Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550043/14/Kl/Rd

Linz, 30.11.2001

VwSen-550043/14/Kl/Rd Linz, am 30. November 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 8. Kammer (Vorsitzender: Dr. Konrath, Berichterin: Dr. Klempt, Beisitzer: Dr. Langeder) über die Berufung der T GmbH, vertreten durch Rechtsanwälte, gegen den Bescheid der Oö. Landesregierung vom 20.4.2001, Gem-535025/17-2001/Sl/Shz, Spruchpunkt 3) wegen einer Nachprüfung im Vergabeverfahren AKH Linz, Neubau des Bauteils D, Adaptierung und Erweiterung der bestehenden Spontantransportanlage, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 16.11.2001 zu Recht erkannt:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 58 Abs.2 und 3 Oö. Vergabegesetz, LGBl.Nr.59/1994 idF LGBl.Nr.79/2000

Entscheidungsgründe:

1. Mit Bescheid der Oö. Landesregierung vom 20.4.2001, Gem-535025/17-2001-Sl/Shz, wurde über die von der T GmbH, mit Schriftsatz vom 9.8.2000 bzw 14.9.2000 eingebrachten Anträge auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens wie folgt entschieden:

"Spruch:

1) Der Nachprüfungsantrag vom 9.8.2000 wird als unzulässig zurückgewiesen.

2) Die Anträge vom 9.8.2000 auf Nichtigerklärung

a) der Entscheidung der S GmbH vom 11.5.2000, die Antragstellerin aus dem Vergabeverfahren auszuscheiden sowie

b) die Entscheidung der S GmbH vom 25.5.2000, der Firma S den Zuschlag/Auftrag erteilen zu wollen, werden als unzulässig zurückgewiesen.

3) Dem Nachprüfungsantrag vom 14.9.2000 wird insofern stattgegeben, als festgestellt wird, dass die Entscheidung der Auftraggeberin vom 11.5.2000, die Antragstellerin aus dem Vergabeverfahren auszuscheiden, rechtswidrig war.

4) Dem Antrag der S GmbH vom 13.11.2000 auf Feststellung, dass die T GmbH auch ohne die festgestellte Rechtsverletzung keine echte Chance auf die Zuschlagserteilung gehabt hätte, wird keine Folge gegeben."

2. Gegen Spruchpunkt 3 des eingangs zitierten Bescheides wurde von der Bw fristgerecht Berufung eingebracht und in formaler Hinsicht geltend gemacht, dass die Bw mit Schriftsatz vom 14.9.2000 sechs Anträge, ua auf Feststellung, dass die Entscheidung der Auftraggeberin vom 25.5.2000, der Fa. Ing. S GmbH den Zuschlag/Auftrag erteilen zu wollen, rechtswidrig ist (Antragspunkt 3), auf Feststellung, dass die Zuschlagserteilung der Auftraggeberin vom 7.8.2000 an die Fa. Ing. S GmbH rechtswidrig ist (Antragspunkt 4), und auf Feststellung, dass der Zuschlag aufgrund der rechtswidrigen Entscheidung der Auftraggeberin vom 11.5.2000 und der rechtswidrigen Entscheidung der Auftraggeberin vom 25.5.2000 und der rechtswidrigen Zuschlagserteilung der Auftraggeberin vom 7.8.2000 nicht an die Antragstellerin als Bestbieter erteilt wurde (Antragspunkt 5), gestellt hat und in dem angefochtenen Bescheid diese Anträge nicht erledigt wurden. Der Spruchpunkt 3 entspricht dem Antragspunkt 2 des Antrages der Bw. Allerdings lässt die Verwendung des Wortes "insofern" im Spruchpunkt 3 des Bescheides entnehmen, dass der Spruchpunkt 3 nicht nur über diesen Antragspunkt 2 absprechen will, sondern scheint sich daraus zu ergeben, dass die Antragspunkte 3, 4 und 5 inhaltlich abgewiesen werden. Es ist daher der Bescheid auch inhaltlich rechtswidrig, weil die Bw das Bestangebot abgegeben habe und daher, wäre das Angebot der Bw nicht ausgeschieden worden, der Bw der Zuschlag erteilt hätte werden müssen. Es wurde daher beantragt, den Spruchpunkt 3 des angefochtenen Bescheides iS der bereits gestellten Antragspunkte 3, 4 und 5 zu ändern.

3. Die Oö. Landesregierung als belangte Behörde hat die Berufung samt dem Verwaltungsakt vorgelegt.

Seitens des Oö. Verwaltungssenates wurde das Parteiengehör an die Berufungsgegnerin gewahrt. Die Auftraggeberin hat die Zurück- bzw Abweisung der Berufung beantragt.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 16.11.2001, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden. Sie haben durch ihre ausgewiesenen Vertreter an der Verhandlung teilgenommen.

In der Verhandlung wurde klargestellt, dass die Berufung gegen Spruchpunkt 3 sich lediglich auf die Nichterledigung von Anträgen bezieht und von der Berufung der Ausspruch der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ausscheidensentscheidung vom 11.5.2000 nicht erfasst ist.

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 66 Abs.4 AVG, welcher nach § 58 Abs.3 Oö. Vergabegesetz auch für Nachprüfungsverfahren anzuwenden ist, hat außer dem in Abs.2 erwähnten Fall die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

Von der Berufungsbehörde neuerlich zu entscheiden und also Gegenstand des Berufungsverfahrens ist nur jene "Sache" iS des § 8 AVG, die auch schon Gegenstand der unterinstanzlichen Entscheidung war, über die im angefochtenen Bescheid bereits abgesprochen worden ist. Wenn sich die von der Unterinstanz entschiedene Sache als trennbarer Teil eines umfassenderen Sachkomplexes darstellt, kann sie weder über andere (trennbare) Teile desselben komplexen Verfahrensgegenstandes noch über diesen zur Gänze entscheiden (vgl. Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, 2. Auflage, S. 1242, Anm. 10). Der Prozessgegenstand lässt eine Trennung nach mehreren Punkten und somit Teilbescheide nur dann zu, wenn die Entscheidung über jeden dieser Punkte ohne Einfluss auf die Entscheidung über alle anderen Punkte ist, sodass jeder Punkt als Hauptfrage - gleichzeitig oder in einer durch den Zusammenhang der Punkte bedingten Reihenfolge - für sich entschieden werden kann (vgl. Walter-Thienel, S. 974, Anm.7).

Es hat der VwGH daher in ständiger Judikatur ausgesprochen, dass § 66 Abs.4 AVG nach der Absicht des Gesetzgebers den Zweck hat, eine möglichst beschleunigte sachliche Erledigung herbeizuführen. Eine solche setzt aber immer eine Entscheidung der zuständigen Unterbehörde voraus. Solange diese nicht entschieden hat, kann die Berufungsbehörde nicht in der Sache selbst entscheiden. Sache des Berufungsverfahrens ist die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs des Bescheides der Unterinstanz gebildet hat. Die den Entscheidungsspielraum der Berufungsbehörde begrenzende Sache iSd § 66 Abs.4 AVG ist nicht jene, welche in erster Instanz in Verhandlung war, sondern die, die durch den Spruch des erstinstanzlichen Bescheides begrenzt ist (vgl. Walter-Thienel, S. 1264f mit Judikaturnachweisen).

Gemäß § 58 Abs.1 Oö. Vergabegesetz kann ein Unternehmer, der ein Interesse am Abschluss eines diesem Landesgesetz unterliegenden Vertrages mit dem Auftraggeber behauptet, die Nachprüfung einer Entscheidung des Auftraggebers im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, wenn ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

Gemäß § 61 Abs.4 Oö. Vergabegesetz kommt nach Zuschlagserteilung eine Nichtigerklärung nicht mehr in Betracht. Es ist jedoch festzustellen, ob eine behauptete Rechtsverletzung gemäß Abs.1 vorliegt und deswegen der Zuschlag nicht dem Bestbieter erteilt wurde.

Im Grunde der zitierten Verwaltungsvorschriften kann daher jede Entscheidung des Auftraggebers im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit bekämpft werden und ist im Nachprüfungsverfahren über die Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung abzusprechen. Es bildet daher jede dieser Entscheidungen eine Angelegenheit, die durch Bescheid abgesprochen werden kann.

Die im Nachprüfungsantrag vom 14.9.2000 angeführten Antragspunkte stellen daher selbständige Anträge auf Feststellung von selbständigen Entscheidungen dar, welche eines Abspruches in einem Bescheid fähig sind. Indem lediglich über den Antragspunkt 2 im Spruchpunkt 3 des angefochtenen Bescheides abgesprochen wurde, wurde hinsichtlich der anderen selbständigen Anträge von der belangten Behörde noch keine Entscheidung getroffen. Dies bringt im Übrigen die Berufung auch zum Ausdruck ("1) zur Nicht-Erledigung von Anträgen durch die Landesregierung"). Hingegen kann der Auffassung der Bw, dass der Bescheid die Antragspunkte 3, 4 und 5 inhaltlich abzuweisen scheint, nicht gefolgt werden, weil aus dem Umstand, dass im Bescheid Aussagen zur Rechtswidrigkeit der Zuschlagsentscheidung nicht vorliegen, nicht geschlossen werden kann, dass diese Anträge abgewiesen werden. Dies gilt trotz der Spruchformulierung "... wird insofern stattgegeben...".

Weil daher die belangte Behörde hinsichtlich der in der Berufung aufgezeigten Antragspunkte, welche selbständige Entscheidungen und daher Anträge darstellen, noch nicht abgesprochen hat, war daher der Oö. Verwaltungssenat unzuständig und daher nicht berechtigt, über diese Anträge erstmals - unter Überspringung der Erstinstanz - zu entscheiden. Es war daher spruchgemäß die Berufung zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht  181,68 €) zu entrichten.

Dr. Konrath

Beschlagwortung:

Sache, Anträge erster Instanz, kein Abspruch, keine Zuständigkeit der Berufungsbehörde

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