Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104216/2/Br

Linz, 12.12.1996

VwSen-104216/2/Br Linz, am 12. Dezember 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die gegen das Strafausmaß gerichtete Berufung des Herrn D betreffend das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 6.

Dezember 1996, Zl.: VerkR96-3156-1996, wegen einer Übertretung der StVO 1960, zu Recht:

I. Der Berufung wird keine F o l g e gegeben; das im Strafausmaß angefochtene Straferkenntnis wird bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr.51, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995 AVG iVm § 19 Abs.1 und 2, § 24 und § 51 Abs.1 § 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl.Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 620/1995 - VStG.

II. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden als Kosten für das Berufungsverfahren 1.800 S auferlegt.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat mit dem Straferkenntnis vom 6. Dezember 1996, Zl.: VerkR96-3156-1996, wegen der Übertretungen nach § 20 Abs.2 StVO 1960 über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 9.000 S und für den Nichteinbringungsfall neun Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängt.

1.1. Begründend führte die Erstbehörde zur Strafzumessung aus, daß die enorme Geschwindigkeitsüberschreitung straferschwerend, mildernd demgegenüber kein Umstand zu werten gewesen wäre. Die Erstbehörde ging von einem Monatseinkommen von 15.000 S, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten aus.

2. Der Berufungswerber rügt in seiner fristgerecht erhobenen Berufung das Ausmaß der verhängten Strafe. Er bringt vor, daß ihm die Strafe angesichts seiner Einkommensverhältnisse zu hoch erscheine. Aus dem beigelegten Lohnzettel ergibt sich ein monatliches Nettoeinkommen von 29.214,76 S. Von diesem Gehalt müsse er auch noch die Fahrt-, Nächtigungsund Verpflegungskosten bestreiten.

3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser ist, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war angesichts der nur gegen das Ausmaß der verhängten Strafe gerichteten Berufung nicht erforderlich (§ 51e Abs.2 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach, Zl.: VerkR96-3156-1996. Daraus ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt. Die über die von der Erstbehörde getroffenen Tatsachenfeststellungen hinausgehenden Fakten, sind amtsbekannte Tatsache.

5. Der Tatvorwurf ist inhaltlich unbestritten. Es ist von der Tatsache auszugehen, daß zum Vorfallszeitpunkt um 19.10 Uhr (Sommerzeit), selbst bei wolkenlosen Himmel bereits Dunkelheit herrschte. Das Ende der bürgerlichen Abenddämmerung (bezogen auf den Flughafen L) war an diesem Tag um 18.29 Uhr. Auf der geographisch etwas weiter nordwestlich gelegenen Vorfallsörtlichkeit kann dieser Zeitpunkt nur auf wenige Minuten später angenommen werden.

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat folgendes erwogen:

6.1. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.2. Konkret wird zur Strafzumessung ausgeführt, daß der Tatunwert derartiger Übertretungen hoch ist und insbesondere darin liegt, daß mit dem Überschreiten der erlaubten Höchstgeschwindigkeiten erwiesenermaßen eine erhebliche Gefahrenpotenzierung und somit erhöhte Unfallsneigung ausgeht. Diese gründet beispielsweise darin, daß bei der vom Berufungswerber getätigten Geschwindigkeitsüberschreitung in bereits einer Sekunde 46,66 m durchfahren wurden. Daraus folgt, daß die für den Berufungswerber in der Dunkelheit einsehbare Wegstrecke (Gefahrensichtweite) in einem Zeitrahmen von knapp über vier Sekunden durchfahren wurde. Es wird von einer Ausleuchtung der Straße bei Verwendung des Fernlichtes von 180 Meter ausgegangen. Bei dieser Geschwindigkeit beträgt der Anhalteweg unter Zugrundelegung einer optimalen durchschnittlichen Bremsverzögerung von 7,5 m/sek/2, 196,51 Meter. Bei der Einhaltung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h würde unter gleichen Bedingungen der Anhalteweg 82 Meter betragen. Jene Stelle an welcher der Fahrzeuglenker aus 100 km/h zum Stehen kommt, wird bei der hier gefahrenen Geschwindigkeit noch mit knapp über 149 km/h durchfahren. Diesen Ergebnissen liegt eine Reaktionszeit von einer Sekunde und einer Bremsschwellzeit von 0,2 Sekunden zu Grunde (Berechnung mittels "EVU-Unfallsrekonstruktionsprogramm v. Prof. Dr. Gratzer). Auf eine allfällige aus der Dunkelheit auftauchende Gefahr hätte der Berufungswerber wohl nie mehr erfolgreich reagieren können. Es kann daher hier durchaus gesagt werden, daß mit einer solchen Fahrt aus empirischer Sicht bereits dadurch "gefährliche Verhältnisse" anhaften, weil eben einer Gefahr (welche bei einer Sicht von weniger als 200 Meter eigentlich nur plötzlich auftreten kann) nicht mehr wirkungsvoll begegnet werden kann und damit eine Gefährdung bereits potentiell in Kauf genommen wird.

Aus einer solchen Verhaltensweise läßt sich letztlich eine besondere Gleichgültigkeit und Realitätsfremde gegenüber den empirischen Geschehnissen im Straßenverkehr ableiten.

Dies ist hier spezifisch für die Beurteilung des objektiven Tatunwertes und der Tatschuld.

6.3. Dem von der Erstbehörde festgesetzten Strafausmaß ist daher angesichts der zuletzt dargelegten (spezifischen) Verhältnisse, wenngleich die Erstbehörde diese für die Strafzumessung nicht gesondert hervorhob, objektiv nicht entgegenzutreten gewesen. Der Berufungswerber bezieht auch ein Einkommen, welches doch erheblich über dem Durchschnitt liegt und er ist bereits einschlägig vorgemerkt. Es ist daher sowohl aus general- als auch aus spezialpräventiven Gründen diese Strafe gerechtfertigt.

Abschließend sei noch angemerkt, daß es für eine derart eklatante Geschwindigkeitsüberschreitung während der Dunkelheit objektiv wohl kaum eine Rechtfertigungs- bzw. Entschuldigungskomponente gibt. Es wurde hier auch kein Umstand genannt, welcher diese Fahrgeschwindigkeit etwa noch aus einer bestimmten subjektiven Situation des Berufungswerbers verständlich machen könnte.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. B l e i e r

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