Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104226/2/Br

Linz, 19.12.1996

VwSen-104226/2/Br Linz, am 19. Dezember 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn A, vertreten durch die Rechtsanwaltssozietät N, L, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz, vom 19. November 1996, Zl: III/ S 28.289/96-3, wegen Übertretungen des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht:

I. Der Berufung wird hinsichtlich des Schuldspruches keine Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird mit der Maßgabe bestätigt, daß die Ersatzfreiheitsstrafe auf drei Tage ermäßigt wird und im Spruch anstatt des Wortes "Zulassungsbesitzer" das Wort "Fahrzeughalter" zu treten hat.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr.

471/1995 - AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 620/1995 - VStG; II. Für das Berufungsverfahren entfällt ein Verfahrenskostenbeitrag.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Erstbehörde hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis wider den Berufungswerber wegen Übertretung nach § 103 Abs.2 KFG iVm § 134 Abs.1 KFG eine Geldstrafe von 2.500 S und für den Fall der Nichteinbringlichkeit vier Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er es als für den Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen die Rechtsanwaltssozietät N nach außen hin vertretungsbefugte und verantwortliche Person, auf Verlangen der Behörde (der Bundespolizeidirektion L) deren schriftliche Aufforderung, zugestellt am 26.9.1996, unterlassen habe binnen zwei Wochen darüber Auskunft zu erteilen, wer dieses Kraftfahrzeug am 6. Juli 1996 um 16.05 Uhr gelenkt habe.

2. Die Erstbehörde vertrat in ihrer Begründung im Kern die Rechtsauffassung, daß es nicht genüge der Behörde irgendeine Mitteilung zu machen, sondern auch eine Mitteilung des Inhaltes "nicht zu wissen wer das Fahzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt gelenkt habe" den gesetzlichen Pflichten nicht genüge. Aus dem Schreiben des Berufungswerbers vom 11.11.1996 komme klar zum Ausdruck, daß dieser Pflicht nicht nachgenommen wurde. Die Erstbehörde verweist letztlich noch auf die Judikatur des VwGH vom 31.1.1996, Zl.

93/03/0156, wonach als Tatort der Erfüllungsort der öffentlich rechtlichen Verpflichtung gelte.

Zur Strafzumessung vermeinte die Erstbehörde im Ergebnis noch, daß durch die Nichterteilung einer derartigen Auskunft das staatliche Interesse an einer raschen und lückenlosen Strafverfolgung geschädigt werde, weil die Ermittlung derjenigen Person, die eine straßenpolizeiliche Übertretung begangen hat, nicht ermöglicht werde. Dadurch werde der Staat in seinem Recht einen gesetzlichen Anspruch (auf Bestrafung) durchzusetzen geschädigt.

2.1. Dagegen wandte sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht erhobenen Berufung.

Inhaltlich führt er lediglich aus, daß die das Fahrzeug zum Zeitpunkt der angeblichen Geschwindigkeitsüberschreitung lenkende Person grundsätzlich bereit sei die Konsequenzen aus dieser Übertretung zu tragen. Da er sich jedoch mit seinem Beifahrer damals abgewechselt hatte, könne der Lenker zur Tatzeit jedoch nicht bestimmt werden. Weil auf sein Schreiben im Hinblick auf die Vorlage eines Beweisfotos nicht reagiert worden sei, habe er den Lenker nicht zu identifizieren vermocht.

Abschließend wurde die Verfahrenseinstellung beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den erstbehördlichen Verfahrensakt. Daraus ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt.

4. Zumal jeweils keine 10.000,- S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Da weiter keine 3.000 S übersteigende Strafe verhängt wurde und auch ein diesbezüglich gesonderter Antrag nicht gestellt wurde, konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung Abstand genommen werden (§ 51e Abs.2 VStG).

5. Unbestritten ist, daß der Berufungswerber die ihm von der Erstbehörde zugestellte Aufforderung zur Erteilung der Lenkerauskunft inhaltsleer, nämlich den Zweck nicht erfüllend, beantwortete. Er könne sich nicht erinnern ob er oder ein Herr E das Fahrzeug zur fraglichen Zeit am fraglichen Ort gelenkt hätte.

Das dem Berufungswerber zugegangene Formular hatte auch den Hinweis zum Inhalt, daß eine Nichterteilung strafbar sei.

Ebenfalls war darin enthalten, wo mit dem Fahrzeug der Berufungswerber eine Übertretung der StVO begangen wurde.

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

6.1. Der § 103 Abs.2 KFG 1967 lautet:

Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat.

Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen (Verfassungsbestimmung).

Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

6.1.1. Zutreffend führt die Erstbehörde aus, daß im Ergebnis jede Mitteilung welche die Strafverfolgung einer bestimmten Person (eines Lenkers) nicht zuläßt als Verweigerung der Lenkerauskunft anzusehen ist. Sinn dieser Bestimmung ist, daß die anfragende Behörde (durch die Lenkerauskunft) in die Lage versetzt werden muß gegen eine bestimmte Person Strafverfolgungsschritte einzuleiten. Die Mitteilung des Berufungswerbers erfüllte dieses Erfordernis sichtlich nicht.

6.2. Dazu sei ergänzend noch bemerkt, daß die Gestaltung des vorletzten Satzes des § 103 Abs.2 KFG als Verfassungsbestimmung, der Verfassungsgerichtshof im Einklang mit den Baugesetzen des B-VG und auch zu Art.6 MRK nicht in Widerspruch erachtete. Der Verfassungsgerichtshof hob das in dieser Bestimmung rechtspolitische Anliegen des Gesetzgebers, welches dieser nur durch das Institut der Lenkerauskunft in dieser Form nachkommen zu können glaubt, [Durchbrechung des Anklageprinzips gem. Art.90 Abs.2 B-VG, durch eine Strafsanktion ausgeübter Zwang zur Ablegung eines Geständnisses, VfSlg. 9950/1984, 10394/1985] jedoch durchaus kritisch hervor (siehe VfGH 29.09.1988, Zl. G72/88 u.a.).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u. a. Erk. vom 29. September 1993, Zl. 93/02/0191) liegt - wie oben bereits dargetan - der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, sicherzustellen, daß der verantwortliche Lenker eines Kraftfahrzeuges jederzeit festgestellt werden kann.

Gemäß § 1 Abs.1 VStG sind, sofern die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen - hier ist keine Ausnahme gegeben -, nur die im Inland begangenen Verwaltungsübertretungen strafbar. Nach § 2 Abs.2 VStG gilt eine Übertretung als im Inland begangen, wenn der Täter im Inland gehandelt hat ODER HÄTTE HANDELN SOLLEN, ODER WENN DER ERFOLG IM INLAND EINGETRETEN IST. Bei Verweigerung der Erteilung der Lenkerauskunft gilt - im Gegensatz zur früheren Rechtsprechung VwGH 7. Juli 1989, Zl. 89/18/0055) als Tatort der Sitz der anfragenden Behörde (VwGH 14. Juni 1995, Zl. 95/03/0102 u. VwGH [verst. Senat] 31. Jänner 1996, Zl. 93/03/0156). Die von dem Berufungswerber geübte Verweigerung ist folglich als im Inland begangen zu erachten.

6.2.1. Wenn sich der Berufungswerber, was er jedoch nicht ausdrücklich ausführte, an die spezifische Aufforderung einer österreichischen Behörde nicht verbunden erachten sollte und er sich auf "verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf die Anwendbarkeit dieser gesetzlichen Bestimmung außerhalb des Hoheitsgebietes von Österreich" stützen wollte, etwa auf die Begrenzung des staatlichen Gebotsbereiches auf das Territorium des Staatsgebietes (Territorialitätsprinzip), ist er damit nicht im Recht. Der staatliche Gebotsbereich in der Figur des "Schutzprinzips" erstreckt sich auch auf außerhalb des Staates befindliche Personen bezüglich Verhalten gegen ein inländisches Rechtsgut (Walter-Mayr, Grundriß des Bundesverfassungsrechtes, 7. Auflage, RZ 176). Als Anknüpfungsfaktum ist hier die Verwendung des Kraftfahrzeuges des Berufungswerbers im Bundesgebiet der Republik Österreich und die aus dieser Verwendung des Kraftfahrzeuges - hier ausgelöst durch eine damit einhergehende Normverletzung mit diesem Kraftfahrzeug - und dem damit einhergegangenen Ingerenzverhältnis gegenüber der in diesem Staat geltenden Rechtsordnung heranzuziehen.

Der Berufungswerber hat daher die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung zu verantworten.

Auch kann sich der Berufungswerber angesichts des Hinweises bezüglich der Strafbarkeit einer Verweigerung schon in der Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers, nicht entschuldigend auf einen diesbezüglichen Rechtsirrtum berufen.

7. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

7.1. Konkret ist zur Strafzumessung auszuführen, daß die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe durchaus angemessen ist. Grundsätzlich ist der Unwertgehalt dieser Übertretungen als nicht bloß geringfügig zu erachten gewesen. Es liegt im öffentlichen Interesse, insbesondere im Interesse der Pflege der Verkehrssicherheit, daß ein Fahrzeuglenker, welcher straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften zuwider handelt, einer entsprechenden Bestrafung zugeführt werden kann.

Angesichts des bis zu 30.000 S reichenden Strafrahmens kann selbst beim zuzuerkennenden Milderungsgrund der Unbescholtenheit in der Ausschöpfung des Strafrahmens im Ausmaß von unter 10% keine Überschreitung des Ermessensspielraumes durch die Erstbehörde erblickt werden.

Die Ersatzfreiheitsstrafe war jedoch in ein angemessenes Verhältnis zur Geldstrafe zu setzen, wobei hier auch noch zu bedenken war, daß der Berufungswerber wohl nicht über bloß unterdurchschnittliche Einkommensverhältnisse verfügen dürfte, welche eine im Verhältnis zur Geldstrafe höhere Ersatzfreiheitsstrafe rechtfertigen könnte.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. B l e i e r

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