Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521289/20/Zo/Ri

Linz, 14.07.2006

 

 

 

VwSen-521289/20/Zo/Ri Linz, am 14. Juli 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn F E, geb. , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G K, W, vom 30. 3. 2006, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Eferding vom 21. 3. 2006, Zl. VerkR21-204-2005 wegen Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid mit der Feststellung aufgehoben, dass die gesundheitliche Eignung des Berufungswerbers zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen B, C und F unter folgenden Einschränkungen gegeben ist:

 

Befristung der Lenkberechtigung auf 6 Monate

Nachuntersuchung nach 6 Monaten mit einer verkehrspsychologischen Stellungnahme betreffend die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung sowie Vorlage einer Bestätigung über die absolvierte Psychotherapie.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 67a Abs.1 AVG iVm §§ 24 Abs.1 und 8 FSG, § 17 Abs.1 FSG-GV

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Erstinstanz hat mit dem angefochtenen Bescheid dem Berufungswerber die Lenkberechtigung für die Klassen B, C und F ab 9.3.2006 wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung bis zur Wiedererlangung der gesundheitlichen Eignung entzogen. Einer Berufung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Dies wurde damit begründet, dass der Berufungswerber aufgefordert wurde, auf Grund zweier Vorfälle vom 23. 6. 2005 sowie vom 26. 10. 2005 ein amtsärztliches Gutachten über seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen beizubringen. Nachdem er dieser Aufforderung nicht nachgekommen ist, wurde ihm mit Bescheid vom 7. 2. 2006 die Lenkberechtigung entzogen. Am 9. 3. 2006 wurde ein amtsärztliches Gutachten erstellt, welches unter Berücksichtigung einer verkehrspsychologischen Untersuchung die Nichteignung des Berufungswerbers ergeben habe. Es sei deshalb die Lenkberechtigung zu entziehen und der Berufung die aufschiebende Wirkung abzuerkennen gewesen.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher der Berufungswerber das ihm vorgeworfene verkehrswidrige Verhalten bestreitet. Weiters kündigte er die Vorlage eines Gutachtens eines Sachverständigen aus dem Gebiet der Verkehrspsychologie an.

 

 

3. Der Bezirkshauptmann von Eferding hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt, eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Dieser hat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied (§ 67a Abs.1 AVG) zu entscheiden.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt, die vom Berufungswerber vorgelegte fachärztliche psychiatrische Stellungnahme vom 21. 4. 2006, Einholung einer Gutachtensergänzung durch die erstinstanzliche Sachverständige, Einsichtnahme in die verkehrspsychologische Stellungnahme vom 2. 6. 2006 sowie Einholung eines Gutachtens einer Amtsärztin vom 4. 7. 2006.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung wurde nicht beantragt und erschien auch nicht erforderlich.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Am 23. 6. 2005 kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen dem Berufungswerber als Lenker eines PKW und einem Mopedfahrer, wobei im Zuge dieser Auseinandersetzung der Berufungswerber einem Mopedfahrer eine Ohrfeige versetzte. Am 26. 10. 2005 kam es im Bereich des Grenzüberganges Leopoldschlag zu einem weiteren Vorfall, in dessem Zuge der Berufungswerber - welcher auch damals seinen PKW lenkte - im Zuge der Einreisekontrolle ein aggressives Verhalten an den Tag legte.

 

Wegen dieser Vorfälle wurde der Berufungswerber mit rechtskräftigem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 17. 11. 2005 aufgefordert, ein amtsärztliches Gutachten hinsichtlich seiner gesundheitlichen Eignung beizubringen. Dieser Aufforderung ist er nicht nachgekommen, weshalb ihm mit Bescheid vom 7. 2. 2006 die Lenkberechtigung entzogen wurde. Daraufhin legte der Berufungswerber eine verkehrspsychologische Stellungnahme vom 6 . 3. 2006 vor, welche die Grundlage für das amtsärztliche Gutachten vom 9. 3. 2006 bildete. Entsprechend dieser Stellungnahme und dem Gutachten ergaben sich hinsichtlich der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeiten nur teilweise positive Ergebnisse und im Persönlichkeitsbereich hochgradige Einschränkungen. Der Berufungswerber sei als emotional instabil und leicht reizbar einzustufen. Das amtsärztliche Gutachten lautete deshalb auf nicht geeignet zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 und der Gruppe 2, wobei eine therapeutische Intervention über mehrere Monate vorgeschlagen wurde. Auf Grund dieses Gutachtens wurde dem Berufungswerber mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 21. 3. 2006 die Lenkberechtigung für die Klassen B, C und F - gerechnet am 9. 3. 2006 - wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung entzogen.

 

Der Berufungswerber legte eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme vom 21. 4. 2006 vor, welche zusammengefasst ergab, dass beim Berufungswerber keine psychiatrischen Krankheitssymptome und auch keine Hinweise auf eine Persönlichkeitsstörung bestehen. Es sei aus psychiatrischer Sicht die Verkehrszuverlässigkeit nicht zu bezweifeln und die Fahrtauglichkeit für die Klassen B, C und F gegeben. Zu dieser fachärztlichen Stellungnahme führte die Amtsärztin der Erstinstanz in Ergänzung ihres Gutachtens aus, dass nicht der Verdacht auf eine psychische Erkrankung bestand, sondern auf Grund der bereits geschilderten Vorfälle eben die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung zweifelhaft erschien. Es wurde daher eine verkehrspsychologische Untersuchung veranlasst. Diese habe Persönlichkeitsdefizite ergeben, wobei es sich aber nicht um psychiatrische Krankheitssymptome und auch nicht um Hinweis auf eine Persönlichkeitsstörung im psychiatrischen Sinne gehandelt habe. Die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung sei jedoch nicht ausreichend gegeben, was eben durch die entsprechende spezifische Untersuchung der verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle festgestellt worden sei.

 

Der Berufungswerber lenkte am 11. 5. 2005 um 15.45 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen VB- in Alkoven auf der B129 obwohl ihm die Lenkberechtigung mit dem angefochtenen Bescheid entzogen worden war. Dieser Vorfall wird vom Berufungswerber nicht bestritten, er rechtfertigt diesen mit einer Notsituation, weil der ursprünglich zuständige Fahrer nicht verfügbar gewesen sei.

 

Der Berufungswerber unterzog sich am 2. 6. 2006 einer neuerlichen verkehrspsychologischen Untersuchung, welche zusammengefasst ergab, dass der Berufungswerber zum Untersuchungszeitpunkt über ausreichende kraftfahrspezifische Leistungsfunktionen verfügte. Auch die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung war knapp ausreichend gegeben, wobei es allerdings einer intensiven Selbsterfahrung und des Erlernens von Stressbewältigungsstrategien für die Zukunft bedürfe. Der Berufungswerber sei bedingt geeignet zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen B, C und F, wobei eine zeitliche Befristung auf ein halbes Jahr sowie die Absolvierung einer Verkehrstherapie oder Psychotherapie vorgeschlagen wurde.

 

Mit einer entsprechenden Verkehrstherapie hat der Berufungswerber am 14. 6. 2006 begonnen. Am 4. 7. 2006 wurde dem UVS das Gutachten der Amtsärztin Dr. W übermittelt, welche alle angeführten verkehrspsychologischen Stellungnahmen und die fachärztliche Stellungnahme berücksichtigt und zusammengefasst zu dem Ergebnis kommt, dass der Berufungswerber befristet geeignet zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 und der Gruppe 2 ist. Es wurde eine Nachuntersuchung nach 6 Monaten mit verkehrspsychologischer Stellungnahme betreffend die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung sowie die Fortführung der bereits begonnenen Psychotherapie vorgeschlagen, wobei eine entsprechende Bestätigung bei der Nachuntersuchung vorzulegen sei.

 

Dieses Gutachten wurde dem Vertreter des Berufungswerbers telefonisch zur Kenntnis gebracht und er erklärte, mit den vorgeschlagenen Einschränkungen einverstanden zu sein.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

Gemäß § 24 Abs. 1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

 

  1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder
  2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diesfalls ist gemäß § 13 Abs. 5 ein neuer Führerschein auszustellen.

 

Gemäß § 17 Abs.1 FSG-GV ist die Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten insbesondere dann zu verlangen, wenn der Bewerber um eine Lenkberechtigung oder der Besitzer einer Lenkberechtigung Verkehrsunfälle verursacht oder Verkehrsverstöße begangen hat, die den Verdacht

  1. auf verminderte kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit oder
  2. auf mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung erwecken.

Mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn einem Lenker innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren die Lenkberechtigung dreimal entzogen wurde oder wenn ein Lenker wegen Übertretungen gemäß § 99 Abs.1 lit.b oder c StVO 1960 bestraft wurde.

 

5.2. Die beiden Vorfälle vom Juni bzw. Oktober 2005 standen jeweils im Zusammenhang mit dem Lenken eines Kraftfahrzeuges. Sie ließen durchaus Zweifel an der Bereitschaft des Berufungswerbers zur Verkehrsanpassung aufkommen, weshalb die entsprechende Untersuchung angeordnet wurde. Im Zuge des nunmehr durchgeführten umfangreichen Ermittlungsverfahrens ergibt sich auf Grund des schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachtens Dris. W, dass der Berufungswerber jedenfalls nunmehr über die erforderliche gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen B, C und F verfügt. Die vorgeschlagenen Einschränkungen erscheinen auf Grund des Gutachtens sowie der verkehrspsychologischen Untersuchung erforderlich und wurden vom Berufungswerber auch akzeptiert.

 

Im Berufungsverfahren sind Änderungen der Sachlage zu berücksichtigen und es hat die Entscheidung auf Grund der nunmehrigen Sachlage zu erfolgen. Nachdem der Berufungswerber zum derzeitigen Zeitpunkt über die erforderliche gesundheitliche Eignung - wenn auch eingeschränkt - verfügt, war seiner Berufung stattzugeben und der angefochtene Bescheid entsprechend aufzuheben.

 

Festzuhalten ist, dass die Entziehung der Lenkberechtigung durch den angefochtenen Bescheid wegen fehlender gesundheitlicher Eignung erfolgte und daher auch nur die Frage der gesundheitlichen Eignung Gegenstand des Berufungsverfahrens war. Ob der Berufungswerber auf Grund der Schwarzfahrt vom 11. 5. 2006 als verkehrszuverlässig iSd § 7 FSG anzusehen ist, hat die Erstinstanz zu beurteilen. Dabei hat sie auch eine Wertung iSd § 7 Abs. 4 FSG dieser Schwarzfahrt vorzunehmen, wobei nach Ansicht der Berufungsinstanz zu Gunsten des Berufungswerbers zu berücksichtigen ist, dass der Vorfall bereits mehr als zwei Monate zurückliegt und sich der Berufungswerber seither wohlverhalten hat. Mit Ausnahme dieses Vorfalles gibt es auch keine Hinweise auf ein sonstiges verkehrswidriges Verhalten des Berufungswerbers, wobei zu berücksichtigen ist, dass dieser bereits seit 11. 2. 2006 nicht mehr im Besitz einer Lenkberechtigung war.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

Mag. Z ö b l

 

 

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