Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521285/2/Ki/Ri

Linz, 11.04.2006

 

 

 

VwSen-521285/2/Ki/Ri Linz, am 11. April 2006

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung von Frau S S, B, H, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. J L, Dr. E W, Mag. C. O, Dr. H N, S, G, eingelangt bei der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land am 23.3.2006, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 6.3.2006, VerkR21-49-2006-Lw/Scr, wegen Entziehung der Lenkberechtigung zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen, der angefochtene Bescheid wird bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 und 67a AVG iVm § 4c Abs.2 FSG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land wurde Frau S die Lenkberechtigung für die Klasse B bis zur vollständigen Absolvierung der zweiten Ausbildungsphase entzogen und sie wurde verpflichtet, den Führerschein nach Rechtskraft des Bescheides bei der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land abzugeben.

 

Begründet wurde diese Anordnung im Wesentlichen damit, dass die Berufungswerberin trotz Setzung einer Nachfrist die zweite Ausbildungsphase nicht zeitgerecht abgeschlossen habe und auch einer bescheidmäßigen Anordnung zur Absolvierung der fehlenden Stufe nicht innerhalb von vier Monaten nachgekommen sei.

 

2. Frau S hat gegen den angeführten Bescheid fristgerecht Berufung erhoben mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid zur Gänze aufzuheben und das Verfahren einzustellen.

 

In der Begründung wird ausgeführt, es sei richtig, dass die zweite Ausbildungsphase noch nicht vollständig absolviert sei, die Rechtsmittelwerberin habe sich jedoch bereits vor Erhalt des angefochtenen Bescheides aus diesem Grund bei einer Fahrschule in K für die zweite Perfektionsfahrt angemeldet, als Termin wurde der 17.5.2006 angeführt.

 

Ein früherer Termin habe von ihr auf Grund der schlechten finanziellen Situation infolge unverschuldeter Arbeitslosigkeit (Betriebsschließung) nicht wahrgenommen werden können, hinzu komme, dass zwischen der ersten und der zweiten Perfektionsfahrt ein zeitlicher Abstand von mindestens drei Monaten einzuhalten sei. Auch aus diesem Grund sei eine Absolvierung der zweiten Perfektionsfahrt zu einem früheren Zeitpunkt nicht möglich gewesen.

 

Frage man unter Anwendung der objektiv-theologischen Interpretation nach dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung, so liege das primäre Ziel unbestritten in der signifikanten und nachhaltigen Senkung der überproportionalen hohen Unfallzahlen von Fahranfängern. Die Einführung der zweiten Ausbildungsphase nach positiver Ablegung der Fahrprüfung solle eine Senkung der Unfallszahlen bewirken.

 

Die zweite Perfektionsfahrt sei erforderlich, um mögliche Fehlgewohnheiten nach erfolgter alleinstehender Fahrpraxis zu korrigieren. Unter Aufsicht einer fachkundigen Person sollten daher bei dieser Fahrt angelernte Fehler nachhaltig ausgemerzt werden. Durch den Entzug der Lenkberechtigung sei es ihr aber nicht möglich, weiter Fahrpraxis zu sammeln. Ein Entzug der Lenkberechtigung wäre daher eindeutig entgegen dem Sinn des Gesetzgebers, zumal sie die erste Perfektionsfahrt erst vor kurzem absolviert habe und daher bis zur zweiten Perfektionsfahrt keine Fahrpraxis mehr sammeln könne.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Dieser hatte durch das laut Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

 

Eine mündliche Berufungsverhandlung wurde nicht beantragt und es wurde im vorliegenden Falle die Durchführung einer Verhandlung nicht für erforderlich gehalten (§ 67d Abs.1 AVG).

I.5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 4b Abs.1 FSG hat die zweite Ausbildungsphase für einen Besitzer der Lenkberechtigung für die Klasse B - unbeschadet des Abs.2 - folgende Inhalte in der genannten Reihenfolge zu umfassen:

 

  1. Eine Perfektionsfahrt im Zeitraum von 2 bis 4 Monaten nach dem Erwerb der Lenkberechtigung;
  2. ein Fahrsicherheitstraining und ein verkehrspsychologisches Gruppengespräch, das beides an einem Tag abzuhalten ist, im Zeitraum von 3 bis 9 Monaten nach dem Erwerb der Lenkberechtigung sowie
  3. eine weitere Perfektionsfahrt im Zeitraum von 6 bis 12 Monaten nach dem Erwerb der Lenkberechtigung.

 

Diese Bestimmungen gelten auch für den Fall, dass der Betreffende bei Erwerb der Lenkberechtigung für die Klasse B bereits im Besitz der Lenkberechtigung für die Klasse A ist. Zwischen der Perfektionsfahrt gemäß Ziff. 1 und der Perfektionsfahrt gemäß Ziff. 3 hat ein Zeitraum von mindestens 3 Monaten zu liegen.

 

Gemäß § 4c Abs.2 FSG ist, werden eine oder mehrere der im § 4b genannten Stufen unbeschadet der Bestimmungen des Abs.3 nicht innerhalb von 12 Monaten nach Erteilung der Lenkberechtigung absolviert, der Führerscheinbesitzer 12 Monate nach Erteilung der Lenkberechtigung zu verständigen. In diesem Schreiben ist auf die Verlängerung der Probezeit hinzuweisen, wenn die Absolvierung der fehlenden Stufen nicht innerhalb von 4 Monaten nachgewiesen wird, sowie auf die Entziehung der Lenkberechtigung, wenn die Absolvierung der fehlenden Stufen nicht innerhalb einer weiteren Frist von 4 Monaten nachgewiesen wird. Werden die fehlenden Stufen nicht innerhalb von 4 Monaten nach Ablauf der im ersten Satz genannten Fristen absolviert, hat die Behörde dem Betreffenden ausschließlich die Absolvierung dieser Stufen anzuordnen. Mit der Anordnung der Absolvierung der fehlenden Stufen verlängert sich die Probezeit unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des § 4 Abs.3 2.-4. Satz. Kommt der Besitzer der Lenkberechtigung der Anordnung der Absolvierung der fehlenden Stufen nicht innerhalb von weiteren 4 Monaten nach, ist gemäß § 24 Abs. 3 6. Satz vorzugehen. Die Behörde kann auf Antrag für eine angemessene Zeit von der Entziehung der Lenkberechtigung absehen, wenn die betreffende Person besonders berücksichtigungswürdige Gründe nachweist, aus denen hervorgeht, dass sie innerhalb der festgesetzten Frist den oder die fehlenden Teil(e) nicht absolvieren konnte.

 

Der Berufungswerberin wurde am 25.6.2004 die Lenkberechtigung für die Klasse B erteilt. Nachdem sie innerhalb der gesetzlich vorgesehenen 12 Monate die zweite Ausbildungsphase nicht absolviert hat, wurde ihr - unbestritten - das Verstreichen der Frist und die Setzung der Nachfrist von vier Monaten schriftlich mitgeteilt.

 

Mit Bescheid vom 31.10.2005, VerkR20-338-2004/MPA-Lan, hat die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land Frau S aufgefordert, bis spätestens 25.2.2006 die fehlenden Ausbildungsphasen für die Klasse B zu absolvieren und eine Bestätigung über die Absolvierung bis zum 25.2.2006 der Behörde vorzulegen. Diese Entscheidung wurde rechtskräftig.

 

Nach den vorliegenden Verfahrensunterlagen - und unbestritten - hat Frau S trotz der gegenständlichen Aufforderung bisher lediglich die erste Perfektionsfahrt (10.2.2006) sowie das Fahrsicherheitstraining samt verkehrspsychologischem Gruppengespräch (11.2.2006) absolviert. Die zweite Perfektionsfahrt wurde bis dato nicht durchgeführt, die Berufungswerberin führt aus, diese sei für 17.5.2006 terminisiert.

 

Es ist daher der rechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen, dass die Berufungswerberin trotz gesetzlich vorgesehener Aufforderung nicht sämtliche Stufen der gebotenen zweiten Ausbildungsphase innerhalb der festgesetzten Frist absolviert hat und sie daher der Anordnung zur Absolvierung der fehlenden Stufen nicht gesetzeskonform nachgekommen ist.

 

§ 4c Abs.2 FSG sieht grundsätzlich in solchen Fällen zwingend die Entziehung der Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung vor. Lediglich wenn die betreffende Person besonders berücksichtigungswürdige Gründe nachweist, aus denen hervorgeht, dass sie innerhalb der festgesetzten Frist den oder die fehlenden Teil(e) nicht absolvieren konnte, kann auf Antrag für eine angemessene Zeit von der Entziehung der Lenkberechtigung abgesehen werden.

 

Ausdrücklich hat der Gesetzgeber festgelegt, dass jedoch nur besonders berücksichtigungswürdige Gründe, welche überdies nachgewiesen werden müssen, das Absehen von der Entziehung der Lenkberechtigung für eine angemessene Zeit begründen würden. Als besonders berücksichtigungswürdiger Grund würde in etwa eine Krankheit oder dgl. gelten.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vertritt jedoch die Auffassung, dass die von der Berufungswerberin vorgetragenen Gründe, nämlich die in der Berufung ausgeführte finanzielle Situation oder auch der Umstand, dass ihr Arbeitsplatz mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht erreichbar ist (Bestätigung der C p vom 10.2.2006) keine solchen berücksichtigungswürdigen Gründe sind, zumal der Gesetzgeber ohnedies eine Frist von 12 Monaten zur Absolvierung der einzelnen Stufen vorgesehen hat und es der Berufungswerberin somit durchaus hätte möglich sein müssen, trotz der von ihr vorgetragenen Umstände entsprechende Dispositionen so rechtzeitig zu treffen, dass eine fristgerechte Absolvierung der zweiten Ausbildungsphase möglich gewesen wäre.

 

Zum Vorbringen, sie habe die Frist nicht einhalten können, zumal zwischen der ersten und der zweiten Perfektionsfahrt zwingend ein zeitlicher Abstand von mindestens drei Monaten einzuhalten sei, wird festgestellt, dass bei entsprechender Disposition es der Berufungswerberin nach Erhalt des Aufforderungsbescheides vom 31.10.2005 ebenfalls möglich gewesen wäre, die zweite Ausbildungsphase zur Gänze gesetzeskonform zu absolvieren.

 

Letztlich vermeint die Berufungswerberin, es wäre zu berücksichtigen, dass sie im Falle des Entzuges der Lenkberechtigung zwischen der ersten und der zweiten Perfektionsfahrt keine Fahrpraxis mehr sammeln könnte. Dies mag zwar dem Grunde nach zutreffen, kann aber einer Entziehung der Lenkberechtigung im vorliegenden Falle nicht entgegenstehen, da diese Entziehung, sofern keine besonders berücksichtigungswürdigen Gründe festgestellt werden können, zwingend gesetzlich vorgesehen ist. Diesbezüglich steht der Behörde kein weiteres Ermessen zu.

 

Die Anordnung, den Führerschein nach Rechtskraft des Bescheides bei der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land abzugeben, gründet sich auf § 29 Abs.3 FSG.

 

Zusammenfassend wird festgestellt, dass Frau S durch den angefochtenen Bescheid nicht in ihren Rechten verletzt wurde, die Berufung musste daher als unbegründet abgewiesen werden.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

  1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Es wird darauf hingewiesen, dass die Eingabe mit 13 Euro zu vergebühren ist.

 

 

 

 

Mag. Kisch

 

 

Beschlagwortung:

Finanzielle oder berufliche Probleme sind grundsätzlich keine besonders berücksichtigungswürdige Gründe gem. § 4c Abs.2 FSG.

 

 

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