Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550141/9/Kl/Pe

Linz, 22.07.2004

VwSen-550141/9/Kl/Pe Linz, am 22. Juli 2004

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die IX. Kammer (Vorsitzender Dr. Konrath, Berichterin Dr. Klempt, Beisitzerin Mag. Bismaier) über die Berufung der M- und M B-GmbH, vertreten durch Dr. O H, Dr. G W, Dr. K H, Dr. S H, Mag. M S, Mag. J A, gegen den Bescheid der Oö. Landesregierung vom 29.4.2004, Gem-535045/32-2003-Wa/Gan, über die Zurückweisung der Anträge vom 22.1. und 18.3.2004 zu Recht erkannt:

I. Das Verfahren betreffend die Zurückweisung des Antrages vom 22.1.2004, ergänzt am 9.2.2004, betreffend die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens und Feststellung der Rechtswidrigkeit der Zuschlagserteilung am 11.12.2003, wird ausgesetzt.

  1. Der Berufung gegen die Zurückweisung des Antrages vom 18.3.2004 auf Feststellung der absoluten Nichtigkeit der Zuschlagserteilung am 11.12.2003 wird keine Folge gegeben und die Zurückweisung bestätigt.

  2. Der Berufung gegen die Zurückweisung der Anträge vom 18.3.2004 auf Nichtigerklärung und Erlassung einer einstweiligen Verfügung wird keine Folge gegeben und die Zurückweisung bestätigt.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 38 AVG iVm §§ 59 und 61 Oö. Vergabegesetz, LGBl. Nr. 59/1994 idF LGBl. Nr. 79/2000.

zu II.: §§ 1 Z17, 31 Abs.6, 58, 59 und 61 Oö. Vergabegesetz.

zu III.: §§ 59 Abs.1 und 60 Oö. Vergabegesetz.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Eingabe vom 22.1.2004 stellte die Antragstellerin einen Nachprüfungsantrag und Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Zuschlagserteilung, insbesondere dass der Zuschlag nicht dem Bestbieter erteilt wurde, und dass die Ausschreibungsunterlagen so formuliert wurden, dass lediglich Unternehmen aus dem Bereich der öffentlichen Hand den Zuschlag erhalten sollten, also die Ausschreibung samt Teilnahmewettbewerb, die ergänzenden Ausschreibungen sowie die Entscheidung der Auftraggeberin, Mindestumsätze als Eignungskriterium einzuführen und weitere Kriterien nachzuschieben, die Antragstellerin vom Teilnahmewettbewerb auszuschließen und nicht zur Anbotlegung einzuladen, sowie aber die Bietergemeinschaft E AG/L S GmbH sowie die Bietergemeinschaft B/B zur Anbotslegung einzuladen sowie die Frist für den Eingang der Bewerbungen kürzer als 52 Tage festzusetzen, als rechtswidrig festzustellen. Weiters möge auch die Zuschlagsentscheidung vom 26.11.2003 für rechtswidrig erklärt werden und die Entscheidung der Auftraggeberin vor der Zuschlagsentscheidung mit der Bietergemeinschaft B/B unzulässige Verhandlungen als ausschließliche Preisverhandlungen durchgeführt zu haben.

In ihrem ergänzenden Vorbringen vom 9.2.2004 führt die Antragstellerin Näheres zum Vergabeverfahren, Interesse am Vertragsabschluss und eingetretenen Schaden aus und präzisiert die angefochtene Entscheidung, nämlich die Entscheidung der Auftraggeberin, die Antragstellerin nicht zur Anbotslegung einzuladen sowie die Entscheidung der Auftraggeberin, lediglich die Bietergemeinschaft E AG/L S GmbH sowie die Bietergemeinschaft B/B zur Anbotslegung einzuladen, weiters die Zuschlagsentscheidung vom 26.11.2003 und schließlich die Zuschlagserteilung am 11.12.2003. Von der Zuschlagserteilung erfuhr die Antragstellerin erst durch die Klagebeantwortung im Verfahren 4Cg 245/03x, die am 29.12.2003 zugestellt wurde.

Schließlich wurde mit Eingabe vom 18.3.2003 beantragt festzustellen, dass die Zuschlagserteilung der Auftraggeberin am 11.12.2003 absolut nichtig und sohin unwirksam ist, weil dieser Zuschlag unter massiver Verletzung des Oö. Vergabegesetzes erfolgte; bereits aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit kann ein derartiges Vorgehen nicht mit der Rechtswohltat der Rechtsgültigkeit belohnt werden. Die absolute Nichtigkeit des Vertragsabschlusses erhellt auch aus allgemeinen rechtsgeschäftlichen Überlegungen, zumal der wahre Wille sämtlicher beteiligter Parteien nicht dem formal abgeschlossenen Geschäft entspricht. Ein Feststellungsbescheid ist aber immer dann zu erlassen, wenn das Feststellungsbegehren im rechtlichen Interesse einer Partei liegt und das Feststellungsverfahren ein notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverteidigung darstellt. Weiters wurde in der Eingabe beantragt, die Entscheidung der Auftraggeberin, den Transportauftrag freihändig und ohne Vergabeverfahren zu vergeben sowie die Entscheidung, den Zuschlag der im Vergabeverfahren bezüglich des Baus und des Betriebes der Abfallbehandlungsanlage als Bietergemeinschaft auftretenden E AG/L S GmbH zu erteilen, damit diese den Transportauftrag an die im Vergabeverfahren als Bietergemeinschaft auftretenden B/B weitergibt, für nichtig zu erklären. In diesem Zusammenhang wurde auch die Aussetzung der Zuschlagserteilung bezüglich der Vergabe des Auftrages zum Bau und zum Betrieb der Abfallbehandlungsanlagen sowie bezüglich der Vergabe des Transportauftrages bis zur rechtskräftigen Beendigung des Nachprüfungsverfahrens durch einstweilige Verfügung beantragt.

2. Nach einem Stellungnahmeverfahren hat die Oö. Landesregierung als Nachprüfungsbehörde erster Instanz mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 29.4.2004, Gem-535045/32-2004-Wa/Gan, die Anträge vom 22.1.2004 und 18.3.2004 im Grunde der §§ 58, 59, 60 und 61 Oö. Vergabegesetz als unzulässig zurückgewiesen. In der Begründung bezieht sich die Behörde hinsichtlich einer Rechtsverletzungsmöglichkeit für die Antragstellerin auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.9.2000, Zl. 2000/04/0050, wonach die Antragslegitimation betreffend die Nachprüfung einer Auftraggeberentscheidung voraussetze, dass das Angebot des Antragstellers für die Wahl zum Zuschlag geeignet gewesen wäre, somit für dieses auf Grund seiner Form und seines Inhaltes zumindest die Möglichkeit bestand, für eine Zuschlagserteilung durch den Auftraggeber in Betracht gezogen zu werden. Demnach fällt die Antragslegitimation immer dann weg, wenn der übergangene Bieter vom Auftraggeber rechtskräftig ausgeschieden worden ist. Die Antragstellerin wurde bereits in der ersten Stufe des Verhandlungsverfahrens von der weiteren Teilnahme am Vergabeverfahren ausgeschlossen, weil ihre wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit für ein Vorhaben der gegenständlichen Größenordnung als nicht ausreichend zu qualifizieren war, da sie die als Mindestbedingung bekannt gegebenen Mindestumsätze bei weitem verfehlte. Dem Antrag auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens, auf Nichtigerklärung wurde mit Bescheid der Oö. Landesregierung vom 22.5.2002 keine Folge gegeben. Die dagegen erhobene Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wurde ebenfalls mit Erkenntnis vom 5.11.2002 abgewiesen. Der Ausschluss der Antragstellerin an der weiteren Teilnahme am Vergabeverfahren ist somit rechtskräftig geworden. Durch den Ausschluss in der ersten Stufe des Verhandlungsverfahrens wurde die Antragstellerin auch nicht mehr zur Abgabe eines Angebotes eingeladen. Da die Antragstellerin somit gar nicht die Möglichkeit hatte ein Angebot zu legen, besteht für sie auch nicht die Möglichkeit, für eine Zuschlagserteilung zumindest in Betracht gezogen zu werden. Erst daran knüpft jedoch die im § 61 Abs. 4 des Oö. Vergabegesetzes vorgesehene Prüfung an, ob eine behauptete Rechtsverletzung vorliegt und deswegen der Zuschlag nicht dem Bestbieter erteilt wurde. Die Möglichkeit eines eingetretenen oder drohenden Schadens setzt ebenfalls voraus, dass die Antragstellerin ein Anbot erstellt hat und vom Vergabeverfahren nicht ausgeschlossen wurde. Der Antragstellerin mangelt es somit an der Antragslegitimation. Zu den Anträgen auf Nichtigerklärung wurde auf § 61 Abs.4 des Oö. Vergabegesetzes hingewiesen, dass nach erfolgter Zuschlagserteilung eine Nichtigerklärung nicht mehr in Betracht kommt. Dies gilt auch für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung. Die mit Schreiben vom 18.3.2004 eingebrachten zusätzlichen Anträge allerdings sind verspätet eingebracht.

3. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht. Die Oö. Landesregierung als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden erstbehördlichen Verwaltungsakt vorgelegt.

Die Berufung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Behörde erster Instanz zu Unrecht hinsichtlich des Antrages vom 22.1.2004 von einer rechtskräftigen Vorentscheidung und daher einer res judicata ausgeht. Im zitierten vorausgegangenen Nachprüfungsverfahren wurde die Nichtigerklärung beantragt, nunmehr aber wurde ein Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit eingebracht. Obwohl sowohl im damaligen Nachprüfungsverfahren als Vorfrage die Rechtswidrigkeit der Ausscheidung aus dem Vergabeverfahren zu prüfen war als auch im nunmehrigen Nachprüfungsverfahren auf Feststellung diese Vorfrage von der Behörde zu beurteilen ist, unterscheiden sich die beiden Entscheidungsgegenstände. Nach § 20 Abs.2 dritter Satz des Oö. Vergabenachprüfungsgesetzes ist für den Fall der Aufhebung eines Bescheides des Oö. Verwaltungssenates durch den Verwaltungsgerichtshof geregelt, dass das weitere Vergabenachprüfungsverfahren nach den Regelungen des Oö. Vergabenachprüfungsgesetzes zu führen ist, und es hat der Oö. Verwaltungssenat entschieden, dass der ursprüngliche Antrag auf Nichtigerklärung nicht in einen Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit umgedeutet werden könne. Vielmehr ist der unabhängige Verwaltungssenat an die gestellten Anträge gebunden und ist daher der Antrag zurückzuweisen. Würde daher die Behörde erster Instanz der Antragstellerin die Möglichkeit einer weiteren Nachprüfung nach Zuschlagserteilung verwehren, bestünde für die Antragstellerin bezüglich der rechtswidrigen Ausscheidung aus dem Vergabeverfahren kein nachträglicher Rechtsschutz iSd § 61 Abs.4 Oö. Vergabegesetz. Zu den weiteren Anträgen wurde ausgeführt, dass die Behörde erster Instanz die Anträge vom 18.3.2004 missverstanden habe, zumal nicht die Nichtigerklärung beantragt wurde, sondern die Feststellung der absoluten Nichtigkeit. Nach dem Oö. Vergabegesetz existiere keine rechtliche Möglichkeit für eine Überprüfung, ob ein nach außen als Zuschlagserteilung in Erscheinung tretendes Verhalten derart mangelhaft ist, dass von der absoluten Nichtigkeit auszugehen ist. Darüber hinaus gehe die Behörde bei der Zurückweisung wegen Verspätung des Antrages vom 18.3.2004 von einer rechtwirksamen Zuschlagserteilung aus, obwohl bezüglich des Transportauftrages es noch überhaupt keine Zuschlagserteilung gegeben hat. Zugeschlagen am 11.12.2003 wurde nur der Bau und der Betrieb der gegenständlichen Anlage, nicht jedoch der Transportauftrag. Vielmehr dauern die Verhandlungen bezüglich des Transportauftrages noch immer an. Es wurde daher die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat die Oö. B A GmbH als Auftraggeberin im Verfahren gehört und weitere Unterlagen angefordert (Aufforderung zur Angebotsabgabe; Ausschreibungsunterlagen; Vergabevermerk; Mitteilung der Zuschlagsentscheidung; Nachweis der Zuschlagsentscheidung). In diese wurde eingesehen.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte ungeachtet eines Parteiantrages entfallen, weil der unabhängige Verwaltungssenat einen verfahrensrechtlichen Bescheid zu erlassen hat und der verfahrenseinleitende Antrag der Partei zurückzuweisen ist (§ 67d Abs.4 und Abs.2Z1 AVG).

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Die Oö. B A GmbH ist öffentliche Auftraggeberin iSd § 2 Abs.1 Z4 Oö. Vergabegesetz.

Mit Bekanntmachung im Amtsblatt der EG vom 2.8.2001 wurde von der Oö. B A GmbH ein Baukonzessionsvertrag im Verhandlungsverfahren zum Bau und Betrieb einer oder mehrerer Anlagen zur gesetzeskonformen Behandlung von Haus- und Sperrabfällen ab 1.1.2004 bis spätestens 1.1.2012 sowie Abtransport der Abfälle von entsprechenden Übergabestellen und Rücktransport der deponiefähigen Reststoffe aus der Behandlung, Dauer der Konzession mindestens 17,5 Jahre, ausgeschrieben und hinsichtlich Art und Umfang der Leistung auf zusätzliche Projektinformationen beim Auftraggeber hingewiesen.

Der geschätzte Auftragwert übersteigt 5 Mio. Euro und daher den Schwellenwert gemäß § 3 Abs.2 Oö. Vergabegesetz.

Auf Grund der Bekanntmachung vom 2.8.2001 ist gemäß § 20 Abs.2 Satz 1 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz, LGBl. Nr. 153/2002, weiterhin für den Rechtsschutz das Oö. Vergabegesetz anzuwenden.

Bereits mit Bescheid der Oö. Landesregierung vom 22.5.2002, Gem-535045/9-2002-Wa/Gdl, wurde ein Nachprüfungsantrag sowie ein Antrag auf Nichtigerklärung der Ausschreibung, der ergänzenden Ausschreibung, des Ausschlusses der Antragstellerin vom Teilnahmewettbewerb, der Entscheidung zur Einladung der Bietergemeinschaft E AG/L AG als unbegründet abgewiesen und die zunächst mit Bescheid vom 15.4.2002, Gem-535045/3-2002-Wa/Gdl, erlassene einstweilige Verfügung wieder aufgehoben. Die dagegen eingebrachte Berufung wurde vom unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Erkenntnis vom 5.11.2002, VwSen-550062/23/Kl/Rd, abgewiesen und es wurde der Ausschluss der Antragstellerin und die nichterfolgte Einladung zur Angebotsabgabe als nicht rechtswidrig festgestellt. Dagegen wurde Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht und ist dieses Verfahren noch anhängig. Einem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wurde nicht stattgegeben. Es ist daher der Bescheid des Oö. Verwaltungssenates formell rechtskräftig und vollstreckbar und daher sowohl für die Behörde als auch für die Parteien bindend.

5.2. Gemäß § 38 AVG, der mangels einer Sonderreglung gemäß § 58 Abs.3 Oö. Vergabegesetz anzuwenden ist, ist die Behörde berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von Gerichten zu entscheiden wäre, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zu Grunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Behörde bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird.

Wie die Antragstellerin zu Recht ausführt, ist nach dem Rechtsschutzinstrumentarium nach § 61 Oö. Vergabegesetz zu unterscheiden zwischen dem Rechtsschutz vor erfolgter Zuschlagserteilung, wonach die Nichtigerklärung von Entscheidungen beantragt werden kann, und nach erfolgter Zuschlagserteilung, wobei nach erfolgter Zuschlagserteilung eine Nichtigerklärung nicht mehr in Betracht kommt (§ 61 Abs.4 Oö. Vergabegesetz). Es ist jedoch festzustellen, ob eine behauptete Rechtsverletzung gemäß Abs.1 vorliegt und deswegen der Zuschlag nicht dem Bestbieter erteilt wurde. Gegenstand eines Nichtigerklärungsverfahrens ist sohin eine Entscheidung eines Auftraggebers vor der Zuschlagserteilung, Gegenstand eines Feststellungsverfahrens nach Zuschlagserteilung ist die Zuschlagserteilung samt vorausgegangenen Entscheidungen. In diesem Zusammenhang können aber jegliche Rechtsverletzungen im Vergabeverfahren (bis zur Zuschlagserteilung) geltend gemacht werden und als rechtswidrig festgestellt werden. Es können daher die im Antrag vom 22.1.2004 von der Antragstellerin aufgezeigten Rechtswidrigkeiten im Rahmen des von ihr angestrengten Feststellungsverfahrens (nach Zuschlagserteilung) geltend gemacht werden und sind diese einer Überprüfung zu unterziehen. Eine Präklusion ist im Oö. Vergabegesetz nicht vorgesehen.

Wie aber bereits (Punkt 5.1.) dargelegt wurde, waren sämtliche behaupteten Rechtswidrigkeiten des Antrages vom 22.1.2004 bereits Gegenstand eines Verfahrens betreffend die Nichtigerklärung von Auftraggeberentscheidungen. Die aufgezeigten behaupteten Rechtsverletzungen wurden (formell, aber noch nicht materiell) rechtskräftig abgewiesen und ist diesbezüglich ein Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof anhängig.

Weil diese - bereits als nichtvorliegend festgestellten - Rechtsverletzungen aber auch im nunmehrigen Antrag vom 22.1.2004 geltend gemacht wurden und Grundlage der beantragten Feststellung der Rechtswidrigkeit der Zuschlagsentscheidung und der Zuschlagserteilung sind, hat sich der Oö. Verwaltungssenat entschlossen, die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes hinsichtlich dieser behaupteten Rechtswidrigkeiten abzuwarten und die dann für ihn maßgebliche Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes im dann fortzusetzenden Feststellungsverfahren zu Grunde zu legen. Insbesondere musste dabei berücksichtigt werden, dass - wie bereits die belangte Behörde in ihrer Bescheidbegründung dargelegt hat - die Rechtmäßigkeit des Ausschlusses von der weiteren Teilnahme am Verhandlungsverfahren wesentliche Voraussetzung für die Zulässigkeit des nunmehrigen Feststellungsantrages nach Zuschlagserteilung ist.

Es wurde daher das mit Antrag vom 22.1.2004, ergänzt mit Eingabe vom 9.2.2004, eingeleitete Verfahren spruchgemäß ausgesetzt.

Dieser Schritt dient auch der Raschheit des Verfahrens, um im Fall einer anderslautenden Entscheidung des VwGH sofort - ohne ein Wiederaufnahmeverfahren nach § 69 AVG - fortsetzen zu können.

Ergänzend wird angemerkt, dass die Antragstellerin mit ihren rechtlichen Ausführungen zum Rechtsschutz insofern im Recht ist, als ein Feststellungsverfahren gemäß § 61 Abs.4 Oö. Vergabegesetz nicht deswegen als unzulässig erklärt werden darf, weil die darin aufgezeigten Rechtswidrigkeiten bereits vor Zuschlagserteilung in einem Verfahren gemäß § 61 Abs.1 Oö. Vergabegesetz geltend gemacht und auch rechtskräftig entschieden wurden. Vielmehr weisen beide Verfahren einen unterschiedlichen Verhandlungsgegenstand und unterschiedliche Rechtsnatur (Gestaltungsbescheid nach § 61 Abs.1 Oö. Vergabegesetz; Feststellungsbescheid gemäß § 61 Abs.4 Oö. Vergabegesetz) und einen unterschiedlichen Verfahrensgang auf. Die Antragstellerin führt auch zu Recht aus, dass nach erfolgter Zuschlagserteilung auch im Fall eines Obsiegens vor dem Verwaltungsgerichtshof eine Nichtigerklärung ihrer Ausscheidung aus dem Teilnahmewettbewerb nicht mehr möglich ist und daher eine Nichtigerklärung jedenfalls unzulässig ist. Es ist daher jedenfalls zur Wahrung ihrer Rechte und ihres Rechtsschutzes ein Feststellungsantrag erforderlich, welcher - nach Zugrundelegung der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes - Rechtsverletzungen im Vergabeverfahren festzustellen hat.

5.3. Im Antrag vom 18.3.2004 wurde die Feststellung der absoluten Nichtigkeit der Zuschlagserteilung vom 11.12.2003 begehrt.

Es wurde in der Berufung zu Recht darauf hingewiesen, dass entgegen der Entscheidung der Erstbehörde nicht die Nichtigerklärung der Zuschlagserteilung - eine solche ist im Oö. Vergabegesetz nicht vorgesehen - beantragt wurde, sondern eine Feststellung der absoluten Nichtigkeit der Zuschlagserteilung. Die Antragstellerin weist zu Recht darauf hin, dass nach dem Oö. Vergabegesetz eine solche Feststellung nicht vorgesehen ist und macht weiters in ihrem Antrag "vom 18.3.2004 ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Nichtigkeit des Vertragsabschlusses auch aus allgemeinen rechtsgeschäftlichen Überlegungen" geltend. Dazu trifft der Oö. Verwaltungssenat folgende Erwägungen:

Gemäß § 1 Z17 Oö. Vergabegesetz ist Zuschlag bzw. Zuschlagserteilung die an den Bieter gerichtete schriftliche Erklärung, sein Angebot anzunehmen.

Gemäß § 31 Abs.6 Oö. Vergabegesetz kommt das Vertragsverhältnis zwischen Auftraggeber und Bieter mit der schriftlichen Verständigung des Bieters von der Annahme seines Angebotes zustande.

Nach dem Wortlaut und dem Sinn des Oö. Vergabegesetzes ist daher der Zuschlag bzw. die Zuschlagserteilung die Annahme eines Angebotes und daher der Abschluss eines Vertrages. Der Vertragsabschluss als solches ist ein zivilrechtliches Rechtsgeschäft und es obliegt daher die Prüfung, ob ein solches Rechtsgeschäft wirksam zustande gekommen ist, den Zivilgerichten. Eine Kompetenz der Verwaltungsbehörden zur Entscheidung zivilgerichtlicher Belange ist nicht gegeben. Dies entspricht im Übrigen auch der Intention des Vergabegesetzgebers - diese kommt auch in der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 7.10.1998, B 2103/97-11, zum Ausdruck -, dass das Vergaberecht "Vorschriften dreier verschiedener Regelungskreise enthält, solche die das von den vergebenden Stellen einzuhaltende Verfahren betreffen, solche, die den abzuschließenden Leistungsvertrag und den zivilgerichtlichen Bieterschutz betreffen und Regelungen einer vergabespezifischen verwaltungsrechtlichen Rechtskontrolle. ... Während es im Allgemeinen nicht umstritten ist, dass den zivilrechtlichen Bieterschutz betreffenden Vorschriften auf dem Kompetenztatbestand ‚Zivilrechtswesen' (Art.10 Abs.1 Z6 B-VG) gestützt werden können. ..." Das Vergaberecht weist sowohl eine öffentlich rechtliche Komponente als auch eine zivilrechtliche Komponente auf, wobei eben der gegenständlich berufene Landesgesetzgeber nur einen Vergaberechtsschutz in den §§ 58 ff Oö. Vergabegesetz zur Überprüfung des von ihm normierten Vergabeverfahrens (und der darin getroffenen Entscheidungen bis zur Zuschlagserteilung sowie eine Feststellung nach Zuschlagserteilung) vorsehen kann, während über den Leistungsvertrag und dessen Zustandekommen die Zivilgerichte zu entscheiden haben. Die Zuschlagserteilung bzw. der Zuschlag als Vertragsabschluss (vgl. § 31 Abs.6 Oö. Vergabegesetz) und zivilrechtliches Rechtsgeschäft ist den Zivilgerichten zur Prüfung vorbehalten. Es war daher eine Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates im Grunde des Oö. Vergabegesetzes nicht gegeben und eine diesbezüglich beantragte Feststellung im Oö. Vergabegesetz nicht vorgesehen. Dies musste vom Oö. Verwaltungssenat festgestellt werden. Es war daher aus den dargelegten Erwägungen die Zurückweisung der Behörde erster Instanz zu bestätigen.

Darüber hinaus wird festgehalten, dass der Berufungswerber in seinen Anträgen vom 22.1.2004, konkretisiert am 9.2.2004, selbst von einer erfolgten Zuschlagserteilung ausgeht. Wäre eine solche - nach seinen Behauptungen - absolut nichtig und daher der Zuschlag ex tunc nicht existent, hätte der Berufungswerber ein Verfahren gemäß §§ 59 Abs.1 und 61 Abs.1 Oö. Vergabegesetz anstrengen müssen.

5.4. Mit Eingabe vom 18.3.2004 wurde weiters ein Antrag auf Nichtigerklärung betreffend die Vergabe des Transportauftrages sowie eine einstweilige Verfügung, mit der die Zuschlagserteilung aufgeschoben werden soll, gestellt. Dem Antrag liegt die Annahme zu Grunde, dass der Auftrag zum Abtransport der Abfälle von den Übergabestellen und Rücktransport der deponiefähigen Reststoffe aus der Behandlung noch nicht vergeben wurde. Hiezu ist auszuführen:

Gemäß § 59 Abs.1 Satz 1 Oö. Vergabegesetz ist - sofern nicht die Zuschlagsentscheidung bekämpft wird - ein Nachprüfungsantrag vor erfolgter Zuschlagserteilung nur zulässig, wenn der betreffende Unternehmer den Auftraggeber von der behaupteten Rechtswidrigkeit und der beabsichtigten Antragstellung nachweislich unterrichtet hat und der Auftraggeber nicht innerhalb von zwei Wochen die behauptete Rechtswidrigkeit beseitigt hat.

Eine entsprechende Unterrichtung der Auftraggeberin wurde von der Antragstellerin weder im Antrag noch im weiteren Verfahren behauptet noch nachgewiesen. Ein Nachprüfungsantrag kann aber gemäß § 59 Abs.1 Satz 2 Oö. Vergabegesetz erst binnen weiterer zwei Wochen nach Ende dieser Frist eingebracht werden.

Die Auftraggeberin führt in ihrer Stellungnahme vom 3.6.2004 gegenüber dem Oö. Verwaltungssenat aus, dass die Antragstellerin die Auftraggeberin nicht gemäß § 59 Abs.1 Oö. Vergabegesetz über die behaupteten Rechtswidrigkeiten rechtzeitig vor Einbringung unterrichtet hat. Im Grunde dieser Ausführungen erübrigt sich daher auch ein Verbesserungsauftrag an die Antragstellerin, entsprechende Nachweise dem Oö. Verwaltungssenat vorzulegen.

Weil aber mangels der Unterrichtung über die behaupteten Rechtswidrigkeiten an die Auftraggeberin die Einbringungsfrist nicht begonnen hat, war auch ein entsprechender Antrag auf Nichtigerklärung unzulässig. Es war daher schon aus dieser Sicht mit Zurückweisung vorzugehen und daher entsprechend der Ausspruch der belangten Behörde zu bestätigen.

Aus verfahrensökonomischen Gründen wird aber angemerkt, dass aus den eingeholten Unterlagen klar ersichtlich ist, dass Gegenstand der Aufforderung zur Angebotslegung, des Verhandlungsverfahrens und des Zuschlages vom 11.12.2003 auch die Transportleistung ist. Die Behauptungen der Antragstellerin entbehren daher jeder Grundlage.

5.5. Die gleichen Erwägungen (sh. Punkt 5.4.) gelten auch für den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, zumal § 60 Abs.1 Oö. Vergabegesetz davon ausgeht, dass "während der Frist für die Einbringung des Nachprüfungsantrages (§ 59 Abs.1)" ein solcher Antrag auf einstweilige Verfügung gestellt werden kann. Da aber die Frist für die Einbringung des Nachprüfungsantrages noch nicht zu laufen begonnen hat, konnte auch eine einstweilige Verfügung nicht beantragt werden.

Darüber hinaus wird auch festgehalten, dass eine - nach Oö. Vergabegesetz anfechtbare - Entscheidung eine nach außen in Erscheinung getretene Willenserklärung darstellt. Nach den Ausführungen der Antragstellerin in ihrem Antrag vom 18.3.2004 ist aber eine entsprechende Entscheidung noch gar nicht getroffen worden, sondern es werden - wie behauptet wird - noch laufend Verhandlungen mit den von der Antragstellerin angegebenen Bietergemeinschaften durchgeführt. Es würde daher auch an einer anfechtbaren Entscheidung fehlen (vgl. VwGH vom 24.10.2001, Zl. 2001/04/0138).

Aus den dargestellten Gründen war daher die Entscheidung der Oö. Landesregierung betreffend die Anträge vom 18.3.2004 gemäß den Spruchpunkten II und III aufrecht zu erhalten.

6. Es wird darauf hingewiesen, dass in der gegenständlichen Angelegenheit Stempelgebühren in der Höhe von 13 Euro angefallen sind. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.


Dr. Konrath


Beschlagwortung:

Vorfragenentscheidung, Ausscheidung, Aussetzung; keine Zuständigkeit zur Feststellung der Nichtigkeit des Zuschlages

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VwGH vom 1. Oktober 2008, Zl.: 2004/04/0174-9

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