Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104424/7/Br

Linz, 25.03.1997

VwSen-104424/7/Br Linz, am 25. März 1997 DVR.0690392

Erkenntnis

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn O vertreten durch Herrn Dr. N, Rechtsanwalt, R, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 17. Jänner 1997, Zl.: VerkR96-11574-1996, wegen Übertretung des KFG - 1967, nach der am 25. März 1997 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z2 VStG eingestellt. Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z2, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 620/1995 - VStG; II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Erstbehörde hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis wider den Berufungswerber eine Geldstrafe von 3.000 S und für den Nichteinbringungsfall 36 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er es als Zulassungsbesitzer des Pkw mit dem Kennzeichen (D) der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck über deren Aufforderung (zugestellt am 26.7.1996) nicht binnen zwei Wochen ab Zustellung, Auskunft darüber erteilt habe, wer diesen Pkw am 23.4.1996 um 12.17 Uhr auf der A1 in Richtung Wien gelenkt habe, wobei zu diesem Zeitpunkt mit diesem Fahrzeug im Gemeindegebiet von S bei km 237.900 die auf Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit überschritten worden sei.

2. Die Erstbehörde führte begründend im Ergebnis aus, daß die öffentlich rechtliche Verpflichtung zur Auskunftserteilung am Sitz der anfragenden Behörde geschuldet werde. Demnach gelange österreichisches Recht zur Anwendung. Die Erstbehörde vermeinte ferner, daß eine Verpflichtung für eine Zustellung zu eigenen Handen des Auskunftspflichtigen nicht bestehe. Obwohl hier die Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe nicht vom Berufungswerber persönlich, sondern von einen Familienangehörigen übernommen worden sei, könne davon ausgegangen werden, daß ihm dieses Schriftstück zugekommen ist. Diese Annahme habe der Berufungswerber nicht zu entkräften vermocht.

2.1. Dagegen wandte sich der Berufungswerber durch die von seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht erhobene Berufung und führt folgendes aus: "In umseits bezeichneter Verwaltungsstrafsache erhebe ich durch meinen ausgewiesenen Rechtsfreund gegen das Straferkenntnis der BH Vöcklabruck VerkR 96-11574-1996 vom 17.01.1997, meinem ausgewiesenen Rechtsfreund zugestellt am 30.01.1997, an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich das Rechtsmittel der B E R U F U N G und führe diese aus wie folgt:

Das angefochtene Straferkenntnis wird seinem gesamten Umfange und Inhalte nach wegen Verfahrensmangelhaftigkeit/Rechtswidrigkeit bekämpft und im einzelnen ausgeführt wie folgt:

In dem angefochtenen Straferkenntnis wird mir angelastet als Zulassungsbesitzer des PKW mit dem behördl. Kennzeichen (D) der BH Vöcklabruck über Aufforderung (zugestellt am 26.07.1996) nicht binnen zwei Wochen ab Zustellung Auskunft darüber gegeben zu haben, wer den PKW am 23.04.1996 um 12.17 Uhr auf der A 1 in Richtung Wien gelenkt hat und im Gemeindegebiet von S, Autobahn km 237,900 die auf Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit überschritten hat, weshalb über mich eine Geldstrafe von insgesamt ATS 3.300,-- inkl. Verfahrenskosten verhängt wurde.

Mit Aufforderung der BH Vöcklabruck vom 13.08.1996 wurde mein ausgewiesener Rechtsfreund zu einer Rechtfertigung hinsichtlich der nunmehrig vorgeworfenen angeblichen Verwaltungsübertretung aufgefordert. Mit Stellungnahmeschriftsatz vom 10.09.1996 habe ich ausdrücklich darauf verwiesen, daß von mir keine Verletzung des § 103 Abs. 2 KFG 1967 vorgenommen wurde. Voraussetzung für eine Bestrafung im Sinne dieser Gesetzesbestimmung wäre, daß mir die Aufforderung (Lenkererhebung) vom 22.07.1996 tatsächlich zugestellt bzw. tatsächlich zugegangen wäre. Dies war im konkreten Fall aber nicht gegeben.

Dem im Akt erliegenden intern. Rückschein vom 26.07.1996 (Poststempel München) ist eindeutig zu entnehmen, daß die darauf angebrachte Unterschrift nicht meine Unterschrift ist.

Zum Beweise dafür, daß die auf dem intern. Rückschein vom 26.07.1996 aufscheinende Unterschrift unter der Rubrik "Datum und Unterschrift des Empfängers" nicht meine Unterschrift ist, wurde in der Beilage des Stellungnahmeschriftsatzes vom 10.09.1996 die Kopie des Vollmachtsformulares, welches ich meinem ausgewiesenen Rechtsfreund mit 02.08.1996 übermittelte, vorgelegt. Aus den unterschiedlichen Schriftzügen ist eindeutig zu erkennen, daß die Unterschrift auf dem intern. Rückschein vom 26.07.1996 nicht von mir stammt. Es wird beispielsweise nur darauf verwiesen, daß das "g" eine gänzlich unterschiedliche Schreibweise - insbesondere in der unteren Schlinge - aufweist. Ebenso unterscheidet sich auch das "a". Weiters wird darauf verwiesen, daß ich bei meiner Unterschriftsleistung für meinen Vornamen Oliver immer vorweg ein "O" mit einem anschließenden Punkt setze.

Daraus ist ersichtlich, daß die Behörde - wegen der Wichtigkeit der Angelegenheit - beabsichtigte mir die Lenkererhebung zu eigenen Handen zuzustellen. Diese Eigenhandzustellung ist aber nicht erfolgt. Ich habe auch nicht nachträglich Kenntnis von diesem Schreiben erhalten, womit der Vorwurf einer Rechtsverletzung unrichtig ist. Tatsächlich wurde das Schriftstück vom 22.07.1996 (Lenkererhebung) meiner Mutter zugestellt. Aus nicht mehr rekonstruierbaren Gründen hat mir diese die Lenkererhebung nicht zur Kenntnis gebracht.

Mit Schriftsatz vom 07.11.1996 habe ich weiters darauf verwiesen, daß das auf mich zugelassene Kraftfahrzeug zum angeblichen Tatzeitpunkt am angeblichen Tatort nicht von mir, sondern meinem Freund M, BRD, mit welchem ich seinerzeit gemeinsam zur Eishockey-WM nach Wien unterwegs war, gelenkt wurde. Diese Bekanntgabe hätte ich - wäre mir die Lenkererhebung vom 22.07.1996 vorher tatsächlich zugegangen, schon früher machen können. In diesem Zusammenhang wurde ausdrücklich die Einvernahme des Zeugen Max H im Rechtshilfeweg beantragt.

Das Straferkenntnis ist auch deshalb mit Rechtswidrigkeit behaftet, da weder Tatort noch Tatzeitangaben vorliegen, welche für eine Konkretisierung des Tatvorwurfes erforderlich wären, um eine Verletzung des Grundsatzes "nebis in idem" hintanzuhalten.

Die verhängte Geldstrafe wird auch ausdrücklich als überhöht bekämpft. Diese orientiert sich offensichtlich an dem Grunddelikt (angebliche Geschwindigkeitsüberschreitung 49 km/h).

Im konkreten Fall liegen keine Erschwerungsgründe vor. Tatsächlich sind aber nachfolgende Milderungsgründe gegeben: - der bisher ordentliche Lebenswandel und die Tatsache, daß die Tat mit dem sonstigen Verhalten in Widerspruch steht; - die Tat lediglich aus Fahrlässigkeit begangen wurde; - die Tat nur aus Unbesonnenheit (Unachtsamkeit) begangen wurde; - die Tat mehr durch besonders verlockende Gelegenheit als mit vorgefaßter Absicht begangen wurde; - optimale Fahrbahn- und Straßen- sowie Verkehrsverhältnisse herrschten (kein anderer Fahrzeugverkehr); - die Tat unter Umständen begangen wurde, die einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahe kommen; - es trotz Vollendung der Tat zu keinen Schäden Dritter gekommen ist; - sich von der Zufügung eines größeren Schadens, obwohl dazu die Gelegenheit offengestanden wäre, freiwillig Abstand genommen wurde (keine noch höhere Geschwindigkeit eingehalten wurde); - die Tat schon vor längerer Zeit begangen wurde und seither ein Wohlverhalten vorliegt.

Abschließend stelle ich sohin nachfolgende A N T R Ä G E :

der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge das angefochtene Straferkenntnis der BH Vöcklabruck VerkR96-11574-1996 vom 17.01.1997 ersatzlos beheben und das wider mich anhängige Verwaltungsstrafverfahren einstellen. Dies nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung und nachfolgender Beweisanträge: zeugenschaftliche Einvernahme der Frau L, BRD, im Rechtshilfeweg zum Beweise dafür, daß dieser die seinerzeitige Lenkererhebung vom 22.07. 1996 mit 26.07.1996 zu eigenen Handen zugestellt wurde und diese aus für sie nicht mehr nachvollziehbaren Gründen dieses Poststück dem Einschreiter nicht zur Kenntnis gebracht hat (verlegt hat); in eventu Aussprache einer Ermahnung im Sinne des § 21 VStG; in eventu Herabsetzung der Geldstrafe auf ein gesetzeskonformes mildes Maß.

Gmunden, am 13.02.1997 O" 3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den erstbehördlichen Verfahrensakt. Ferner durch Einholung einer Auskunft über die Zustellbestimmungen im Wege der deutschen Bundespost, sowie durch die Vernehmung von Frau L als Zeugin und des Berufungswerbers als Beschuldigten im Rahmen der durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung.

4. Zumal keine 10.000,- S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen.

5. Folgender Sachverhalt ist erwiesen.

5.1. Für den Berufungswerber wurde die Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers am 26. Juli 1996 an dessen Wohnadresse in München zugestellt und von dessen Mutter übernommen. Die Zustellung erfolgte nicht mit dem Vermerk "eigenhändig". In weiterer Folge unterblieb eine Weiterleitung an den an der Ababenstelle wohnenden Berufungswerber, weil dieses Schreiben in Zeitungen oder Reklamematerial gelangt sein dürfte und so in Verstoß geriet. Dem Berufungswerber kam demnach die Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe erwiesenermaßen nicht zu. Es kann daher - entgegen der Vermutung der Erstbehörde - nicht von der Zustellung an den Berufungswerber ausgegangen werden. 5.2. Diese Angaben werden von der Zeugin O bestätigt. Sie legte dar, daß sie diese Sendung vom Postboten übernommen haben dürfte und sie diese dem Sohn nicht weiterleitete. Auf dem postamtlichen Zustellbeleg ist ersichtlich, daß es sich bei der Übernehmerin der Postsendung (Aufforderung zur Lenkerauskunft) um die Mutter des Berufungswerbers handelt. Letztgenannte ist zu 70% sehbehindert, sodaß es durchaus nachvollziehbar ist, daß sie das Behördenstück in Zeitungen oder Reklamematerial hinein manipulierte. Damit wird die Verantwortung des Berufungswerbers glaubhaft unterstrichen, sodaß das Vorbringen des Berufungswerbers als erwiesen anzusehen ist. Zumindest müßte mangels des Beweises des Gegenteils - nämlich der e.h. Übernahme - von der Richtigkeit dieser Tatsache ausgegangen werden.

6. Der § 103 Abs.2 KFG 1967 lautet: Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen (Verfassungsbestimmung). Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

6.1. Hier lag ein rechtswirksamer Zustellvorgang im Hinblick auf die Aufforderung zur Lenkerauskunft nicht vor. Der Berufungswerber war demnach objektiv nicht in der Lage dem behördlichen Ersuchen nachzukommen, sodaß der diesbezügliche Tatvorwurf nicht aufrechterhalten werden kann.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. B l e i e r

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