Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-530258/5/Re/Sta

Linz, 09.03.2005

 

 

 VwSen-530258/5/Re/Sta Linz, am 9. März 2005

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung von Herrn und Frau J und B L, S, B, vom 21. Dezember 2004, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 1. Dezember 2004, Zl. Ge20-3355/06-2004, betreffend die Erteilung einer gewerbebehördlichen Genehmigung für die Änderung einer bestehenden Betriebsanlage gemäß § 81 GewO 1994, zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird als unzulässig zurückgewiesen.
 
Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4, 67a Abs.1 und 42 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 idgF (AVG);
§§ 74, 77 und 81 der Gewerbeordnung 1994 idgF (GewO 1994).
 
 

Entscheidungsgründe:

 

Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat mit dem Bescheid vom 1. Dezember 2004, Ge20-3355/06-2004, über Ansuchen der A E GmbH die gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung für die Änderung der bestehenden Betriebsanlage auf den Gst. Nr. und der KG. Rf, Gemeinde B, durch Übernahme und Zwischenlagerung zusätzlicher Abfallarten unter Vorschreibung von Auflagen erteilt.

 

Dies im Wesentlichen mit der Begründung, das Verfahren habe ergeben, dass durch die gegenständliche Änderung der Betriebsanlage bei Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagen eine Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit des Konsenswerbers, der im Betrieb beschäftigten Personen, der Nachbarn oder der die Betriebsanlage aufsuchenden Kunden, eine Gefährdung des Eigentums oder sonstiger dinglicher Rechte oder eine unzumutbare Belästigung der Nachbarschaft durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung u.ä., eine unzumutbare Beeinträchtigung von öffentlichen Interessen dienenden benachbarten Anlagen oder Einrichtungen, eine unzumutbare wesentliche Beeinträchtigung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr sowie eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer nicht zu erwarten sei.

 

Gleichzeitig wurde festgestellt, dass die von den Nachbarn J und B L während der mündlichen Verhandlung am 25. November 2004 eingebrachten Einwendungen auf Grund des gefundenen Konsenses noch im Zuge dieser Verhandlung zurückgezogen worden sind und daher die mit Schreiben vom 29. November 2004 von den Ehegatten L vorgebrachten Einwände gegen das Vorhaben mangels Parteistellung nicht mehr zu berücksichtigen seien.

 

Gegen diesen Bescheid haben B und J L mit Schriftsatz vom 21. Dezember 2004, am selben Tag der Post zur Beförderung übergeben und somit innerhalb offener Frist Berufung erhoben. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, die Zulieferung und Zwischenlagerung von Klärschlamm könne nicht ohne enorme Geruchsbelästigung erfolgen. Zusätzlich zu den anderen Beeinträchtigungen würde Gestank durch Klärschlamm befürchtet. Sie seien daher auch mit diesem Punkt nicht einverstanden.

 

Von der belangten Behörde wurde diese Berufung gemeinsam mit dem zu Grunde liegenden Verwaltungsverfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Zu den Berufungsausführungen wurde keine Stellungnahme abgegeben. Ein Widerspruch im Grunde des
§ 67h Abs.1 AVG wurde nicht erhoben.

 

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte im Grunde des § 67d Abs.1 AVG entfallen.

 

Erwägungen des Unabhängigen Verwaltungssenates:

 

Dem gegenständlichen Verfahren liegt der Antrag der A E GmbH, H, vom 20. Juli 2004 auf Erteilung der gewerbebehördlichen Genehmigung für die Erweiterung des Genehmigungsumfanges am Standort B, durch Übernahme und Zwischenlagerung von im Detail angeführten zusätzlichen Abfallarten am Standort in S-L, B, zu Grunde. Über diesen Antrag wurde von der belangten Behörde ein Verfahren nach § 81 GewO 1994 eingeleitet und mit Kundmachung vom 10. November 2004, Ge20-3355/06-2004, eine mündliche Verhandlung für den 25. November 2004 anberaumt und an diesem Tage durchgeführt.

 

Im Zuge dieser mündlichen Verhandlung haben sich die Berufungswerber zunächst gegen die Erweiterung des Betriebes ausgesprochen, dies wegen der derzeitigen Belastung durch Lärm, Staub und Geruch (VHS vom 25.11.2004, Seite 3).

 

In weiterer Folge der mündlichen Verhandlung hat sich offensichtlich die Antragstellerin entschlossen, den Antrag einzuschränken und wurde daraufhin von den Berufungswerbern erklärt, dass auf Grund des nunmehr gefundenen Konsenses (Wegfall der Kantinenabfälle und Lagerung von Baum- und Strauchschnitt in einem verschlossenen Container sowie Errichtung einer Lärmschutzwand) keine Einwände gegen die beantragte Änderung erhoben werden.

 

Erst mehrere Tage nach Abschluss der mündlichen Verhandlung, nämlich mit Schreiben vom 29. November 2004, bei der belangten Behörde eingelangt am
1. Dezember 2004, somit am Tag der Bescheiderstellung, haben die Berufungswerber erklärt, ihr schriftliches Einverständnis zur Änderung der bestehenden Betriebsanlage zurückzuziehen, dies wegen befürchteter negativer Auswirkungen.

Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

 

  1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden,
  2.  

  3. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,
  4.  

  5. die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,
  6.  

  7. die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder
  8.  

  9. eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

Gemäß § 75 Abs.2 GewO 1994 sind Nachbarn im Sinne dieses Bundesgesetzes alle Personen, die durch die Errichtung, den Bestand oder den Betrieb einer Betriebsanlage gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder sonstige dingliche Rechte gefährdet werden könnten. Als Nachbarn gelten nicht Personen, die sich vorübergehend in der Nähe der Betriebsanlage aufhalten und nicht im Sinne des vorherigen Satzes dinglich berechtigt sind. Als Nachbarn gelten jedoch die Inhaber von Einrichtungen, in denen sich, wie etwa in Beherbergungsbetrieben, Krankenanstalten und Heimen, regelmäßig Personen vorübergehend aufhalten, hinsichtlich des Schutzes dieser Personen, und die Erhalter von Schulen hinsichtlich des Schutzes der Schüler, der Lehrer und der sonst ständig beschäftigten Personen.

Gemäß § 356 Abs.1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn eine mündliche Verhandlung anberaumt wird, den Nachbarn Gegenstand, Zeit und Ort der Verhandlung sowie die Voraussetzungen zur Aufrechterhaltung der Parteistellung
(§ 42 AVG) durch Anschlag in der Gemeinde (§ 41 AVG) und durch Anschlag in den der Betriebsanlage unmittelbar benachbarten Häusern bekannt zu geben. Die Eigentümer der betroffenen Häuser haben derartige Anschläge in ihren Häusern zu dulden. Statt durch Hausanschlag kann die Bekanntgabe aus Gründen der Zweckmäßigkeit, Raschheit und Einfachheit durch persönliche Verständigung der Nachbarn erfolgen. Der Eigentümer des Betriebsgrundstückes und die Eigentümer der an dieses Grundstück unmittelbar angrenzenden Grundstücke sind persönlich zu laden.

 

Gemäß § 8 AVG sind Personen, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht, Beteiligte und, soweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien.
 

Gemäß § 42 Abs.1 AVG idgF hat eine gemäß § 41 Abs.1 zweiter Satz und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemachte mündliche Verhandlung zur Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, wenn sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt.

 

Nach der geltenden Rechtslage kommt somit Nachbarn ex lege Parteistellung in den regulären Verfahren zur Genehmigung bzw. Genehmigung der Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage zu und zwar auf Grund des § 8 AVG iVm mit den, den Nachbarn zustehenden subjektiv-öffentlichen Rechten gemäß § 74 Abs.2 Z1, 2, 3 oder 5 der Gewerbeordnung. Erfolgt jedoch eine ordnungsgemäß kundgemachte mündliche Verhandlung betreffend die Genehmigung der Änderung der gewerblichen Betriebsanlage so hat dies im Sinne der zit. Rechtsvorschriften die Folge, dass Nachbarn ihre Parteistellung verlieren, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung zulässige Einwendungen erheben. Durch die Erhebung zulässiger und rechtzeitiger Einwendungen von Nachbarn in Verfahren zur Genehmigung bzw. Genehmigung der Änderung einer Betriebsanlage bleibt deren Parteistellung aufrecht. Dies aber nur in dem Rahmen und Umfang, soweit zulässige und rechtzeitige Einwendungen erhoben wurden. Umgekehrt verlieren die Nachbarn ihre Stellung als Partei, soweit sie nicht zulässige und rechtzeitige Einwendungen erhoben haben.

 

Die Präklusionsfolgen treten nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch in dem Fall ein, wenn von Nachbarn eine Zustimmung zum Projekt ausdrücklich abgegeben wurde. Ein Widerruf einer bei einer mündlichen Verhandlung abgegebenen, als Zustimmung aufzufassenden Erklärung durch einen ordnungsgemäß geladenen Verhandlungsteilnehmer ist rechtlich wirkungslos (VwGH 18.11.1974, 273/74). Die bei der Verhandlung abgegebene Erklärung, mit dem Vorhaben einverstanden zu sein, kann nicht zu Recht in der Berufung widerrufen werden.

Hat ein Nachbar erklärt, seine Einwendungen zurückzuziehen, kann er das Vorhaben des Bewilligungswerbers nicht mehr mit Erfolgt anfechten (VwGH 27.3.1984, 05/1222/80).

 

Die Berufungswerber haben die ursprünglich zu Beginn der mündlichen Verhandlung angesprochenen Einwendungen offensichtlich auf Grund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung insofern zurückgezogen, als sie ausdrücklich erklärt haben, keine Einwände gegen die beantragte Änderung zu erheben und zwar auf Grund eines gefundenen Konsenses.

 

Es war daher nicht mehr davon auszugehen, dass innerhalb der mündlichen Verhandlung zulässige Einwendungen vorgebracht worden sind und konnte die mehrere Tage nach Abschluss der mündlichen Verhandlung bei der belangten Behörde eingelangte Rücknahme des schriftlichen Einverständnisses daran nichts mehr ändern. Von der belangten Behörde wurde daher zu Recht im Bescheid ausgesprochen, dass mit der Zurückziehung der Einwände die Parteistellung im Verfahren verloren gegangen ist und das Vorbringen nach Abschluss der mündlichen Verhandlung nicht mehr zu berücksichtigen sei.

 

Auf Grund der dargestellten Sach- und Rechtslage war daher wie im Spruch zu erkennen und konnte der Berufung aus den dargelegten Gründen keine Folge gegeben werden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
 
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 
 

Dr. Reichenberger
 

Beschlagwortung:

§ 74 GewO

 
 

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