Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-530083/5/Re/Sta

Linz, 13.04.2004

 

 

 VwSen-530083/5/Re/Sta Linz, am 13. April 2004

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung der S L, L, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 3.11.2003, Ge20-51-2002, betreffend Änderung einer bestehenden Betriebsanlage im Grunde des § 81 GewO 1994 zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 3.11.2003, Ge20-51-2002, wird bestätigt.
 
Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz idgF (AVG) iVm §§ 74 und 81 der Gewerbeordnung 1994 idgF (GewO 1994).
 
 

Entscheidungsgründe:

 

Mit dem bezeichneten Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt wurde der Antrag der nunmehrigen Berufungswerberin, der S L, mit dem Firmensitz in L, S, auf Änderung der Betriebsanlage in K, U, durch Erweiterung der Betriebszeit für Aufbereitungsanlagen im Grunde der §§ 74, 77 und 81 GewO 1994 abgewiesen. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, nach durchgeführten Ermittlungsverfahren und zitierter schalltechnischer und medizinischer Beurteilung des Vorhabens ergebe sich durch die Anhebung des Grundgeräuschpegels während der Nachtstunden eine unzumutbare Belästigung der Anrainer. Das Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass somit durch die Erweiterung auf die beantragten Betriebszeiten Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen nicht auf ein zumutbares Maß beschränkt werden können. Vor allem die Plausibilität des medizinischen Sachverständigengutachtens im Zusammenwirken mit den Aussagen der Nachbarn führten zur Feststellung der Unzumutbarkeit der Erweiterung der Betriebszeiten.

 

Gegen diesen, der Konsenswerberin und der nunmehrigen Berufungswerberin am 10.11.2003 nachweisbar zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, bei der belangten Behörde innerhalb offener Frist am 24.11.2003 der Post zur Beförderung übergebene und am 28.11.2003 bei der belangten Behörde eingelangte, von Direktor Dipl.-Ing. K F verfasste Berufung vom 24.11.2003.

 

In dieser Berufung wird der zitierte Bescheid mit folgendem Vorbringen bekämpft:

 

"Wie im Bescheid mehrfach angeführt, handelt es sich beim Dauerschallpegel nur um eine geringfügige und zumutbare Beeinflussung (siehe zB Bescheid Seite 5
und 6). Weiters sind auch keine tonalen Komponenten festgestellt worden und im Bereich der Spitzenpegel gibt es auch nur geringfügige Veränderungen die insbesondere auch nicht von Dauer sind. Wie ganz klar festgestellt wurde, werden dadurch keinerlei Aufwachreaktionen hervorgerufen. Der Grundgeräuschpegel wurde aus medizinischer Sicht als zumutbar bewertet und wir stimmen daher Ihrer Ansicht nicht zu, dass trotz des Ausbleibens von Aufwachreaktionen wesentliche Störwirkungen auf die betroffenen Anrainer zu erwarten sind. Im Spruch wurde nicht ausreichend unterschieden zwischen Dauer- bzw. Grundgeräuschpegel. Selbstverständlich werden bei Antragsgenehmigungen alle Verbesserungsmaßnahmen laut dem schalltechnischen Projekt von uns umgesetzt und es werden damit alle Grenzwerte laut EU-Normen eingehalten.

Darüber hinaus geht aus dem Bescheid auch ganz eindeutig hervor, dass die Angelegenheiten von der medizinischen Sachverständigen und vom in Anspruch genommenen Sozialmediziner unterschiedlich gesehen werden. Wir verweisen hier nochmals insbesondere darauf, dass die medizinische Sachverständige lediglich eine subjektive Hörprobe durchführte und sich nur auf diese stützte. Es ist daher offensichtlich, dass Herr Universitätsprofessor Dr. C V in solchen Angelegenheiten mehr Erfahrung besitzt und seine Meinung daher als höher einzustufen ist."

 

Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat diese gegenständliche Berufung vom 24.11.2003 samt bezughabendem Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt, zu den Berufungsausführungen keine Äußerungen abgegeben und keinen Widerspruch im Grunde des § 67h AVG erhoben.

 

Gemäß des § 67a Abs.1 AVG ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates durch Einzelmitglied für die Entscheidung in der gegenständlichen Berufungsangelegenheit.

 

Im Grunde des § 67d Abs.1 und 3 AVG entfällt die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

 

  1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden,
  2.  

  3. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,
  4.  

  5. die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,
  6.  

  7. die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder
  8.  

  9. eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

 

Gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1994 ist eine Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.

 

Gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1994 bedarf die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der Bestimmungen der Gewerbeordnung, wenn dies zur Wahrung der im §74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist.

 

 

Dem gegenständlichen Verfahren liegt ein Antrag der Berufungswerberin vom 5.8.2002, eingelangt bei der Bezirkshauptmannschaft Freistadt am 7.8.2002 zu Grunde, womit die Erweiterung der Betriebszeiten für die Produktionsanlage der S L in K, U, beantragt wurde. Durch diese Erweiterung solle keine Erhöhung der Übernahme bzw. Produktionsmenge, sondern lediglich die Flexibilität zur Aufbereitung und Sackierung von Gewürzen gesteigert werden. Mit dem Antrag vorgelegt wurde ein schalltechnisches Gutachten der Firma T-S GmbH, L, datiert mit 7. Juni 2002, betreffend "Ist-Bestandsanalyse-Verbesserungsmaßnahmen Betriebsanlage K", GZ.: 01-0300T.

 

Mit diesen Grundlagen hat die belangte Behörde zunächst am 28.11.2002 eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Vom lärmtechnischen Amtssachverständigen wurde dabei bereits darauf hingewiesen, dass das lärmtechnische Projekt des Büro S unter anderem eine Erhebung der Ist-Lärm-Situation während der Nachtzeit sowie eine Ist-Bestandsanalyse samt Verbesserungsmaßnahmen enthält. Die Verbesserungsmaßnahmen wurden im Detail aufgelistet und als Projektsbestandteil betrachtet, das heißt, bei den in der Folge vorgenommenen Ausführungen der Amtssachverständigen mitberücksichtigt.

 

Auf Grund dieser Vorgaben wurde von der medizinischen Sachverständigen ausgeführt, dass Grundlage der medizinischen Lärmbeurteilung das Gutachten des immissionstechnischen Sachverständigen sowie eine subjektive Hörprobe darstellt. Für die medizinische Beurteilung sei das Störgeräusch in seiner endgültigen Intensität und Zusammensetzung wie es am menschlichen Ohr eintrifft, die eigentliche Bezugsgröße. Im gegenständlichen Fall handelt es sich bei nächtlichen Lärmimmissionen um Dauergeräusche, die von Anrainern als störend empfunden werden. Laut folgendem schalltechnischen Projekt lägen die zu erwartenden nächtlichen Pegelwerte um max. 5 dB über dem im Nachtzeitraum niedrigst gemessenen Basis- bzw. Grundgeräuschpegel. Gerade bei Dauergeräuschen spiele die Geräuschcharakteristik eine wesentliche Rolle für die Störwirkung, sodass die Durchführung einer subjektiven Hörprobe mit begleitender Messung für erforderlich erachtet werde.

 

Von der nunmehrigen Berufungswerberin ebenfalls gemeinsam mit ihrem Antrag eingebracht wurde eine medizinische Begutachtung des Univ. Prof. Dr. med. C V, Facharzt für Sozialmedizin, Leiter der Abteilung für Epidemiologie, Institut für Krebsforschung der Universität Wien vom 17.9.2002, welche zur Frage Stellung nimmt, ob die künftigen Schallimmissionen des geplanten Nachtbetriebs der S L, zu Belastungen führen, welche die Gesundheit der Anrainer gefährden oder diese unzumutbar belästigen könnten und zwar ebenfalls aufbauend auf der bereits zitierten Ist-Erhebung und Prognoseberechnung der T-S GmbH Linz in lärmtechnischer Hinsicht.

 

Aufbauend auf dem von der Berufungswerberin mit Genehmigungsantrag vorgelegten schalltechnischen Projekt der T-S GmbH wurden von der belangten Behörde ergänzende Ermittlungen in Bezug auf die Lärmerhebungen durchgeführt. So liegt zunächst der schalltechnische Messbericht vom 24. März 2003, verfasst vom lärmtechnischen Amtssachverständigen Ing. K S, welcher anlässlich der in der oben angeführten mündlichen Verhandlung am 28.11.2002, an welcher der lärmtechnische Amtssachverständige ebenfalls teilnahm, von der medizinischen Amtssachverständigen geforderten subjektiven Hörprobe (samt Ergänzungsmessung) am 20.3.2003 erhoben und in der Folge am 24.3.2003 verfasst wurde. Aufbauend auf dieser subjektiven Hörprobe samt ergänzender Messungen vom 20.3.2003 in der Zeit von 22.00 Uhr bis 23.30 Uhr, hat der lärmtechnische Amtssachverständige seine Befundaufnahme und Begutachtung von der mündlichen Verhandlung mit Erledigung vom 28.8.2003 fortgesetzt und - vorbehaltlich einer medizinischen Begutachtung - abgeschlossen. Darin wird zunächst festgestellt, dass einerseits die oben bereits angeführten Kurzzeitmessungen samt subjektiver Hörprobe am 20. März 2003 unter anderem beim Gebäude auf der Grundfläche 336/5, der Familie W, durchgeführt wurden, welcher Standort vom Büro S im von der Berufungswerberin vorgelegten schalltechnischen Messbericht ebenfalls als Messpunkt (MP-1) und als Rechenpunkt (RP-1, DG) gewählt worden ist. In Bezug auf die Ist-Lärmsituation haben demnach die vom Büro S durchgeführten Messungen während des Nachtzeitraumes (22.00 Uhr bis 6.00 Uhr) als Messwerte (Halbstundenwerte) ergeben:

Basispegel LA,95 = 23 bis 38 dB

äquivalenter Dauerschallpegel La,eq = 37 bis 57 dB

mittlerer Spitzenpegel LA,1 = 48 bis 75 dB
 

Ausdrücklich festgestellt wurde dabei über den relativ langen Nachtzeitraum von 22.30 Uhr bis 3.30 Uhr ein Basispegel von LA,95 in der Größenordnung von 23 bis
24 dB
. Der niedrigste Basispegel LA,95 von 22,6 dB wurde um 3.00 Uhr früh gemessen. Gleichzeitig wurde zum Vergleich angeführt, dass bei der vom Amtssachverständigen am 20. März 2003 durchgeführten Messung im Bereich dieses Messpunktes 1 (W) ein im Wesentlichen übereinstimmender Wert von LA,95 von 24 dB messtechnisch erhoben wurde.
 

In Bezug auf die Auswirkungen des Betriebslärms auf die vorherrschende Ist-Lärmsituation führt der technische Amtssachverständige in seinem Gutachten vom 28. August 2003 aus:

 

Energieäquivalenter Dauerschallpegel:

 

Der örtliche LA,eq wird nur geringfügig beeinflusst. Im RP2-OG (Fam. A) ist eine Anhebung von rund 1 dB zu erwarten. Ansonsten bleibt der örtliche LA,eq unverändert.

Rechenpunkt

Betriebslärm LA,eq

Istlärm LA,eq

Summenpegel LA,eq

RP1-DG

24 dB

37 dB

37 dB

RP2-OG

28 dB

37 dB

38 dB

RP3-OG

27 dB

37 dB

37 dB

 

Spitzenpegel:

 

Errechnete betriebsbedingte Spitzenpegel liegen im Bereich von 26 bis 37 dB und somit nur geringfügig über dem betriebsbedingten Dauergeräusch, jedoch deutlich unter den örtlich auftretenden Schallpegelspitzen.

 

Grundgeräuschpegel:

 

Aufgrund der Geräuschart des Betriebslärms als gleichbleibendes Dauergeräusch wird dies immissionsseitig zu einer Anhebung des örtlichen Basispegels LA,95 im Zeitraum von 22.30 Uhr bis 04.00 Uhr um 5 bis 6 dB führen.

 

Anhebung des örtlichen Basispegels aufgrund der vom schalltechnischen Projektanten errechneten Immissionsanteile für die ungünstigste halbe Stunde:

Rechenpunkt

Örtlicher Basispegel

LA,95 IST

Immissionsseitiger

Betriebslärm LA,eq

Zu erwartender örtlicher Basispegel

∑LA,eq + LA,95 IST

RP1-DG

23

24

27

RP2-OG

23

28

29

RP3-OG

23

27

28

 

Angemerkt wird, dass die Anhebung des Basispegels LA,95 auch bei der am 20.03.03 durchgeführten Kurzzeitmessung messtechnisch festgestellt wurde."

 

In gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigungen ist die Feststellung, ob die Genehmigungsvoraussetzungen nach § 77 GewO 1994 vorliegen, Gegenstand des Beweises durch Sachverständige auf dem Gebiet der gewerblichen Technik und auf dem Gebiet des Gesundheitswesens. Den Sachverständigen obliegt es, auf Grund ihres Fachwissens ein Urteil (Gutachten) über diese Fragen abzugeben. Der gewerbetechnische Sachverständige hat sich darüber zu äußern, welcher Art die von der Betriebsanlage nach dem Projekt des Genehmigungswerbers zu erwartenden Einflüsse (Immissionen) auf die Nachbarschaft sind, welche Einrichtungen der Betriebsanlage als Quellen solcher Immissionen in Betracht kommen, ob und durch welche Vorkehrungen zu erwartende Immissionen verhütet oder verringert werden und welcher Art und Intensität die verringerten Immissionen noch sein werden.

 

Diesem Erfordernis ist im zum Gegenstand durchgeführten Ermittlungsverfahren im großen Umfang nachgekommen worden. Aufbauend und ergänzend zu den von der Konsenswerberin eingereichten schalltechnischen Projekt der T-S GmbH wurden von der belangten Behörde Ergänzungen durch den amtlichen Sachverständigendienst - wie oben dargestellt - vorgenommen. Die lärmtechnisch erhobenen Werte werden vom Berufungswerber nicht bezweifelt oder bestritten, sind im Übrigen nachvollziehbar, wurden somit zu Recht der Entscheidung zu Grunde gelegt und erübrigen sich hiezu weitere Ausführungen.

 

Dem ärztlichen Sachverständigen fällt - fußend auf dem Gutachten des gewerbetechnischen Sachverständigen - die Aufgabe zu, darzulegen, welche Einwirkungen die zu erwartenden unvermeidlichen Immissionen nach Art und Dauer auf den menschlichen Organismus entsprechend der in diesem Zusammenhang im
§ 77 Abs.2 enthaltenen Tatbestandsmerkmalen auszuüben vermögen (ua VwGH vom 25.9.1990, 90/04/0035; 24.11.1992, 92/04/0119). Nur sachverständig fundierte Feststellungen über den Charakter der erhobenen Lärmereignisse ermöglichen eine Abklärung aus medizinischer Sicht, welche Auswirkungen diese Emissionen ihrer Art und ihrem Ausmaß nach auf den menschlichen Organismus auszuüben vermögen. Der ärztliche Sachverständige hat von dem objektiv durch den gewerbetechnischen Sachverständigen aufgenommenen Beweis in seinem Gutachten auszugehen.

 

Im gegenständlichen Verfahren wurde bereits von der Berufungswerberin eine ärztliche Begutachtung, aufbauend auf dem ebenfalls von ihr beigebrachten schalltechnischen Projekt der T-S GmbH, vorgelegt. Dr. C V stellt darin zusammenfassend fest:

"Durch das Projekt werden sich die derzeitigen Schallimmissionen während der Nachtzeit bei den nächstgelegenen Anrainern nicht wesentlich verändern.

Während der ruhigsten Nachtstunden wird der Grundgeräuschpegel durch das Projekt angehoben, wobei jedoch die Immissionsgrenzwerte für Grundgeräuschpegel im Freien von 25 dB der Kategorie 1 (Ruhegebiet, Kurgebiet, Krankenhaus) bzw. von 30 dB der Kategorie 2 (Wohngebiet in Vororten, Wochenendhausgebiet, ländliches Wohngebiet, Schulen) eingehalten werden. Aus medizinischer Sicht ist diese Zunahme zumutbar, da es durch diese Pegelanhebung zu keiner Beeinträchtigung des Wohlbefindens kommen wird.

 

Der energieäquivalente Dauerschallpegel aus Projekt und Ist-Zustand wird den Immissionsgrenzwert für den energieäquivalenten Dauerschallpegel von 40 dB nachts im Freien der Kategorie 2 (Wohngebiet in Vororten, Wochenendhausgebiet, ländliches Wohngebiet, Schulen) deutlich unterschreiten.

 

Der prognostizierte Maximalpegel wird den Immissionsgrenzwert für Maximalpegel im Freien von 60 dB der Kategorie 1 (Ruhegebiet, Kurgebiet, Krankenhaus) deutlich unterschreiten.

 

Somit ist sichergestellt, dass durch das Projekt die Belastungsgrenzwerte zur Sicherung der Schlafqualität von L 30 dB und LA,max 45 dB im Raum bei geschlossenen Fenstern, welche Schlafzwecken dienen, nicht überschritten werden.

 

Die Nichteinhaltung des Grenzwertes nachts von 45 dB zwischen 23:30-23:39, 00:00-00:29, 01:00-01:29, 02:00-02:59, 03:30-03:059 und ab 04:30 wird derzeit und zukünftig ausschließlich durch den Straßen- und Schienenverkehr verursacht und steht in keinem Zusammenhang mit dem geplanten Projekt.

 

Weiters ist zu erwähnen, dass durch die Schallschutzmaßnahmen während der Tageszeit die betriebsbedingten Dauergeräusche wesentlich reduziert werden.

 

Das Projekt ist akustisch als umweltverträglich einzustufen, wenn die - im Schalltechnischen Gutachten angeführten - Schallschutzmaßnahmen umgesetzt werden."

 

Im durchgeführten Verfahren der belangten Behörde wurde abschließend aufbauend auf sämtlichen lärmtechnischen Ermittlungsergebnissen und auch unter Bezugnahme auf das von der Berufungswerberin beigebrachte oben zitierte Privatgutachten des Dr. med. C V eine medizinische Beurteilung durch die zuständige Amtssachverständige für medizinische Fragen eingeholt. Auf diese Äußerungen vom 10. Dezember 2003, San20-1-3-2003 und vom 21. August 2003, San20-1-3-2003, welche der Berufungswerberin im erstinstanzlichen Verfahren zur Kenntnis gebracht worden sind, wird an dieser Stelle ausdrücklich verwiesen und als wesentliche Inhalte zunächst festgehalten, dass Beurteilungsgrundlage für diese Begutachtung das schalltechnische Projekt der T-S GmbH vom 7. Juni 2002, eine eigene subjektive Hörprobe vom 20. März 2003, ein schalltechnischer Messbericht des lärmtechnischen Sachverständigen als Ergänzung zur subjektiven Hörprobe vom 24. März 2003 sowie die Stellungnahme des Univ. Prof. Dr. med. C V, Facharzt für Sozialmedizin vom 17. September 2002 ausdrücklich angeführt sind. Zum gegenständlichen spezifischen Fall wird von ihr sodann - auch unter Bezugnahme auf das Gutachten Dr. V - festgestellt:

"Es wird während der ruhigsten Nachtstunden der Grundgeräuschpegel durch die betriebsbedingten Immissionen teilweise um 5 - 6 dB angehoben.

Laut schalltechnischem Projekt sollten sich die Schallpegelspitzen, die beim Abreinigen der Filter auftreten, - bei Ausführung der vorgeschlagenen Schallschutzmaßnahmen - nur unwesentlich vom betriebsbedingten Dauergeräusch abheben.

 

Als problematisch für die Anrainer stellt sich daher aus medizinischer Sicht das betreffende Dauergeräusch dar.

 

Herr Prof. Dr. V, Facharzt für Sozialmedizin kommt in seiner Stellungnahme zum Ergebnis, dass durch das Projekt sich die derzeitigen Schallimmissionen während der Nachtzeit bei den nächstgelegenen Anrainern nicht wesentlich verändern und dass das Projekt akustisch als umweltverträglich einzustufen ist, wenn die - im schalltechnischen Projekt angeführten Schallschutzmaßnahmen - umgesetzt werden.

Er beurteilt das Faktum dass der Grundgeräuschpegel durch das Projekt angehoben wird aus medizinischer Sicht als zumutbar, da es durch diese Pegelanhebung zu keiner Beeinträchtigung des Wohlbefindens kommen wird.

Dabei führt er hinsichtlich Anhebung des Grundgeräuschpegels durch das Projekt an, dass die Immissionsgrenzwerte für Grundgeräusche im Freien von 25 dB der Kategorie 1 (Ruhegebiet, Kurgebiet, Krankenhaus) bzw. von 30 dB der Kategorie 2 (Wohngebiet in Vororten, Wochenendhausgebiet, ländliches Wohngebiet, Schulen) eingehalten werden.

 

Herr Prof. Dr. V berücksichtigt - bei Heranziehen lediglich von Planungsrichtwerten - in seiner Beurteilung nicht die tatsächlichen Auswirkungen auf die betroffenen nächstgelegenen Anrainer, wenn er angibt, dass es durch diese Pegelanhebung zu keiner Beeinträchtigung des Wohlbefindens kommen wird.

 

Es werden zwar Aufwachreaktionen durch die prognostizierten Spitzenpegel - bei Einhaltung der Schallschutzmaßnahmen - nicht zu erwarten sein, zu erwarten ist jedoch eine nicht unwesentliche Störwirkung durch das wahrzunehmende Dauergeräusch mit Auswirkungen sowohl auf die Zeit der abendlichen Ruhe und Entspannung als auch auf die Einschlafzeit und dies insbesondere in der warmen Jahreszeit, in der Garten oder Terrasse genützt werden wollen, in der geöffnete Fenster beim Schlafen - zur Erreichung eines angenehmen Schlafklimas - möglich sein sollen.

Die Möglichkeit Fenster zu öffnen ist eine wesentliche Komponente der erlebten Wohnqualität. Die Lärmbelastung der die Wohnung umgebenden Freiräume wie Balkone, Terrassen und Gärten führt zu einer verminderten Nutzung derselben. In dieser Hinsicht besonders betroffen sind die nächstgelegenen Anrainer, die Familie W.

 

Zur Vermeidung von Belästigungsreaktionen sollten sich Dauergeräusche nicht störend von den bestehenden örtlichen Geräuschen abheben. In der medizinischen Beurteilungspraxis hat die Forderung Eingang gefunden, dass die Immissionspegel von ständig laufenden Aggregaten und ähnlichen Geräuschen den örtlich vorherrschenden Grundgeräuschpegel nicht übersteigen sollen. Wenn sich die Dauergeräusche vom Grundgeräuschpegel abheben, haben die Anrainer nie mehr ein natürliches Ruheempfinden.

 

Dies wird in der Schilderung der abendlichen Lärmsituation durch die nächstgelegenen Anrainer anschaulich und nachvollziehbar beschrieben. Bestätigt auch durch den eigenen Eindruck bei der subjektiven Hörprobe.

 

Es ist dieses ständige Hintergrundrauschen, zum Teil auch als Brummen oder Vibrieren beschrieben, was als belastend erlebt wird und zu einer ständigen Anspannung führt, eine Entspannung erst möglich wird, wenn dieses Geräusch endlich aufhört.

 

Bei ständigem Vorhandensein des gegenständlichen Dauergeräusches ist es den Nachbarn nicht möglich, subjektiv Ruhe zu empfinden und sie befinden sich in einem ständigen, wenn auch unbewussten Anspannungszustand. Dies bedeutet einen Spannungszustand für den Organismus, der dem physiologischen Ruhebedürfnis nicht oder nur eingeschränkt nachgeben kann.

Abendliche Einschlafstörungen können zB die Folge sein.

In einem Wohnbereich ist eine derartige Situation unbedingt zu vermeiden und bei der rechtlichen Beurteilung der Zumutbarkeit ein strenger Maßstab anzulegen.

 

Zusammenfassend ist aus medizinischer Sicht festzustellen, dass die störenden betrieblichen Lärmereignisse aufgrund des Faktums, dass es sich in erster Linie um ein Dauergeräusch handelt, das sich vom Grundgeräuschpegel deutlich abhebt, geeignet sind Belästigungsreaktionen und auch eine erhebliche Störung des Wohlbefindens der Anrainer herbeizuführen.

Eine Belästigungsreaktion aufgrund der Tatsache, dass bei ständig vorhandenem Dauerlärm praktisch nie subjektiv Ruhe empfunden wird, ist als normale Reaktion eines gesunden, normal empfindenden Menschen zu deuten.

Konsekutiv können auf Dauer auch gesundheitliche Auswirkungen nicht ausgeschlossen werden.

 

Es ist aus umweltmedizinischer Sicht zu fordern, dass das Dauergeräusch sich im Bereich des Grundgeräuschpegels befindet. Sollten Körperschallwirkungen nicht ausgeschlossen werden können, wären ergänzende lärmtechnische Erhebungen und ein darauf aufbauendes medizinisches Gutachten - auch dann wenn sich das Dauergeräusch im Bereich des Grundgeräuschpegels befindet - unverzichtbar.

 

Eine Beurteilung vorwiegend oder ausschließlich aufgrund von Planungsrichtwerten würde eine medizinische Beurteilung des konkreten Falles überflüssig machen."

 

Beide medizinische Gutachten werden vom Unabhängigen Verwaltungssenat grundsätzlich als schlüssig angesehen, unterscheiden sich jedoch wesentlich dahingehend, als sich Univ. Prof. Dr. V bei der Beurteilung primär auf die Planungsrichtlinie nach ÖNORM S 5021 - 1 und ÖAL 3/1 bezieht, Frau Dr. H zusätzlich konkrete Erhebungen vor Ort berücksichtigt und eine Gegenüberstellung des bestehenden Grundgeräuschpegels zum Grundgeräuschpegel nach Projektsrealisierung mit einbezieht, wonach es zu einer Änderung der Geräuschsituation derart kommt, dass der Grundgeräuschpegel um 5 bis 6 dB angehoben wird.

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof im gewerberechtlichen Betriebsanlagengenehmigungsverfahren fordert, sind bei der Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit einer Betriebsanlage nach § 77 GewO 1994 nicht die sich aus Richtlinien ergebenden Richtwerte, sondern unter Darlegung der zu Grunde liegenden fachlichen Prämissen die in § 77 festgelegten Genehmigungsvoraussetzungen rechtlich relevant. Allgemeine Lärmbeurteilungsrichtlinien haben nur jene Bedeutung, die ihnen durch Gesetz oder Verordnung beigemessen wird. Daraus folgt, dass eine unmittelbare Anwendung von Lärmbeurteilungsrichtlinien dahingehend, dass eine Überschreitung solcher Werte jedenfalls als unzumutbare Lärmstörung zu werten sei, im Umkehrschluss eine Unterschreitung der Lärmwerte jedenfalls als zulässige Beeinträchtigung zu werten ist, nicht statt haben kann.

 

Die konkrete Bezugnahme auf die Auswirkungen der von der lärmtechnischen Amtssachverständigen festgestellten Lärmauswirkung auf die im konkreten Fall vorhandenen Anrainer ermöglicht es dem Unabhängigen Verwaltungssenat, diesem Gutachten zu folgen und der Entscheidung zu Grunde zu legen.

 

Das Berufungsvorbringen ist nicht geeignet, dieses Gutachten zu erschüttern, kann doch die Beweiskraft eines Sachverständigengutachtens - vom Nachweis, dass es mit den Denkgesetzen oder mit den Erfahrungen des täglichen Lebens im Widerspruch steht abgesehen - nur durch das Gutachten eines anderen Sachverständigen, dass dem Gutachten auf gleichem fachlichen Niveau entgegen tritt, entkräftet werden. Ein solches liegt jedoch nicht vor, vielmehr stellt die amtsärztliche Sachverständige in ihrem Gutachten vom 21. August 2003 zu Recht abschließend fest, dass eine Beurteilung vorwiegend oder ausschließlich auf Grund von Planungsrichtwerten eine medizinische Beurteilung des konkreten Falles überflüssig machen würde. Das Berufungsvorbringen begnügt sich im Wesentlichen damit, einzelne Aussagen aus Gutachten zu zitieren und kann so nicht zulässigerweise dem Spruch vorwerfen, nicht ausreichend zwischen Dauer- bzw. Grundgeräuschpegel unterschieden zu haben. Diesbezüglich verwiesen wird auf die umfangreich zitierten Gutachten sowie auf die ausführliche Begründung des bekämpften Bescheides, da eine Unterscheidung zwischen Dauer- bzw. Grundgeräuschpegel nicht im Spruch eines Bescheides zu treffen ist. Dass bei Antragsgenehmigung alle Verbesserungsmaßnahmen laut schalltechnischem Projekt umgesetzt werden, kann der Berufung jedenfalls nicht zum Erfolg verhelfen, da dies - wie eingangs ausgeführt - bei sämtlichen vorliegenden Begutachtungen berücksichtigt wurde. Als unrichtige Unterstellung zu bezeichnen ist schließlich das Vorbringen, die medizinische Amtssachverständige habe lediglich eine subjektive Hörprobe durchgeführt und stütze sich nur auf diese. Verwiesen wird an dieser Stelle an die oben zitierten Grundlagen der amtsmedizinischen Begutachtung.

 

Viel mehr problematisch und nicht zulässig ist die Schlussfolgerung des Dr. V anzusehen, wonach die Belastungsgrenzwerte zur Sicherung der Schlafqualität im Raum lediglich bei geschlossenen Fenstern nicht überschritten werden.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat folgt - wie oben begründet - der medizinischen Begutachtung der Amtssachverständigen für Medizin in ihren Ausführungen vom
21. August 2003 und 10. September 2003 und kommt in Übereinstimmung mit der belangten Behörde zur Auffassung, dass der beantragte geänderte Betriebsumfang der gegenständlichen Anlage Lärmimmissionen bei Anrainern in einem Ausmaß hervorrufen würde, welche sich zumindest im unzumutbaren Bereich befinden.

 

Sollten die, im gegenständlichen Verfahren noch nicht ausdrücklich errechneten Immissionen durch Körperschall zusätzlich berücksichtigt werden, müsste eine weitere Begutachtung zur Klärung der Frage des Vorliegens einer Gesundheitsgefährdung erfolgen. Dies war im gegenständlichen Falle nicht mehr erforderlich, da bereits durch die vorliegenden Ergebnisse auf Grund der zu erwartenden unzumutbaren Belästigungen von Anrainern die beantragte Genehmigung zu versagen war.

 

Es war somit auf Grund der dargelegten Sach- und Rechtslage wie im Spruch zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

  1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
  2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13 Euro angefallen.

 
 

Dr. Reichenberger

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