Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550170/4/Ste/Rd/Be

Linz, 16.11.2004

 

 VwSen-550170/4/Ste/Rd/Be Linz, am 16. November 2004

DVR.0690392
 

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Vizepräsident Mag.Dr. Wolfgang Steiner über den Antrag der V P KG, Nfg. W H, G -S, vertreten durch Dr. R K, auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Vergabeverfahren der Oö. Gesundheits- und Spitals AG (Landeskrankenhaus Enns), über die Lieferung "Tische und Stühle für die Umbauarbeiten Psychosomatik beim A.ö. Landeskrankenhaus Enns", zu Recht erkannt:

 

 

Dem Antrag wird stattgegeben und der Auftraggeberin Oö. Gesundheits- und Spitals AG die Erteilung des Zuschlags im Vergabeverfahren über die Lieferung Tische und Stühle für die Umbauarbeiten Psychosomatik beim A.ö. Landeskrankenhaus Enns bis zur Entscheidung in diesem Nachprüfungsverfahren, längstens aber bis 11. Dezember 2004, untersagt.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 1 bis 3 und 11 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz - Oö. VNPG, LGBl. Nr. 153/2002.

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Eingabe vom 11. November 2004, beim Oö. Verwaltungssenat eingelangt am selben Tag, wurde von der V P KG, Nfg. W H G-Sesselfabrik, der Antrag auf Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens und Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, längstens aber für die Dauer von einem Monat nach Antragstellung, zu untersagen, gestellt.

Begründend wurde vorgebracht, dass das von der Antragstellerin gelegte Anbot mit 71.981 Euro den billigsten Preis aufgewiesen habe. Das ausersehene Angebot sei dem gegenüber um 27 % teurer. Die von der Antragstellerin angebotenen Stühle und Tische seien in den Punkten Design, subjektives Sitzempfinden und Qualität (Verarbeitung) mindestens ebenso gut, wie die von der Firma F angebotenen. Die Antragstellerin habe daher ein rechtlich geschütztes Interesse an einer vergaberechtskonformen Bestbieterermittlung und Zuschlagserteilung.

Telefonisch sei der Antragstellerin mitgeteilt worden, dass sich die Zuschlagsentscheidung darauf gründe, dass der Preisvorteil der Antragstellerin mit 5 Punkten bewertet worden sei, bei der Qualität eine gleichrangige Bewertung gegeben gewesen sei, bei den Punkten Sitzkomfort und Design, aber im Hinblick auf die kommissionelle Begründung der subjektiven Empfindungen, das Angebot nur lediglich einen Punkt erhalten habe. Damit wäre der Preis mit 33 % gewichtet.

Entgegen den Ausschreibungsunterlagen habe es sich nicht um einen Bau- sondern um einen Lieferauftrag gehandelt, zudem wurde auch kein beschleunigtes Verfahren ausgeschrieben, sodass die Stillhaltefrist entgegen der Ansicht der Auftraggeberin 14 Tage betrage.

Darüber hinaus wurde noch vorgebracht, dass gemäß § 99 Abs.1 BVergG der Zuschlag gemäß den Angaben in der Ausschreibung dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot zu erteilen sei.

Der in 00 1124 AZ der Ausschreibung enthaltene Vorbehalt der freien Auswahl durch die Auftraggeberin sei für sich genommen rechtswidrig, sei aber dadurch ausgeglichen worden, dass in weiterer Folge Zuschlagskriterien angegeben worden seien.

Die Kriterien seien in der Reihenfolge ihrer Nennung zu gewichten gewesen. Unter lit. a) sei an erster Stelle die Herstellung (der Preis) genannt worden. Daraus folge, dass der niedrigste Preis das wichtigste Zuschlagskriterium sei. Die Antragstellerin genieße beim Preis einen Vorteil von 27 % auf das ausersehene Angebot. Es hätte daher der Antragstellerin der Zuschlag erteilt werden müssen, dies umso mehr als auch bei den Kriterien "Design und subjektives (Sitz-)Empfinden" das Angebot der Antragstellerin mit vorteilhaft, mindestens aber mit allen übrigen angebotenen Waren gleichwertig bewertet worden sei.

Überdies werde ein fehlendes Punktesystem gerügt. Die Auftraggeberin habe vier Zuschlagskriterien ausgeschrieben, ohne einen Vergleichsmaßstab, ein Reihungs- oder Punktesystem vorzusehen. Zudem müssen die Kriterien objektiv sein, dh der Bieter muss in der Lage sein, im Vorhinein die Vorteile und Merkmale seines Angebotes gestalten zu können. Ein Kriterium wie "subjektives (Sitz-) Empfinden" sei nicht transparent und vorhersehbar, weil der Bieter in keiner Weise die Ergebnisse der Überprüfung des subjektives Sitzempfindens durch die Vertreter der Auftraggeberin antizipieren könne.

Ein Widerruf der Ausschreibung wegen Rechtswidrigkeit der Zuschlagskriterien sei nur dadurch zu vermeiden, dass man die Kausalität überprüfe. Komme man zum Ergebnis, dass die Kriterien "Design, subjektives Sitzempfinden und Qualität" auf die Bestbieterermittlung keinen Einfluss haben, könne nach dem verbleibenden Kriterium des billigsten Preises vergeben werden. Sei dies nicht möglich, muss widerrufen werden. Die Zuschlagsentscheidung an die Fa. F Handels GesmbH sei daher auf jeden Fall rechtswidrig.

Zum Schaden wurde ausgeführt, dass der Antragstellerin ein Referenzprojekt entgehe. Zudem seien ihr Kosten in der Höhe von ca. 2.000 Euro für Kalkulations- und Aquisitionsaufwand entstanden, der entgangene Gewinn wurde mit ca. 20.000 Euro ausgewiesen. Ebenso wurde der Ersatz der geleisteten Pauschalgebühren in der Höhe von 1.600 Euro, geltend gemacht.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat die Oö. Gesundheits- und Spitals AG als Auftraggeberin am Nachprüfungsverfahren beteiligt. Eine Stellungnahme ist bis zum Entscheidungszeitpunkt nicht eingelangt.

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Die Oö. Gesundheits- und Spitals AG als Rechtsträgerin des Landeskrankenhauses Enns steht in hundertprozentigem Eigentum des Landes Oberösterreich und ist daher öffentliche Auftraggeberin iSd. § 1 Abs. 2 Z 4 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz, LGBl. Nr. 153/2002 - Oö. VNPG. Als vergebende Stelle iSd. § 20 Z 36 Bundesvergabegesetz 2002 - BVergG tritt das Landeskrankenhaus Enns auf. Der Auftragswert der gegenständlichen Ausschreibung überschreitet nicht den Schwellenwert von mindestens 200.000 Euro bei Lieferaufträgen iSd. § 9 Abs. 1 Z 2 BVergG. Die Vergabe unterliegt daher dem Oö. VNPG; es sind sohin die gesetzlichen Bestimmungen für den Unterschwellenbereich anzuwenden.

 

3.2. Gemäß § 2 Oö. VNPG obliegt dem Unabhängigen Verwaltungssenat die Nachprüfung von Entscheidungen gemäß § 1 Abs.1 Oö. VNPG. Bis zur Zuschlagserteilung ist der unabhängige Verwaltungssenat zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen das Bundesvergabegesetz und die dazu ergangenen Verordnungen zuständig

  1. zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie
  2. zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen des Auftraggebers oder der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller oder der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

3.3. Der vorliegende Nachprüfungsantrag wurde am 11. November 2004 - und damit rechtzeitig - eingebracht und erfüllt auch die Voraussetzungen nach § 6 Oö. VNPG.

 

3.4. Gemäß § 11 Oö. VNPG hat, sobald das Nachprüfungsverfahren vor Zuschlagserteilung eingeleitet ist, der Unabhängige Verwaltungssenat auf Antrag durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen zu ergreifen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern. Vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung hat der unabhängige Verwaltungssenat die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin, der sonstigen Bewerber oder Bieter bzw. Bewerberinnen oder Bieterinnen und des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist von ihrer Erlassung abzusehen. In einer einstweiligen Verfügung ist die Zeit, für welche die Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Sie tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch, wenn die einstweilige Verfügung ein Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich betrifft, einen Monat nach Antragstellung oder mit der Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates über den Antrag auf Nichtigerklärung außer Kraft.

 

Festzuhalten ist, dass es im Provisorialverfahren einerseits lediglich um die Notwendigkeit geht, zu verhindern, dass die Hauptentscheidung durch faktische Geschehnisse ins Leere geht und die Antragstellerin somit vor vollendete Tatsachen gestellt wird. Andererseits ist die Frage zu beantworten, welche nachteiligen Folgen mit der einstweiligen Verfügung verbunden sind und ob die Interessen der Antragstellerin an der Erlassung der einstweiligen Verfügung überwiegen (vgl. Hahnl, BVergG - Bundesvergabegesetz 2002, E 3 zu § 171). Über die inhaltliche Begründetheit des Nachprüfungsantrags ist im Provisorialverfahren nicht abzusprechen; es kommt nicht darauf an, ob die behaupteten Rechtswidrigkeiten auch tatsächlich vorliegen. Vielmehr ist es ausreichend, dass sich aus dem Vorbringen der Parteien ergibt, dass die behaupteten Rechtswidrigkeiten zumindest möglich sind (BVA vom 12. Jänner 1998, N-1/98 = Connex 1999/1, 40).

 

In Anbetracht der Tatsache, dass es sich bei der Lieferung von Tischen und Stühlen nicht um eine vordringliche Leistungserbringung handelt, kann daraus geschlossen werden, dass eine Gefährdung von Leib und Leben nicht aktuell ist. Auch trifft die Auftraggeberin im Hinblick auf die Rechtsnatur des Provisorialverfahrens und auf die allgemeine Mitwirkungspflicht der Parteien im Verwaltungsverfahren die Behauptungslast betreffend die gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen. Die Auftraggeberin hat aber konkret mit der Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung drohende Nachteile nicht dargelegt, sodass davon auszugehen ist, dass die nachteiligen Folgen des vorläufigen Zuschlagsverbotes nicht überwiegen und daher dem Antrag stattzugeben ist (vgl. BVA
1. Dezember 2000, N-56/00-9).

 

Auf der anderen Seite hat die Antragstellerin glaubwürdig und denkmöglich dargelegt, dass ihr durch die behauptete Rechtswidrigkeit der Entgang des Auftrages droht, sohin ein Schaden, der nur durch die vorläufige Untersagung der Zuschlagserteilung abgewendet werden kann. Abgesehen von dem vorausgesetzten öffentlichen Interesse an der Vergabe des Auftrages ist aber ein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens weder durch die Auftraggeberin vorgebracht worden noch dem Oö. Verwaltungssenat zur Kenntnis gelangt. Vielmehr ist bei der Interessenabwägung iSd. Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu berücksichtigen, dass der Auftraggeber ein Interesse an der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebotes, also an einem rechtmäßigen Vergabeverfahren haben muss. Es ist daher zu berücksichtigen, dass bei rechtmäßiger Ermittlung des günstigsten Angebotes unter Umständen die Auftraggeberin eine Kostenersparnis erwarten würde, die den aus der Verfahrensverzögerung allenfalls auftretenden Kosten entgegenzuhalten ist bzw. diese Kosten aufheben würde. Darüber hinaus ist auf die Rechtsprechung der Vergabekontrollinstanzen, dass ein öffentlicher Auftraggeber bei der Erstellung des Zeitplanes für eine Auftragsvergabe die Möglichkeit von Nachprüfungsverfahren und die damit einhergehende Verzögerung ins Kalkül zu ziehen hat, zu verweisen. Dass sich durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung eine Verzögerung der Bedarfsdeckung und ein organisatorischer und finanzieller Mehraufwand ergeben kann, liegt in der Natur der Sache. Da kein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an einem möglichst raschen Vertragsabschluss geltend gemacht wurde und auch nicht auf der Hand liegt, war dem Antrag stattzugeben.

Die im Vorbringen der Antragstellerin behaupteten Rechtswidrigkeiten sind zumindest denkmöglich. Eine Überprüfung, ob die behaupteten Rechtswidrigkeiten auch tatsächlich vorliegen, war im Rahmen des Provisorialverfahrens nicht durchzuführen.

 

In Anbetracht der von der Antragstellerin vorgebrachten Argumente und des Umstands, dass die Auftraggeberin keinerlei mit der Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung drohende Nachteile dargelegt hat, ist von einem Überwiegen der nachteiligen Folgen des Unterbleibens einer einstweiligen Verfügung für die Antragstellerin auszugehen. Zwar kann durchaus in einer möglichst raschen Vergabe ein öffentliches Interesse bestehen, dazu hat aber der Verfassungsgerichtshof (in seinem Beschluss vom 1. August 2002, B 1194/02) zum Ausdruck gebracht, dass dem bereits durch eine zeitgerechte - und etwaige Verzögerungen berücksichtigende - Ausschreibung Rechnung zu tragen sei.

 

Aus den genannten Gründen war daher dem Antrag spruchgemäß stattzugeben.

 

3.5. Die Dauer der Aussetzung der Zuschlagserteilung ergibt sich aus § 11 Abs. 5 Oö. VNPG. Die einstweilige Verfügung ist gemäß § 11 Abs. 6 Oö. VNPG sofort vollstreckbar.

 

 

4. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 47,20 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag.Dr. Wolfgang Steiner

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