Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104417/17/Br

Linz, 03.04.1997

VwSen-104417/17/Br Linz, am 3. April 1997 DVR.0690392

Erkenntnis

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr.Bleier über die Berufung des Herrn J, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt, B, gegen den Punkt 2.) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Gmunden, vom 3. Februar 1997, Zl.: VerkR96-1-617-1996-Ga, wegen Übertretung der StVO 1960, nach der am 1. April 1997 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z2 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 471/1995 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z2, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 620/1995 - VStG.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat mit dem Straferkenntnis vom 3. Februar 1997, Zl.: VerkR96-1-617-1996-Ga, in dessen Punkt 2.) über den Berufungswerber wegen der Übertretung nach § 5 Abs.1 StVO 1960 iVm § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960, eine Geldstrafe von 8.000 S und für den Nichteinbringungsfall sieben Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er am 19. Oktober 1996 gegen 15.00 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (0,41 mg/l Atemluftalkoholgehalt, rückgerechnet auf die Tatzeit) auf Straßen mit öffentlichem Verkehr (Salzkammergut Straße , Gemeindestraßen in B) im Gemeindegebiet von B, aus Richtung des Ortschaftsbereiches W kommend bis zur Dienststelle des GPK B gelenkt habe. Im Punkt 1.) des Straferkenntnisses wurde der Berufungswerber wegen Begehung des gleichen Deliktes bestraft, wobei ihm unter Grundlegung eines (noch) höheren Alkoholisierungsgrades vorgeworfen wurde, daß er das Fahrzeug (auch) gegen 12.00 Uhr unter Beschreibung der vermutlichen Fahrtstrecke bis zum Ort der Anhaltung durch den Zeugen St (als Jagdaufsichtsorgan) gelenkt habe.

2. Begründend führte die Erstbehörde im Ergebnis aus, daß die um 16.20 Uhr und 16.22 Uhr durchgeführte Messung der Atemluft am GPK B (noch) einen Wert von 0,35 mg/l ergeben habe. Daraus ergebe sich laut Rückrechnung des medizinischen Sachverständigen auf den Lenkzeitpunkt um 15.00 Uhr ein Atemluftalkoholgehalt von 0,41 mg/l was umgerechnet einen Blutalkoholwert von 0,83 Promille entspreche. Die Erstbehörde erachtete daher eine Grenzwertüberschreitung auch im Zuge der Fahrt zum Gendarmerieposten B beim Berufungswerber noch als gegeben.

2.1. In der fristgerecht ausdrücklich nur gegen den Punkt 2.) des Straferkenntnisses erhobenen Berufung rügt der Berufungswerber, daß die zweite Lenkzeit nicht exakt feststehe. Bereits bei einer Verschiebung dieser um nur 20 Minuten würde unter Zugrundelegung der angestellten Berechnung eine Grenzwertüberschreitung nicht mehr vorliegen. Die Erstbehörde hätte auch übersehen, daß er diese Fahrt ausdrücklich auf Anordnung der Gendarmeriebeamten zum Gendarmerieposten durchgeführt habe. Er hätte sich dieser Anordnung gar nicht widersetzen dürfen, so daß sein Verhalten als übergesetzlicher Notstand zu werten wäre. Abschließend macht der Berufungswerber noch geltend, daß der der Berechnung grundgelegte kleinstmögliche Abbauwert von 0,1 Promille pro Stunde zwar als allgemeine Faustregel gelte, jedoch dieser Abbauwert tatsächlich keineswegs der kleinstmöglich denkbare sein muß. Er stellte den Antrag auf Aufhebung des Straferkenntnisses in dessen zweiten Punkt.

3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Wegen der hier vorliegenden Bestreitung von Tatsachen wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme und Erörterung des Inhaltes des Verwaltungsstrafaktes der Bezirkshauptmannschaft Gmunden, Zl. VerkR96-1-617-1996-Ga, zu Beginn der öffentlichen mündlichen Verhandlung. Ferner wurde Beweis erhoben durch die zeugenschaftliche Vernehmung der bei der Amtshandlung anwesenden Gendarmeriebeamten, RevInsp. A. G und RevInsp. M. K, der Vernehmung der Zeugen Rudolf und Christian S, der Vernehmung des Zeugen Josef H, sowie der Vernehmung des Berufungswerbers als Beschuldigten anläßlich der Berufungsverhandlung. An der Berufungsverhandlung hat auch ein Vertreter der Erstbehörde teilgenommen.

5. Der Berufungswerber hielt sich am 19. Oktober 1996 in der Zeit von etwa 11.00 Uhr bis 12.00 Uhr gemeinsam mit Josef H im Bahnhofsrestaurant in B auf. Dort wurde von Beiden eine unbestimmte Menge Bier konsumiert. H war vom Vortag noch alkoholbeeinträchtigt, so daß er den Berufungswerber ersuchte, daß dieser seinen Pkw lenke.

Bereits am Vormittag des 19. Oktober 1996 hatten sie auf einem Schießplatz mehrere im Fahrzeug des Berufungswerbers mitgeführte Feuerwaffen eingeschossen. Nach dem Besuch des Bahnhofsrestaurants fuhren sie über Umwege in das Revier im Forstbezirk W, Gebiet der Forstverwaltung B und gelangten, nachdem sie die Orientierung verloren hatten, ins sogenannte "G" - vorderes Traunbacheck, wo sie um ca. 13.00 Uhr in einem ausgetrockneten Bachbeet durch den dort mit Forstarbeiten beschäftigten Zeugen Christian S wegen der im Fahrzeug mitgeführten Waffen an der Weiterfahrt gehindert wurden. Im Fahrzeug wurde auch eine Sechserpackung Bier mitgeführt, welche bis zum Einschreiten der Gendarmerie bis auf zwei Flaschen geleert worden war, wobei ebenfalls nicht nachvollziehbar war, wieviel davon der Berufungswerber bis zum Zeitpunkt der Anhaltung noch getrunken gehabt hatte. Nach Verständigung der Gendarmerie durch den Zeugen Rudolf S trafen die Gendarmeriebeamten RevInsp. G und RevInsp. K um etwa 14.30 Uhr vor Ort ein. Sowohl der Berufungswerber und dessen Mitfahrer H wurden nach der etwa zehn bis fünfzehn Minuten dauernden Amtshandlung zum Gendarmerieposten B befohlen. Während H im Gendarmeriefahrzeug mitfuhr, lenkte der Berufungswerber gegen 14.45 Uhr das Fahrzeug aus dem Bereich des Forstbezirkes, Forststraße W zum Gendarmerieposten B. Dort traf man etwa um 15.10 Uhr ein. Um 15.24 Uhr wurde mit der Einvernahme des Berufungswerbers begonnen und es wurde schließlich um 16.20 Uhr, nachdem sich verschiedene Verdachtsmomente auch auf eine bestehende Alkoholisierung während der vom Berufungswerber ausgeführten Fahrt ergeben hatten, die Atemluftuntersuchung mittels Alkomat durchgeführt, welche zu einem Ergebnis von 0,35 mg/l führte. Das Ergebnis der Atemluftuntersuchung blieb im Rahmen des Berufungsverfahrens unbestritten.

5.1. Dieses Beweisergebnis stützt sich auf die Angaben des Zeugen S, die der Gendarmeriebeamten und des Zeugen Hl. Weitgehend ist auch die Verantwortung des Berufungswerbers selbst mit diesem Beweisergebnis ident, so daß der Sachverhalt auch auf seine eigene Verantwortung gestützt werden kann. Lediglich im Hinblick auf die Trinkangaben bestehen geringfügige Abweichungen zwischen den Angaben des Berufungswerbers und seines Mitfahrers H. Diese resultieren jedoch nachvollziehbar aus der von H selbst zugegebenen beträchtlichen Alkoholisierung und der daraus erschließbaren Erinnerungsdefezite. Durchaus glaubwürdig und den Denkgesetzen nachvollziehbar vermochte der Gendarmeriebeamten RevInsp. G darzutun, daß (was ohnedies dahingestellt sein könnte) er den Berufungswerber "ad personam" nicht zur Fahrt zum Gendarmerieposten aufforderte, sondern dies zwischen dem H und dem Berufungswerber vereinbart war, daß letzterer das Fahrzeug lenken sollte. Dies wird von H mit seiner sinngemäßen Aussage bestätigt, daß er wegen seiner Alkoholisierung schon vorher das Fahrzeug nicht gelenkt habe und er daher eben auch nicht vom Ort der Anhaltung wegfahren habe wollen. Die im Beweisverfahren ermittelten Zeitangaben finden durch das am Gendarmerieposten B laut zeitlicher Festlegung des Vernehmungsbeginnes am Protokoll um 15.24 Uhr eine weitere Bestätigung. Mit der Einvernahme des Berufungswerbers durch RevInsp. K wurde um 15.27 Uhr und mit der des Josef H durch RevInsp. G begonnen. Es kann daher davon ausgegangen werden, daß das Lenkende spätestens um 15.10 Uhr anzunehmen ist und die Abfahrt am Anhalteort demzufolge etwa 20 bis 30 Minuten vorher gelegen sein mußte. An der vorliegenden Rückrechnung mit einem Abbauwert zugunsten des Berufungswerbers von nur 0,1 Promille pro Stunde, konnte daher ohne Zweifel von einer Grenzwertüberschreitung zumindest noch zum Zeitpunkt des Fahrtantrittes zum GPK B ausgegangen werden. Das diesbezügliche Vorbringen des Berufungswerbers im Hinblick auf ein späteres Lenken ist demnach im Lichte dieses Beweisergebnisses widerlegt.

Das Beweisverfahren hat aber andererseits keine Zweifel daran übrig gelassen, daß es sich hier um ein einheitliches Fahrtgeschehen gehandelt hat, deren Zweck Gegenstand anderer behördlicher Verfahren geworden ist. In welchem Umfang sich der Berufungswerber seines Alkoholisierungsgrades bewußt war, konnte ebenfalls dahingestellt sein.

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

6.1. § 5 Abs. 1 StVO 1960 lautet: Wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.

Auch wenn dies dahingestellt sein kann, vermöchte sich der Berufungswerber auf einen übergesetzlichen Notstand nicht mit Erfolg berufen. Er hätte einerseits durch die Gendarmeriebeamten zur Inbetriebnahme seines Fahrzeuges nicht gezwungen werden können, andererseits mußten die Gendarmeriebeamten zu diesem Zeitpunkt noch keinen Verdacht für eine bestehende Alkoholbeeinträchtigung gehabt haben, so daß es für ein Zurücklassen des Fahrzeuges des Zeugen H im Wald keinen vernünftigen Grund gegeben hätte. Immerhin wurde die Amtshandlung wegen des Verdachtes der Begehung einer gerichtlich strafbaren Verhaltensweise eingeleitet, wobei sich erst später der Verdacht einer Alkoholisierung ergab.

6.2. Hier stellt sich vielmehr die Frage der Kumulation im Sinne des § 22 VStG, wobei zu bemerken ist, daß wohl grundsätzlich für jedes Delikt eine eigene Strafe, somit bei mehreren Delikten entsprechend viele Strafen verhängt werden können. Das hier vorliegende Sachverhaltsbild ist jedoch als so geartet zu qualifizieren, daß hinsichtlich des Faktums 2. die Begehungsform in der strafrechtlichen Figur des fortgesetzten Deliktes zum inhaltsgleichen und bereits Gegenstand einer Bestrafung gemachten Vorwurfes des Faktums 1.) steht; gegen dieses Faktum wurde nicht berufen und es ist die diesbezüglich erfolgte Bestrafung in Rechtskraft erwachsen. Das hier zu beurteilende Tatverhalten kommt bloß als eine (tateinheitliche) Fahrt zum Tragen, welche hier bereits von der vorliegenden Bestrafung mitumfaßt ist (vgl. zum Begriff des fortgesetzten Deliktes VwGH Slg 7993(A)/71, Slg 9001(A)/76, Slg 9246(A)/77 v. 19.4.1979, 669/78, sowie Erk. des verst. Sen. Slg. 10138(A)/80, sowie Slg 10352/A/80, Zl. 818/80, 861/80, 944/80, 1003/80). Auch die längerdauernde Fahrtunterbrechung und der sich dadurch ändernde Alkoholisierungsgrad vermag an der Tateinheit nichts zu ändern. Von dieser rechtlichen Beurteilung abzugehen würde zum Ergebnis führen, daß etwa ein alkoholisierter Fahrzeuglenker gleichsam für jede beliebige Etappe seiner Fahrt - welche er in einem derartigen Zustand durchfahren haben mußte und wo es zu einer Fahrtunterbrechung kam - theoretisch beliebig oft (nach jedem Anhalten) bestraft werden könnte. Dies würde zu einer unzulässigen und von reinen Zufälligkeiten abhängigen Delikskumulation führen. Dies gilt es auch in diesem Fall zu vermeiden, wo der Bestrafte zur Fahrtunterbrechung (wenn auch vermutlich durchaus zu Recht) gezwungen wurde (vgl. auch h. Erkenntnisse VwSen - 102714 u. VwSen - 102723/Br v. 19. Mai 1995). Im zuletzt zit. Fall fuhr der Berufungswerber in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand an Straßenaufsichtsorganen vorbei und befolgte deren Zeichen zum Anhalten nicht. Die Anlastung von zwei Delikten (die Fahrt am versuchten Anhalteort und später zum tatsächlichen Anhalteort) wurde als unzulässig erkannt. Eine zweite Tatbegehung wäre jedoch etwa dann anzunehmen, wenn der Berufungswerber wegen Alkoholisierung bereits vorher beamtshandelt und ihm die Weiterfahrt untersagt worden wäre, dieser in der Folge aber (trotzdem) die Fahrt in einem immer noch alkoholisierten Zustand fortsetzen würde.

Es liegt hier daher ein Grund vor, welcher die (zweimalige) Bestrafung ausschließt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. B l e i e r

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