Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521154/2/Ki/Jo

Linz, 21.11.2005

 

 

 

VwSen-521154/2/Ki/Jo Linz, am 21. November 2005

DVR.0690392

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des M S, L, A, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. P R, L, L, vom 02.11.2005, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 13.10.2005, GZ: FE-1352/2005, wegen Entziehung der Lenkberechtigung bzw. Lenkverbot zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird Folge gegeben, der angefochtene Bescheid wird ersatzlos behoben.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG iVm §§ 7 und 24 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem oben angeführten Bescheid dem Berufungswerber die von der Bundespolizeidirektion Linz am 14.08.1989 unter Zahl F3142/89 für die Klassen A, B erteilte Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von zwei Wochen ab Rechtskraft des Bescheides entzogen und angeordnet, dass der Führerschein unverzüglich nach Vollstreckbarkeit (= Rechtskraft) des Bescheides bei der Behörde abzuliefern sei.

 

Begründet wurde der Bescheid damit, dass laut Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 19.05.2005, Zl. S42093/04, der Berufungswerber am 14.11.2004 um 09.09 Uhr in Linz, Leonfeldner Straße 289, in Fahrtrichtung stadtauswärts das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen L- lenkte und die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 45 km/h überschritten hat. Nach diesem Sachverhalt sei er nicht verkehrszuverlässig. Nicht verkehrszuverlässigen Kraftfahrzeuglenkern sei die Lenkberechtigung zu entziehen bzw. sei das Lenken von Kraftfahrzeugen zu untersagen. Die Entziehungsdauer sei gesetzlich begründet.

 

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber mit Schriftsatz vom 02.11.2005 Berufung erhoben und beantragt, der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge den angefochtenen Bescheid ersatzlos beheben.

 

Bemängelt wird im Wesentlichen, dass das zitierte Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz noch nicht rechtskräftig sei, zumal beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich noch ein Berufungsverfahren anhängig sei bzw. werden inhaltliche Einwendungen im Hinblick auf das der Bestrafung zu Grunde liegende Delikt vorgebracht.

 

Weiters wird unter Hinweis auf die Judikatur des Unabhängigen Verwaltungssenates vorgebracht, dass ein Führerscheinentzug dann rechtswidrig sei, wenn sich der Berufungswerber während nahezu eines Jahres nach der Verkehrsübertretung wohlverhalten habe.

 

3. Die Bundespolizeidirektion Linz hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Der hatte durch das nach der Geschäftszuteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Eine mündliche Berufungsverhandlung wurde nicht beantragt und es wird im vorliegenden Falle die Durchführung einer Verhandlung nicht für erforderlich gehalten (§ 67d Abs.1 AVG).

 

5. Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 19.05.2005, Cst-42.093/04, wurde Herr S für schuldig befunden, er habe am 14.11.2004 um 09.09 Uhr in Linz, Leonfeldnerstraße 289, stadtauswärts fahrend das Kfz, Kz: L-, gelenkt und die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h überschritten, da die Fahrgeschwindigkeit 95 km/h betragen habe.

 

Dieses Straferkenntnis wurde durch die Berufungsentscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 02.11.2005, VwSen-160635/12/Ki/Jo, vollinhaltlich bestätigt und es ist die Bestrafung somit rechtskräftig geworden.

 

6. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2-4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt als verkehrszuverlässig eine Person, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z4 FSG hat als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs.1 insbesondere zu gelten, wenn jemand die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h überschritten hat und diese Überschreitung mit einem technischen Hilfsmittel festgestellt wurde.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.1 genannten und in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend, wobei bei den in Abs.3 Z14 und 15 genannten bestimmten Tatsachen die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit nicht zu berücksichtigen ist.

 

Entgegen dem Berufungsvorbringen wurde die Bestrafung wegen der gegenständlichen festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitung nunmehr rechtskräftig, d.h. dass im vorliegenden Falle eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z4 FSG bindend feststeht.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich verkennt nicht, dass wie die Bundespolizeidirektion Linz in ihrem Vorlageschreiben vom 10.11.2005 feststellt, der Verfassungsgerichtshof grundsätzlich eine Entziehung der Lenkberechtigung wegen exzessiver Geschwindigkeitsüberschreitung auch noch nach dem Verstreichen eines längeren Zeitraumes nach Begehung der Tat für zulässig erachtete, dies unter dem vorrangigen erzieherischen Aspekt einer solchen Entziehung.

 

Andererseits hat der Gesetzgeber in Bezug auf eine Entziehung der Lenkberechtigung ausdrücklich die Vornahme einer Wertung vorgesehen und als Wertungskriterium auch die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit festgelegt.

 

Wenn auch im vorliegenden Falle eine strafbare Handlung vorliegt, welche eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z4 FSG darstellt, muss das Wertungskriterium der seit der Tat verstrichenen Zeit und das Verhalten während dieser Zeit entscheidend zu Gunsten des Berufungswerbers ins Gewicht fallen, weil er bis zum heutigen Tag, also mehr als ein Jahr seit der begangenen Tat, im Besitz der Lenkberechtigung war und in dieser Zeit nach der Aktenlage keine weitere Übertretung von ihm begangen wurde. Es wird diesbezüglich auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23.04.1996, 95/11/0225 u.a. verwiesen.

 

Eine Entziehung der Lenkberechtigung wäre nur dann rechtmäßig, wenn die Berufungsbehörde annehmen könnte, der Berufungswerber werde die Verkehrszuverlässigkeit nicht vor Ablauf von zwei Wochen ab Zustellung des Berufungsbescheides wieder erlangen. Diese Annahme ist im Hinblick auf die Länge der seit der Tat verstrichenen Zeit und das Verhalten des Berufungswerbers während dieser Zeit nicht begründet.

 

Da seit der vom Berufungswerber begangenen Tat mehr als ein Jahr vergangen ist und der Berufungswerber sich laut Aktenlage in dieser Zeit wohlverhalten hat war der Berufung stattzugeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben.

 

Abschließend wird darauf hingewiesen, dass für die gegenständliche Berufung Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen sind.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. K i s c h

 

 

Beschlagwortung:

Entzug der Lenkberechtigung wegen § 7 Abs.3 Z4 FSG (exzessive Geschwindigkeitsüberschreitung) nach mehr als 1 Jahr - bei zwischenzeitlichen Wohlverhalten - nicht mehr zulässig.

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