Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-530404/2/Bm/Sta

Linz, 30.01.2006

 

 

 

VwSen-530404/2/Bm/Sta Linz, am 30. Jänner 2006

DVR.0690392

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn K S, O, T, vertreten durch Dr. M S, W O, D. K, W, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 20.12.2005, Ge20-121-2004-Re, mit welchem Herrn K S hinsichtlich der gewerbebehördlichen Betriebsanlage im Standort W (richtig W) in S, Zwangsmaßnahmen gemäß § 360 Abs.1 GewO 1994 aufgetragen wurden, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als

I.) Spruchpunkt 1. lit. a wie folgt zu lauten hat:

"a) Die gelagerten Altreifen, die derzeit ohne jegliche Ordnung und ohne
jegliches Lagerkonzept aufbewahrt werden, sind zu entfernen."

II.) die unter Spruchpunkt 2. für die Durchführung der Maßnahmen
angeführte Frist von "binnen 8 Wochen nach Zustellung des
Bescheides" bis 30. April 2006 verlängert wird und

III.) der im Spruch beschriebene Standort der gewerblichen Betriebsanlage
in "W in S" geändert wird.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 67a Abs.1 und 58 AVG.

§ 360 Abs.1 GewO 1994.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Mit Bescheid vom 20.12.2005 wurde Herrn K S, T, hinsichtlich der konsenslos betriebenen Betriebsanlage in W (richtig: ), S, die gewerbebehördliche Schließung gemäß § 360 Abs.1 GewO 1994 unter Vorschreibung bestimmter Maßnahmen (Punkt 1. lit.a bis c) aufgetragen.

Unter Punkt 1. lit. a wurde u.a. vorgeschrieben, die gelagerten Altreifen, die derzeit ohne jegliche Ordnung und ohne jegliches Lagerkonzept aufbewahrt werden, sind zu entsorgen, und über die Entsorgung dieser Altreifen sind Nachweise der Gewerbebehörde zur Einsichtnahme vorzulegen.

Dieser Bescheid erging im Grunde des § 360 Abs.1 GewO 1994 anlässlich der am
8.11.2004 und am 15.9.2005 behördlich durchgeführten Überprüfungen der gegenständlichen Betriebsanlage.

 

In der Begründung des Bescheides wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass es sich bei der gegenständlichen Betriebsanlage um eine gewerbebehördlich genehmigungspflichtige Betriebsanlage handle und hiefür eine rechtskräftige Betriebsanlagengenehmigung nicht vorliege. Zur Begründung der Genehmigungspflicht wurde auf die im Zuge der durchgeführten Überprüfungen abgegebenen Gutachten des gewerbetechnischen Amtssachverständigen und des Amtssachverständigen für Hydrologie verwiesen. Weiters wurde festgehalten, dass der Verfahrensanordnung der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 15.9.2005 nicht Folge geleistet worden sei; die Schließung der Betriebsanlage sei gerechtfertigt, da der Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen weitaus höher anzusetzen sei, als die möglicherweise noch zu erzielenden wirtschaftlichen Gewinne und die Außerbetriebnahme der gegenständlichen Betriebsanlage auch das einzige Mittel sei, um Herrn K S in seinem rechtswidrigen Verhalten Einhalt zu gebieten.

 

Gegen diesen Bescheid richtet sich die nunmehr vorliegende, bei der belangten Behörde innerhalb offener Frist eingelangte Berufung vom 10.1.2006.

 

Begründend wird in der Berufung vorgebracht, es sei nicht richtig, dass es sich um die Schließung einer konsenslosen Betriebsanlage handle. Vielmehr könne es sich nur um die Schließung eines Teiles einer genehmigten Betriebsanlage handeln, die im Zuge der Erweiterung der bestehenden Betriebsanlage, mangels entsprechender Widmung, nicht entsprechend genutzt werden könne. Auf Grund der bisherigen Verfahrensergebnisse - insbesondere im Hinblick auf die Verfahrensanordnung vom 15.9.2005 habe sich Herr K S nach reiflicher Überlegung und Sondierung verschiedener Varianten von Betriebsabsiedlungen entschlossen, den bisherigen nicht gewidmeten Teil des Firmenareals gänzlich zu räumen und einer anderen Widmung zuzuführen. Gleichzeitig habe der Berufungswerber damit begonnen, den Betrieb sukzessive nach E, Bezirks Linz-Land, abzusiedeln. Dieser Sachverhalt sei der erstinstanzlichen Behörde seitens der Wirtschaftskammer in einem Telefonat am 13.12.2005 mitgeteilt worden. Gleichzeitig sei das dringende Ersuchen ausgesprochen worden, vorerst von weiteren Zwangsmaßnahmen abzusehen, um der Firma S eine geordnete Übersiedlung zu ermöglichen. Mit Schreiben vom 22.12.2005 an die erstinstanzliche Behörde sei nochmals ersucht worden, von vorläufigen Zwangsmaßnahmen abzusehen und sei zu diesem Zeitpunkt als Beweismittel auch der Mietvertrag bezüglich des neuen Firmenareals nachgereicht worden. Mit Bescheid vom 20.12.2005 sei die Schließung der Betriebsanlage innerhalb von 8 Wochen angeordnet worden. Mit den nunmehrigen bescheidmäßigen Festlegungen sei nicht nur eine akute Existenzgefährdung bzw. Insolvenzgefahr für die Firma S gegeben, sondern damit auch der Verlust von vier Arbeitsplätzen verbunden. Jahreszeitbedingt sehe sich die Firma S - auch unter Ausschöpfung aller technischen Möglichkeiten - außer Stande, im Zeitraum von 8 Wochen den Betrieb gänzlich abzusiedeln.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat die gegenständliche Berufung samt bezughabenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt und keinen Widerspruch im Grunde des § 67h AVG erhoben.

 

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte im Grunde des § 67d Abs.1 AVG entfallen, da ein entsprechender Antrag nicht gestellt wurde und die Durchführung einer solchen vom erkennenden Mitglied im Hinblick auf die eindeutige Sachlage auf Grund des vorliegenden Akteninhaltes nicht für erforderlich gehalten wurde.

 

 

Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn der Verdacht einer Übertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z. 1, 2 oder 3 besteht, unabhängig von der Einleitung eines Strafverfahrens, den Gewerbeausübenden bzw. den Anlageninhaber mit Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb einer angemessen, von der Behörde zu bestimmenden Frist aufzufordern; eine solche Aufforderung hat auch dann zu ergehen, wenn der Verdacht einer Übertretung gemäß § 367 Z. 25 besteht und nicht bereits ein einschlägiges Verfahren gemäß § 78 Abs. 2, § 79 c Abs. 4 oder § 82 Abs. 3 anhängig ist. Kommt der Gewerbeausübende bzw. der Anlageninhaber dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die Behörde mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen, wie die Stilllegung von Maschinen oder die Schließung von Teilen des Betriebes oder die Schließung des gesamten Betriebes, zu verfügen.

 

Gemäß § 360 Abs.5 GewO 1994 sind Bescheide gemäß Abs.1, 2. Satz, 2, 3 oder 4 sofort vollstreckbar; wenn sie nicht kürzer befristet sind, treten sie mit Ablauf eines Jahres, vom Beginn der Vollstreckbarkeit an gerechnet, außer Wirksamkeit. Durch einen Wechsel in der Person des Inhabers der von den einstweiligen Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen betroffenen Anlagen, Anlagenteile oder Gegenstände wird die Wirksamkeit dieser Bescheide nicht berührt.

Nach § 366 Abs.1 Z2 leg.cit. begeht eine Verwaltungsübertretung, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt.

 

Voraussetzung für eine Maßnahme nach § 360 Abs.1 GewO 1994 ist demnach das Vorliegen eines Verdachtes einer derartigen Übertretung.

 

Unbestritten steht fest, dass es sich bei der gegenständlichen Anlage um eine gewerbliche Betriebsanlage im Sinne der Gewerbeordnung handelt. In Übereinstimmung mit der belangten Behörde kommt das erkennende Mitglied des unabhängigen Verwaltungssenates auch zur Auffassung, dass die in Rede stehende Anlage der gewerbebehördlichen Genehmigungspflicht unterliegt:

Eine solche Genehmigungspflicht ist nämlich bereits dann gegeben, wenn die Errichtung und der Betrieb der Betriebsanlage grundsätzlich geeignet ist, die in § 74 Abs.2 erwähnten unzumutbaren Belästigungen, Gefährdungen und nachteiligen Einwirkungen auf die Gewässer hervorzurufen. Gegenständlich geht aus den im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten Gutachten eindeutig hervor, dass die Betriebsanlage - zufolge der mit ihr verbundenen Brandgefahr - geeignet ist, Gefährdungen oder Beeinträchtigungen im Sinne des § 74 Abs.2 herbeizuführen. Eine entsprechende gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung liegt jedoch nicht vor.

Die belangte Behörde geht auch (wie sich in Zusammenhalt mit der Bescheidbegründung und dem Akteninhalt ergibt) rechtsrichtig davon aus, dass die Betriebsanlage nicht unter die Übergangsbestimmung des § 376 Z11 Abs.2 der Gewerbeordnung fällt.

Nach dieser Bestimmung bedürfen die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes (GewO 1973) errichteten Betriebsanlagen, die nach den bisher geltenden Vorschriften nicht genehmigungspflichtig waren und nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes genehmigungspflichtig wären, keiner Genehmigung gemäß § 74 Abs.2.

 

Die Gewerbeordnung 1973 ist mit 1.8.1974 in Kraft getreten. Das heißt, diese Übergangsbestimmung gilt für Betriebsanlagen, die vor diesem Zeitpunkt errichtet worden sind.

 

Nach dem festgestellten Sachverhalt wurde erstmalig mit Bescheid vom 10.10.1975 die Baubewilligung für die Errichtung einer Lagerhalle auf Grundstück Nr. , KG. H (nunmehriger Standort der Betriebsanlage) erteilt. Mit Bescheid vom
5.7.1999 wurde die Baubewilligung für eine weitere Lagerhalle auf eben dem oben bezeichneten Grundstück erteilt. Aus der diesem Bescheid zu Grunde liegenden Verhandlungsschrift geht hervor, dass bereits in der im Jahre 1975 errichteten Halle Altreifen gelagert wurden.

Demnach wurde die gegenständliche Betriebsanlage nach Inkrafttreten der Gewerbeordnung 1973 errichtet, was bedeutet, dass diese von vornherein nicht unter die Übergangsbestimmung des § 376 fällt und es sohin auch keiner Prüfung bedarf, ob eine solche Betriebsanlage nach den früheren Vorschriften genehmigungspflichtig war.

 

Entsprechend dem gesetzlichen Auftrag hat die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land den Berufungswerber mit Verfahrensanordnung vom 15.9.2005 aufgefordert, innerhalb einer Frist von 2 Monaten den der Rechtsordnung entsprechenden Zustand herzustellen. Fest steht und wird vom Berufungswerber auch nicht bestritten, dass dieser Aufforderung nicht nachgekommen wurde, weshalb von der Erstbehörde zu Recht mit Bescheid die Schließung über die in Rede stehende Betriebsanlage verfügt hat.

 

Hinsichtlich der in Spruchpunkt 1. lit. a enthaltenen Maßnahme ist jedoch auszuführen, dass die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendige Maßnahme lediglich der contrarius actus zu jenen Zuwiderhandlungen sein darf, hinsichtlich der der Verdacht einer Verwaltungsübertretung besteht.

 

Die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes notwendige Maßnahme als contrarius actus zu der Zuwiderhandlung, eine gewerbebehördlich genehmigungspflichtige Betriebsanlage ohne Genehmigung zu betreiben, kann demnach nur die Schließung des Betriebes unter Entfernung der konsenslos gelagerten Altreifen bedeuten. Die Vorschreibung der Entsorgung der Altreifen geht über die im Sinne des § 360 zu verfügende notwendige Maßnahme hinaus und war aus diesem Grund der im Spruch enthaltene Punkt 1. lit. a in diesem Sinne abzuändern.

 

Zum Vorbringen des Berufungswerbers, die Schließung würde die wirtschaftliche Existenz gefährden, ist festzuhalten, dass § 360 GewO 1994 der Behörde keinen Raum für eine derartige Interessensabwägung lässt (vgl. VwGH 24.8.1995, 95/04/0069).

 

Dem Oö. Verwaltungssenat erscheint jedoch die im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vorgeschriebene Frist zu kurz bemessen, zumal der angefochtene Bescheid Maßnahmen hinsichtlich der Rekultivierung der Grundfläche aufweist und diese nur jahreszeitabhängig erfolgen kann. Aus diesem Grund war die Frist für die Erfüllung der Maßnahmen spruchgemäß zu verlängern.

Die Richtigstellung des Betriebsstandortes ergibt sich aus dem im Akt enthaltenen Schreiben der Marktgemeinde S vom 20.12.2005.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

  1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
  2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in der Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

 

Mag. B i s m a i e r

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum