Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-530305/2/Re/Sta

Linz, 24.05.2005

 

 

 VwSen-530305/2/Re/Sta Linz, am 24. Mai 2005

DVR.0690392
 
 
 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung des Herr H K-F, V, vom 16. März 2005, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. vom 2. März 2005, Ge20-18-1995, betreffend die Verfügung von Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen gemäß § 360 Abs.1 GewO 1994, zu Recht erkannt:

 

Anlässlich der Berufung wird der bekämpfte Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. vom 2. März 2005, Ge20-18-1995, behoben.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4, 67a Abs.1 und 67d Abs.1 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 idgF (AVG).

§§ 359a und 360 Abs.1 der Gewerbeordnung 1994 idgF (GewO 1994).

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Mit dem bezeichneten Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. vom
2. März 2005, wurde dem Berufungswerber H K-F, V, aufgetragen, die ohne gewerbebehördliche Genehmigung betriebene Kraftförderanlage bis zur Erteilung einer rechtskräftigen gewerbebehördlichen Genehmigung mit sofortiger Wirkung stillzulegen. Dies im Grunde der in der Begründung dieses bekämpften Bescheides zitierten Rechtsgrundlage des § 360 Abs.1 GewO 1994 und mit der weiteren Begründung, dass im Zuge einer Überprüfung der Betriebsanlage des Berufungswerber am 27. Februar 2003 festgestellt worden sei, dass diese ohne gewerbebehördliche Genehmigung durch Inbetriebnahme einer Kratzförderanlage konsenslos geändert worden sei. Der Betriebsinhaber sei mit Verfahrensanordnung vom 7.12.2004 aufgefordert worden, um Erteilung der Änderungsgenehmigung bei der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. unter Anschluss entsprechender Projektsunterlagen anzusuchen. Diesen Aufforderungen sei nicht Folge geleistet worden.

 

Gegen diesen Bescheid hat der Verpflichtete mit Eingabe vom 16. März 2005, bei der belangten Behörde am selben Tag persönlich eingereicht und somit innerhalb offener First Berufung erhoben. Darin beantragt er die Aufhebung des Bescheides im Wesentlichen mit der Begründung, das dem Bescheid zu Grunde liegende Ansuchen um gewerbebehördliche Genehmigung der in Betrieb genommenen Kraftförderanlage sei eingereicht worden. Diesem Ansuchen seien aufforderungsgemäß 4-fach ausgefertigte Projektsunterlagen beigefügt worden.

 

Diese Berufung wurde von der belangten Behörde zuständigkeitshalber dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

Ausführungen zum Berufungsvorbringen wurden von der belangten Behörde nicht vorgebracht.

Ein Widerspruch im Grunde des § 67h Abs.1 AVG wurde nicht erhoben.

 

Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates ergibt sich aus § 359a GewO 1994.

 

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte im Grunde des § 67d Abs.2 Z1 AVG entfallen, da der angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

 

 

Erwägungen des Unabhängigen Verwaltungssenates:

 

Im Rahmen einer Überprüfung der gegenständlichen Betriebsanlage des Berufungswerbers am 27. Februar 2003 wurde einerseits festgestellt, dass vom Anlageninhaber mehrere Auflagen eines Genehmigungsbescheides aus dem Jahre 1997 nicht eingehalten werden; in diesem Zusammenhang wird zur Erfüllung des Auflagepunktes 31 festgestellt: "Durch Einbau eines Kratzförderers wurde der Einbau des Zyklons hinfällig."

 

Der Berufungswerber wurde aufgefordert, den vorliegenden Antrag auf die Erweiterung der bestehenden Sägehalle in Bezug auf die maschinentechnischen Einrichtungen zu ergänzen.

 

Mit Erledigung der belangten Behörde vom 8. Juli 2003 wurde der Berufungswerber neuerlich aufgefordert, die in der Niederschrift angeführten Mängel unverzüglich zu beheben und hinsichtlich der Erweiterung der Sägewerkshalle die erforderlichen Ergänzungsunterlagen bis spätestens 31. März 2003 vorzulegen.

 

Ein weiteres Urgenzschreiben diesbezüglich folgte mit Erledigung vom 23. Jänner 2004. Hier wurde der Berufungswerber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass für die im Betrieb befindliche Kraftförderanlage um Erteilung der gewerbebehördlichen Genehmigung umgehend anzusuchen sei.

 

Offensichtlich mangels Erfüllung innerhalb offener Frist erging am 7. Dezember 2004 die Verfahrensanordnung der belangten Behörde zu Ge20-18-1995, worin dem Berufungswerber unter Spruchteil II. aufgetragen wurde, für die bei der gegenständlichen Betriebsanlage vorgenommene Änderung (Betriebs einer Kratzförderanlage) bis spätestens 31. Dezember 2004 unter Vorlage der entsprechenden Projektsunterlagen in 4-facher Ausfertigung anzusuchen. Ohne in der Folge weitere behördliche Aktivität im gegenständlichen Verfahrensakt erging - datiert mit 2. März 2005 - der Bescheid der belangten Behörde zu Ge20-18-1995, mit welchem die Stilllegung der ohne gewerbebehördliche Genehmigung betriebenen Kratzförderanlage bis zur Erteilung einer rechtskräftigen gewerbebehördlichen Genehmigung mit sofortiger Wirkung ausgesprochen wurde.

Gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn der Verdacht einer Übertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z. 1, 2 oder 3 besteht, unabhängig von der Einleitung eines Strafverfahrens, den Gewerbeausübenden bzw. den Anlageninhaber mit Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb einer angemessen, von der Behörde zu bestimmenden Frist aufzufordern; eine solche Aufforderung hat auch dann zu ergehen, wenn der Verdacht einer Übertretung gemäß § 367 Z. 25 besteht und nicht bereits ein einschlägiges Verfahren gemäß § 78 Abs. 2, § 79 c Abs. 4 oder § 82 Abs. 3 anhängig ist. Kommt der Gewerbeausübende bzw. der Anlageninhaber dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die Behörde mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen, wie die Stilllegung von Maschinen oder die Schließung von Teilen des Betriebes oder die Schließung des gesamten Betriebes, zu verfügen.
 

Als allgemeine Voraussetzung für ein Vorgehen nach § 360 der GewO 1994 führt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur für die Verfügung von Maßnahmen die tatsächliche Ausübung der Tätigkeit bzw. den tatsächlichen Betrieb der Betriebsanlage an. Der normative Inhalt des § 360 Abs.1 leg.cit. setzt für die Anordnung jeweils notwendiger Maßnahmen das weiterhin gegebene Nichtvorliegen eines der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes voraus (VwGH 20.1.1987, 86/04/0139).

Dabei darf die Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes durch jeweils notwendige Maßnahmen lediglich der contrarius actus zu jenen Zuwiderhandlungen sein, hinsichtlich der der Verdacht einer Verwaltungsübertretung besteht.

 

Die in § 360 Abs.1 GewO 1994 geregelte Ermächtigung zur Verfügung einstweiliger Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen hat zur Voraussetzung, dass eine solche Maßnahme erst nach einer entsprechenden Aufforderung (Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes....) gesetzt werden darf. Das Fehlen dieser Voraussetzung - nämlich einer Aufforderung im Sinne des Gesetzes - bewirkt, dass die Maßnahme als mit dem Mangel eines gesetzlichen Erfordernis behaftet, unzulässig ist.

 

Im Sinne der zitierten Gesetzesbestimmung ist zwischen dem vom Anlageninhaber zu setzenden Verhalten und den von der Behörde zu verfügenden Maßnahmen zu unterscheiden. Sache des Anlageninhabers ist es, den der Rechtsordnung entsprechenden Zustand herzustellen und zwar auf die von ihm zu wählende Art und Weise, dh., mit den von ihm zu wählenden Maßnahmen. Tut er dies innerhalb der festgesetzten Frist nicht, so hat die Behörde die zur Erreichung des Sollzustandes notwendigen Maßnahmen zu verfügen. In der Verfahrensanordnung ist somit der Sollzustand so hinreichend konkret zu beschreiben, dass kein Zweifel daran bestehen kann, welches Ergebnis der Anlageninhaber innerhalb der gesetzten Frist zu bewirken hat (VwGH 16.7.1996, 96/04/0062).

 

Dies ist im vorliegenden Fall nicht geschehen. Wenn auch - dies ist dem der Niederschrift vom 27. Februar 2003 folgenden Schriftverkehr mit dem Berufungswerber zu entnehmen - davon ausgegangen werden kann, dass im Rahmen der Überprüfung am 27. Februar 2003 eine behördlich nicht genehmigte Kratzförderanlage vorgefunden wurde, so ist dieser Überprüfung keine Aussage des beigezogenen technischen Amtssachverständigen zu entnehmen, ob es sich bei dieser Änderung um eine solche handelt, welche geeignet ist, die Schutzinteressen des § 74 Abs.2 GewO 1994 zu beeinträchtigen und in der Folge den rechtlichen Schluss auf die Genehmigungspflicht derselben zulässt.

 

Geht man nun trotzdem davon aus, dass es sich bei dieser Anlagenänderung um eine genehmigungspflichtige handelt, so findet sich der nicht der Rechtsordnung entsprechende Zustand in der Aufstellung und gegebenenfalls im Betrieb dieses zusätzlichen Anlagenteiles. Die Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes im Sinne des § 360 Abs.1 GewO 1994 kann daher nur durch Außerbetriebnahme, allenfalls durch Entfernung dieses Anlagenteiles herbeigeführt werden. In der im gegenständlichen Verfahren jedoch ergangenen Verfahrensanordnung vom 7. Dezember 2004 wurde dem Berufungswerber aufgetragen, "für die bei der ggst. Betriebsanlage vorgenommene Änderung (Betrieb einer Kratzförderanlage) bis spätestens 31. Dezember 2004 unter Vorlage der entsprechenden Projektsunterlagen in 4-facher Ausfertigung anzusuchen."

 

Zunächst ist zur Formulierung dieser Verfahrensanordnung festzuhalten, dass ihr nicht entnommen werden kann, welches konkrete Ansuchen dem Verpflichteten tatsächlich aufgetragen wird. Die Verfahrensanordnung enthält nicht mit der erforderlichen Klarheit, dass es sich hiebei um ein Ansuchen um Erteilung der gewerberechtlichen Betriebsanlagenänderungsgenehmigung im Grunde des § 81 GewO 1994 handelt.

 

Aber auch wenn man der Verfahrensanordnung diesen Sinn der Verpflichtung zur Antragstellung der fehlenden gewerberechtlichen Betriebsanlagengenehmigung gemäß § 81 GewO 1994 anheim stellt, ist sie doch nicht geeignet, den obigen Anforderungen der Judikatur zu entsprechen, fordert sie den Anlageninhaber doch nur auf, ein entsprechendes Ansuchen zu stellen. Mit dem Einbringen dieses Ansuchen kann jedoch der der Rechtsordnung entsprechende Zustand im Sinne des
§ 360 Abs.1 GewO 1994 noch nicht hergestellt werden. Liegt somit zu diesem Zeitpunkt noch keine gewerberechtliche Betriebsanlagenänderungsgenehmigung vor, darf daher die durch Betrieb der Kratzförderanlage geänderte Betriebsanlage diesbezüglich auch noch nicht betrieben werden.

 

Die Verpflichtung zur Antragstellung kann daher auch nicht rechtskonform den "contrarius actus" zum vorliegenden, nicht der Rechtsordnung entsprechenden Zustand darstellen, sondern kann dies nur durch Aufforderung zur Außerbetriebnahme oder Entfernung des nicht genehmigten Anlagenteiles, zB auch durch Unterbindung der Stromzufuhr zu diesem Anlagenteil, erfolgen.

 

Da somit dem bekämpften Bescheid eine nicht dem § 360 Abs.1 GewO 1994 vollständig entsprechende Verfahrensanordnung zu Grunde liegt, kann darauf aufbauend ein rechtskonformer Bescheid betreffend Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen nach § 360 Abs.1 GewO 1994 nicht gestützt werden, weshalb insgesamt auf Grund der dargestellten Sach- und Rechtslage wie im Spruch zu entscheiden war.

 

Der Berufungswerber wird an dieser Stelle ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Behebung des angefochtenen Bescheides ausschließlich aus formellen Gründen zu erfolgen hatte und den Betrieb der verfahrensgegenständlichen Kratzförderungsanlage in keiner Weise legalisiert. Das in seiner Berufungsschrift angesprochene Einbringen eines Genehmigungsansuchens alleine kann bis zur bescheidmäßigen Erteilung der erforderlichen gewerberechtlichen Betriebsanlagenänderungsgenehmigung den Betrieb der konsenslos aufgestellten Kratzförderanlage nicht legalisieren und stellt daher dieser Betrieb auch weiterhin einen nicht der Rechtsordnung entsprechenden und somit verwaltungsstrafrechtlich relevanten Zustand dar.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

  1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
  2.  

  3. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

Dr. Reichenberger


 
Beschlagwortung:
Verfahrensanordnung gemäß § 360 Abs.1 GewO

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