher selbst unter Berücksichtigung des Milderungsgrundes der bisherigen Unbescholtenheit nicht erblickt werden. Der Berufungswerber bezieht ein monatliches Einkommen von 14.000 S und ist nicht sorgepflichtig.

Insbesondere bedarf es angesichts der Gefährlichkeit und der mit dem Tatverhalten verbundenen negativen Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit, sowohl aus Gründen der Spezial- als auch der Generalprävention einer empfindlichen Bestrafung.

Sind es doch gerade diese auf Ungeduld, mangelnder sozialer Disziplin und Verantwortungsgefühl basierenden Fehlverhalten im Straßenverkehr, die in überwiegenden Fällen Ursache schwerster Verkehrsunfälle sind. Es ist daher völlig verfehlt, wenn der Berufungswerber in seiner abschließenden Stellungnahme vom 18. Jänner 1997 zu meinen scheint, daß es durch sein Verhalten zu keinerlei Schädigung schützenswerter Interessen gekommen wäre. Vielfach hängt es bei Abläufen im Straßenverkehr bloß vom Zufall ab, hier mangels Gegenverkehr, daß es zu keiner akut gefährlichen Situation gekommen ist.

Auch im Punkt 3.) - hier richtete sich die Berufung bloß gegen das Strafausmaß - vermag dem Berufungswerber kein Erfolg beschieden werden.

Für die Anwendung des § 21 VStG bedarf es des kumulativen Vorliegens eines bloß geringfügigen Verschuldens und unbedeutender Folgen der Übertretung. Ein mehr als dreimonatiges Negieren einer gesetzlichen Verpflichtung, welche gegebenenfalls dem Sinn einer möglichst sparsamen Verwaltung zu dienen hat, kann nicht mehr als bloß geringfügiges Verschulden gewertet werden.

Bei einem bis zu 30.000 S reichenden Strafrahmen sind daher auch 700 S nicht außerhalb des gesetzlichen Ermessensrahmens gelegen zu erachten.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilagen Dr. B l e i e r

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum