Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-530357/2/Kü/Hu

Linz, 22.03.2006

 

 

 

VwSen-530357/2/Kü/Hu Linz, am 22. März 2006

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine X. Kammer (Vorsitzende: Dr. Ilse Klempt, Berichter: Mag. Thomas Kühberger, Beisitzer: Dr. Leopold Wimmer) über die Berufung der Stadt Steyr vom 16. August 2005 gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 1. August 2005, UR-300007/263-2005, betreffend die Feststellung, dass auf der Massenabfalldeponie der Stadt Steyr stabilisierter Klärschlamm des R S und Umgebung ohne weitere Behandlungsschritte nicht abgelagert werden darf, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass im Spruch die Grundstücksnummern ... und ... gestrichen werden und anstelle des § 37 AWG 2002 als Rechtsgrundlagen § 56 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG), BGBl.Nr. 51/1991 idgF. und § 65 Abfallwirtschaftsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 102/2002 idF. BGBl. I Nr. 181/2004 iVm § 5 Deponieverordnung, BGBl. 1996/164 idF. BGBl. II Nr. 49/2004 treten.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid vom 1. August 2005, UR-300007/263-2005, stellte der Landeshauptmann von Oberösterreich auf Grundlage des § 37 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 fest, dass auf der Massenabfalldeponie der Stadt Steyr auf den näher bezeichneten Grundstücken, stabilisierter Klärschlamm des R S und Umgebung ohne weitere Behandlungsschritte nicht abgelagert werden darf.

 

Zur Zulässigkeit eines Feststellungsbescheides sei anzuführen, dass außerhalb ausdrücklicher gesetzlicher Einzelermächtigung, die Verwaltungsbehörde im Rahmen ihrer örtlichen und sachlichen Zuständigkeit von Amts wegen Feststellungsbescheide erlassen könne, wenn dies im öffentlichen Interesse liege und die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen würden. Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung zur Zulässigkeit von Feststellungsbescheiden seien die Verwaltungsbehörden aber nicht nur berechtigt, von Amts wegen Feststellungsbescheide über Rechte oder Rechtsverhältnisse zu erlassen, sofern ein im öffentlichen Interesse begründeter Anlass dazu gegeben sei und die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen würden, sondern komme auch der Partei des Verwaltungsverfahrens unter der zuletzt genannten Voraussetzung die Berechtigung zu, die bescheidmäßige Feststellung strittiger Rechte zu begehren, wenn der Bescheid im Einzelfall notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverteidigung sei und insofern im Interesse der Partei liege. Dieses rechtliche Interesse sei dann gegeben, wenn dem Feststellungsbescheid im konkreten Fall die Eignung zukomme, ein Recht oder Rechtsverhältnis für die Zukunft klarzustellen und dadurch eine Rechtsgefährdung des Antragstellers zu beseitigen.

 

Im gegenständlichen Fall begehre die Stadt Steyr die Feststellung der Zulässigkeit der Einbringung von stabilisiertem Klärschlamm des R S und Umgebung in die genehmigte Massenabfalldeponie. Diesem rechtlichen Interesse komme im konkreten Fall auch die Eignung zu, ein Recht für die Zukunft klarzustellen und dadurch Rechtsgefährdungen zu beseitigen. Da sich die Partei bei ungeklärter Rechtslage der Gefahr einer Bestrafung aussetzen würde, diene die Erlassung des Feststellungsbescheides der Partei als notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverteidigung.

 

Zum Antragsinhalt führte die Behörde begründend aus, dass dieser ein Schreiben des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 11. Februar 2003, Gz. 633576/1-VI/3/03, vorliege, in dem ausdrücklich festgehalten werde, dass eine anaerobe Behandlung (Faulung) von Klärschlamm ebenso wie das Zumischen von Kalk oder anderen heizwertarmen Materialien keine mechanisch-biologische Vorbehandlung im Sinne der Deponieverordnung darstelle.

 

Unter diesen Gesichtspunkten, insbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass die Behandlung des Klärschlammes des R S und Umgebung keine mechanisch-biologische Vorbehandlung im Sinne der Deponieverordnung darstelle, welche die Kriterien des Ausnahmetatbestandes des § 5 Z7 lit.f iVm § 2 Z26 Deponieverordnung erfülle, somit unter das Verbot der Deponierung falle und somit auf der gegenständlichen Deponie nicht abgelagert werden dürfe, wäre wie im Spruch zu entscheiden gewesen.

 

2. Dagegen wurde rechtzeitig von der Stadt Steyr das Rechtsmittel der Berufung eingebracht und beantragt, dass der bekämpfte Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich als Abfallwirtschaftsbehörde erster Instanz in der Weise abgeändert werden möge, dass der Stadt Steyr aus den dargelegten Gründen die Ablagerung von stabilisiertem Klärschlamm des R S und Umgebung ohne weitere Behandlungsschritte auf der Massenabfalldeponie der Stadt Steyr gestattet werde.

 

Zunächst werde darauf hingewiesen, dass die im Spruch genannten Grundstücke Nr. ... und ... im Eigentum der E AG stehen und auf diesen Grundstücken kein Deponiebetrieb stattfinde.

 

In der Sache selbst werde zunächst vorgehalten, dass die Stadt Steyr aus Gründen der Rechtssicherheit einen Feststellungsbescheid über die Zulässigkeit der Deponierung von stabilisiertem Klärschlamm auf der Massenabfalldeponie der Stadt Steyr mit Schriftsatz vom 10.12.2004 beantragt habe.

 

Dabei sei zu beachten, dass die Stadt Steyr über eine Bewilligung zum Betrieb der bestehenden Deponie verfüge, mit dieser Bewilligung das Recht verbunden sei, den Klärschlamm der Verbandskläranlage des R S und Umgebung bis zur vollständigen Auffüllung des bestehenden Deponievolumens abzulagern, die Ablagerung des Klärschlamms auf der Deponie mit der Bedingung verbunden sei, dass der Klärschlamm zur landwirtschaftlichen Verwertung geeignet sei, die Deponie aus öffentlichen Mitteln mit einem sehr hohen finanziellen Aufwand saniert worden sei und diese den gesetzlichen Vorgaben entsprechend dem Stand der Technik angepasst wurde. Somit stehe fest, dass die Stadt Steyr bzw. der R S und Umgebung über die erforderlichen behördlichen Bewilligungen zur Ablagerung der stabilisierten Klärschlammes auf der Deponie der Stadt Steyr verfüge und alle rechtlichen Voraussetzungen für den Betrieb der Deponie als Massenabfalldeponie erfüllt seien.

 

Der angefochtene Bescheid untersage unter Bezug auf die Deponieverordnung die Ablagerung von stabilisierten Klärschlämmen. § 5 der Deponieverordnung "Verbot der Deponierung" würde daher massiv in bestehende Rechte eingreifen. Dies um so mehr, als der Klärschlamm den Vorgaben des § 5 Z7 lit.f der Deponieverordnung nachweislich vollinhaltlich entspreche.

 

In der Begründung des Bescheides würden sich de facto fast ausschließlich die Ausführungen und Argumente des technischen Amtssachverständigen des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft finden. Das Gutachten des Amtssachverständigen des Amtes der Oö. Landesregierung, Abteilung Umwelt- und Anlagenrecht, vom 23.12.2003 und die vom Verband vorgelegten Gutachten der OIKOS Umweltmanagement ZT-GmbH vom 17.7.2003, 7.11.2003 und 22.6.2004 würden keine adäquate Berücksichtigung in der Begründung des Bescheides finden.

 

Der Klärschlamm der Kläranlage des R S und Umgebung erfülle sämtliche Kriterien des § 5 Z7 lit.f der Deponieverordnung.

 

Im gegenständlichen Fall werde der Klärschlamm mittels Kammerfilterpresse maschinell entwässert. Irgendwelche "Vorstufen" der Behandlung könnten nicht Grundlage einer Beurteilung sein, da in diesem Fall nicht alle Behandlungsstufen der mechanisch-biologischen Vorbehandlung berücksichtigt würden.

 

Die maschinelle Entwässerung des Klärschlammes mittels Kammerfilterpresse und Konditionierung mit Eisensalzen und Kalk könne keine Vermischung mit heizwertarmen Materialien mit der Zielsetzung der Unterschreitung des Brennwertkriteriums gemäß Anlage 5 Punkt G darstellen, da es sich um einen dem Stand der Technik entsprechenden Verfahrensschritt zur Konditionierung und Entwässerung des Klärschlammes handelt.

 

Es würden sämtliche Grenzwerte der Tabellen 7 und 8 der Anlage 1 zur Deponieverordnung eingehalten.

 

Anaerob stabilisierter Klärschlamm weise kein Gasbildungspotential auf. Stabilisierung bedeute in der Fachliteratur, dass kein Substrat mehr vorhanden sei, welches biologischen Abbauprozessen zugänglich sei und zwar unabhängig davon, ob die Stabilisierung durch aerobe, anaerobe, aerob/anaerobe oder anaerobe/aerobe Verfahren durchgeführt werde. Die sachliche Begründung des Erfordernisses einer aeroben Nachbehandlung würde in der Stellungnahme des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft nicht am Beispiel definierter Klärschlämme mit entsprechenden Untersuchungsergebnissen geführt. Vielmehr werde auf die Erläuterungen zur Deponieverordnung verwiesen, in welchen u.a. ausgeführt werde, dass "eine ausschließlich anaerobe Behandlung (Faulung) von Klärschlämmen nicht als mechanisch-biologische Vorbehandlung angesehen werde". Dazu sei festzustellen, dass bereits in diesen Erläuterungen keine sachliche Begründung für diese Feststellung zu finden sei.

 

Welche Fachliteratur der Abwassertechnik zur fachlichen Beurteilung auch immer herangezogen werde, in allen anerkannten Werken wird von der Stabilisierung des Klärschlamms gesprochen und zwar unabhängig davon, ob der Klärschlamm aerob oder anaerob stabilisiert wird. Ein Schlamm, welcher kein Gasbildungspotential und keine Atmungsaktivität mehr aufweise, gelte per definitionem als stabilisiert. Gehe man davon aus, dass aerob stabilisierter Klärschlamm unter Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen in eine Deponie eingebracht werden dürfe, sei eine Nachreaktion unter anaeroben Bedingungen, wie sie in einer Deponie zwangsläufig herrschen, grundsätzlich denkbar und möglich. Bei einem anaerob stabilisiertem Schlamm sei jedoch mit Nachreaktionen unter den Bedingungen einer Deponie keinesfalls zu rechnen. Unter Berücksichtigung dieser Tatsachen fehle die sachliche Begründung für die zitierten Formulierungen in der Deponieverordnung und der "kleinen" Novelle zur Deponieverordnung.

 

Auf Grundlage der in § 1 AWG definierten Ziele und Grundsätze sei schlüssig nachzuvollziehen, dass anaerob stabilisierter und maschinell entwässerter Klärschlamm, welcher zur Entwässerung mit Eisensalz und Kalk konditioniert werde, vollinhaltlich den Vorgaben des § 1 AWG entsprechende. Die Formulierung bzw. Forderung in der Deponieverordnung "... durch die Anwendung aerober und anaerober mit nachfolgend aerober Verfahren" stehe in eindeutigem Widerspruch zu diesen Zielen und Grundsätzen.

 

Der bekämpfte Bescheid sei nicht nur aus sachlicher, sondern auch aus rechtlicher Sicht verfehlt. Rechtsgrundlage des Bescheides bilde § 37 AWG 2002. Somit wäre zuerst grundsätzlich zu prüfen gewesen, ob stabilisierter Klärschlamm insbesondere der Klärschlamm der Kläranlage des R S und Umgebung überhaupt unter das Regime des AWG falle, da gemäß § 3 Abs.1 Z1 das AWG für Abfallinhaltsstoffe, die zufolge Einleitung in ein Gewässer oder eine Kanalisation wasserrechtlichen Vorschriften unterliegen, nicht gelte. Alle Stoffe, welche in eine Kanalisation eingeleitet und in der Folge in einer Kläranlage behandelt bzw. umgewandelt würden, würden wasserrechtlichen Vorschriften unterliegen. Somit sei eine Kläranlage keine Abfallbehandlungsanlage im Sinne des AWG. Da eine Kläranlage keine Abfallbehandlungsanlage darstelle, würden in Österreich folgerichtig alle Kläranlagen einschließlich der jeweiligen Schlammlinien und der weiteren Entsorgung des Klärschlammes durch die Wasserrechtsbehörden bzw. nach wasserrechtlichen Vorschriften bewilligt. In keinem einzigen Fall würde eine Kläranlage oder Teile davon, wie z.B. die Schlammbehandlung, einer gesonderten Bewilligung nach anderen Rechtsvorschriften wie dem AWG bewilligt. In besonderem Maße treffe dies für die Kläranlage des R S und Umgebung zu, welche wasserrechtlich bewilligt worden sei. Diese Bewilligung umfasse auch die Transportleitung für den stabilisierten Klärschlamm von der Verbandskläranlage zur Deponie und die Transportleitung für das Filtrat der Kammerfilterpresse, der Deponiesickerwässer und der häuslichen Abwässer des Betriebsgebäudes der Deponie. Dem R S und Umgebung sei mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 21.2.21985, die Errichtung und der Betrieb der Schlammentwässerungsanlage auf dem Areal der Deponie der Stadt Steyr sowie Ableitung der Deponiesickerwässer und des Filtrats der Kammerfilterpresse in die Verbandskläranlage wasserrechtlich bewilligt worden.

 

Es sei sachlich nicht nachzuvollziehen, dass Abwasserinhaltsstoffe in einem Verfahrensschritt der Abwasserreinigung mit entsprechender Behandlung dieser Stoffe plötzlich zu Abfall werden. In der taxativen Aufzählung des Anhangs 1 Punkte Q1 bis Q16 des AWG 2002 würden sich ausschließlich Stoffe und Produkte aus industriell-gewerblicher Tätigkeit bzw. unter Punkt Q14 Produkte, welche vom Besitzer nicht oder nicht mehr verwendet würden (z.B. in der Landwirtschaft, den privaten Haushalten, Büros, Verkaufsstellen, Werkstätten) finden. Klärschlamm aus kommunalen Anlagen könne unter die Punkte Q1 bis Q15 keinesfalls eingeordnet werden. Eine Einordnung unter Punkt Q16 sei ebenfalls nicht möglich, da in diesem Punkt nur Stoffe und Produkte aller Art, die nicht einer oder oben erwähnten Gruppen angehören, aufgelistet seien. Damit falle Klärschlamm nicht unter dem Abfallbegriff des AWG 2002. Dies finde seine adäquate Deckung in den Ausnahmen vom Geltungsbereich im § 3 Abs.1 AWG 2002.

 

Weiters sei festzustellen, dass eine Entledigungsabsicht ausschließlich an der Anfallsstelle bestehe könne. Bei Abwasserinhaltsstoffen, welche wasserrechtlichen Vorschriften unterliegen würden, trete die Entledigungsabsicht unmittelbar an der Einleitungsstelle in ein Gewässer oder in eine Kanalisation ein.

 

Der als Rechtsgrundlage des Bescheides zitierte § 37 AWG regle die Genehmigungs- und Anzeigepflicht für ortsfeste Behandlungsanlagen. Da Abwasserinhaltsstoffe, welche aufgrund einer Einleitung in eine Kanalisation wasserrechtlichen Vorschriften unterliegen würden und damit eine Wasserreinigungsanlage keine Abfallbehandlungsanlage im Sinne des AWG sei, könne der § 37 AWG keine Anwendung finden.

 

Wenn das AWG keine Anwendung finden könne, gelte dies zweifelsfrei auch für die Deponieverordnung, deren Rechtsgrundlage § 11 AWG 2002 sei.

 

3. Der Landeshauptmann von Oberösterreich als belangte Behörde hat die Berufung gemeinsam mit dem zugrundeliegenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

Gemäß § 67a Abs.1 dritter Satz AVG ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eine Kammer, die aus drei Mitgliedern besteht, berufen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den bezughabenden Verfahrensakt. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 67d Abs.1 AVG mangels Erfordernis abgesehen werden und ist überdies festzuhalten, dass von der Berufungswerberin auch keine mündliche Verhandlung beantragt wurde.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Zur Frage der Zulässigkeit des Feststellungsbescheides ist auf die zutreffenden Ausführungen der Erstinstanz zu verweisen und vermag sich der Unabhängige Verwaltungssenat diesen rechtlichen Überlegungen vollinhaltlich anzuschließen. Auf eine Wiederholung dieser Ausführungen wird daher verzichtet.

 

4.2. Den Ausführungen der Berufungswerberin, wonach die Kläranlage des R S und Umgebung keine dem Regelungsregime des AWG unterliegende Abfallbehandlungsanlage darstellt, ist grundsätzlich nichts entgegen zu setzen. Für den Bereich der Schlammbehandlungslinien in den Kläranlagen kann dies allerdings nicht aus den Regelungen des § 3 Abs.1 Z1 AWG 2002 abgeleitet werden. Den Ausführungen der Berufungswerberin, wonach die Verbandskläranlage wasserrechtlich bewilligt worden sei und diese Bewilligung auch die Transportleitung für stabilisierten Klärschlamm von der Verbandskläranlage zur Deponie und die Transportleitung für das Filtrat der Kammerfilterpresse der Deponiesickerwässer und der häuslichen Abwässer des Betriebsgebäudes betreffe, ist zu entgegnen, dass entsprechend den in der Berufung genannten Bescheiden des Landeshauptmannes von Oberösterreich die entsprechenden wasserrechtlichen Bewilligungen vor Inkrafttreten des Abfallwirtschaftsgesetzes 1990 bereits erteilt worden sind. Darin ist der Grund zu sehen, dass sich im Rahmen der bislang durchgeführten wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren die Frage, ob eine abfallwirtschaftsrechtliche Genehmigung für die Klärschlämmbehandlung erforderlich ist, bei der gegenständlichen Anlage gar nicht gestellt hat.

Nicht richtig ist die Behauptung der Berufungswerberin, wonach in keinem einzigen Fall eine Kläranlage oder Teile davon wie z.B. die Schlammbehandlung einer gesonderten Bewilligung nach anderen Rechtsvorschriften wie dem AWG unterzogen worden seien. Dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.10.1998, Zl. 95/05/0034, ist zu entnehmen, dass in einem oberösterreichischen Fall bereits eine abfallrechtliche Bewilligung zur Anpassung einer Regionalkläranlage an den Stand der Technik durch Errichtung eines Schlammpressenhauses erteilt wurde. Es entspricht somit nicht den Tatsachen, dass Klärschlammbehandlungsanlagen nicht als Abfallbehandlungsanlagen dem Regelungsregime des AWG 2002 unterliegen.

 

In rechtlicher Hinsicht ist vielmehr davon auszugehen, dass es sich bei Klärschlämmen um keine Abwasserinhaltsstoffe, die zufolge Einleitung in Gewässer oder in eine Kanalisation wasserrechtlichen Vorschriften unterliegen handelt, weshalb Klärschlämme auch nicht vom Ausnahmetatbestand des § 3 Abs.1 Z1 AWG 2002 umfasst sind. Das Lagern flüssiger Chemikalienreste oder die Behandlung von Klärschlamm unterliegt hingegen - selbst wenn es wasserrechtlich genehmigt ist - den Bestimmungen des AWG 2002. (Niedermayr in Das Recht der Abfallwirtschaft, 2. Auflage, S.65 Randziffer 17)

 

Zur Abfalleigenschaft von Klärschlämmen hat bereits der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 18.9.2002, Zl. 2001/07/0172, Folgendes ausgeführt: Für das Auslegungsergebnis, dass nach der Zielsetzung des Gemeinschaftsrechtes in Kläranlagen angefallener Klärschlamm grundsätzlich in den Anwendungsbereich des Anhanges I der Abfallrichtlinie fallen soll, spricht der Regelungsinhalt der Richtlinie 86/278/EWG über den Schutz der Umwelt und insbesondere der Böden bei der Verwendung von Klärschlamm in der Landwirtschaft, fällt doch nach dieser Richtlinie nur der in landwirtschaftlichen Betrieben (ordnungsgemäß) verwendete Klärschlamm nicht unter die Abfall-Richtlinie, was den Schluss zulässt, dass außerhalb von landwirtschaftlichen Betrieben verwendeter Klärschlamm vom Anwendungsbereich der Abfall-Richtlinie umfasst ist.

Dem Vorbringen der Berufungswerberin, wonach in der taxativen Aufzählung des Anhangs 1 Punkte Q1 bis Q16 des AWG 2002 Klärschlämme keinesfalls eingeordnet werden können, ist zu entgegnen, dass bereits in der Regierungsvorlage zum AWG 2002 unter Bezugnahme auf die Judikatur des EUGH darauf hingewiesen wurde, dass Anhang 1 aufgrund des Auffangtatbestandes Q16 keine entscheidende Bedeutung für das Verständnis/die Auslegung des Abfallbegriffes zukommt. Lediglich der mehrfachen Nennung von Rückständen wird Indizcharakter dahingehend zugeschrieben, dass (Produktions-)Rückstände nicht generell vom Abfallbegriff ausgenommen sind.

 

Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass Klärschlämme Abfälle im Sinne des § 2 Abs.1 AWG 2002 darstellen und diese nicht unter den Ausnahmetatbestand des § 3 Abs.1 Z1 AWG 2002 subsumiert werden können und daher dem Geltungsbereich des AWG 2002 unterliegen. Insofern ist davon auszugehen, dass auf die Ablagerung von Klärschlämmen auf genehmigten Deponien die Bestimmungen des AWG 2002 und damit auch die Bestimmungen der Deponieverordnung Anwendung finden.

 

4.3. § 76. Abs.1 AWG 2002 lautet:

Inhaber von am 1. Juli 1997 bestehenden, nach § 29 Abs. 1 des AWG 1990 genehmigten oder wasserrechtlich bewilligten, noch nicht ordnungsgemäß stillgelegten oder geschlossenen Deponien haben entsprechend dem der gemäß WRG 1959, BGBl. Nr. 215, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I. Nr. 59/1997 zuständigen Behörde bis zum 1. Jänner 1998 mitgeteilten Deponietyp folgende Anforderungen des Standes der Technik (Deponieverordnung, BGBl. Nr. 164/1996) einzuhalten:

  1. a) die Anforderungen betreffend Deponieeinrichtungen, Deponiepersonal, Abfalleinbau, Emissions- und Immissionskontrolle und Kontrolle des Deponiekörpers, Dokumentation und Deponieaufsicht, soweit sie sich nicht auf die in Z 2 genannten Anforderungen beziehen; für noch nicht bewilligungsgemäß abgedeckte Schüttbereiche zusätzlich die Anforderungen betreffend 1034 BGBl. I - Ausgegeben am 16. Juli 2002 - Nr. 102 Deponieoberflächenabdeckung; für noch nicht ausgebaute bewilligte Deponieabschnitte zusätzlich die Anforderungen betreffend Vorflut, Standsicherheit, Deponierohplanum, Deponiebasisdichtung, Basisentwässerung und Qualitätssicherung;

    b) die Anforderungen betreffend Zuordnung von Abfällen zu Bodenaushub- oder Baurestmassendeponien, Verbot der Deponierung auf Bodenaushub- oder Baurestmassendeponien, Wasserhaushalt, Deponiegasbehandlung (soweit reaktive deponiegasbildende Abfälle abgelagert wurden oder werden) und besondere Bestimmungen für verfestigte Abfälle, ferner - soweit dies die Überwachung der Einhaltung des Konsenses betrifft - die Anforderungen betreffend Gesamtbeurteilung von Abfällen, besondere Bestimmungen zur Gesamtbeurteilung, Eingangskontrolle, Identitätskontrolle und Rückstellproben;

  2. ab 1. Jänner 2004 die Anforderungen betreffend Zuordnung von Abfällen zu Reststoff- oder Massenabfalldeponien, Verbot der Deponierung, Gesamtbeurteilung von Abfällen, besondere Bestimmungen zur Gesamtbeurteilung, Eingangskontrolle, Identitätskontrolle und Rückstellproben.

 

Gemäß § 2 Z26 Deponieverordnung ist eine mechanisch-biologische Vorbehandlung zum Zweck der Deponierung eine verfahrenstechnische Kombination mechanischer und biologischer Prozesse zur Vorbehandlung von Abfällen. Ziel der mechanischen Prozesse ist insbesondere die Separierung von für eine biologische Behandlung wenig geeigneten Stoffen, von Störstoffen und Schadstoffen oder eine Optimierung des biologischen Abbaus der verbleibenden Abfälle durch Erhöhung der Verfügbarkeit und Homogenität; Ziel der biologischen Prozesse ist der Abbau organischer Substanzen (Ab- und Umbau biologisch abbaubarer Bestandteile) durch die Anwendung aerober oder anaerober mit nachfolgender aerober Verfahren; die mechanisch-biologische Vorbehandlung hat zu einer deutlichen Reduzierung der biologisch abbaubaren Anteile, des Volumens, des Wassergehaltes, des Gasbildungspotentials und der Atmungsaktivität der Abfälle und zu einer deutlichen Verbesserung des Auslaugverhaltens und des Setzungsverhaltens der Abfälle zu führen.

 

Gemäß § 5 Z7 Deponieverordnung ist die Ablagerung von Abfällen, deren Anteil an organischem Kohlenstoff (TOC) mehr als fünf Masseprozent beträgt verboten; ausgenommen sind

.......

f) Abfälle aus der mechanisch-biologischen Vorbehandlung, die auf einer Massenabfalldeponie unter Einhaltung der Grenzwerte der Tabellen 7 und 8 der Anlage 1 abgelagert werden, sofern das Brennwertkriterium gemäß Anlage 5 Punkt G erfüllt wird; die Vermischung eines Abfalls aus mechanisch-biologischer Vorbehandlung mit heizwertarmen Materialien oder Abfällen unter der Zielsetzung, diesen Wert zu unterschreiten, ist unzulässig;

 

Durch § 76 Abs.1 AWG 2002 hat der Gesetzgeber durch diese Regelungen generell in bestehende Deponiekonsense eingegriffen hat. Der Gesetzgeber sieht in einem Stufenplan bezogen auf die einzelnen Deponietypen vor, zu welchen Zeitpunkten dem Stand der Deponietechnik, welcher durch die Deponieverordnung vorgegeben wird, zu entsprechen ist, widrigenfalls keine Abfälle mehr abgelagert werden dürfen. Neben der vorgezogenen Anpassung der deponietechnischen Einrichtungen sieht der Gesetzgeber vor, dass jedenfalls ab 1. Jänner 2004 jede Reststoff- oder Massenabfalldeponie dem im § 5 der Deponieverordnung auferlegten Verbot der Deponierung zu entsprechen hat. Anders ausgedrückt bedeutet dies, dass auf Massenabfalldeponien jedenfalls keine Abfälle mehr abgelagert werden dürfen, die vom Verbot der Deponierung umfasst sind, obwohl der ursprünglich von der zuständigen Behörde erteilte Deponiekonsens eine Ablagerung derartiger Abfälle zulassen würde. Insofern erfolgte ein durch Gesetz vorgegebener Eingriff in die genehmigten Abfallkataloge der einzelnen Massenabfalldeponien.

 

Das Klärschlammbehandlungssystem des R S und Umgebung besteht darin, den in den Faultürmen anaerob behandelten Klärschlamm in der Folge mit Eisensalzen und Kalk zu konditionieren und sodann einer maschinellen Entwässerung mittels Kammerfilterpresse zuzuführen. Untersuchungen zufolge erfüllt der Klärschlamm nach Durchführung der Behandlungsschritte die Kriterien und Grenzwerte für die Zuordnung von Abfällen zu Deponietypen gemäß Anlage 1 Tabelle 7 und 8 der Deponieverordnung. Die Behandlungsschritte des Klärschlammes bestehen demnach aus einer biologischen und anschließenden mechanischen Komponente. Es ist allerdings davon auszugehen, dass dieses System die Vorgaben der mechanisch-biologischen Vorbehandlung im Sinne des § 2 Z26 der Deponieverordnung nicht entspricht. Ziel der biologischen Behandlung ist gemäß § 2 Z26 Deponieverordnung der Abbau organischer Substanzen (Ab- und Umbau biologisch abbaubarer Bestandteile) durch die Anwendung aerober oder anaerober mit nachfolgender aerober Verfahren. Die Behandlung des Klärschlamms im Faulturm stellt eine ausschließlich anaerobe Behandlung dar, weshalb diese Behandlung nicht den Definitionen der Deponieverordnung entspricht, zumal es der biologischen Stufe des Klärschlammbehandlungssystems am notwendigen "nachfolgenden aeroben Verfahren" mangelt. Andererseits bedeutet dies, dass der vom R S und Umgebung stammende Klärschlamm nicht den Ausnahmetatbestand des § 5 Z7 lit.f Deponieverordnung erfüllen kann, da bereits die erste Voraussetzung, nämlich das Abfälle aus der mechanisch-biologischen Vorbehandlung zu stammen haben, nicht erfüllt ist. An dieser Stelle ist festzuhalten, dass die von der Berufungswerberin in Zweifel gezogene sachliche Begründung der Regelungen der Deponieverordnung jedenfalls vom Unabhängigen Verwaltungssenat im gegenständlichen Verfahren nicht zu prüfen ist. Grundlage für die Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates und damit für die zu lösende Rechtsfrage ist und bleibt die bestehende Rechtslage nach dem Abfallwirtschaftsgesetz in Verbindung mit der Deponieverordnung. Mit den diesbezüglichen Argumenten ist somit für die Berufungswerberin nichts zu gewinnen, da die Deponieverordnung ein sehr striktes System für die Zulässigkeit der Ablagerung von Abfällen auf Deponien ab dem 1. Jänner 2004 festgelegt hat.

 

Aufgrund des Umstandes, dass mit dem vom R S und Umgebung praktizierten System der Klärschlammbehandlung die von der Deponieverordnung vorgegebenen Voraussetzungen für eine mechanisch-biologische Vorbehandlung von Abfällen nicht erfüllt werden, können die stabilisierten Klärschlämme, selbst wenn sie die Parameter der Tabellen 7 und 8 sowie die Stabilitätsparameter für Abfälle aus mechanisch-biologischer Vorbehandlung der Anlage 1 der Deponieverordnung und das Brennwertkriterium der Anlage 5 Punkt G leg. cit. erfüllen, nicht dem Ausnahmetatbestand des § 5 Z7 lit.f Deponieverordnung zugeordnet werden, weshalb eine Ablagerung der Klärschlämme ohne allfälliger weiterer aerober Behandlungsschritte auf der Massenabfalldeponie der Berufungswerberin nach der bestehenden Rechtslage nicht zulässig ist. Aufgrund dieses Gesichtspunktes wurde daher von der Erstbehörde zu Recht diese Feststellung getroffen. Da die von der Erstinstanz im Bescheid zitierte Rechtsgrundlage § 37 AWG ausschließlich die Genehmigungs- und Anzeigepflicht für ortsfeste Behandlungsanlagen regelt, war eine entsprechende Konkretisierung der Rechtsgrundlagen im Spruch vorzunehmen.

 

Aus all den genannten Gründen war somit wie im Spruch zu entscheiden.

 

5. Im Verfahren sind für die Antragstellerin Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Klempt

Beachte: 

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VfGH vom 27.11.2006, Zl.: B 870/06-8

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen.

VwGH vom 26.03.2009, Zl.: 2006/07/0165-7

 

 

 

 

 

 

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