Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521243/3/Br/Ps

Linz, 02.03.2006

 

 

 

VwSen-521243/3/Br/Ps Linz, am 2. März 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn D I, F, W, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems vom 2.2.2006, VerkR22-20-2006, wegen Versagung der Bewilligung des Begleiters bei Ausbildungsfahrten, zu Recht:

Der Berufung wird Folge gegeben; der angefochtene Bescheid wird behoben und die beantragte Bewilligung erteilt.

Rechtsgrundlagen:

§ 67a AVG; §§ 19 Abs.3 Z4 Führerscheingesetz - FSG, BGBl. I Nr. 120/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 152/2005.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Berufungswerber der Antrag auf Erteilung der Bewilligung zur Durchführung von Ausbildungsfahrten für seine Tochter zum Erwerb der Lenkberechtigung der Klasse B, vom 28.12.2005, abgewiesen.

 

1.1. Begründet wurde dies mit dem Hinweis auf eine rechtskräftige Bestrafung wegen einer schweren Verwaltungsübertretung, nach § 4 Abs.2 iVm § 99 Abs.2a StVO 1960 (Fahrerflucht).

Diesbezüglich wurde auf die unter der Aktenzahl VerkR96-1068-2005 vom 19.1.2005 wider den Berufungswerber erlassene Strafverfügung verwiesen.

Aufgrund dieses Umstandes und der Gesetzeslage könne laut angefochtenem Bescheid der Berufungswerber als Begleiter für Ausbildungsfahrten nicht tätig werden.

Dem Berufungswerber sei im Zuge des Parteiengehörs am 25.1.2006 diese Rechtsauffassung zur Kenntnis gebracht worden. Die Erlassung dieses Bescheides erfolgte auf ausdrücklichen Wunsch des Berufungswerbers.

 

 

2. Der Berufungswerber tritt dem Bescheid im Ergebnis mit dem Hinweis entgegen, dass seine Tochter auf Grund seiner familiären Situation die L17 Ausbildung mangels sonstiger Verwandtschaft in Österreich nur mit seiner Ausbildungsbegleitung absolvieren könne. Wegen deren sehr unregelmäßigen Arbeitszeiten benötige sie die Lenkberechtigung dringend.

Es wolle daher dieser Fall nochmals überdacht werden, so der Berufungswerber abschließend.

 

 

3. Der Verfahrensakt wurde dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Dieser hat demnach durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 Z2 AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte hier unterbleiben (§ 67d Abs.2 AVG).

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und durch die ergänzende Beischaffung des die Versagung bedingenden Verfahrensaktes VerkR96-1068-2005.

 

 

4. Sachverhaltslage:

Der 45-jährige Berufungswerber ist seit 26.11.1991 im Besitz einer österreichischen Lenkberechtigung, welche ihm seinerzeit von der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems erteilt wurde.

Mit Ausnahme der hier den Berufungsanlass bildenden Verwaltungsübertretung ist er laut Aktenlage nie negativ im Straßenverkehr in Erscheinung getreten.

Der hier entscheidungswesentliche Verkehrsunfall vom 10.12.2004 um ca. 07.00 Uhr war, soweit aus dem beigeschafften Verwaltungsstrafakt überblickbar, vom Berufungswerber kaum zu vermeiden. Der zum Unfallszeitpunkt bereits über
14-jährige Radfahrer ist durch ein wahrscheinlich plötzliches Linksabbiegemanöver mit dem Fahrzeug des Berufungswerbers kollidiert, wobei er mit dem Fahrrad zu Sturz kam und sich dabei verletzte.

Der Berufungswerber hielt an der Unfallstelle an und sprach laut Aktenlage mit dem Fahrradfahrer auch darüber, ob er einen Arzt benötige. Nachfolgend begleitete er den jugendlichen Radfahrer zu seinem Fahrzeug, wobei Letzterer ihm gegenüber erklärt haben dürfte, dass er - der unfallbeteiligte Kraftfahrzeuglenker - fahren könne.

Von der Mutter des Radfahrers wurde der Unfall jedoch bereits um 07.20 Uhr beim (damaligen) Gendarmerieposten Kremsmünster fernmündlich angezeigt.

Das Verhalten des Berufungswerbers im Zusammenhang mit diesem Vorfall, der unterbliebenen Meldung, wurde als Übertretung nach § 4 Abs.2 StVO qualifiziert. Vorerst wurde wider den Berufungswerber eine Strafverfügung über 218 Euro erlassen. Die Geldstrafe wurde mit dem Straferkenntnis vom 4.2.2005 letztlich unter Hinweis auf das Verschulden und die sonstigen Strafzumessungsgründe auf 80 Euro ermäßigt.

Dazu ist aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates festzustellen, dass sich hier das Verhalten des Berufungswerbers, wenngleich es unter § 4 Abs.2 StVO subsumierbar ist, nicht als Unfallflucht im allgemeinen Verständnis, sondern lediglich als Fehlverhalten nach einem Verkehrsunfall qualifzierbar ist. Immerhin nahm der Berufungswerber mit dem bereits über 14-jährigen Radfahrer Kontakt auf und fragte ihn offenbar auch betreffend allfällige ärztliche Intervention, wobei der Radfahrer ihm gegenüber erklärte "fahren zu können".

Mit Blick darauf kommt der objektiven Beurteilung dieses Fehlverhaltens letztlich doch nur der Charakter eines Formaldeliktes zu, welches nicht mit einer Fahrerflucht im Sinne eines "sich Nichtkümmerns um ein Unfallopfer" vergleichbar ist.

Als bemerkenswert hervorzuheben gilt es, dass die Behörde erster Instanz mit Schreiben vom 17.1.2006 den Berufungswerber u.a. die Zurückziehung des verfahrensgegenständlichen Antrages nahe legte.

 

5. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

Die Bestimmung des § 19 Abs.3 Z4 FSG besagt, dass der Antragsteller innerhalb der in Z2 angeführten Zeit (der letzten drei Jahre vor Antragstellung) nicht wegen eines schweren Verstoßes gegen kraftfahrrechtliche oder straßenpolizeiliche Vorschriften bestraft worden sei.

Damit hat der Gesetzgeber aber explizit zum Ausdruck gebracht, dass ein spezifischer Verstoß nicht nur am Tatbestand, der hier in Form des rechtskräftigen Schuldspruches bindend feststeht und einer Aufrollung verschlossen bleibt, zu messen ist, sondern auch einer entsprechenden Wertung nicht entzogen werden darf.

Als Wesenskern dieser Vorschrift ist insbesondere die hinter einem Regelverstoß (gegen kraftfahrrechtliche oder straßenverkehrsrechtliche Vorschriften) zu vermutenden (fehlenden) Wertehaltung(en), wie insbesondere die Verlässlichkeit und Vertrauenswürdigkeit eines Menschen zu sehen. Widrigenfalls hätte der Gesetzgeber entsprechende Tatbestände illustrativ oder taxativ angeführt.

Dem Gesetzgeber kann jedenfalls nicht zugesonnen werden, dass er keinen Unterschied machen wollte, ob etwa (wie hier) nur ein Fehlverhalten nach einem Verkehrsunfall vorliegt, oder ob der Unfall zu verschleiern und der Zweitbeteiligte im Stich zu lassen beabsichtigt wurde.

Diese Überlegungen finden jedenfalls in der Judikatur ihren klaren Niederschlag. Selbst die durch einen Fahrschullehrer begangene Beschädigung eines Gartenzauns und eine als Verstoß nach § 4 Abs.1 u. § 4 Abs.5 StVO qualifizierte unterbliebene Meldung wurde in ihrer Verwerflichkeit und damit einhergehend in der Auswirkung auf die Vertrauenswürdigkeit nicht als schwerer Verstoß und als ausreichender Grund für einen Entzug der Fahrerschullehrerberechtigung gewertet (VwGH 24.10.2001, 2000/11/0220).

Vielmehr muss dies daher auch in diesem Fall gelten, wenn dem Berufungswerber durch die Interaktion mit dem Zweitbeteiligten das rechtmäßige Verhalten wohl zusätzlich noch erschwert bzw. er empirisch besehen zumindest durch den Zweitbeteiligten - wenn auch ungewollt - in die Irre geführt wurde. Sein rechtmäßiges Alternativverhalten wäre - ex ante betrachtet - ausschließlich in einer "Vorsichtsmeldung" zu erblicken gewesen. Den zweitbeteiligten Radfahrer zu einem Verharren an der Unfallstelle zu bewegen stand ebenso nicht in seiner Macht wie diesen - was der Berufungswerber ohnedies angeboten hat - zusätzliche Hilfe angedeihen zu lassen.

Wie dem Unabhängigen Verwaltungssenat aus der Praxis evidente Vorfälle zeigen, kann im Falle entsprechender Erklärungen eines Unfallgegners vor Ort die Ausgangslage einer derart unterbliebenen Unfallmeldung nicht nur durchschnittlich wertverbundenen, sondern sogar einschlägig rechtskundigen Personen schon mal widerfahren.

Dies entschuldigt in aller Regel wohl nicht, aber könnte - was hier dahingestellt zu bleiben hat - schon im Strafverfahren einem Entschuldungsgrund zumindest sehr nahe kommen. Jedenfalls kann ein solches Fehlverhalten dann nicht als so schwerer Verstoß gelten, der die Vertrauenswürdigkeit und die Fähigkeit als Begleiter bei L17 Ausbildungsfahrten tätig zu werden, ausschließen würde.

Anzumerken gilt es abschließend, dass in einem derartigen Zusammenhang das behördliche Ansinnen auf Zurückziehung eines Bewilligungsantrages jedenfalls aus rechtsethischen Überlegungen als problematisch bezeichnet werden darf.

 

Für dieses Verfahren ist eine Gebühr in Höhe von 13 Euro zu entrichten.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180  Euro zu entrichten.

 

Dr. B l e i e r

 

Beschlagwortung:

Wertung, Versagungsgrund, Begleiter Ausbildungsfahrten

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