Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550144/3/Kl/Rd/Pe

Linz, 08.06.2004

 

 

 VwSen-550144/3/Kl/Rd/Pe Linz, am 8. Juni 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über den Antrag der Z H- und T GmbH, vertreten durch Rechtsanwälte OEG H, IdM & P auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Vergabeverfahren "Ortskanalisation T, Bauabschnitt 10" zu Recht erkannt:

Dem Antrag wird stattgegeben und dem Auftraggeber Marktgemeinde T die Erteilung des Zuschlages bis zur Entscheidung in diesem Nachprüfungsverfahren, längstens aber bis 2. Juli 2004 untersagt. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 1, 2, 3 und 11 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz, LGBl. Nr. 153/2002.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingabe vom 2.6.2004 wurde von der Z H- und T GmbH der Antrag auf Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens und Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, dem Auftraggeber die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, längstens aber für die Dauer von zwei Monaten nach Antragstellung, zu untersagen, gestellt. Hinsichtlich der Zulässigkeit von Alternativangeboten wird ausgeführt, dass die Antragstellerin im gegenständlichen Vergabeverfahren fristgerecht ein Haupt- und ein Alternativangebot (jeweils mit der geforderten Variante) eingereicht habe, da gemäß Punkt B3 der Ausschreibung trotz des in Punkt D13 der Ausschreibung vorgesehenen Billigstbieterprinzips Alternativangebote zugelassen waren. Mit Punkt B3 der Ausschreibung habe die Antragstellerin zwar gegen die Bestimmung in § 69 Abs.1 BVergG verstoßen, da § 69 Abs.1 BVergG Alternativangebote in einem Vergabeverfahren nur dann zulässt, wenn der Zuschlag an das technisch und wirtschaftlich günstigste Angebot ergehe. Keiner der Bieter habe die Ausschreibung jedoch innerhalb der in der Anlage zum Oö. Vergabenachprüfungsgesetz (im Folgenden: Oö.VNPG) vorgesehenen Frist, somit spätestens 14 Tage vor Ablauf der Angebotsfrist, bekämpft, sodass die Antragstellerin im Vertrauen auf das Bestehen der Bestimmung in Punkt B3 der Ausschreibung ein Alternativangebot eingereicht habe.

Die Auftraggeberin habe das Alternativangebot der Antragstellerin zu Unrecht als nicht gleichwertig ausgeschieden. Gründe, weshalb das Alternativangebot nicht gleichwertig sei, wurden von der Auftraggeberin im Faxschreiben vom 25.5.2004 nicht näher ausgeführt, sondern verweist diese darin lediglich auf ihre "ausführlichen Erläuterungen". Diese Ausführungen geben jedoch keine Erklärung, aus welchem Grund das von der Antragstellerin eingereichte Alternativangebot nicht gleichwertig sein soll.

Die von der Antragstellerin in ihrem Alternativangebot vorgesehene Pressung mittels Stahlpressrohren DN 600 anstelle eines Stahlbetonpressrohres DN 800 sei jedoch technisch gleichwertig. Öffentliche Auftraggeber würden die Bauweise mittels Imlochhammerbohrung zum weitaus überwiegenden Teil auswählen. Die Verwendung einer 800er Bohrung sei erst dann zweckmäßig, wenn entsprechende Größen und eine entsprechende Anzahl an Mediumrohren sowie die Notwendigkeit einer steuerbaren Bohrung die Bohrung mit einem DN 800 erzwingen. Dies sei aber bei gegenständlichem Bauvorhaben nicht der Fall. Die Bestimmungen der Leistungsbeschreibung des Musterleistungsbuches für den Siedlungswasserbau, Version 04, Leistungsgruppe 25, werden auch mit einem Bohrrohr DN 600 eingehalten. Die technische Lösung des Alternativangebotes weiche nur in den arbeitstechnischen Aspekten von der Ausschreibung der Auftraggeberin ab und halte die zwingenden Rahmenbedingungen der Ausschreibung ein. Die Antragstellerin habe auch den Nachweis der Gleichwertigkeit des Alternativangebots gemäß § 81 Abs.4 BVergG erbracht, in dem das Alternativangebot das im Amtsentwurf beschriebene Leistungsziel erreiche.

Das Ausscheiden des Alternativangebotes der Antragstellerin erfolgte daher nicht zu Recht, da das Alternativangebot der Antragstellerin gleichwertig im Sinn des § 81 Abs.4 BVergG sei und der Nachweis der Gleichwertigkeit erbracht worden sei.

 

Weiters wurde das Interesse am Vertragsabschluss durch die Anbotslegung dargelegt. Zum Schaden wurden der entgangene Auftrag, zumal es sich bei dem gegenständlichen Bauauftrag um ein Referenzprojekt handle und dieses auch entsprechende Folgeaufträge nach sich ziehen würde, aber auch Kosten von mindestens 12.778,66 Euro, geltend gemacht.

 

Zur Notwendigkeit einer einstweiligen Verfügung wurde dargelegt, dass sich die Antragstellerin auf die Ausführungen im Nachprüfungsverfahren bezieht. Ergänzend wird noch vorgebracht, dass das rechtliche Interesse an der Erlassung einer einstweiligen Verfügung in Form der Untersagung der Zuschlagserteilung sich insbesondere darauf gründe, dass die Antragstellerin bei Zuschlagserteilung an die H & F B GesmbH & Co KG den Auftrag im gegenständlichen Verfahren nicht erhalten könne.

Hinsichtlich der Interessensabwägung nach § 11 Abs.3 Oö. VNPG halte die Antragstellerin außerdem fest, dass die Auftraggeberin schon deshalb kein besonderes Interesse an einer Zuschlagserteilung habe, das gegen die Erlassung der einstweiligen Verfügung spreche, da ein öffentlicher Auftraggeber mit der Möglichkeit eines Nachprüfungsverfahrens rechnen und dies in seine zeitliche Planung einbeziehen müsse. Wenn der Auftraggeber diese Möglichkeit nicht entsprechend berücksichtige, könne dies nicht zu Lasten des Rechtsschutzsuchenden erfolgen. Insgesamt überwiege daher bei weitem das Interesse der Antragstellerin an der Erlassung einer einstweiligen Verfügung gegenüber etwaigen anderen Interessen im Sinn des § 11 Abs.3 OÖ. VNPG.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat die Marktgemeinde T als Auftraggeberin am Nachprüfungsverfahren beteiligt. Eine Stellungnahme ist bis zum Entscheidungszeitpunkt nicht eingelangt.

 

3. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Die Marktgemeinde T ist öffentliche Auftraggeberin iSd § 7 Abs.1 Z1 BVergG bzw. des § 1 Abs.2 Z1 Oö. VNPG. Der Auftragswert der gegenständlichen Ausschreibung überschreitet nicht den Schwellenwert von mindestens 5 Mio Euro bei Bauaufträgen iSd § 9 Abs.1 Z3 Bundesvergabegesetz 2002 - BVergG. Die gegenständliche Vergabe unterliegt daher dem Oö. VNPG; es sind daher die gesetzlichen Bestimmungen für den Unterschwellenbereich anzuwenden.

 

Gemäß § 2 Oö. VNPG obliegt dem unabhängigen Verwaltungssenat die Nachprüfung von Entscheidungen gemäß § 1 Abs.1 leg.cit. Bis zur Zuschlagserteilung ist der unabhängige Verwaltungssenat zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen das Bundesvergabegesetz und die dazu ergangenen Verordnungen zuständig

1. zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie

2. zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen des Auftraggebers bzw Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Der gegenständliche Antrag ist rechtzeitig und zulässig.

 

3.2. Gemäß § 11 Oö. VNPG hat, sobald das Nachprüfungsverfahren vor Zuschlagserteilung eingeleitet ist, der unabhängige Verwaltungssenat auf Antrag durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen zu ergreifen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern. Vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung hat der unabhängige Verwaltungssenat die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicher Weise geschädigten Interessen des Antragstellers bzw der Antragstellerin, der sonstigen Bewerber oder Bieter bzw Bewerberinnen oder Bieterinnen und des Auftraggebers bzw der Auftraggeberin sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist von ihrer Erlassung abzusehen. In einer einstweiligen Verfügung ist die Zeit, für welche die Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Sie tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch, wenn die einstweilige Verfügung ein Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich betrifft, einen Monat nach Antragstellung oder mit der Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates über den Antrag auf Nichtigerklärung außer Kraft.

 

Bereits zu der vorausgegangenen sinngemäßen Regelung des Bundesvergabegesetzes 1997 führte Bernd Elsner, Vergaberecht, Linde Verlag, auf Seite 86 aus: Die Entscheidung hängt von einer Abwägung der möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers und einem allfälligen besonderen öffentlichen Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens ab. Dabei muss es sich um ein "besonderes" öffentliches Interesse handeln. Es wird nämlich (hoffentlich) bei jeder öffentlichen Auftragsvergabe ein öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens und Vergabe eines Auftrages bestehen. Aber auch daran, dass Vergabeverfahren fehlerfrei ablaufen, besteht öffentliches Interesse. Eine Nichterlassung einstweiliger Verfügungen wird daher nur bei sonstiger Gefahr für Leib und Leben und besonderer Dringlichkeit zulässig sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn besondere Interessen der Daseinsvorsorge gefährdet würden.

 

Art.2 Abs.4 Satz 1 der Rechtsmittelrichtlinie darf nicht fälschlicherweise so ausgelegt werden, dass der vorläufige Rechtsschutz regelmäßig leerläuft. Mit diesem Interesse ist nicht das bei jeder Auftragsvergabe bestehende öffentliche Interesse an der zügigen Abwicklung gemeint.

 

Nach der Beschlusspraxis des EuGH kommt es in der Interessensabwägung maßgeblich darauf an, wer durch sein Verhalten die besondere Dringlichkeit der Auftragsvergabe verursacht hat. Für die öffentlichen Auftraggeber ergibt sich daraus eine echte Obliegenheit zu rechtzeitig geplanten und durchgeführten Beschaffungsvorgängen. Das Rechtsschutzinteresse des diskriminierten Bieters kann insoweit nur vom vorrangigen Schutz überragend wichtiger Rechtsgüter der Allgemeinheit zurückgedrängt werden (vgl. Schenk, Das neue Vergaberecht, 1. Auflage 2001, S. 172f).

 

Auch der Verfassungsgerichtshof hat insbesondere in seiner Entscheidung zu Zl. B 1369/01 vom 15.10.2001 ein öffentliches Interesse im Hinblick auf das Postulat effizienten Einsatzes öffentlicher Mittel in der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter gesehen, dem die Nachprüfung des Vergabeverfahrens letztlich dienen soll.

 

In Anbetracht der Tatsache, dass es sich um Rohrverlegungsarbeiten mit einer Leistungserbringung bis zum 30. Oktober 2005 handelt, kann daraus geschlossen werden, dass eine Gefährdung von Leib und Leben nicht aktuell ist. Auch trifft den Auftraggeber im Hinblick auf die Rechtsnatur des Provisorialverfahrens und auf die allgemeine Mitwirkungspflicht der Parteien im Verwaltungsverfahren die Behauptungslast betreffend die gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen. Der Auftraggeber hat aber konkret mit der Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung drohende Nachteile nicht dargelegt, sodass davon auszugehen ist, dass die nachteiligen Folgen des vorläufigen Zuschlagsverbotes nicht überwiegen und daher dem Antrag stattzugeben ist (vgl. BVA 1.12.2000, N-56/00-9). Es hat daher die Antragstellerin glaubwürdig und denkmöglich dargelegt, dass ihr durch die behauptete Rechtswidrigkeit der Entgang des Auftrages droht, sohin ein Schaden, der nur durch die vorläufige Untersagung der Zuschlagserteilung abgewendet werden kann. Abgesehen von dem vorausgesetzten öffentlichen Interesse an der Vergabe des gegenständlichen Auftrages ist aber ein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens weder durch den Auftraggeber vorgebracht worden noch dem Oö. Verwaltungssenat zur Kenntnis gelangt. Vielmehr ist bei der Interessensabwägung iSd Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu berücksichtigen, dass der Auftraggeber ein Interesse an der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebotes, also an einem rechtmäßigen Vergabeverfahren haben muss. Es ist daher zu berücksichtigen, dass bei rechtmäßiger Ermittlung des günstigsten Angebotes unter Umständen den Auftraggeber eine Kostenersparnis erwarten würde, die den aus der Verfahrensverzögerung allenfalls auftretenden Kosten entgegenzuhalten ist bzw diese Kosten aufheben würde. Darüber hinaus verweist die Antragstellerin zu Recht auf die Rechtsprechung der Vergabekontrollinstanzen, dass ein öffentlicher Auftraggeber bei der Erstellung des Zeitplanes für eine Auftragsvergabe die Möglichkeit von Nachprüfungsverfahren und die damit einhergehende Verzögerung ins Kalkül zu ziehen hat. Dass sich durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung eine Verzögerung der Bedarfsdeckung und ein organisatorischer und finanzieller Mehraufwand ergeben kann, liegt in der Natur der Sache. Da kein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an einem möglichst raschen Vertragsabschluss geltend gemacht wurde und auch nicht auf der Hand liegt, war dem Antrag stattzugeben.

 

Die im Vorbringen der Antragstellerin behaupteten Rechtswidrigkeiten sind zumindest denkmöglich. Eine Überprüfung, ob die behaupteten Rechtswidrigkeiten auch tatsächlich vorliegen, war im Rahmen des Provisorialverfahrens nicht durchzuführen.

 

Die Dauer der Aussetzung der Zuschlagserteilung ergibt sich aus § 11 Abs. 5 Oö. VNPG. Es bestand daher für den Oö. Verwaltungssenat somit ausschließlich die Möglichkeit, die Aussetzung der Zuschlagserteilung für einen Monat, entgegen der im Antrag angeführten zwei Monate - das gegenständliche Vergabeverfahren wird im Unterschwellenbereich durchgeführt - auszusprechen.

 

Die einstweilige Verfügung ist gemäß § 11 Abs.6 Oö. VNPG sofort vollstreckbar.

 

4. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.


 

Dr. Klempt

Beschlagwortung:

kein besonderes öffentliches Interesse

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