Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-530272/2/Re/Sta

Linz, 04.04.2005

 

 

 VwSen-530272/2/Re/Sta Linz, am 4. April 2005

DVR.0690392
 

 
 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung von Herrn Mag. J B, L, vertreten durch Anwaltssocietät S-D-S & P, L, vom 18. November 2004, gegen die Erledigung der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 3. November 2004, Zl. Ge20-14.850-4-2004-Wg/Gru, betreffend einem Ersuchen um Zusendung von gewerbebehördlichen Genehmigungen, zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird mangels tauglichem Anfechtungsgegenstand als unzulässig zurückgewiesen.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4, 67a Abs.1, 67d Abs.2, 56 und 58 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 idgF (AVG).

§ 359a der Gewerbeordnung 1994 idgF (GewO 1994).

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Mit der bekämpften Erledigung der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als belangte Behörde vom 3. November 2004, Ge20-14.850-4-2004-Wg/Gru, adressiert an die Anwaltssocietät S-D-S & P, zH Herrn Dr. K S, H, L, in Bezug auf das "Ersuchen III/HD/6040-005, Mag. J B" mit:

"Sehr geehrter Herr Dr. S!

Ihrem Ersuchen nach Zusendung sämtlicher aufrechter gewerbebehördlicher Genehmigungen der Betriebsanlage B kann aus nachfolgenden Gründen nicht entsprochen werden:

Die Überprüfung des rechtmäßigen Zustandes einer gewerblichen Betriebsanlage ist eine amtswegige Obliegenheit. Nachbarn einer Betriebsanlage kommt kein subjektiv öffentliches Recht auf die Durchführung einer Überprüfung zu. Auch im Überprüfungsverfahren selbst haben Nachbarn keine Parteistellung. In einem künftig anhängigen Betriebsanlagengenehmigungsverfahren wird Ihr Mandant jedoch selbstverständlich als Nachbar beigezogen werden.

 

Sollte Ihr Mandant sich gegenwärtig auf Grund des Betriebes der Fa. B konkret in seinen Rechten als Nachbar beeinträchtigt fühlen, wird gebeten, die konkreten Beeinträchtigungen umgehend mitzuteilen, um entsprechend behördliche Schritte einleiten zu können.

 

Mit freundlichen Grüßen

Für den Bezirkshauptmann:

Dr. U W"

 

Dieser Erledigung zu Grunde liegt die Eingabe der als Empfänger angeführten Anwaltssocietät vom 29. September 2004, III/HB/6040-005, worin diese gegenüber der belangten Behörde mitteilen:

"In obiger Angelegenheit muss ich Ihnen namens und im Auftrage meines Mandanten, Herrn Mag. J B, J, O, folgendes mitteilen:

 

Mein Mandant ist Grundnachbar der Ehegatten W und G B, nämlich nördlicher Nachbar des Grundstückes , KG. S.

 

Mein Mandant fühlt sich durch die Art der Benützung des gegenständlichen Grundstückes durch Herrn B bzw. allfälliger durch ihn Berechtigter beeinträchtigt. Ich ersuche Sie daher , mir sämtliche dzt. gültigen gewerberechtlichen Genehmigungen und Bescheide hinsichtlich dieses Grundstückes bzw. hinsichtlich von Betriebsanlagen auf diesem Grundstück in Fotokopie gegen Bekanntgabe der aufgelaufenen Kosten zu übermitteln.

 

Mein Mandant hat ein rechtliches Interesse an derartigen Bescheiden bzw. allfälligen Genehmigungen und Bewilligungen, weil dies zur Überprüfung eines rechtmäßigen oder allenfalls nicht rechtsmäßigen Verhaltens der Grundstückseigentümer oder sonstiger auf diesem Grundstück tätiger Personen erforderlich ist.

 

Für das Einlangen der diesbezüglichen Bescheide in meiner Kanzlei merke ich mir nur der Ordnung halber den 15.10.2004 vor."

 

Die oben zitierte Erledigung der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom
3. November 2004 wurde daraufhin vom Berufungswerber als Bescheid im Sinne des Artikel 144 B-VG qualifiziert und - diese Qualifizierung begründend - dagegen Berufung erhoben. Dies im Wesentlichen mit dem Vorbringen, ein Bescheid sei jede Erledigung einer Verwaltungsbehörde, womit ein individuelles Rechtsverhältnis gestaltet oder festgestellt werde, ob in Form eines Bescheides nach § 56 AVG ergehend oder nicht. Ein Bescheid sei eine hoheitsrechtliche Willensäußerung eines Verwaltungsträgers, die entweder den Bestand oder Nichtbestand eines Rechtes oder Rechtsverhältnisses feststelle oder ein Recht bzw. Rechtsverhältnis begründe, ändere oder aufhebe. Maßgebend sei nicht die äußere Form, sondern der Inhalt. Auch formlosen Erledigungen werde von der Judikatur Bescheidcharakter zuerkannt.

Die weitere Berufungsbegründung bezieht sich auf die behauptete Verweigerung der Akteneinsicht unter Bezugnahme auf § 17 AVG.

 

Von der belangten Behörde wurde diese Berufung gemeinsam mit den zu Grunde liegenden Verwaltungsverfahrensakten dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Im Rahmen der Berufungsvorlage wurde darauf hingewiesen, dass beim neuen Verfahren betreffend eine Änderung der genehmigten Betriebsanlage der Berufungswerber zum Lokalaugenschein geladen wurde.

 

Ein Widerspruch im Grunde des § 67h Abs.1 AVG wurde nicht erhoben.

 

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte im Grunde des § 67d Abs.2 AVG entfallen.

 

Erwägungen des Unabhängigen Verwaltungssenates:

 

Zunächst ist in Bezug auf die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates zur Entscheidung über die Berufung vom 18. November 2004 festzustellen, dass über diese Berufung zunächst mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 14. Jänner 2005, Ge20-14.850-4-2004, eine Berufungsvorentscheidung gemäß
§ 64a Abs.1 AVG getroffen wurde. Der dagegen vom Berufungswerber innerhalb offener Frist eingereichte Vorlageantrag vom 31. Jänner 2005 hatte jedoch im Grunde des § 64a Abs.3 AVG das Außerkrafttreten der Berufungsvorentscheidung von Gesetzes wegen zur Folge, weshalb nunmehr von der Berufungsbehörde über die Berufung vom 18. November 2004, eingelangt bei der belangten Behörde am
19. November 2004, zu entscheiden ist.

 

Gemäß § 17 Abs.1 AVG hat die Behörde, sofern die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen, den Parteien Einsicht in die ihre Sache betreffenden Akten oder Aktenteile zu gestatten; die Parteien können sich davon an Ort und Stelle Abschriften selbst anfertigen oder nach Maßgabe der vorhandenen technischen Möglichkeiten auf ihre Kosten Kopien anfertigen lassen. Nach Maßgabe der vorhandenen technischen Möglichkeiten kann Akteneinsicht auch im Wege des Zugriffs über das Internet auf die zur Einsicht bereit gestellten Akten oder Aktenteile gewährt werden, wenn die Identität (§ 2 Z2 E-GovG, BGBl. I Nr. 10/2004) des Einsichtswerbers und die Authentizität (§ 2 Z5 E-GovG) seines Begehrens elektronisch nachgewiesen wurden.

 

Gemäß Abs.4 leg.cit. ist gegen die Verweigerung der Akteneinsicht kein Rechtsmittel zulässig.

 

Gemäß § 56 AVG hat der Erlassung eines Bescheides, wenn es sich nicht um eine Ladung (§ 19) oder einen Bescheid nach § 57 handelt, die Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes, soweit er nicht von vornherein klar gegeben ist, nach den §§ 37 und 39 voranzugehen.

 

Gemäß § 58 Abs.1 AVG ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen und hat den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung zu enthalten.

 

Die zu diesen Bestimmungen des AVG ergangene ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist zunächst zur Beantwortung der Frage zu beleuchten, ob es sich bei der bekämpften Erledigung der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 3. November 2004, Ge20-14.850-4-2004-Wg/Gru, adressiert an die Anwaltssocietät S-D-S & P, zH Herrn Dr. K S, H, L, um einen Bescheid nach den Bestimmungen des AVG, welcher zulässigerweise mit Berufung bekämpft werden kann, handelt.

 

Demnach ergeben sich als wesentliche Voraussetzungen die Bezeichnung als Bescheid, die Bezeichnung der Behörde, der der Bescheid zuzurechnen ist und der hoheitsrechtliche, rechtsverbindliche (normative) Inhalt, wobei im Wortlaut der behördlichen Erledigung selbst zum Ausdruck kommen muss, dass die Behörde eine Verwaltungssache in rechtsverbindlicher Weise erledigt. Nur dann, wenn der Inhalt einer behördlichen Erledigung, also ihr Wortlaut und ihre sprachliche Gestaltung keinen Zweifel darüber aufkommen lassen, dass die Behörde die Rechtsform des Bescheides gewählt hat, ist die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid nach der für sich allein gesehen unabdingbaren Norm des § 58 Abs.1 AVG für das Vorliegen eines Bescheides nicht wesentlich (VwGH vSt vom 15.12.1977, Slg. 9458A). Der Verwaltungsgerichtshof folgert daraus auch, dass an eine behördliche Erledigung, die nicht ausdrücklich als Bescheid bezeichnet ist, hinsichtlich der Wertung als Bescheid nach ihrem Inhalt ein strenger Maßstab anzulegen ist. Die Kommentatoren zum AVG "Hauer/Leukauf, 6. Auflage, folgern daraus weiters, dass daher der Bescheidcharakter einer behördlichen Erledigung, die nicht als Bescheid bezeichnet ist, im Zweifel zu verneinen sein wird. Dies entspricht auch der Auffassung Mannlichers (JBl. 1955, 132 ff), der die Bezeichnung als Bescheid stets als wesentlich ansah.

 

Im gegenständlichen Falle hat die belangte Behörde ihre Erledigung vom
3. November 2004 zweifelsfrei nicht als Bescheid bezeichnet und sind auch auf Grund ihres Wortlautes bzw. ihrer sprachlichen Gestaltung jedenfalls Zweifel in Bezug auf den tatsächlichen Willen der Behörde, mit dieser Erledigung einen Bescheid zu erlassen, anzubringen. Die bekämpfte Erledigung bezieht sich auf ein Ersuchen der Anwaltssocietät S-D-S & P, wird eingeleitet mit "Sehr geehrter Herr Dr. S!" und beendet mit "Mit freundlichen Grüßen, Für den Bezirkshauptmann: Dr. U W". In vergleichbaren Angelegenheiten hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass eine Erledigung mit der Anrede "Sehr geehrte Frau...." und abschließenden freundlichen Grüßen auf Grund ihrer äußeren Form nicht als Bescheid, sondern als eine Mitteilung von Tatsachen bzw. als Rechtsbelehrung zu werten sei (VwGH 19.2.1992, 92/12/0025, 17.6.1992, 92/03/0052, 9.9.1993, 92/01/0741).

 

Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass die in einer Erledigung, die nicht als Bescheid bezeichnet wurde, enthaltene Wendung "kann .... nicht entsprochen werden" die Zweifel am fehlenden Bescheidcharakter nicht ausräumen kann.

 

Schließlich wird mit der bekämpften Erledigung lediglich auf ein Ersuchen des Berufungswerbers Bezug genommen und nicht etwa zB ein Antrag desselben erledigt. Die zu Grunde liegende Eingabe der Anwaltssocietät S-D-S & P vom 29. September 2004 wird auch entsprechend formuliert, mit "Sehr geehrter Frau Dr."... eingeleitet und - formuliert als Mitteilung - nähere Umstände des Mandanten als Grundnachbar der Anlage dargelegt. Wegen Beeinträchtigungen wird in dieser Eingabe "ersucht, .... Genehmigungen und Bescheide .... zu übermitteln."

 

Auch aus dieser Formulierung der zu Grunde liegenden Eingabe kann nicht zweifelsfrei auf einen Antrag geschlossen werden, eine bescheidmäßige Erledigung zu erlassen.

 

Insgesamt ergeben sich somit tatsächlich begründete Zweifel an der Bescheidqualität der Erledigung der belangten Behörde vom 3. November 2004, dies auch im Zusammenhang mit dem zu Grunde liegenden Ersuchen, weshalb nach der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes durch das hinzukommende Fehlen der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid jedenfalls nicht von der entsprechenden Absicht der belangten Behörde, einen solchen zu erlassen, ausgegangen werden kann.

 

Es war daher auf Grund der dargestellten Sach- und Rechtslage wie im Spruch zu erkennen, ohne auf das weitere Berufungsvorbringen in der zu Grunde liegenden Frage zur Akteneinsicht näher eingehen zu können.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Reichenberger

 
 

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