Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-530400/2/Re/Sta

Linz, 03.04.2006

 

 

 

VwSen-530400/2/Re/Sta Linz, am 3. April 2006

DVR.0690392

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung der Frau A F, S, G, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 22. November 2005, Zl. Ge20-91-5-2005, betreffend die Vorschreibung zusätzlicher Auflagen gemäß § 79 Abs.1 GewO 1994, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung von 22. November 2005, Ge20-91-5-2005, wird behoben.

 

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4, 67 Abs.1 und 67d des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 idgF (AVG 1991);

§§ 359a und 79 der Gewerbeordnung 1994 idgF (GewO 1994).

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit dem Bescheid vom
22. November 2005, Ge20-91-5-2005, gegenüber der Berufungswerberin als Inhaberin der gegenständlichen Tankstelle im Standort A, S, für den weiteren Betrieb der Anlage als zusätzliche Auflage gemäß § 79 Abs.1 GewO 1994 vorgeschrieben, im Bereich des Tankdomes links und rechts des Lagerbehälters eine Sondierung bis 1 m unter die Behältersohle zu führen, die Bohrung von einem befähigten Institut oder einem Zivilingenieur zu beaufsichtigen sowie die Bodenproben auf Mineralöl zu untersuchen, die Sondierungen bis spätestens 31. Jänner 2006 durchzuführen und das Ergebnis der belangten Anlagenbehörde in Form eines Berichtes mitzuteilen. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, dass anlässlich einer Überprüfung am 5. September 2005 eruiert worden sei, dass im Jahr 2002 bei einem 8.000 l Tank ein Leck aufgetreten sei. Laut Annahme des Sachverständigen sei das Leck an der Außenhaut des Tanks durch das Abtropfen von Mineralöl beim Abschlauchen und die daraufhin erfolgte Beschädigung der äußeren Isolierung erfolgt. Das Leck befand sich im Bereich einer Schweißnaht beim Tankdom. Vom Sachverständigen seien die Sonden für erforderlich erachtet worden.

 

Gegen diesen Bescheid vom 22. November 2005, der Berufungswerberin zugestellt am 24. November 2005, hat diese mit Telefax vom 6. Dezember 2005, somit innerhalb offener Frist eingebracht, Berufung erhoben. Dies mit der Begründung, im Rahmen der Besprechung am 5. September 2005 sei vereinbart worden, dass Bohrungen und Untersuchungen von Amts wegen veranlasst und bezahlt würden, nur bei verunreinigtem Erdreich sie die Kosten tragen solle. Laut Gutachten des Amtssachverständigen komme das Korrosionsleck am Außenmantel von unsachgerechter Befüllung. Ihrer Erfahrung nach hemme Diesel die Korrosion, nur Kondenswasser fördere sie. Jeder zugelieferte und verkaufte Liter Treibstoff sei nachvollziehbar, es fehle kein Liter.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung als belangte Behörde hat diese Berufungsschrift gemeinsam mit dem zu Grunde liegenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Die belangte Behörde hat dabei keine inhaltlichen Äußerungen zum Berufungsvorbringen abgegeben und keinen Widerspruch im Sinne des § 67h Abs.1 AVG erhoben.

 

Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich durch Einzelmitglied ergibt sich aus § 359a GewO 1994.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zu Ge20-91-5-2005.

 

Im Grunde des § 67d Abs.1 AVG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mangels Erfordernis abgesehen werden.

 

In der Sache hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

 

  1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden,
  2.  

  3. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,
  4.  

  5. die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,
  6.  

  7. die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder
  8.  

  9. eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

 

Gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1994 ist eine Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.

 

 

Gemäß § 79 Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn sich nach Genehmigung der Anlage ergibt, dass die gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht hinreichend geschützt sind, die nach dem Stand der Technik und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zur Erreichung dieses Schutzes erforderlichen anderen oder zusätzlichen Auflagen (§ 77 Abs. 1) vorzuschreiben; die Auflagen haben gegebenenfalls auch die zur Erreichung dieses Schutzes erforderliche Beseitigung eingetretener Folgen von Auswirkungen der Anlage zu umfassen;....... Die Behörde hat solche Auflagen nicht vorzuschreiben, wenn sie unverhältnismäßig sind, vor allem, wenn der mit der Erfüllung der Auflagen verbundene Aufwand außer Verhältnis zu dem mit den Auflagen angestrebten Erfolg steht. Dabei sind insbesondere Art, Menge und Gefährlichkeit der von der Anlage ausgehenden Emissionen und der von ihr verursachten Immissionen sowie die Nutzungsdauer und die technischen Besonderheiten der Anlage zu berücksichtigen.

§ 79 Abs.1 sieht somit eine Anpassung eines rechtskräftigen Genehmigungsbescheides für den Fall vor, dass die gemäß § 74 Abs.2 wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der schon vorgeschriebenen Auflagen nicht hinreichend geschützt sind bzw. werden. Unter den gemäß § 74 Abs.2 wahrzunehmenden Interessen sind alle nach den Z1 bis 5 dieser Bestimmung angeführten Interessen zu verstehen, sohin neben den subjektiv-öffentlichen Interessen auch solche Interessen, die ausschließlich von Amts wegen wahrzunehmen und daher objektiv öffentliche Interessen sind.

 

Die Ermächtigung der Behörde, entsprechende Auflagen vorzuschreiben, hängt davon ab, dass die Einhaltung der im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen einen hinreichenden Schutz der im § 74 Abs.2 umschriebenen Interessen nicht gewährleisten, wobei - wie sich aus der Bezugnahme auf § 74 Abs.2 ergibt - die Beurteilung im Verfahren nach § 79 in dieser Hinsicht keinen anderen Voraussetzungen unterliegt, als im Verfahren zur Genehmigung der Betriebsanlage (VwGH 18.6.1996, 96/04/0005, 0006). In beiden Fällen hat daher die Behörde die Auswirkungen der Betriebsanlage zu beurteilen und zu prüfen, welche Auflagen erforderlich sind, um Gefährdungen oder unzumutbare Belästigungen hintan zu halten. Daher sind erforderlichenfalls auch entsprechende Sachverständigengutachten einzuholen.

 

Eine Auflage im Sinne des § 79 kann jede der Vermeidung von Immissionen dienende und zu seiner Erfüllung geeignete - behördlich erzwingbare - Maßnahme des Inhabers der Betriebsanlage zum Gegenstand haben. Auch Auflagen nach § 79 müssen - ebenso wie solche nach § 77 Abs.1 - bestimmt und geeignet sein.

 

Unabhängig von den weiteren Ausführungen zur Begründung des Spruches des gegenständlichen Erkenntnisses ist bereits an dieser Stelle festzuhalten, dass die vorgeschriebene Auflage die oben zitierte erforderliche Bestimmtheit jedenfalls nicht erfüllt. Weder dem Spruch des Bescheides noch dessen Begründung ist konkret zu entnehmen, bei welchem Lagertank der gegenständlichen Tankstelle die Untersuchung durchgeführt werden soll. Darüber hinaus ist in der Auflage lediglich angeführt, dass Bodenproben auf Mineralöl zu untersuchen seien. Nicht detailliert festgelegt ist jedoch die Art und Weise bzw. die Untersuchungsmethode, nach welcher eine Untersuchung von Bodenproben durchgeführt werden soll (optisch, grob sinnlich, olfaktorisch, chemisch etc.).

 

Noch viel wesentlicher für das Schicksal des bekämpften Bescheides ist jedoch die Beurteilung der zusätzlich vorgeschriebenen Auflage aus dem Blickwinkel des § 79 Abs.1 GewO 1994. Nach dem zweiten Teilsatz des § 79 Abs.1, welcher durch die Gewerberechtsnovelle 1997 eingefügt wurde, ist es zwar nun grundsätzlich möglich, dass Auflagen auch die Beseitigung bereits eingetretener Folgen von Auswirkungen der Anlage betreffen können. Es kann daher mit dieser Neuregelung dem Umstand Rechnung getragen werden, dass der Betrieb einer Anlage bereits durch seine Auswirkungen Folgen für die Nachbarn oder die Umgebung, wie zB gewässergefährdende Bodenkontaminationen, hatte und sind grundsätzlich erforderliche Auflagen zulässig, die der Beseitigung eingetretener Folgen dienen. Derartige konkrete Folgen wurden im gegenständlichen Verfahren weder ausdrücklich festgestellt, noch durch ein schlüssiges Gutachten der beigezogenen Amtssachverständigen auch nur annähernd erwiesen.

 

Da es sich beim Verfahren gemäß § 79 Abs.1 GewO 1994 grundsätzlich um ein amtswegig durchzuführendes Verfahren handelt, können auf dieser Rechtsgrundlage dem Anlageninhaber - aufbauend auf Vermutungen - keine durchzuführenden Maßnahmen zur Erkundung des Vorliegens eines Sachverhaltes, welcher für sich zur Vorschreibung von Auflagen nach § 79 Abs.1 zweiter Teilsatz geeignet erscheint, vorgeschrieben werden. Im Rahmen der durchgeführten mündlichen Verhandlung wurde vom wasserfachlichen Amtssachverständigen lediglich festgestellt, dass auf Grund eines im Jahr 2002 aufgetretenen Lecks an der Außenhaut eines doppelwandigen Lagerbehälters anzunehmen sei, dass durch das Abtropfen von Mineralöl beim Abschlauchen die äußere Isolierung - offensichtlich des Lagerbehälters - beschädigt worden und dort das Leck aufgetreten sei. Nachweise für tatsächliche Kontaminierungen bzw. für das Vorliegen einer drohenden Gewässerverunreinigung lagen jedenfalls zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung nicht vor.

 

Auf Grund der dargestellten Sach- und Rechtslagen konnte die bescheidmäßige Verpflichtung zur Durchführung von Sondierungsbohrungen im Bereich eines Tankdomes links und rechts neben einem nicht näher definiertem Lagerbehälter nicht aufrecht erhalten werden und war wie im Spruch zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

  1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
  2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in der Höhe von 13 Euro angefallen.

 

Dr. Reichenberger

 

 

Beschlagwortung:

§ 79 GewO; Kontaminierung keine;

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