Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521144/2/Br/Sta

Linz, 08.11.2005

 

 

 

VwSen-521144/2/Br/Sta Linz, am 8. November 2005

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn D K, geb. , F, N, vertreten durch Dr. F R, Rechtsanwalt, H, M, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a. d. Krems vom 5.10.2005, VerkR21-336-2005 - wegen der Aufforderung zur Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B, zu Recht:

Der Berufung wird Folge gegeben; der angefochtene Bescheid wird ersatzlos behoben.

Rechtsgrundlagen:

§ 67a AVG; §§ 24 Abs. 4 iVm 8 FSG, BGBl. I Nr.120/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 15/2005.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit dem o.a. "Aufforderungsbescheid" wurde ausgesprochen, "der Berufungswerber habe sich am 20.10.2005 um 08.00 Uhr zur amtsärztlichen Untersuchung bei der Behörde erster Instanz (der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a. d. Krems) zwecks Nachweis der gesundheitlichen Eignung für die Lenkberechtigung der Klasse B einzufinden". Gleichzeitig wurde aufgetragen, zu dieser Untersuchung aktuelle Laborbefunde und zwar CD-Tect, GammaGT, GPT und GOT mitzubringen.

Nicht ersichtlich ist aus der Aktenlage aus welchem konkreten Anlass dieser Aufforderungsbescheid erlassen wurde.

 

 

    1. Begründend verwies die Behörde erster Instanz auf § 24 Abs.4 iVm § 8 FSG.

Inhaltlich wurde auf den "vorliegenden Führerscheinakt der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hingewiesen, woraus hervorgehe, dass dem Berufungswerber die Lenkberechtigung fünfmal entzogen worden sei. Zuletzt im Jahr 1998 auf die Dauer von 30 Monaten, weil der Berufungswerber zwei Unfälle mit Fahrerflucht in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand verursacht habe.

Zwischenzeitig habe der Berufungswerber eine tschechische Lenkberechtigung erworben.

Auf Grund der Aktenlage (gemeint wohl der genannten Fakten) könne eine Alkoholabhängigkeit bzw. Alkoholkrankheit nicht ausgeschlossen werden. Aus diesem Grund sei ein Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung eingeleitet worden. In diesem Verfahren sei zu prüfen, ob beim Berufungswerber die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen noch gegeben ist.

 

 

  1. Dagegen wendet sich der Berufungswerber durch seine fristgerecht durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobene Berufung folgenden Inhalts:

"In umseits bezeichneter Rechtssache habe ich Rechtsanwalt Dr. F R, H, M, mit meiner rechtsfreundlichen Vertretung beauftragt und beruft sich dieser auf die ihm erteilte Vollmacht.

 

Durch meinen ausgewiesenen Vertreter erhebe ich gegen den Aufforderungsbescheid gemäß § 24 Abs.4 FSG der BH Kirchdorf an der Krems vom 5.10.2005 zu
VerkR21-336-2005, zugestellt am 7.10.2005, binnen offener Frist

 

B e r u f u n g

 

an die zuständige Berufungsbehörde.

 

Der Bescheid vom 5.10.2005, wonach ich aufgefordert wurde, am 20.10.2005,
8:00 Uhr, zur amtsärztlichen Untersuchung zu erscheinen und ein amtsärztliches Gutachten über meine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B zu erbringen sowie entsprechende Befunde vorzulegen, wird zur Gänze angefochten.

 

Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und wird dies wie folgt begründet:

 

Richtig ist, dass mir zuletzt 1998 für die Dauer von 30 Monaten der Führerschein entzogen wurde und ich mittlerweile einen tschechischen EWR-Führerschein erworben habe. Sämtliche Erteilungsvoraussetzungen hiefür wurden erfüllt. Insbesondere bestand kein Verdacht auf Alkoholabhängigkeit bzw. Alkoholkrankheit und wurden im Rahmen des Erteilungsverfahrens auch die österreichischen Behörden kontaktiert. Die BH Kirchdorf/Krems hat es allerdings verabsäumt, die Voraussetzungen für die Erlangung des EWR-Führerscheins zu erheben. Allein die Tatsache, dass ich einen tschechischen EWR-Führerschein erworben habe, rechtfertigt noch keine Bedenken im Sinne des § 24 Abs. 4 hinsichtlich einer möglichen Alkoholabhängigkeit. Bei einem entsprechenden Verdacht hätte ich die Lenkerberechtigung nicht erhalten. Die Unterlassung entsprechender Erhebungen stellt einen erheblichen Verfahrensmangel dar.

 

Tatsächlich habe ich meine in den 90igern Jahren vorhandenen Alkoholprobleme nunmehr bereits seit längerer Zeit im Griff und trinke ich keinen Alkohol. Ich wurde auch seit Erteilung des EWR-Führerscheins in keiner Weise auffällig. Für eine entsprechende Rechtfertigung wurde mir seitens der Behörde keine Möglichkeit eingeräumt, wodurch jedenfalls der Grundsatz des rechtlichen Gehörs verletzt wurde.

 

Aktuelle Ereignisse, die Bedenken hinsichtlich einer Alkoholabhängigkeit bzw. Alkoholkrankheit hervorrufen könnten, liegen nicht vor. Offenkundig war ausschließlich meine Anfrage bei der Behörde vor einigen Wochen hinsichtlich einer allfälligen Umschreibung meines EWR-Führerscheins Anlass für die Ausstellung des gegenständlichen Bescheids. Die Voraussetzungen des § 24 Abs. 4 FSG liegen daher keinesfalls vor. Aus meinem Fehlverhalten in den 90iger Jahren können ohne entsprechenden aktuellen Anlass keinesfalls begründete Bedenken hinsichtlich einer gegenwärtig bestehenden Alkoholabhängigkeit bzw. Alkoholkrankheit abgeleitet werden.

 

Nach der klaren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs sind jedenfalls begründete Bedenken in der Richtung notwendig, dass der Inhaber der Lenkerberechtigung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen derjenigen Klassen, die von seiner Lenkberechtigung erfasst werden, nicht mehr besitzt. Es müssen hiefür zwar nicht Umstände vorliegen, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen einer Erteilungsvoraussetzung geschlossen werden kann, es müssen aber genügend begründete Bedenken in dieser Richtung bestehen, die die Überprüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen (vgl. hiezu VWGH vom 25.5.2005, GZ 2004/11/0016 und andere). Nach VWGH 24.4.2001, 2000/11/0231 lässt insbesondere der Jahre zurückliegende Suchtgiftkonsum auf eine Suchtgiftabhängigkeit zur Zeit der zu überprüfenden Entscheidung keine Rückschlüsse zu. Was für den Suchtgiftkonsum gilt, muss auch für den Alkoholkonsum gelten. Nach dieser Entscheidung wird deutlich, dass die Rechtsprechung einen unmittelbaren und aktuellen Nahebezug hinsichtlich des Bestehens begründeter Bedenken verlangt.

 

Hiefür spricht auch der klare Wortlaut des § 24 Abs. 4 Satz 1, wo davon gesprochen wird, dass zu prüfen ist, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind. Diese Formulierung setzt jedenfalls ein aktuelles Ereignis voraus, das begründete Bedenken hinsichtlich des Wegfalls der - im Zweifel jedenfalls vorliegenden - Voraussetzungen bei der Behörde hervorruft. Die BH Kirchdorf geht hier offenbar mangels konkretem Verdacht in unzulässiger Weise von einer Beweislastumkehr zu meinen Lasten aus. Die Voraussetzungen des § 24 Abs. 4 liegen damit jedenfalls nicht vor.

 

Hingewiesen wird auch darauf, dass der Untersuchungstermin mit 20.10.2005 anberaumt wurde und zu diesem Zeitpunkt der gegenständlich angefochtene Bescheid noch gar nicht rechtskräftig sein konnte. Der angefochtene Bescheid ist daher auch aus diesem Grund rechtswidrig, zumal Voraussetzung nach § 24 Abs. 4 jedenfalls das Vorliegen eines rechtskräftigen Aufforderungsbescheids ist.

 

Es werden daher gestellt nachstehende

 

B e r u f u n g s a n t r ä g e :

 

  1. Die Berufungsbehörde möge den angefochtenen Bescheid zur Gänze beheben und das Verfahren - allenfalls nach Ergänzung des Ermittlungsverfahrens - einstellen.

 

M, am 20.10.2005 H/GR D K"

 

  1. Der Verfahrensakt wurde dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Dieser hat demnach durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 Z2 AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte hier unterbleiben (§ 67d Abs.2 AVG).

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsakt und die daran angeschlossenen Vorakte.

 

 

4. Sachverhaltslage:

Aus den vorgelegten Akten ergibt sich wohl eine bis zum Jahr 1992 reichende in Bezug zum Alkohol und Lenken von Kraftfahrzeugen problematische Sinneshaltung des Berufungswerbers. Zuletzt ist eine Alkofahrt vom Oktober 1998 in Verbindung mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden aktenkundig.

Aus der Bescheidbegründung ergeben sich aber keine konkreten Anhaltspunkte für eine fehlende gesundheitliche Eignung zum gegenwärtigen Zeitpunkt. Die Behörde erster Instanz führt im Ergebnis lediglich ins Treffen, dass auf Grund der sieben Jahre zurückliegenden Vorgeschichte des Berufungswerbers eine "Alkoholabhängigkeit bzw. Alkoholkrankheit nicht ausgeschlossen werden könne."

In dieser Allgemeinheit dargetan kann dies wohl nicht einen "begründeten Verdacht" indizieren. Selbst aus den von der Behörde erster Instanz zitierten Akten der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land ist auf Grund von damals langzeitig und engmaschig angeordnet gewesenen Kontrolluntersuchungen, etwa in amtsärztlichen Gutachten vom Jänner und September 1998 von "bedingter Eignung" die Rede.

Eine begleitende Maßnahme iSd damals geltenden § 26 Abs.8 iVm § 24 Abs.3 FSG (idF BGBl I Nr. 94/1998) wurde in dem auf Grund des dazwischen tretenden Ereignisses vom 11.10.1998 schließlich den 30 Monate aussprechenden Entzugsbescheid, AZ.: VerkR21-394-1998, vom 22. Oktober 1998, ebenfalls nicht angeordnet. Als nicht nachvollziehbar erweist sich in diesem Bescheid dessen Spruch, der die Lenkberechtigung für die Gruppen A und B "dauernd im Hinblick auf die Kontrolluntersuchung als Bedingung bis einschließlich 7.11.1998", ab Zustellung des Bescheides ausspricht. Ein Zustellnachweis mit Datum findet sich in den vorgelegten Akten nicht.

Eine in Rechtskraft erwachsene Bedingung in Form der Anordnung einer amtsärztlichen Untersuchung für die Wiedererteilung der Lenkberechtigung ist aus den vorgelegten Akten ebenfalls nicht ersichtlich.

Mit Blick auf die Akten- und Faktenlage kann daher zum gegenwärtigen Zeitpunkt - sieben Jahre nach der letzten aktenkundigen Alkofahrt mit 0,54 mg/l Atemluftalkoholgehalt - ein "begründeter Zweifel" an der gesundheitlichen Eignung nicht erblickt werden.

Wenn der Berufungswerber zwischenzeitig eine tschechische Lenkberechtigung erworben hat, kann einmal mehr nicht davon ausgegangen werden, dass im EU-Land Tschechien einer gesundheitlich nicht geeigneten Person eine Lenkberechtigung erteilt worden wäre (§ 23 Abs.3 Z3 FSG).

Seit dieser Erteilung vor nunmehr zehn Monaten scheint der Berufungswerber ebenfalls im Straßenverkehr auffällig geblieben zu sein.

 

5. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

  1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder
  2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Bedingungen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken.

Gemäß § 24 Abs.4 FSG bedarf es bestehender Bedenken über den Bestand der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen, um ein von einem Amtsarzt zu erstellendes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen. Solche Anhaltspunkte können jedenfalls in sieben Jahre und länger zurückliegenden Verfehlungen nicht (mehr) erblickt werden.

 

5.1. Voraussetzung für die Einleitung eines Entziehungsverfahrens im Sinne des
§ 24 Abs.1 und 4 FSG sind begründete Zweifel am aufrechten Vorliegen einer der Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung des Inhaltes wie sie die betreffende Person innehat. Voraussetzung für die Erlassung eines Aufforderungsbescheides nach § 24 Abs.4 FSG sind demnach u.a. begründete Bedenken in der Richtung, dass der Inhaber die geistige oder körperliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen derjenigen Klassen, die von seiner Lenkberechtigung erfasst werden, nicht mehr besitzt (siehe dazu die VwGH - Erkenntnisse vom 10. November 1998, Zl. 98/11/0120, vom 14. März 2000, 99/11/0185, vom 23. Jänner 2001, 2000/11/0240, VwGH 24. April 2001, 2000/11/0231, VwGH 24.4.2001, 2000/11/0231).

Dabei geht es zwar noch nicht darum, konkrete Umstände zu ermitteln, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen einer Erteilungsvoraussetzung geschlossen werden kann; es müssen aber genügend begründete Bedenken in dieser Richtung bestehen, die die Prüfung des Vorliegens solcher Umstände unter der hiefür notwendigen Mitwirkung des Besitzers der Lenkberechtigung geboten erscheinen lassen (VwGH 21.1.2003, 2002/11/0244).

Wenn der Berufungswerber - wie oben festgestellt - bereits seit fast einem Jahr offenbar wieder unauffällig am Straßenverkehr teilnimmt, lassen allein bloß der humanistischen Logik folgende Überlegungen einen Nachweis der gesundheitlichen Eignung zum gegenwärtigen Zeitpunkt als Unrecht erscheinen.

Da von der Behörde erster Instanz der konkrete Anlass für diesen Aufforderungsbescheid nicht präzisiert wurde, muss es auf sich bewenden ob die aufgeworfene Rechtsfrage in einer zu vermutenden antragsmäßigen Erledigung vorbehalten bleiben müsste.

 

 

5.2. Dem Berufungswerber ist daher in seinem Vorbringen beizupflichten, dass seitens der Behörde erster Instanz kein begründeter Anhaltspunkt dargelegt wurde der objektiv auf eine gesundheitliche Nichteignung hindeuten könnte. Der Umstand des bereits sieben Jahre zurückliegenden letzten Alkoholdeliktes kann jedenfalls einen solchen Zweifel nicht begründet erscheinen lassen.

Der Aufforderungsbescheid war demnach mangels jeglicher konkretisierbarer und objektiv nachvollziehbarer Anhaltspunkte ersatzlos zu beheben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180  Euro zu entrichten.

 

Dr. B l e i e r

Beschlagwortung:

begründeter Zweifel, § 24 Abs.4 FSG

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