Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-530297/5/Re/Sta

Linz, 20.04.2005

 

 

 VwSen-530297/5/Re/Sta Linz, am 20. April 2005

DVR.0690392
 

 
 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung der T P, L, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M M, L, L, vom 22. Februar 2005, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 19. Jänner 2005, Ge20-10005-63-2004-V, betreffend einen Antrag auf Akteneinsicht und Parteistellung im Rahmen eines Betriebsanlagenänderungsgenehmigungsverfahrens gemäß § 81 GewO 1994 zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der bekämpfte Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 19. Jänner 2005, Ge20-10005-63-2004-V, wird bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4, 67a Abs.1, 67d Abs.1 sowie 17 Abs.1, 41 Abs.1 und 42 Abs.1 und 2 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 idgF (AVG).

§§ 356 Abs.1 und 359a Gewerbeordnung 1994 idgF (GewO 1994).

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem Bescheid vom 19. Jänner 2005, Ge20-10005-63-2004, den Anträgen der T P, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M M, Linz, vom 30. September 2004, auf Akteneinsicht, Einräumung des Parteiengehörs und Zustellung sämtlicher Aktenstücke, Abweisung des Ansuchens der J G-, E- und V mbH um gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung und den Betrieb des bestehenden Einkaufszentrums durch im Detail im Gegenstand angegebene Änderungsmaßnahmen sowie Zustellung des das Ansuchen erledigenden Bescheides keine Folge gegeben.

Dies im Wesentlichen mit der Begründung, die T P habe zwar Nachbarstellung und grundsätzlich Parteistellung gehabt, die Stellung als Partei jedoch auf Grund der Präklusionsfolgen des § 42 AVG verloren. Die Kundmachung zur mündlichen Verhandlung sei im Sinne des § 356 Abs.1 GewO 1994 erfolgt, mangels Parteistellung liege ein Recht auf Akteneinsicht gemäß § 17 AVG nicht vor. Aus diesem Grunde sei spruchgemäß auch dem Antrag auf Zustellung von Aktenstücken sowie auf Abweisung des Genehmigungsansuchens keine Folge gegeben worden.

 

Gegen diesen Bescheid hat die T P, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M M, L, mit Schriftsatz vom 22. Februar 2005, der Post zur Beförderung übergeben am selben Tag und somit innerhalb offener Frist eingebracht, Berufung erhoben. Darin wird beantragt, dem zu Grunde liegenden - oben zitierten Antrag der T P Folge zu geben, in eventu den Bescheid zu beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gewerbebehörde I. Instanz zu verweisen. Dies mit der Begründung, es sei zu Unrecht zwischen dem Zweidritteleigentümer P und dem Eindritteleigentümer T P differenziert worden. Wenn der Zweidritteleigentümer P als bekannte Partei persönlich geladen worden sei, hätte dies auch auf die T P zutreffen müssen. Diese sei der Behörde auf Grund bereits wiederholter Einwendungen als Nachbarin bekannt und sohin zu laden gewesen. Im Übrigen diene das sich auf dem Gst. Nr. befindliche Geschäftsgebäude (Handelsbetrieb) nicht bloß dem vorübergehenden Aufenthalt von Personen, da davon auszugehen sei, dass sich die darin beschäftigten Personen im Regelfall zumindest 8 Stunden am Tag in diesem Gebäude aufhielten. Es liege kein Grund vor, eine Differenzierung zwischen einer Schule, bei der Qualifikation als "benachbartes Haus" angenommen würde und einem derartigen Geschäftslokal vorzunehmen. Die Behörde sei daher verpflichtet gewesen, die Berufungswerberin persönlich zu laden. Da dies nicht erfolgt sei, habe sie ihre Parteienrechte nicht verloren und seien daher die Anträge zu Unrecht abgewiesen worden.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die gegenständliche Berufung vom
22. Februar 2005 samt bezughabenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt und keinen Widerspruch im Grunde des § 67h AVG erhoben.

 

Aus § 67a Abs.1 AVG ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates durch Einzelmitglied für die gegenständliche Angelegenheit.

 

Im Grunde des § 67d Abs.1 AVG konnte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung entfallen.
 

Erwägungen des Unabhängigen Verwaltungssenates:

 

Dem gegenständlichen bekämpften Bescheid liegt grundsätzlich ein bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land anhängiges Betriebsanlagenänderungsgenehmigungsverfahren in Bezug auf das Einkaufszentrum der J G-, E- und V mbH, L, zu Grunde. Im Rahmen dieses Betriebsanlagenänderungsgenehmigungsverfahrens wurde am 5. August 2004 eine mündliche Verhandlung durchgeführt und wurde das Verfahren mit Genehmigungsbescheid vom 7. September 2004, Ge20-10005-63-2004, abgeschlossen.

 

Mit Eingabe vom 21. September 2004, somit zwei Wochen nach Erstellung des abschließenden Genehmigungsbescheides hat die Berufungswerberin bei der belangten Behörde die Anträge gestellt, ihr das rechtliche Gehör einzuräumen, sämtliche Aktenstücke einschließlich der Verhandlungsschrift vom 5. August 2004 und nachfolgende Aktenstücke zuzustellen sowie das Ansuchen um Erteilung der gewerbebehördlichen Genehmigung für die Änderung und den Betrieb des Einkaufszentrums abzuweisen sowie ihr den das Ansuchen erledigenden Bescheid zuzustellen.

Offensichtlich auf Grund einer telefonischen Rückmeldung durch die belangte Behörde folgte eine weitere Eingabe der Berufungswerberin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M M, vom 30. September 2004, worin auf Grund der telefonisch bekannt gegebenen Nichtgewährung der Akteneinsicht eine bescheidmäßige Erledigung erforderlich sei und der Antrag gestellt werde, Akteneinsicht zu gewähren und über diesen Antrag bescheidmäßig zu entscheiden.

 

 

Gemäß § 42 Abs.1 AVG idgF hat eine gemäß § 41 Abs.1 zweiter Satz und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemachte mündliche Verhandlung zur Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, wenn sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt; § 13 Abs.5 zweiter Satz ist nicht anwendbar. Wenn die Verwaltungsvorschriften über die Form der Kundmachung nichts bestimmen, so tritt die im ersten Satz bezeichnete Rechtsfolge ein, wenn die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs.1 zweiter Satz und in geeigneter Form kundgemacht wurde. Eine Kundmachungsform ist geeignet, wenn sie sicherstellt, dass ein Beteiligter von der Anberaumung der Verhandlung voraussichtlich Kenntnis erlangt.

 

§ 41 Abs.1 leg.cit. lautet:

Die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung hat durch persönliche Verständigung der bekannten Beteiligten zu erfolgen. Wenn noch andere Personen als Beteiligte in Betracht kommen, ist die Verhandlung überdies durch Anschlag in der Gemeinde oder durch Verlautbarung in der für amtliche Kundmachungen der Behörde bestimmten Zeitung kundzumachen.

 

Gemäß § 17 Abs.1 AVG hat die Behörde, sofern die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen, den Parteien Einsicht in die ihre Sache betreffenden Akten oder Aktenteile zu gestatten; die Parteien können sich davon an Ort und Stelle Abschriften selbst anfertigen oder nach Maßgabe der vorhandenen technischen Möglichkeiten auf ihre Kosten Kopien anfertigen lassen. Nach Maßgabe der vorhandenen technischen Möglichkeiten kann Akteneinsicht auch im Wege des Zugriffs über das Internet auf die zur Einsicht bereit gestellten Akten oder Aktenteile gewährt werden, wenn die Identität (§ 2 Z2 E-GovG, BGBl. I Nr. 10/2004) des Einsichtswerbers und die Authentizität (§ 2 Z5 E-GovG) seines Begehrens elektronisch nachgewiesen wurden.
 

Gemäß § 356 Abs.1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn eine mündliche Verhandlung anberaumt wird, den Nachbarn Gegenstand, Zeit und Ort der Verhandlung sowie die Voraussetzungen zur Aufrechterhaltung der Parteistellung
(§ 42 AVG) durch Anschlag in der Gemeinde (§ 41 AVG) und durch Anschlag in den der Betriebsanlage unmittelbar benachbarten Häusern bekannt zu geben. Die Eigentümer der betroffenen Häuser haben derartige Anschläge in ihren Häusern zu dulden. Statt durch Hausanschlag kann die Bekanntgabe aus Gründen der Zweckmäßigkeit, Raschheit und Einfachheit durch persönliche Verständigung der Nachbarn erfolgen. Der Eigentümer des Betriebsgrundstückes und die Eigentümer der an dieses Grundstück unmittelbar angrenzenden Grundstücke sind persönlich zu laden.

 

Ausschließlich aus diesen zitierten Gesetzesbestimmungen ist die Lösung der im gegenständlichen Verfahren streitigen Rechtsfrage zu finden, ob die mündliche Verhandlung im gegenständlichen Betriebsanlagenänderungsgenehmigungsverfahren ordnungsgemäß anberaumt worden ist, ob die Berufungswerberin hiezu verständigt hätte werden müssen und ob sie, da nicht verständigt, durch nicht rechtzeitiges Erheben von Einwendungen ihre Parteistellung im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren, damit ihre Rechte auf Akteneinsicht, Bescheidzustellung etc., verloren hat.

 

Zunächst steht fest, dass die Berufungswerberin nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhoben hat. Weiters unstrittig ist, dass die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs.1 zweiter Satz, nämlich durch Anschlag in der Gemeinde, kundgemacht wurde.

 

Eine Ladung sämtlicher "bekannter" Beteiligten ist jedoch, im Gegensatz zur Rechtsauffassung der Berufungswerberin (diese zitiert hiezu den Kommentar zur GewO - Hanusch) nicht (mehr) Voraussetzung für den Eintritt der Präklusionsfolge gemäß § 42 Abs.1 AVG. § 42 Abs.1 AVG normiert als Voraussetzung für den Eintritt der Präklusionsfolge nämlich nicht, dass die Bestimmungen des § 41 Abs.1 AVG eingehalten wurden, sondern dass die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs.1 zweiter Satz AVG (und in der nach den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form) kundgemacht wurde. Ist dies - sowie im gegenständlichen Verfahren - der Fall, dann trifft die Präklusionswirkung (Verlust der Parteistellung) auch jene Personen, die - als "bekannte Beteiligte" - von der Behörde persönlich zu laden gewesen wären (VwGH 17.11.2004, 2004/04/0169).

 

Es bleibt daher für die Abhandlung des Berufungsvorbringens die Prüfung, ob es sich bei dem gegenständlichen Handelsbetrieb um ein "der Betriebsanlage unmittelbar benachbartes Haus" im Sinne des § 356 Abs.1 GewO 1994 handelt, bei welchem ein Anschlag der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung durchzuführen ist.

Dabei kommt es nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht bloß darauf an, ob ein Haus in der Nachbarschaft der Betriebsanlage gelegen ist, sondern vielmehr ob dieses Haus der Betriebsanlage unmittelbar benachbart ist (VwGH vom 17.11.2004, 2003/04/0091). Darunter fallen nicht nur Wohnhäuser, sondern alle Häuser, in denen sich Menschen nicht nur vorübergehend aufhalten (zB: Wohnungen; Schulgebäude oder Amtsgebäude mit Dienstwohnungen). Auch wenn es sich hier, wie die Berufungswerberin ausführt, nur um eine demonstrative Aufzählung handelt, hat sie doch in sämtlichen namhaften Kommentaren zur Gewerbeordnung (wie zB Kinscher-Sedlak, Grabler-Stolzlechner-Wendl, Kinscher-Paligebarfuß ua.) Eingang gefunden. All diese Aufzählungen haben gemeinsam, dass sie nur solche benachbarte Objekte als Beispiele anführen, welche bewohnt werden bzw. bewohnbar sind, wie eben zB auch Schul- oder Amtsgebäude mit Dienstwohnungen. Insoferne ergibt sich eben - im Gegensatz zur Auffassung der Berufungswerberin - eine auch begründbare Differenzierung zum Geschäftslokal (Handelsbetrieb), in welchem sich ausschließlich Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Kunden während der jeweiligen Arbeitszeiten aufhalten. Die beispielhafte Aufzählung erwähnt - wie dargelegt - lediglich bewohnbare Gebäude, die Berufungswerberin hingegen vermeint offensichtlich jegliches Schulgebäude, somit auch ein solches ohne Dienstwohnung. Ein derartiges Gebäude, welches zumindest auch Wohnzwecken dient, liegt jedoch im gegenständlichen Fall nicht vor.

 

Im Übrigen - jedoch auf Grund der obigen Ausführungen nicht mehr primär entscheidungsrelevant - steht nicht zweifelsfrei fest, ob sich das Gebäude tatsächlich im unmittelbaren Nahebereich zur Betriebsanlage befindet, da zwischen Anlage und Handelsbetrieb sich nicht nur eine Straße oder ein Grundstück befindet, sondern teilweise eine Straße, ein bebautes Grundstück, eine weitere Straße, zum anderen Teil eine öffentliche Straße, ein als Parkplatz nicht im Eigentum der J G-, E- und V mbH öffentliches Grundstück Nr. sowie im Nahbereich der Betriebsanlage nächst der Betriebszufahrt eine weitere unbebaute Parzelle Nr. sich befindet, der Abstand vom Beginn der Betriebszufahrt bis zum Handelsbetrieb auf Gst. Nr. in jedem Fall mindestens mehr als 75 m beträgt.

 

Jedenfalls in keinem - Rechtswirkungen entfaltenden - Zusammenhang hiezu steht die Tatsache, dass die belangte Behörde dem Miteigentümer der von der Berufungswerberin bezeichneten Parzellen eine Kundmachung persönlich zugestellt hat. Es ist hier nicht zu beurteilen, ob dem Nachbarn Hermann P ein Rechtsanspruch auf persönliche Zustellung einer Kundmachung - aus welchen Gründen auch immer - zusteht. Auch wenn dem Nachbarn P eine Kundmachung ohne zwingender Rechtsgrundlage übermittelt wurde, kann die Miteigentümerin alleine aus diesem Titel keinen Anspruch auf eine persönliche Zustellung dieser Kundmachung mit Erfolg geltend machen.

 

Die belangte Behörde kam daher jedenfalls im Ergebnis zum richtigen Bescheidinhalt, dass ein Anschlag nach § 356 Abs.1 GewO 1994 in dem sich auf Gst. Nr. der KG. L befindlichen Handelsbetrieb nicht zwingend erforderlich war, die Kundmachung somit gemäß § 71 Abs.1 zweiter Satz und in der nach den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form ordnungsgemäß erfolgt ist und somit die Berufungswerberin mangels Erhebung rechtzeitiger zulässiger Einwendungen bis spätestens am Tag vor Beginn der mündlichen Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung ihre Parteistellung verloren hat, folglich ihr ein Recht auf Akteneinsicht, Bescheidzustellung oder Antragsabweisung im materiellen Verfahren nicht zukommt.

 

Die belangte Behörde hat daher zu Recht den gestellten Anträgen keine Folge gegeben und war daher von der Berufungsbehörde der Berufung auf Grund der dargelegten Sach- und Rechtslage der Erfolg zu versagen und wie im Spruch zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. Reichenberger

 

 
Beschlagwortung:
§ 356 Abs.1 GewO; § 42 Abs.1 AVG; "bekannte Beteiligte", unmittelbar benachbarte Häuser;

Beachte: Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurdeabgelehnt. VwGH vom 27.01.2006, Zl.: 2005/04/0124-6

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum