Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104308/12/Br

Linz, 27.02.1997

VwSen-104308/12/Br Linz, am 27. Februar 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn P gegen die Punkte 2.) bis 6.) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Braunau, Zl.

VerkR96-20874-1996-Ro, vom 5. Dezember 1996, nach der am 24.

Februar 1997 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird in allen Punkten aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr.

471/1995 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 620/1995 - VStG; II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Über den Berufungswerber wurden mit dem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 5. Dezember 1996, Zl.

VerkR96-20874-1996-Ro, in dessen Punkten 2.) bis 6.) wegen Übertretungen nach § 52 lit.a Z6 c und viermal wegen § 11 Abs.3 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 Geldstrafen von 2.) 500 S und für den Nichteinbringungsfall 24 Stunden und für die Punkte 3.) bis 6.) Geldstrafen von je 300 S und für den Nichteinbringungsfall je 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt; es wurden folgende Tatvorwürfe erhoben:

"Sie lenkten am 2.11.1996, um 22.30 Uhr, den PKW, Marke und Type Audi 80, Kennzeichen , in von der P kommend in die F, bogen nach links in die B ein, dann nach rechts in die K, weiter nach rechts in die R und nach links in die J bis zur Anhaltung bei der Kreuzung R, nächst Haus JNr. 2, Gemeinde , und 2. sind in die F entgegen dem Verbotszeichen "Fahrverbot für alle Kraftfahrzeuge" gefahren, 3. haben die Änderung der Fahrtrichtung nach links in die B nicht mit den hiefür bestimmten, am Fahrzeug angebrachten Vorrichtungen, angezeigt, 4. haben die Änderung der Fahrtrichtung nach rechts in die K nicht mit den hiefür bestimmten, am Fahrzeug angebrachten Vorrichtungen, angezeigt, 5. haben die Änderung der Fahrtrichtung nach rechts in die R nicht mit den hiefür bestimmten, angebrachten Vorrichtungen, angezeigt, 6. haben die Änderung der Fahrtrichtung nach links in die J nicht mit den hiefür bestimmten, am Fahrzeug angebrachten Vorrichtungen, angezeigt.

1.1. Die Erstbehörde führte in der Begründung ihres Straferkenntnisses folgendes aus:

"Der im Spruch angeführte Sachverhalt wird aufgrund der in sich widerspruchsfreien und daher unbedenklichen Anzeige des Gendarmeriepostenkommandos vom 6.11.1996, GZP-2726/96-Ka, festgestellt und als erwiesen angenommen.

Mit Ladungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 13.11.1996 wurden Sie aufgefordert, am 11.Dezember 1996 um 8.00 Uhr bei der hs. Behörde zu erscheinen.

Anläßlich Ihrer Einvernahme am 20.11.1996 gaben Sie an, daß Sie das gegenständliche Kraftfahrzeug am 2.11.1996 nicht wie in der Anzeige angeführt um 22.30 Uhr, sondern gegen 19.00 Uhr von der Pizzeria "I" kommend über den S, die L, die P in Richtung , weiter nach links in die B, die K, die R bis zum Ort der Anhaltung in der J in gelenkt hätten. Nachdem Sie das Fahrzeug dort verlassen und abgestellt hätten, sei Ihnen in der Nähe der Firma K ein Gendarmeriebeamter entgegengekommen, der Sie nach den Fahrzeugpapieren fragte.

Auf den Konsum alkoholischer Getränke angesprochen, hätten Sie angegeben, eine Halbe Bier konsumiert zu haben.

Daraufhin hätte Sie der Beamte unter Hinweis auf den Alkoholgeruch Ihrer Atemluft aufgefordert, einen Alkotest vorzunehmen. Sodann hätten Sie den Beamten darauf hingewiesen, nichts getrunken zu haben und nahm dieser Ihre Personalien auf. Als Sie sich etwas später zur Ablegung des Tests bereit erklärten, hätte Ihnen der Gendarmeriebeamte geantwortet, daß Sie nun schon verweigert hätten und ließ Sie den Alkotest nicht mehr vornehmen.

Im Zuge dieser Niederschrift gestanden Sie die Ihnen unter Punkt 2 bis 6 zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen vollinhaltlich ein.

In einem an die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn gerichteten Schreiben vom 21.11.1996 wiederholten Sie diese Ihre Angaben und führten ergänzend aus, daß Sie im Zuge der Anhaltung durch den Gendarmeriebeamten auf die Frage nach dem Konsum alkoholischer Getränke geantwortet hätten, eine Halbe Bier und ein Achtel Wein getrunken zu haben. Da Ihnen der Beamte offensichtlich nicht glauben wollte, forderte er Sie zur Überprüfung der Atemluft auf Alkoholgehalt auf.

Daraufhin hätten Sie diesem entgegnet, daß Sie sehr in Eile seien und überdies nicht mehr als die gesetzlich erlaubte Menge an Alkohol zu sich genommen hätten. Der Meldungsleger hätte Sie daraufhin auf die Erstattung einer Anzeige hingewiesen und Ihre Personalien notiert. Nachdem Ihnen nun die Konsequenzen der Verweigerung klar geworden waren, hätten Sie sich bereit erklärt, den Alkotest abzulegen. Der Meldungsleger war zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht mehr zur Durchführung des Alkotests bereit.

Bezüglich der unter Punkt 2 bis 6 angeführten Verwaltungsübertretungen führten Sie an, daß das Fahrverbot " " mit dem Zusatz "Ausgenommen Anrainer" versehen ist, Sie zum gegenständlichen Zeitpunkt bei einem Bekannten zu Besuch waren und aus diesem Grund das gegenständliche Verbotszeichen für Sie keine Bedeutung gehabt hätte. Zum Vorwurf, daß Sie viermal den Fahrtrichtungsanzeiger nicht betätigt hätten, führten Sie an, daß Sie sich daran beim besten Willen nicht mehr erinnern könnten, da Sie als "normaler Autolenker" automatisch den Fahrtrichtungsanzeiger betätigen würden, wenn Sie eine Richtungsänderung vornehmen.

Abschließend bemerken Sie, daß die Ihnen zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen nicht begangen wurden und die Anschuldigungen vollkommen ins Leere gehen.

Zu diesen Ihren Einspruchsangaben ist nun folgendes anzumerken.

Am 25.11.1996 wurde der Meldungsleger, Herr GI. K vom Gendarmeriepostenkommando B, zeugenschaftlich einvernommen und gab dieser unter Diensteid stehend an, daß er am 2.11.1996 im Zuge seiner Dienstverrichtung mit dem Dienstkraftwagen auf Höhe des Hauses N in der P um ca. 22.30 Uhr und nicht wie von Ihnen angeführt um 19.00 Uhr auf Ihren PKW aufschloß. Sie hätten das Fahrzeug entgegen dem Fahrverbot "A" in Richtung B gelenkt. Aufmerksam gemacht durch die Mißachtung dieses Fahrverbotes folgte der Meldungsleger Ihrem PKW und nahm deutlich wahr, daß Sie beim Abbiegen nach links in die B, weiter nach rechts in die K, nach rechts auf die R und nach links in die J den jeweiligen Fahrtrichtungsanzeiger nicht betätigt hätten. In der J auf Höhe des Hauses Nr. 2 hätten Sie dann Ihr Fahrzeug auf der linken Straßenseite abgestellt und hätte sich der Meldungsleger zu Ihrem Fahrzeug begeben. Sie hatten zu diesem Zeitpunkt Ihr Fahrzeug bereits versperrt und waren im Begriff mit der in Ihrer Hand befindlichen Pizza von Ihrem Fahrzeug wegzugehen. Daraufhin hätte der Meldungsleger Sie aufgefordert, die Fahrzeugpapiere vorzuweisen und wurden im Zuge dieser Kontrolle bei Ihnen eindeutige Alkoholisierungssymptome, wie z.B. veränderte Sprache, deutliche Rötung der Bindehäute und vor allem Geruch der Atemluft nach Alkohol wahrgenommen. Daraufhin hätte Sie der Meldungsleger gefragt, was Sie getrunken hätten und antworteten Sie, daß Sie zwei Halbe Bier und Wein getrunken haben, wobei Sie die Menge des Weines nicht angegeben hätten. Aus den genannten Gründen hätte Sie sodann der Meldungsleger eindeutig und unmißverständlich aufgefordert, Ihre Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen. Sie hätten dem Meldungsleger lediglich entgegnet, daß Sie in keinem Polizeistaat leben würden und für so etwas keine Zeit hätten. Daraufhin hätte Ihnen der Gendarmeriebeamte erklärt, welche Konsequenzen eine Verweigerung des Alkotests habe und Sie weiters darauf hingewiesen, daß sich der Alkomat im Dienstfahrzeug befände und durch die Vornahme des Alkotests für Sie kein großer Zeitverlust entstehen würde. Zugleich hätte Sie der Meldungsleger ein zweites mal zum Alkotest aufgefordert, was Sie wiederum vehement ablehnten. Sie wurden daraufhin vom Meldungsleger aufmerksam gemacht, daß nun Anzeige an die Bezirkshauptmannschaft erstattet werde.

Weiters gab der Meldungsleger an, daß ihm heute nicht mehr bewußt sei, daß Sie ihn bei Beendigung der Amtshandlung nochmals gebeten hätten, den Alkotest durchzufahren.

Vom Ergebnis der Beweisaufnahme wurden Sie mit Schreiben vom 26.11.1996 nachweislich verständigt und haben Sie bis zum heutigen Tage keine weitere Stellungnahme mehr abgegeben.

Laut Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.11.1975, ZVR 1976/337, ist eine Übertretung des § 5 Abs.

2 mit der erstmaligen Weigerung, einen Alkotest vornehmen zu lassen, vollendet. Die später bekundete Bereitschaft zur Vornahme des Alkotests kann die Strafbarkeit nicht ausschließen. Weiters besagt das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26.9.1980, ZfVB 1981/6/1658, daß eine Verweigerung der Atemluftprobe begrifflich nur dann vorliegen kann, wenn die Aufforderung zu deren Durchführung in einer für die betreffende Person eindeutigen Weise erfolgt ist.

Laut Aussage des Meldungslegers vom 25.11.1996 wurden Sie von diesem unmißverständlich und eindeutig zweimal aufgefordert, Ihre Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen. Weiters hätten Sie beide Male den Alkotest verweigert, das erste Mal mit der Begründung, daß Sie für so etwas keine Zeit hätten. Wenn nun auch berücksichtigt wird, daß Sie später noch Bereitschaft gezeigt hätten, den Alkotest abzulegen, so schließt diese Bereitschaft zur Vornahme des Alkotests eine Bestrafung nach S 99 Abs. 1 lit.

b StVO 1960 nicht aus. Weiters schenkt auch die Behörde den Angaben des Meldungslegers bezüglich der Tatzeit Glauben und scheinen Ihre Behauptungen bezüglich des Abholens einer Pizza um ca. 19.00 Uhr bzw. die schriftliche Bestätigung des Restaurants "I" in B als reine Schutzbehauptungen, um Sie vom Vorwurf der gegenständlichen Übertretungen entlasten zu können.

Zu den unter Punkt 2 bis 6 genannten Übertretungen ist anzumerken, daß Sie diese bei der ersten Einvernahme am 20.11.1996 vollinhaltlich eingestanden und erst später, als Ihnen im Zuge der Einvernahme die Konsequenzen Ihres Handelns bzw. die Höhe der voraussichtlichen Geldstrafe bewußt wurden, diese bestritten und angaben, daß das Fahrverbot "A" mit dem Zusatz "Ausgenommen Anrainer" für Sie keine Geltung habe, da Sie bei einem Bekannten im gegenständlichen Bereich zu Besuch waren. Auch hiezu ist anzumerken, daß die Begriffe Anlieger und Anrainer synonym sind, also dieselbe Bedeutung haben. Anlieger oder Anrainer sind die Besitzer der neben der Straße befindlichen Liegenschaften (VwGH vom 4.5.1965, Slg. 6683/A). Darunter fallen also nicht nur Eigentümer solcher Liegenschaften, sondern auch allfällige Rechtsbesitzer, sodaß die Anliegerschaft oder Anrainerschaft auch jenen Personen zuzuerkennen ist, welche an dieser Liegenschaft Bestandrecht (Mieter und Pächter) besitzen oder zur Ausübung des Jagdrechts auf dieser Liegenschaft berechtigt sind. Die Ausnahme der Anlieger oder Anrainer vom Fahrverbot erfaßt nur den Verkehr der Anlieger selbst also den Anlieger (Anrainer)verkehr im engeren Sinne, nicht aber den Verkehr mit oder zu den Anliegern oder Anrainern, also denjenigen dritter Personen. Somit schien diese Ausnahme für Sie nicht zuzutreffen, da Sie selbst angaben, im gegenständlichen Bereich jemanden besucht zu haben.

Bezüglich des Vorwurfes der Nichtbetätigung des Fahrtrichtungsanzeigers (Verwaltungsübertretungen unter Punkt 3) bis 6) wird ebenso den Angaben des Meldungslegers mehr Glauben geschenkt als Ihren Angaben, da Sie beim ersten Mal diese Übertretungen vollinhaltlich eingestanden und im Schreiben vom 21.11.1996 diese, unter Hinweis darauf bestritten, daß Sie den Fahrtrichtungsanzeiger automatisch betätigen würden, so wie Sie auch die Kupplung beim Schalten automatisch betätigen. Hiezu ist anzumerken, daß einem besonders geschulten und ermächtigten Organ der Straßenaufsicht, um welches es sich beim Meldungsleger handelte, durchaus zuzumuten ist, daß es wahrnimmt, ob ein vor diesem fahrendes Kraftfahrzeug den Fahrtrichtungsanzeiger betätigt oder nicht.

Aufgrund der Anzeige des Gendarmeriepostenkommandos B vom 6.11.1996 sowie der zeugenschaftlichen Einvernahme des Meldungslegers vom 25.11.1996 und Ihrer Angaben vom 20.11.1996 und 21.11.1996 gelangte die Behörde zur Auffassung, daß Sie die obzitierten Verwaltungsübertretungen begangen und zu verantworten haben.

Hinsichtlich der Strafbemessung ist auszuführen, daß gemäß § 19 VStG 1991 die Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen ist, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Weiters sind die Erschwerungs- und Milderungsgründe, das Ausmaß des Verschuldens und die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten zu berücksichtigen.

Bei der Strafbemessung wurde auf Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse (monatlich S 9.700,-Pension, Sorgepflichten für drei Kinder, kein Vermögen) entsprechend Bedacht genommen.

Strafmildernd und straferschwerend lagen keine Umstände vor.

Das Strafausmaß ist somit, insbesondere im Hinblick auf den gesetzlichen Strafrahmen - bei § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 von S 8.000,-- bis S 50.000,-- und bei § 99 Abs. 3 lit.a StVO 1960 bis zu S 10.000,-- - dem Unrechtsgehalt der Taten angepaßt und schuldangemessen.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden." 3. In der fristgerecht erhobenen Berufung weist der Berufungswerber im Ergebnis alle gegen ihn erhobenen Anschuldigungen zurück. Zu den Punkten 2.) bis 6.) vermeinte er etwa, daß das Fahrverbot für ihn nicht zugetroffen hätte.

Hinsichtlich des Nichtanzeigens der Fahrtrichtungsänderung vermeinte er ursprünglich in seiner Verantwortung, daß er stets automatisch blinken würde, bestreitet aber letztlich dieses Faktum nicht mehr.

4. Da in den Punkten 2.) bis 6.) keine 10.000,- S übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Zum Punkt 1.) ergeht unter VwSen 104307 eine gesonderte Entscheidung der 2. Kammer des unabhängigen Verwaltungssenates. Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war wegen der Tatsachenbestreitung erforderlich (§ 51e Abs.1 VStG).

4.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der Erstbehörde vorgelegten Verwaltungsakt. Ferner durch die Vornahme eines Ortsaugenscheines am Vormittag des 24.

Februar 1997 im Hinblick auf die fragliche Fahrstrecke und die Beschilderung im Hinblick auf das Fahrverbot; ferner durch die Vernehmung der Zeugen Frau M. R, Herrn A. B und des Herrn GrInsp. J. K anläßlich der am 24. Februar 1997 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung bei der auch eine Vertreterin der Erstbehörde teilgenommen hat und durch die Beischaffung der Dienstvorschreibung vom 2. auf den 3. November 1996 vom GPK B.

5. Der Berufungswerber lenkte am 2. November 1996 um ca.19.15 Uhr seinen Pkw von der P kommend in Richtung "A".

Dabei durchfuhr er den Fahrverbotsbereich für alle Kraftfahrzeuge - Zusatztafel "Ausgenommen Anrainer" um mit der eingekauften Pizza wieder zum Zeugen A. B, welcher "Ag 4" wohnhaft ist, zurückzukehren. Dort hatte er sich bereits zwei Stunden vorher aufgehalten und eine geringe Menge Alkohol konsumiert. Mangels einer Parkmöglichkeit fuhr er schließlich in Richtung K u. J weiter, wo er letztlich sein Fahrzeug einparkte und vom GrInsp. K zu einer Fahrzeug- u.

Lenkerkontrolle aufgefordert wurde. Im Verlaufe der letztgenannten Fahrstrecke unterließ es der Berufungswerber mehrfach seine Abbiegevorgänge durch Betätigen des Blinkers anzuzeigen. Andere Verkehrsteilnehmer wurden hiedurch jedoch nicht beeinträchtigt.

5.1. Die Fahrt des Berufungswerbers wurde vom GrInsp. K als Besatzung eines Sektorenstreifenkraftwagens wahrgenommen.

Auf Grund der überzeugenden Angaben des Berufungswerbers, des Zeugen A. B und der Frau M. R ist jedoch davon auszugehen, daß diese Fahrt des Berufungswerbers und dessen nachfolgende Beamtshandlung nicht um 22.30 Uhr, sondern bereits um ca. 19.15 Uhr stattgefunden hat. Im Hinblick auf den Zeitpunkt dürfte eine Verwechslung seitens des Gendarmeriebeamten im Zuge der vier Tage später verfaßten Meldung unterlaufen sein. Auch aus der beigeschafften Dienstvorschreibung, wo die Amtshandlung mit dem Berufungswerber wohl als erster Eintrag aufscheint, konnte wohl nicht dargetan werden, daß diese Amtshandlung gegen den Berufungswerber gleich nach 19.00 Uhr erfolgt wäre, weil diese Einträge zeitlich nicht chronologisch erfolgten.

Diese Annahme stützt sich jedoch auf die Angaben des Zeugen A. B, welcher mit dem Berufungswerber übereinstimmend darlegte, daß letzterer ab ca. 17.00 Uhr bei ihm gewesen wäre. Um ca. 19.00 Uhr habe der Berufungswerber schließlich Pizzas geholt und sei etwa 20 Minuten später wieder mit zwei warmen Pizzas zurückgekehrt, wobei ihm der Berufungswerber von der Amtshandlung mit der Gendarmerie erzählt habe.

Schließlich seien sie gegen 21.30 Uhr ins Tanzcafe R gegangen. Der Zeuge gibt die übereinstimmend mit der Besitzerin dieses Lokales an, nämlich daß der Berufungswerber knapp vor ihm in das Lokal hinuntergegangen sei. Dieses Detailkenntnis läßt den Schluß zu, daß dies nicht verabredet worden ist. Dann hätten sie bis 24.00 Uhr oder 00.30 Uhr zusammen an der Bar dieses Lokales verbracht.

Dieses wird letztlich auch wieder von der Lokalbesitzerin bestätigt, wenngleich diese sich nicht mehr konkret an das Datum erinnern konnte. Nachdem der Berufungswerber eher selten in dieses Lokal kommt, waren aber diese Angaben dahingehend glaubwürdig, daß die Zeugin ihre Wahrnehmung auf diesen Tag zu beziehen vermochte. Es gäbe letztlich auch keinen vernünftigen Grund, daß der Zeuge A. B dem Berufungswerber im Hinblick auf die Zeit der Pizzabeschaffung ein "falsches Alibi" geben sollte. Für den Berufungswerber ergibt sich vordergründig im Hinblick auf sein im Ergebnis ohnedies unbestrittenes Tatverhalten aus der Sicht des Zeugen kein Vorteil. Der Berufungswerber war im Hinblick auf sein Vorbringen zur Tatzeit durchaus glaubwürdig, während demgegenüber der Zeuge GrInsp. K - was durchaus verständlich sein mag - sich wirklich nicht mehr an die Reihenfolge seiner immerhin elf Amtshandlungen erinnern konnte. Nicht unbedeutend ist letztlich doch auch, daß diese Amtshandlung als Erste in der Dienstvorschreibung aufscheint.

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

6.1. Dem Berufungswerber kam als Besucher die Qualifikation des Anrainers zugute, sodaß er mit seiner Fahrt "A" - auch wenn er mangels Parkplatzes in diesem Bereich das Fahrzeug dort abstellen konnte - nicht gegen diese Verbotsnorm verstoßen hat (vgl. Messiner, Kommentar zur StVO, 9.

Auflage, Seite 893, E 16, E 19 mit Judikaturhinweisen).

Abgesehen davon, daß entgegen dem zutreffenden Vorbringen des Berufungswerbers in seiner Eingabe vom 21.11.1996 die Erstbehörde in diesem Spruchpunkt (um dem § 44a VStG gerecht zu werden) das Tatbestandselement "Ausgenommen Anrainer" anzuführen gehabt hätte und dieses nicht einfach übergehen hätte dürfen, ist die in diesem Zusammenhang in der Begründung dargelegte Rechtsansicht schlechthin unzutreffend. Das von der Erstbehörde offenbar angeführte Zitat (E 13) aus dem oben bezeichneten Kommentar, legt den Anrainerbegriff in Richtung auf Rechtsbesitz aus, schließt dabei jedoch keineswegs Besucher von Anrainern aus.

Der § 11 Abs.2 u. 3 StVO lautet:

(2) Der Lenker eines Fahrzeuges hat die bevorstehende Änderung der Fahrtrichtung oder den bevorstehenden Wechsel des Fahrstreifens so rechtzeitig anzuzeigen, daß sich andere Straßenbenützer auf den angezeigten Vorgang einstellen können. Er hat die Anzeige zu beenden, wenn er sein Vorhaben ausgeführt hat oder von ihm Abstand nimmt.

(3) Die Änderung der Fahrtrichtung oder der Wechsel des Fahrstreifens ist mit den hiefür bestimmten, am Fahrzeug angebrachten Vorrichtungen anzuzeigen. Sind solche Vorrichtungen nicht vorhanden oder gestört, so ist die Anzeige durch deutlich erkennbare Handzeichen durchzuführen.

Wenn diese Zeichen jedoch wegen der Beschaffenheit des Fahrzeuges oder seiner Ladung nicht erkennbar sind, so sind sie mit einer Signalstange zu geben.

Hier wäre einerseits dem Berufungswerber die Bestimmung des Abs.2 und nicht jene des Abs.3 vorzuwerfen gewesen.

6.1.1. Ein wesentliches Tatbestandsmerkmal der Übertretung des § 11 Abs.2 StVO liegt in dem Vorwurf, daß der Fahrzeuglenker die bevorstehende Änderung der Fahrtrichtung nicht so rechtzeitig angezeigt hat, daß sich andere Straßenbenützer auf den angezeigten Vorgang einstellen konnten (VwGH 19. 12. 1990, 90/03/0159). In dem von der Erstbehörde diesbezüglich erhobenen Tatvorwurf fehlt somit im Anschluß an den Vorwurf, den Fahrtrichtungswechsel nicht angezeigt zu haben, das wesentliche Tatbildmerkmal, daß sich andere Straßenbenützer nicht auf den beabsichtigten Vorgang einstellen haben können. Der Tatvorwurf ist daher einerseits im Sinne des § 44a Z1 VStG mangelhaft (VwGH 22.3.1995, 94/03/0319). Wenngleich auch dieser Mangel, sowie die Tatzeit wegen der noch nicht eingetretenen Verfolgungsverjährung von der Berufungsbehörde noch zu korrigieren gewesen wäre, hat das Beweisverfahren aber ergeben, daß tatsächlich kein anderer Verkehrsteilnehmer durch das Nichtanzeigen beeinträchtigt wurde. Der Berufungswerber hat daher diese ihm zur Last gelegten Übertretungen nicht begangen.

Demgemäß waren die Punkte 2.) bis 6.) mangels Tatbestandsmäßigkeit einzustellen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. B l e i e r

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