Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521316/13/Kof/Sp

Linz, 07.08.2006

 

 

 

VwSen-521316/13/Kof/Sp Linz, am 7. August 2006

DVR.0690392

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des Herrn MZ vertreten durch Rechtsanwaltspartnerschaft W - H gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 19.4.2006, AZ. 64219-2006 betreffend Lenkberechtigung für die Klassen C1 und C - Befristung und Auflagen, nach Durchführung der mündlichen Verhandlungen vom 20.6.2006 und vom 2.8.2006 einschließlich Verkündung des Erkenntnisses, zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid mit folgender Maßgabe bestätigt:

 

Herrn MZ wird die Lenkberechtigung für die Klassen C1 und C

  • befristet bis 23.2.2007

  • Auflage:

Es ist in monatlichen Abständen eine Harntoxilogie auf Cannabinoide,

Opiate, Amphetamine und Benzodiazepine bis spätestens 22.1.2007 und

22.2.2007 - mit einer Toleranzfrist von jeweils einer Woche - vorzulegen erteilt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 8 Abs.3 Z2 FSG, BGBl. I/120/1997 zuletzt geändert durch BGBl. I/32/2006.

§ 14 Abs.5 FSG-GV.

Anhang III. Z.14 Richtlinie des Rates der EG vom 29.7.1991 über den Führerschein,

91/439/EWG.

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) hat mit - im Instanzenzug ergangen - Erkenntnis vom 5.4.2006, VwSen-521256/6 die dem nunmehrigen Berufungswerber (Bw) im Jahr 1997 erteilte Lenkberechtigung für die Klasse B durch die Auflage:

"Es ist in monatlichen Abständen eine Harntoxilogie auf Cannabinoide, Opiate, Amphetamine und Benzodiazepine bis spätestens: 22.4.06, 22.5.06, 22.6.06, 22.7.06, 22.8.06, 22.9.06, 22.10.06, 22.11.06 und 22.12.06 - mit einer Toleranzfrist von jeweils einer Woche - vorzulegen."

eingeschränkt.

 

Die Vorschreibung dieser sehr engmaschigen Kontrolluntersuchungen war erforderlich, da der Bw

Die belangte Behörde hat dem Bw mit dem in der Präambel zitierten Bescheid die Lenkberechtigung für die Klassen C1 und C wie folgt erteilt:

- "Der Behörde ist nach schriftlicher Aufforderung (4 bis 10 mal innerhalb eines

Jahres, ab Bescheidausfolgung) innerhalb von 2 Tagen ein Harnbefund auf
Cannabinoid, fallweise Kokain, Benzodiazepine vorzulegen.

- Zur Nachuntersuchung in 1 Jahr ist eine psychiatrische Stellungnahme
vorzulegen.

Gegen diese Befristung sowie die Vorschreibung dieser Auflagen hat der Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 3.5.2006 eingebracht.

Hierüber hat der UVS durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 67a Abs.1 AVG) erwogen:

 

Am 20.6.2006 wurde beim UVS eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt.

 

 

Dabei wurde von der Rechtsvertreterin des Bw nachfolgende Stellungnahme abgegeben:

 

"Aus der fachärztlichen Stellungnahme des Dr. M. M. (= Facharzt für Psychiatrie und Arzt für Psychotherapeutische Medizin) vom 15.3.2006 ergibt sich, dass dieser für die Lenkberechtigung der Klasse C aufgrund der zusätzlichen Risken und Gefahren, die mit dem Lenken von Kfz dieser Klasse verbunden sind, Drogenharnuntersuchungen auf Cannabis in dreimonatigen Abständen, nicht jedoch kürzeren Abständen oder unangekündigt, für nötig hält.

Es steht der nicht auf gleicher fachlichen Stufe stehenden Amtsärztin nicht zu, Untersuchungen in kürzeren Intervallen und mit der Auflage, dass diese kurzfristig angefordert werden, vorzuschreiben.

Mitzuberücksichtigen ist nämlich die ausführliche Stellungnahme des Psychiaters vom 13.11.2005, wonach dieser zum Ergebnis kommt, dass für die Lenkberechtigung der Klasse B überhaupt keine Überwachung auf Cannabiskonsum erforderlich ist.

 

Die Auflage hinsichtlich der Überwachung auf Cannabis ist daher im Sinne der Ausführungen des psychiatrischen Sachverständigen vom 15.3.2006, dass diese lediglich alle drei Monate nötig ist, abzuändern.

 

Es besteht weder im Sachverhalt noch rechtlich eine Grundlage für die Befristung der erteilten Lenkberechtigung. Durch das Überwachungsschema ist sichergestellt, dass die Behörde unverzüglich Kenntnis von Umständen, die Zweifel am fortbestehen der gesundheitlichen Eignung begründen könnten, Kenntnis erlangt. Durch die Auflage, zur Nachuntersuchung in einem Jahr eine psychiatrische Anschlussstellungnahme vorzulegen, erübrigt sich die Befristung auf jeden Fall.

 

Die Amtsärztin gelangt in ihrem Gutachten zu der Ansicht, dass eine Abhängigkeitserkrankung vorliegt. Dies steht in krassem Widerspruch zu den sonstigen Ergebnissen dieses Gutachten als auch jenes Dr. M., da beide feststellen, dass der Bw seit nunmehr 19 Monaten drogenfrei ist. Darüberhinaus gelangt Dr. M. in seinem Gutachten vom 15.3.2006 zu dem Ergebnis, dass eine endgültige positive Prognose zum gegenwärtigen Zeitpunkt im Hinblick auf einen Drogenabusus noch nicht gestellt werden kann. Dies belegt eindeutig, dass Dr. M. grundsätzlich von einem positiven Verlauf ausgeht. Die Amtsärztin hingegen verschweigt sich über einen möglichen von ihr festgestellten Krankheitsverlauf. Aus diesen gutachterlichen Ergebnissen ist daher der Schluss zu ziehen, dass zumindest keine Verschlechterung der "Drogenabhängigkeitserkrankung" zu befürchten ist und damit die einjährige Befristung rechtlich nicht gerechtfertigt ist.

 

 

 

Am 2.8.2006 wurde beim UVS eine weitere mündliche Verhandlung durchgeführt.

 

Dabei hat die amtsärztliche Sachverständige der belangten Behörde, Frau Dr. B.D. nachfolgende gutachtliche Stellungnahme abgegeben:

 

"Gemäß dem Erkenntnis des UVS vom 5.4.2006, VwSen-521256/6 betreffend Lenkberechtigung Klasse B - Kontrolluntersuchungen, war der Bw von 1997 bis 2002 sowie von 2003 bis 2004 - insgesamt somit für einen Zeitraum von 6 Jahren - suchtmittelabhängig bzw. hat damit gehäuften Missbrauch begangen und

hat der Bw von Oktober 2002 bis März 2003, im Juli 2004 sowie von Oktober bis Dezember 2004 - insgesamt somit für einen Zeitraum von 9 Monaten - sich Entwöhnungsbehandlungen bzw. Therapien unterzogen.

 

Dr. M. hat in der fachärztlichen Stellungnahme vom 15.3.2006 eindeutig ein Cannabisabhängigkeitssyndrom festgestellt, wobei eine derzeitige Abstinenz attestiert wurde. Zusätzlich wurde die Diagnose Zustand nach drogeninduzierter psychotischer Störung schizophrenieform ausgelöst durch Halluzinogene bzw. Cannabis gestellt. Dr. M. hat auch die verkehrspsychologische Stellungnahme berücksichtigt, die eine erhöhte Risikobereitschaft festgestellt hatte. Zusammenfassend wurde von Dr. M. eine befürwortende Stellungnahme abgegeben, wobei empfohlen wurde zur Absicherung der Abstinenz Drogenharnuntersuchungen zu machen. Eine endgültige positive Prognose war lt. Dr. M. zum Zeitpunkt der Begutachtung noch nicht zu stellen.

Aus amtsärztlicher Sicht ist zu berücksichtigen, dass der Bw über viele Jahre Drogen konsumiert hat. Die derzeitige Abstinenz ist noch zu kurz um eine langfristige Prognose stellen zu können. Aus diesem Grund wird eine Kontrolluntersuchung, wie im Gutachten vom 23.2.2006 vorgeschlagen, als notwendig erachtet. In der Zwischenzeit wurde über die Kontrollintervalle für die Führerscheinklasse B entschieden und monatliche Harntests vorgeschrieben. Die bis zum heutigen Tag vorgelegten Harnuntersuchungsbefunde waren alle in Ordnung.

 

Aus amtsärztlicher Sicht kann daher auch für die Gruppe C mit den monatlichen Harnkontrollen das Auslangen gefunden werden.

Bis zur Nachuntersuchung müssen diese aber vorgelegt werden."

 

Die Rechtsvertreterin des Bw hat anschließend folgende Stellungnahme abgegeben:

 

"Ich beantrage, dem Bw die Lenkberechtigung für die Klasse C, befristet auf 5 Jahre und die Lenkberechtigung für die Klasse C1, befristet auf 10 Jahre zu erteilen und keine Auflagen vorzuschreiben."

 

 

 

 

Gemäß § 14 Abs.5 FSG-GV kann Personen, die suchtmittelabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 (wieder-)erteilt werden.

 

§ 14 Abs.5 FSG-GV trifft zur gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 durch Personen, welche ehemals suchtmittelabhängig waren bzw. damit gehäuften Missbrauch betrieben haben, keine Aussage;

VwGH vom 27.5.1999, 99/11/0047.

 

Diesbezüglich ist auf die Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 29. Juli 1991 über den Führerschein (91/439/EWG), Anhang III Z. 14 ("Alkohol") zu verweisen, welcher auszugsweise lautet:

"Alkoholgenuss - gleiches gilt für Suchtmittelgenuss (vgl. § 5 Abs.1 StVO) - ist eine große Gefahr für die Sicherheit im Straßenverkehr. Da es sich um ein schwerwiegendes Problem handelt, ist auf medizinischer Ebene große Wachsamkeit geboten. Die zuständige ärztliche Stelle muss die zusätzlichen Risiken und Gefahren gebührend berücksichtigen, die mit dem Führen von Fahrzeugen der Gruppe 2 verbunden sind."

 

Herr Dr. M.M., Facharzt für Psychiatrie und Arzt für psychotherapeutische Medizin hat in der umfangreichen - schlüssigen, widerspruchsfreien und nachvollziehbaren - fachärztlichen Stellungnahme vom 15.3.2006 ausgeführt, dass der Bw aus psychiatrischer Sicht zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2, befristet für die Dauer von einem Jahr, geeignet ist.

 

Die amtsärztliche Sachverständige der belangten Behörde hat - ebenfalls schlüssig, widerspruchsfrei und nachvollziehbar -

 

Der Bw ist dieser fachärztlichen Stellungnahme bzw. diesen amtsärztlichen Gutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten;

VwGH vom 7.4.1992, 91/11/0010 mit Vorjudikatur.

 

 

 

 

 

Durch eine bloß gegenteilige Behauptung, die einer sachverständigen Grundlage entbehrt, können diese fachärztliche Stellungnahme bzw. die Gutachten der Amtsachverständigen nicht entkräftet werden. Solche präzisen, sachlich fundierten Einwendungen gegen die Richtigkeit der fachärztlichen Stellungnahme bzw. der amtsärztlichen Gutachten hat der Bw nicht erhoben;

VwGH vom 25.4.1989, 88/11/0083 = ZfVB 1990/1/108 mit Vorjudikatur.

 

Aufgrund der mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 verbundenen zusätzlichen Risiken und Gefahren war daher dem Bw

die Lenkberechtigung für die Klassen C1 und C,

"Es ist in monatlichen Abständen eine Harntoxilogie auf Cannabinoide, Opiate,

Amphetamine und Benzodiazepine bis spätestens: 22.1.2007 und 22.2.2007

- mit einer Toleranzfrist von jeweils einer Woche - vorzulegen

zu erteilen.

 

Die im erstinstanzlichen Bescheid enthaltene Auflage:

"Zur Nachuntersuchung in 1 Jahr ist eine psychiatrische Stellungnahme vorzulegen" dient ausschließlich der Vorbereitung der künftigen Entscheidung über die Erteilung der Lenkberechtigung für die Klassen C1 und C für die Zeit nach dem 23. 2. 2007.

Für eine derartige Auflage bietet das Gesetz keine Grundlage, sodass diese Auflage aufzuheben war.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

  1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

    Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

     

  2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

 

 

 

Mag. Kofler

Beschlagwortung:

§ 14 Abs.5 FSG-GV; Suchtmittelabhängigkeit

Beachte:

vorstehende Entscheidung wurde aufgehoben;

VwGH vom 22.04.2008, Zl.: 2006/11/0152-6

 

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