Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521149/6/Fra/He

Linz, 16.03.2006

 

 

 

VwSen-521149/6/Fra/He Linz, am 16. März 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn MB vertreten durch die Herren Rechtsanwälte Dr. WD, Dr. HM gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 17.10.2005, FE 847/2005, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 67a Abs.1 AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem in der Präambel angeführten Bescheid dem Berufungswerber (Bw) die von der Bundespolizeidirektion Linz am 2.6.1998 unter der Zl. F 2007/98, für die Klassen A und B erteilte Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von zwei Wochen ab Rechtskraft des Bescheides entzogen. Weiters wurde angeordnet, dass der Führerschein unverzüglich nach Vollstreckbarkeit (Rechtskraft) des Bescheides bei der Behörde abzuliefern ist.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch die ausgewiesenen Vertreter bei der Bundespolizeidirektion Linz eingebrachte Berufung. Der Bw bringt u.a. vor, dass seit der verfahrensgegenständlichen Tat mehr als ein Jahr verstrichen ist, ohne dass er irgendwelcher Verletzungen von Verkehrsvorschriften verdächtigt oder beschuldigt wurde. Die Voraussetzungen zur Annahme einer derzeitigen Verkehrsunzuverlässigkeit sei daher keinesfalls gegeben, weshalb er beantrage, der Berufung Folge zu gegeben und den angefochtenen Bescheid aufzuheben.

 

3. Folgender Sachverhalt ist entscheidungsrelevant und ergibt sich aus der Aktenlage:

 

Der Bw wurde mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Spittal/Drau vom 1.8.2005, S-6563/04, unter Punkt 2 wegen eines Verstoßes gegen § 20 Abs.2 StVO 1960 bestraft, weil er am 30.6.2004 gegen 12.00 Uhr als Lenker des Motorrades mit dem behördlichen Kennzeichen L-....... auf der Drautalstraße B 100 von Spittal/Drau kommend in Fahrtrichtung Villach im Gemeindegebiet von Spittal/Drau bei Strkm. 29,000 die auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h laut Provida-Messung abzüglich der Messfehlergrenze um 67 km/h überschritten hat. Aufgrund einer dagegen eingebrachten Berufung hat der Unabhängige Verwaltungssenat für Kärnten mit Berufungsbescheid vom 23.2.2006, KUVS-1427-1430/4/2005, die Berufung hinsichtlich dieses Faktums mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die als erwiesen angenommene Tag im Sinne des § 44a Z1 VStG wie folgt zu lauten hat: "Sie haben am 30.6.2004 als Lenker des Motorrades mit dem behördlichen Kennzeichen L-788G auf der Drautalstraße B 100 von Spittal/Drau kommend in Fahrtrichtung Villach im Gemeindegebiet von Spittal/Drau, selber Bezirk, um 12.00 Uhr bei Strkm. 29,000 die auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h erheblich überschritten." Aus der Begründung dieses Bescheides geht hervor, dass der Unabhängige Verwaltungssenat für Kärnten nach Abzug einer 10 %igen Messtoleranz, ein Überschreitungsausmaß von zumindest 59 km/h als erwiesen angenommen hat.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 7 Abs.1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr ...... gefährden wird.

Gemäß § 7 Abs.3 Z4 FSG hat als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 zu gelten, wenn jemand die zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebietes um mehr als 50 km/h überschritten hat und diese Überschreitung mit einem technischen Hilfsmittel festgestellt wurde.

 

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2-4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Gemäß § 26 Abs.3 FSG hat im Fall der erstmaligen Begehung einer in § 7 Abs.3 Z4 genannten Übertretung - sofern die Übertretung nicht geeignet war, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen oder nicht mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern begangen wurde (§ 7 Abs.3 Z3) oder auch eine Übertretung gemäß Abs.1, 2 oder 4 vorliegt - die Entziehungsdauer zwei Wochen, bei der zweiten Begehung einer derartigen Übertretung innerhalb von zwei Jahren ab der ersten Begehung sechs Wochen zu betragen.

 

4.2. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes rechtfertigt ein Delikt im Sinne des § 7 Abs.3 Z4 FSG jedenfalls dann nicht mehr die Entziehung der Lenkberechtigung der betreffenden Person, wenn zwischen der Tat und der Einleitung des Entziehungsverfahrens mehr als ein Jahr verstrichen und die betreffende Person in dieser Zeit im Verkehr nicht nachteilig in Erscheinung getreten ist (vgl. VwGH vom 24.4.2001, 99/11/0210 uva.). Im konkreten Fall ist zwar zwischen der Tat und der Einleitung des Entziehungsverfahrens kein Jahr verstrichen (das Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung wurde bereits mit Schreiben der Bundespolizeidirektion Linz vom 15.7.2004 an den Bw - sohin rund zwei Wochen nach der Tat - eingeleitet), doch der angefochtene Bescheid wurde erst rund 16 Monate nach der Tat zugestellt. Es ist auch ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass eine Entziehung der Lenkberechtigung mangels Verkehrszuverlässigkeit (§ 7 FSG) zufolge § 25 Abs.3 leg.cit. nur dann rechtmäßig ist, wenn die Behörde aufgrund der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides annehmen darf, es liege Verkehrsunzuverlässigkeit vor und es werde die Verkehrszuverlässigkeit nicht vor Ablauf von drei Monaten eintreten (vgl. VwGH 23.4.2002, 2001/11/0149 mwN).

 

Dem angefochtenen Bescheid liegt implizit der Auffassung zugrunde, der Bw würde die Verkehrszuverlässigkeit erst nach Ablauf des 2-Wochen-Entzuges erlangen, obwohl er in der Zwischenzeit im Besitz der Lenkberechtigung war. Geht man von der Einleitung des Verwaltungsverfahrens aus, würde dies, gerechnet ab Zustellung des angefochtenen Bescheides nach ca. 15 Monaten, geht man vom Datum des Begehens der Übertretung aus, nach ca. 16 Monaten der Fall sein. Geht man vom Zeitpunkt der Zustellung dieser Berufungsentscheidung aus, würde sich dieser Zeitraum entsprechend der Dauer des Berufungsverfahrens verlängern.

 

Der Oö. Verwaltungssenat geht nun mit der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes insofern konform, als, ausgehend von der Überlegung, dass eine Entziehung ohne Wertung der zugrundeliegenden bestimmten Tatsache für eine im Gesetz selbst fixierte verhältnismäßige kurze Zeit - wie gegenständlich - in möglichst großer zeitlicher Nähe zu der bestimmten Tatsache (hier: Geschwindigkeitsüberschreitung) erfolgen soll. Dem Umstand der seit der Tat verstrichenen Zeit und dem Verhalten in dieser Zeit muss Bedeutung beigemessen werden, da es nicht anginge, die Entziehung für eine verhältnismäßig geringfügige pauschale Dauer auch noch lange Zeit nach der Begehung des entsprechenden Deliktes bei anschließendem Wohlverhalten zu verfügen, zumal zu diesem Zeitpunkt von einer aktuellen Verkehrsunzuverlässigkeit der betreffenden Person nicht mehr gesprochen werden kann (VwGH 17.2.1998, 98/11/0227).

 

Da zum Zeitpunkt dieser Berufungsentscheidung die vom Bw verwirklichte Tatsache rund 21 Monate und der Zeitpunkt der Einleitung des Ermittlungsverfahrens rund 20 Monate zurückliegt, wäre die Annahme, der Bw ist zum Zeitpunkt dieser Berufungsentscheidung noch verkehrsunzuverlässig, nicht mehr gerechtfertigt, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13 Euro angefallen.

 

Dr. F r a g n e r

 

 

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