Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550118/3/Li/Rd/Ha

Linz, 09.10.2003

 

 

 VwSen-550118/3/Li/Rd/Ha Linz, am 9. Oktober 2003

DVR.0690392
 

 

 

B E S C H E I D
 
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Linkesch über den Antrag auf Parteistellung der Gebrüder H. GmbH, vertreten durch Rechtsanwälte Dres. F., im Nachprüfungsverfahren betreffend Wirtschaftsweg- und Grabenbrücke, Baulos Umfahrung Rohr B 122 Voralpen Straße zu Recht erkannt:

 

1. Der Antrag der Gebrüder H. vom
3. Oktober 2003 auf Zuerkennung der Parteistellung im Vergabenachprüfungsverfahren betreffend Wirtschaftsweg- und Grabenbrücke, Baulos Umfahrung Rohr B 122 Voralpen Straße, wird abgewiesen.

 

2. Der Antrag auf Zustellung einer Ladung für die Verhandlung wird mangels Parteistellung zurückgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

§§ 3, 5 und 7 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz, LGBl.Nr. 153/2002; § 41 AVG.

 

Begründung:

 

1. Mit Eingabe vom 24. September 2003, eingelangt beim Oö. Verwaltungssenat am 26. September 2003, zeigte der Rechtsvertreter der begünstigten Bieterin Gebrüder H., betreffend das Nachprüfungsverfahren "Wirtschaftweg- und Grabenbrücke, Baulos Umfahrung Rohr B 122 Voralpen Straße" an, von der Fa. H. mit ihrer rechtsfreundlichen Vertretung beauftragt worden zu sein, teilte weiters mit, dass seiner Mandantschaft nach Ansicht des Auftraggebers in diesem Verfahren Parteistellung zukomme und ersuchte, von allen Ladungen und Verfügungen verständigt zu werden. Mit Telefax vom 3. Oktober 2003 bezog sich die Antragstellerin auf das vorgenannte Schreiben, beantragte ausdrücklich die Parteistellung im angeführten Verfahren und ersuchte um Zustellung einer Ladung für die vermeintliche Verhandlung am 9. Oktober 2003.

 

2. Gemäß § 3 Abs.3 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz (im Folgenden: Oö. VNPG) hat der Auftraggeber, wenn ein Nachprüfungsantrag betreffend die Zuschlagsentscheidung (§ 20 Z42 BVergG) eingebracht wird, unverzüglich nach Zugang der Verständigung gemäß Abs.2, spätestens jedoch am nächsten Arbeitstag, nachweislich elektronisch oder mittels Telefax alle Bieter (§ 20 Z10 BVergG), denen die Zuschlagsentscheidung gemäß § 100 Abs.1 BVergG mitgeteilt wurde, von der Einleitung des Nachprüfungsverfahrens und der geltend gemachten Rechtswidrigkeit zu verständigen.

 

Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass im gegenständlichen Auftragsvergabeverfahren die Bieter gemäß § 100 Abs.1 BVergG 2002 mit Fax vom 29. August 2003 von der beabsichtigten Zuschlagsentscheidung an die Gebrüder H. verständigt wurden. Am 8. September 2003 brachte die S. GmbH einen Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung und auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ein. Noch am selben Tag verständigte der Auftraggeber nachweislich mittels Fax die Fa. H. und die übrigen Bieter von der Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens.

 

Gemäß § 5 Abs.2 Oö. VNPG sind bei Nachprüfungsverfahren betreffend die Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung neben den im Abs.1 genannten Parteien jene Bieter bzw Bieterinnen des Vergabeverfahrens Partei des Nachprüfungsverfahrens, deren rechtliche Interessen durch die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates unmittelbar berührt werden könnten.

 

Der Bericht des Ausschusses für Finanzen betreffend das Oö. Vergabe-Nachprüfungsgesetz (Beilage 1550/2002 zum kurzschriftlichen Bericht des Oö. Landtages, XXV. GP) enthält zur Frage der Parteistellung keine Ausführungen. Es wird jedoch dort festgehalten, dass die im Entwurf enthaltenen verfahrensrechtlichen Vorschriften eng an die Bestimmungen über das Nachprüfungsverfahren vor dem Bundesvergabeamt (5.Teil, 1. Hauptstück, 2. Abschnitt des Bundesvergabegesetzes 2002) angelehnt sind. Im Ausschussbericht des Nationalrates über die Regierungsvorlage des BVergG 2002 (1118 d. Beil.Sten.Prot.Nr., RV 1087, XXI. GP) wird zu § 163 ff ua Folgendes ausgeführt:

 

"Das Nachprüfungsverfahren wird neu strukturiert. Es enthält insbesondere folgende Neuerungen: die Einführung einer Pflicht der vorherigen Verständigung des Auftraggebers vor Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens .... die Einführung von Präklusionsfristen (vgl. § 169) in Verbindung mit der Einführung gesondert (vgl. § 20 Z13 lit.a) und nicht gesondert anfechtbarer Entscheidungen (vgl. § 20 Z13 lit.b) ..... Um die Nachprüfungsverfahren zu beschleunigen und zu konzentrieren (Vermeidung einer sukzessiven Antragsstellung) wird außerdem eine Pflicht der Parteien des Ausgangsverfahrens vorgesehen, sich an einem bereits eingeleiteten Nachprüfungsverfahren zu beteiligen (vgl. § 165 Abs.2) ..... Die Abweichung vom Parteienbegriff des AVG in § 165 soll im Sinne der Effizienz des Nachprüfungsverfahrens verhindern, dass auch diejenigen Teilnehmer eines Vergabeverfahrens dem Verfahren beizuziehen wären (die wohl jedenfalls ein rechtliches Interesse iSd § 8 AVG an der Beteiligung am Verfahren hätten, vgl. VwSlg. 2903 A), auf deren Position sich die zu treffende Entscheidung nicht oder nicht wesentlich auswirken kann (vgl. dazu VwSlg. 9751 A, wonach für die Parteistellung maßgebend ist, dass die Sachentscheidung in die Rechtssphäre des Betreffenden bestimmend eingreift und dass darin eine unmittelbare, nicht bloß abgeleitete mittelbare Wirkung zum Ausdruck kommt. Teilweise wurden gleichheitsrechtliche Bedenken dahingehend geäußert, dass die Parteistellung im Verfahren vor dem BVA leichter verloren geht, als in sonstigen Verwaltungsverfahren. Dazu darf angemerkt werden, dass das Vergaberecht , im Gegensatz zu anderen Verwaltungsgesetzen, kein verwaltungsbehördliches Handeln regelt, das auf Erlass eines Bescheides gerichtet ist, der auf Dauer angelegte Rechtsverhältnisse rechtskräftig regeln soll. Vielmehr beinhaltet das Vergaberecht eine außenwirksame Selbstverbindungsnorm, die unter anderem das Verhalten des privatwirtschaftlich handelnden Staates (aber auch anderer Rechtsträger) bestimmt, das auf Abschluss eines Vertrages gerichtet ist. Diese Unterschiede (hoheitliches Handeln - Handeln im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung, Regelungen betreffend Rechtsträger des Privatrechtes uam.) begründen die sachliche Rechtfertigung einer im Vergleich zu § 8 AVG unterschiedlichen Regelung der Parteistellung."

 

Bei Hahnl, Bundesvergabegesetz 2002, Kommentar, NWV, S. 674, K.1. wird dazu Folgendes ausgeführt:

"Entsprechend § 165 Abs.1, sind jedenfalls Antragsteller und Auftraggeber Parteien des Nachprüfungs- und Feststellungsverfahrens und Antragsteller und Antragsgegner im Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung (Abs.3). Partei des Nachprüfungsverfahrens betreffend die Nichtigkeit der Zuschlagsentscheidung sind zudem auch jene Bieter, deren rechtliches Interesse durch die Entscheidung des BVA unmittelbar berührt werden könnte (Abs.2). Selbiges normiert Abs.4 für Feststellungsverfahren nach § 162 Abs.3 bis 5. Stellen derartige Bieter im Sinne der Abs.2 und 4 nicht innerhalb von einer Woche ab Verständigung nach § 163 Abs.2 bzw § 164 Abs.2, 3 oder 4 schriftlich oder in der mündlichen Verhandlung einen Antrag auf Teilnahme am Nachprüfungs- bzw Feststellungsverfahren, so zieht dies den Verlust ihrer Parteistellung nach sich (Präklusion).

Zu den Gründen für die Abweichung vom Parteienbegriff des AVG in § 165 siehe EBRV 2002 zu §§ 163 ff."

 

Diese Ausführungen treffen auch im gegenständlichen Nachprüfungsverfahren zu, da die Antragstellerin begünstigte Bieterin ist und somit ein rechtliches Interesse an der Aufrechterhaltung der Zuschlagsentscheidung besitzt. Allerdings ergibt sich, wie die bereits zitierten Erläuterungen zu § 163 ff ausführen, zu den Zwecken der Verfahrensbeschleunigung und -konzentration eine Pflicht der Parteien des Ausgangsverfahrens, sich an einen bereits eingeleiteten Nachprüfungsverfahren rechtzeitig zu beteiligen.

 

Die Bieter verlieren nämlich gemäß § 5 Abs.2 letzter Satz Oö. VNPG ihre Parteistellung, sofern sie nicht spätestens binnen einer Frist von einer Woche nach der Verständigung gemäß § 3 Abs.3 schriftlich oder in der mündlichen Verhandlung mündlich einen Antrag auf Teilnahme am Nachprüfungsverfahren gestellt haben.

 

Hinsichtlich der Alternative in § 5 Abs.2 letzter Satz Oö. VNPG, nämlich ".... oder in der mündlichen Verhandlung mündlich einen Antrag auf Teilnahme am Nachprüfungsverfahren gestellt haben" vertritt der Oö. Verwaltungssenat die Auffassung, dass von dieser Alternative ebenfalls innerhalb der Frist von einer Woche Gebrauch gemacht werden muss, um die Präklusionsfolgen hinsichtlich der Parteistellung hintanzuhalten. Es ist hier vor allem an jene Verfahrenskonstellation zu denken, dass eine mündliche Verhandlung bereits vor Ablauf der Frist zur Stellung eines schriftlichen Teilnahmeantrages stattfindet. Präklusionsfolgen können freilich nur eintreten, wenn die Verständigung des jeweiligen Adressaten fehlerfrei erfolgte (vgl. Schwartz, Bundesvergabegesetz, Kurzkommentar, Manz Verlag, S.575 zu § 165 BVergG).

 

Wie bereits oben ausgeführt, wurden vom Auftraggeber am 8. September 2003 sämtliche Bieter nachweislich per Telefax von der Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens verständigt. Somit begann mit 8. September 2003 gemäß § 5 Abs.2 Oö. VNPG die einwöchige Frist zur Stellung eines Teilnahmeantrages zu laufen und endete diese mit 15. September 2003.

 

Der Vollständigkeit halber ist hinsichtlich des Schreibens des Auftraggebers an die Antragstellerin vom 10. September 2003, in welcher die Meinung zum Ausdruck gebracht wird, der Antragstellerin komme Parteistellung im Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu, zu bemerken, dass diese Mitteilung am Absendetag zwar zutreffend war, dass sie jedoch keinesfalls geeignet war, einen rechtzeitigen und rechtswirksamen Teilnahmeantrag eines Bieters an den Oö. Verwaltungssenat zu ersetzen (vgl. § 5 Abs.2 iVm § 7 Abs.1 Oö. VNPG).

 

Die Antragstellerin hat es somit verabsäumt, rechtzeitig einen schriftlichen Teilnahmeantrag beim Oö. Verwaltungssenat zu stellen. Ihr kommt daher im weiteren Verfahren mangels eines Antrages in Schriftform keine Parteistellung zu.

 

Im gegenständlichen Fall kamen die Präklusionsfolgen auch hinsichtlich der Alternative zum Tragen, da innerhalb einer Frist von einer Woche nach der Verständigung gemäß § 3 Abs.3 keine mündliche Verhandlung stattgefunden hat.

 

Das h. Schreiben vom 8. September 2003, mit dem dem Auftraggeber die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt wurde und dieser zur Übermittlung des Vergabeaktes aufgefordert wurde, beinhaltete keinen Termin für die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.

 

Erst mit Ladung vom 2. Oktober 2003 wurde eine Verhandlung anberaumt. Aufgrund des Wortlautes der oa Bestimmung gilt die Wochenfrist nicht nur für den schriftlich zu stellenden Teilnahmeantrag, sondern auch für den in einer allfälligen mündlichen Verhandlung zu stellenden mündlichen Antrag, sohin wird die Frist im letzteren Fall nur dann gewahrt, wenn die mündliche Verhandlung auch innerhalb dieser einwöchigen Frist stattfindet, es sei denn, dass der Auftraggeber seiner vom Oö. Verwaltungssenat nachzuprüfenden Verständigungspflicht gemäß § 3 Abs.3 nicht nachgekommen ist und damit auch der Lauf der Frist von längstens einer Woche zur Stellung eines Antrages auf Teilnahme am Nachprüfungsverfahren durch einen Bieter nicht in Gang gesetzt wurde. Dieser Mangel liegt im Anlassfall jedoch nicht vor.

 

Der Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung war sohin abzuweisen und der Antragstellerin kommen dementsprechend auch keinerlei Parteirechte mehr zu. Dementsprechend war auch der im Spruchpunkt 2. wiedergegebene Antrag zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

 

Dr. Linkesch

 
Parteistellung, Teilnahmeantrag, Fristversäumnis

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