Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-530159/2/Re/He

Linz, 04.06.2004

 

 VwSen-530159/2/Re/He Linz, am 4. Juni 2004

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S
 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung der P B, A, B, vertreten durch J H, E, K, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 11. März 2004, Wa10-169-2-2003, betreffend einen wasserpolizeilichen Auftrag gemäß § 138 Abs.1 lit.a des Wasserrechtsgesetzes 1959 idgF (WRG 1959), zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 11. März 2004, Wa10-169-2-2003, wird behoben.
 
 
Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungs-Verfahrensgesetz idgF (AVG) iVm § 67a Abs.1 und § 67h AVG sowie in § 138 Abs.1 lit.a und § 101a Z5 WRG 1959.
 
 

Entscheidungsgründe:

 

Mit dem bezeichneten und nunmehr bekämpften Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 11. März 2004 wurde der P B, B, als nunmehrige Berufungswerberin im Grunde des § 138 Abs.1 lit.a iVm §§ 98 und 105 WRG 1959 der wasserpolizeiliche Auftrag erteilt, bis spätestens 30. September 2004 die Einleitung sämtlicher auf dem Firmenareal A, Gemeinde F, anfallenden Oberflächen- und Dachwässer in den Kanal der Wassergenossenschaft (WG) Breitenaich II einzustellen und nicht wieder aufzunehmen sowie die Erfüllung dieses Auftrages der belangen Behörde unaufgefordert anzuzeigen. Dies mit der Begründung, bereits im April 1999 habe in dieser Angelegenheit eine Besprechung an Ort und Stelle stattgefunden und seien bereits damals die Niederschlags- und Oberflächenwässer des Altbaues in die Anlagen des Kanals der Wassergenossenschaft eingeleitet worden, obwohl es hiefür nie eine wasserrechtliche Bewilligung gegeben habe und seitens der Wassergenossenschaft lediglich eine Zustimmung zur Einleitung bis zum möglichen Anschluss an den Regenwasserkanal für das Betriebsbaugebiet A in Aussicht gestellt worden sei. Seitens der Gemeinde F sei die Errichtung dieses Regenwasserkanals A forciert und durchgeführt worden. Bei der Abwasserbeseitigung des Betriebsareals sei jedoch an der im Jahr 1999 vorgefundenen Situation keine Änderung vorgenommen worden und erfolge die Ableitung nach wie vor in den Kanal der Wassergenossenschaft Breitenaich II. Da die Anwendung des § 138 Abs.2 WRG 1959 dann nicht in Betracht komme, wenn vorweg feststehe, dass eine Bewilligung nicht erteilt werden könne, sei in diesen Fällen gemäß § 138 Abs.1 leg.cit. die Beseitigung der Neuerung bzw die Einstellung ohne die alternative Möglichkeit eines Ansuchens um Bewilligung anzuordnen. Seitens der Wassergenossenschaft Breitenaich gäbe es für eine dauernde Einleitung keine Zustimmung. Für die Berufungswerberin gäbe es jedenfalls eine andere Möglichkeit zur geordneten Entsorgung der Niederschlags- und Dachwässer. Aus diesen Gründen sei die Einstellung der Einleitung dieser Abwässer in den Kanal der Wassergenossenschaft Breitenaich aufzutragen gewesen.

 

Diese innerhalb offener Frist eingebrachte Berufung hat die belangte Behörde dem Unabhängigen Verwaltungssenat unter Anschluss des bezughabenden Verfahrensaktes zur Berufungsentscheidung vorgelegt und Widerspruch im Grunde des § 67h AVG nicht erhoben.

 

Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates durch Einzelmitglied ergibt sich aus § 101a WRG im Zusammenhang mit § 67a Abs.1 AVG.

 

Die Berufungswerberin bekämpft den zitierten Bescheid im Wesentlichen mit dem Vorbringen, die Behörde erster Instanz habe kein ordentliches Ermittlungsverfahren durchgeführt. Die angesprochene Besprechung im April 1999 liege beinahe fünf Jahre zurück. Der Inhalt dieser Besprechung sei in keiner Weise bekannt, eine neuerliche Befundaufnahme vor Erlassung des nunmehr angefochtenen Bescheides sei nicht erfolgt. Das Ermittlungsverfahren der Behörde beschränke sich auf ein Schreiben vom 6. November 2003. Es sei richtig, dass die Niederschlags- und Oberflächenwässer des Neubaues in den Regenwasserkanal des Reinhalteverbandes (RHV) Großraum Eferding und die des bestehenden Altbaues in den Kanal der Wassergenossenschaft (WG) Breitenaich II eingeleitet würden. Diesbezüglich bestehe eine Zustimmung seitens der WG. Es bestehe ein Vertrag zwischen der Berufungswerberin und der WG. Lt. diesem sei die Berufungswerberin berechtigt, Niederschlags- und Oberflächenwässer in den Kanal der WG einzuleiten. Eine Umleitung dieser geringfügigen Niederschlags- und Oberflächenwässer in den Regenwasserkanal des RHV wäre mit erheblichen technischen Problemen sowie hohen Kosten verbunden. Aufgrund der Höhendifferenz müssten diese Oberflächenwässer gesammelt und in den neu zu errichtenden Kanal gepumpt werden. Es gäbe keine Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens in Bezug auf das von der Behörde angenommene Nichtvorliegen einer Zustimmung für die Einleitung in den Kanal der WG. Es sei völlig offen, welche Gebäude als Altbauten angesehen werden. Es sei die genaue Definition der Altbauten erforderlich. Die Frist zur Durchführung der Maßnahmen bis 30. September 2004 sei willkürlich festgelegt worden und sei zu kurz bemessen.

Der erlassene Auftrag sei im Grunde der angewendeten Gesetzesbestimmungen nur dann möglich, wenn es das öffentliche Interesse erfordere oder der Betroffene es verlange. Es könnten nur die Beseitigung eigenmächtig vorgenommener Neuerungen oder die Nachholung unterlassener Arbeiten aufgetragen werden. Im gegenständlichen Fall liege kein öffentliches Interesse vor, geringfügige Mengen von Niederschlags- und Oberflächenwässer mit hohem wirtschaftlichen Aufwand in einen anderen Kanal umzuleiten. Auch sei die Umleitung nicht von der Wassergenossenschaft Breitenaich gefordert worden. Der Tatbestand des § 138 Abs.1 WRG sei daher nicht erfüllt. Darüber hinaus handle es sich nicht um eigenmächtig vorgenommene Neuerungen, da die Ableitung bereits seit vielen Jahren bestehe und könne die Berufungswerberin keine unterlassenen Arbeiten nachholen, da ein entsprechender Auftrag nie erteilt worden sei. Schließlich treffe die Behörde keine wie auch immer gearteten Ausführungen dazu, wonach die Ableitung der völlig normalen Niederschlags- und Oberflächenwässer vom Altbau der Berufungswerberin einer behördlichen Bewilligungspflicht unterliege. Derart geringfügige Ableitungen von völlig unkontaminiertem Regenwasser bedürfe keiner wie immer gearteten wasserrechtlichen Bewilligung. Es werde von der belangten Behörde im Übrigen nicht ausgeführt, welche Bestimmung des WRG von ihr übertreten worden sein soll, welcher Verstoß gegen die Bestimmungen des WRG ihr somit tatsächlich zur Last gelegt werde.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt der belangten Behörde.

 

Da bereits aufgrund dieser Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben war, konnte eine öffentliche mündliche Verhandlung im Grunde des § 67d Abs.2 AVG entfallen.

 

Gemäß § 138 Abs.1 lit.a WRG ist derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten

  1. eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder
  2. die unterlassenen Arbeiten nachzuholen.

 

Gemäß § 32b Abs.1 letzter Satz WRG bedürfen Einleitungen in eine wasserrechtlich bewilligte Kanalisationsanlage eines Anderen der Zustimmung des Kanalisationsunternehmens.

 

Gemäß Abs.2 leg.cit. hat derjenige, wer mit Zustimmung des Kanalisationsunternehmens Abwasser, dessen Beschaffenheit nicht nur geringfügig von der des häuslichen abweicht, in eine wasserrechtlich bewilligte Kanalisation einbringt, vor Beginn der Ableitung dem Kanalisationsunternehmen die einzubringenden Stoffe, die Frachten, die Abwassermenge sowie andere Einleitungs- und Überwachungsgegebenheiten mitzuteilen. Eine wasserrechtliche Bewilligung ist nicht erforderlich. Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft kann durch Verordnung jene erforderlichen Daten festlegen, die eine Mitteilung an das Kanalisationsunternehmen zu beinhalten hat.

 

Gemäß § 2 Abs.1 der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft betreffend Abwassereinleitungen in wasserrechtlich bewilligte Kanalisationen (Indirekteinleiterverordnung - IEV), BGBl. II Nr. 222/1998, unterliegen Indirekteinleitungen gemäß § 1 Abs.1 nach Maßgabe des § 5 der Mitteilungspflicht an das Kanalisationsunternehmen. Gemäß Abs.2 leg.cit. bedarf eine Indirekteinleitung gemäß § 1 Abs.1 in eine öffentliche Kanalisation unbeschadet der Mitteilungspflicht der wasserrechtlichen Bewilligung, wenn

  1. das Abwasser aus einem in Anlage A genannten Herkunftsbereich (oder aus einem Teilbereich desselben) stammt oder
  2. ein für das Abwasser in Betracht kommender Schwellenwert gemäß § 3 überschritten (nicht eingehalten) wird.

 

Ob es sich im gegenständlichen Fall betreffend die Einleitung von Dach- und Oberflächenwässer der Berufungswerberin in die Kanalisation der Wassergenossenschaft Breitenaich II um eine bewilligungspflichtige oder lediglich mitteilungspflichtige und somit nur von der Zustimmung des Kanalisationsunternehmens abhängige Einleitung iSd zitierten Normen der Indirekteinleiterverordnung handelt, ist weder dem angefochtenen Bescheid noch dem vorgelegten Verfahrensakt nachvollziehbar zu entnehmen. Von der belangten Behörde wurden keinerlei Ermittlungen dahingehend angestellt, in welcher Quantität und in welcher Qualität Dach- und Oberflächenwässer der Berufungswerberin in die Kanalisation der Wassergenossenschaft Breitenaich II eingeleitet werden. Diese Feststellungen sind aber erforderlich, um eine allfällige Bewilligungspflicht für derartige Einleitungen feststellen zu können, sind doch Faktoren wie Abwasserherkunftsbereiche, Schwellenwerte für Tagesfrachten gefährlicher Abwasserinhaltsstoffe neben der Menge der Abwässer und der Größe der an die Kanalisation angeschlossene Kläranlage wesentliche Faktoren für die Berechnung bzw Beurteilung einer Bewilligungspflicht für die Indirekteinleitung.

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wird die Behörde durch
§ 138 Abs.1 lit.a verpflichtet, die Beseitigung bewilligungsbedürftiger - doch ohne die erforderliche Bewilligung vorgenommener - Maßnahmen im weiteren Sinne oder die Nachholung wasserrechtlich gebotener Maßnahmen anzuordnen. Dass in diesen Fällen ein Zusammenhang zu wasserrechtlichen Bewilligungspflichten besteht, ergibt sich unabweislich aus § 138 Abs.2, demzufolge grundsätzlich - wenn sich aus Abs.1 nichts anderes ergibt - eine (nachträgliche) Bewilligung möglich ist.

 

Diese erforderliche Feststellung, ob es sich im gegenständlichen Fall um eine bewilligungspflichtige oder nur zustimmungsbedürftige Indirekteinleitung handelt, hat die belangte Behörde im durchgeführten Verfahren nicht getroffen.

 

Unter "eigenmächtig vorgenommenen Neuerungen" iSd § 138 Abs.1 lit.a sind nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, von wem auch immer, verschuldet oder unverschuldet, gesetzte bzw in der Folge geduldete, genutzte oder sonst aufrecht erhaltene Maßnahmen zu verstehen, die einer Bewilligung nach dem Wasserrechtsgesetz bedürfen, für die die erforderliche rechtskräftige Bewilligung nach dem Wasserrechtsgesetz jedoch nicht vorliegt.

 

Mangels festgestellter Bewilligungspflicht der gegenständlichen, nach Aktenlage bereits seit mehreren Jahren bestehenden Einleitung in die Anlage der Wassergenossenschaft Breitenaich II kann somit rechtskonform nicht von einer eigenmächtig vorgenommenen Neuerung iSd § 138 Abs.1 lit.a WRG gesprochen werden, weshalb der bekämpfte wasserpolizeiliche Auftrag auch aus diesen Gründen verbunden mit der Tatsache, dass der bekämpfte Bescheid nicht auf einen anderen Alternativtatbestand der zitierten Gesetzesbestimmung gestützt ist, behoben werden.

 

Darüber hinaus ist festzustellen, dass dem Verfahrensakt keinerlei eindeutiger Nachweis dahingehend zu entnehmen ist, dass es die betroffene Wassergenossenschaft tatsächlich verlangt hat, die Berufungswerberin aufgrund einer festgestellten Übertretung der Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, die angesprochenen eigenmächtigen Neuerungen zu beseitigen. Worin ein öffentliches Interesse im Grunde des § 138 Abs.1 WRG gesehen wird, welches eine derartige Verpflichtung der Berufungswerberin dahingehend erfordert, Dach- und Oberflächenwässer anstelle in die Kanalisation einer Wassergenossenschaft in diejenige eines Reinhaltungsverbandes zu leiten, ist dem somit von der Berufungswerberin zu Recht gerügten mangelhaft durchgeführten Ermittlungsverfahren, nicht begründet zu entnehmen. Die Tatsache eines allfällig vorliegenden Anschlusszwanges nach den Bestimmungen des Oö. Abwasserentsorgungsgesetzes müsste primär dahingehend hinterfragt werden, warum dieser Anschlusszwang der hiezu zuständigen Behörde nicht durchgesetzt wird.

 

Aufgrund der dargestellten Sach- und Rechtslage war somit wie im Spruch zu erkennen und der bekämpfte Bescheid mangels Vorliegens ausreichender und eindeutiger Ermittlungsergebnisse zur Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrages im Grunde des § 138 Abs.1 lit.a WRG zu beheben ohne auf weitere Berufungsvorbringen eingehen zu können.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

  1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
  2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13 Euro angefallen.

 

Dr. Reichenberger
 
 
 

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