Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550173/12/Kl/Pe VwSen550175/11/Kl/Pe VwSen550189/8/Kl/Pe

Linz, 21.01.2005

 

 

 VwSen-550173/12/Kl/Pe
VwSen-550175/11/Kl/Pe
VwSen-550189/8/Kl/Pe
Linz, am 21. Jänner 2005

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine IX. Kammer (Vorsitzender: Dr. Konrath, Berichterin: Dr. Klempt, Beisitzerin: Mag. Bismaier) über den Nachprüfungsantrag der 1. O & K ZT-GmbH, und 2. K und M GmbH & Co KEG B- und P, beide vertreten durch Rechtsanwalt Dr. C T, und den Teilnahmeantrag der Bietergemeinschaft M B E C & T GmbH und Baumeister Ing. G R, vom 9.12.2004, vertreten durch K & W Rechtsanwälte GmbH, im Vergabeverfahren des S R betreffend "Baubetreuung für den Zu- und Umbau des Bezirksalten- und Pflegeheimes K" zu Recht erkannt:

 

  1. Dem Nachprüfungsantrag vom 2.12.2004 wird Folge gegeben und die angefochtene Zuschlagsentscheidung vom 15.11.2004, per Post zugestellt am 18.11.2004, den Zuschlag der Bietergemeinschaft M B GmbH & Baumeister Ing. G. R zu erteilen, für nichtig erklärt.
  2.  

  3. Der S R hat den Antragstellerinnen die entrichteten Gebühren in der Höhe von je 3.200 Euro, gesamt 6.400 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
  4.  

  5. Dem Antrag auf Rückerstattung der entrichteten Pauschalgebühr für die zweite Antragstellerin wird nicht stattgegeben.
  6.  

  7. Dem Teilnahmeantrag vom 9.12.2004, den Nachprüfungsantrag vom 2.12.2004 abzuweisen, wird nicht Folge gegeben.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: §§ 1, 2 und 13 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz - Oö. VNPG, LGBl. Nr. 153/2002 iVm § 100 Abs.1 Bundesvergabegesetz 2002 - BVergG, BGBl. I Nr. 99/2002.

zu II.: § 18 Abs.4 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz - Oö. VNPG, LGBl. Nr. 153/2002 iVm § 74 Abs.2 AVG.

zu III.: § 18 Abs.1 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz - Oö. VNPG, LGBl. Nr. 153/2002 iVm § 1 Abs.1 Oö. Vergabe-Pauschalgebührenverordnung, LGBl. Nr. 127/2003.

zu IV.: §§ 1, 2, 5, 7 und 13 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz - Oö. VNPG, LGBl. Nr. 153/2002 iVm § 100 Abs.1 Bundesvergabegesetz 2002 - BVergG, BGBl. I Nr. 99/2002.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingabe (per Fax) vom 2.12.2004, beim Oö. Verwaltungssenat eingelangt am 3.12.2004, wurde von der 1. O & K ZT-GmbH und 2. K und M GmbH & Co KEG der Antrag auf Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens und Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die Zuschlagsentscheidung und das Vergabeverfahren auszusetzen und dem Auftraggeber die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, zu untersagen, gestellt.

Im Sachverhalt wurde dargelegt, dass sich die Antragstellerinnen als Bietergemeinschaft "Projektmanagement K und M - O & K" am bezeichneten Vergabeverfahren beteiligt haben und ein Angebot legten.

 

Begründend wurde vorgebracht, dass mit Schreiben des Auftraggebers vom 15.11.2004, das am 18.11.2004 zugestellt wurde, die Zuschlagsentscheidung bekannt gegeben wurde, wonach beschlossen worden sei, den Auftrag dem Bestbieter, der "Bietergemeinschaft M B GmbH & Baumeister Ing. G. R" zu vergeben.

Mit Schriftsatz vom 18.11.2004 sei beantragt worden, der Auftraggeber möge schriftlich die Gründe für die Nichtberücksichtigung des Angebotes sowie die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes bekannt geben. Dieses Schreiben sei mit 29.11.2004 urgiert worden. Erst nach einer weiteren telefonischen Urgenz haben die Antragstellerinnen das Schreiben des Auftraggebers vom 1.12.2004 erhalten, das allerdings den gesetzlichen Erfordernissen einer schriftlichen Bekanntgabe gemäß § 100 Abs.3 BVergG nicht entsprochen habe, weil es einen präzisen Vergleich zwischen dem erfolgreichen Angebot und dem Angebot der Antragstellerinnen in den einzelnen Merkmalen nicht enthalten habe. Mit Schreiben der Antragstellerinnen vom 1.12.2004 sei daher eine ordnungsgemäße schriftliche Bekanntgabe gemäß § 100 Abs.3 BVergG verlangt worden.

Erst mit dem am 2.12.2004 von 12.22 Uhr bis 12.25 Uhr vom Auftraggeber zugesandten Telefax haben die Antragstellerinnen die Bewertungsmatrix und die Checklisten nach den allgemeinen und speziellen Kriterien sowie die Bewertungsreihung und die Analyse zugesandt bekommen.

Überdies wird die Verletzung des Rechts auf Einhaltung eines gesetzmäßigen Vergabeverfahrens und auf die richtige Anwendung des Bundesvergabegesetzes sohin auf eine ordnungsgemäße Bewertung und Wahl des Angebotes für den Zuschlag und auf eine ordnungsgemäße und fristgerechte schriftliche Bekanntgabe der Gründe für die Nichtberücksichtigung des Angebotes der Antragstellerinnen sowie der Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes, geltend gemacht.

Darüber hinaus sei die Zuschlagsentscheidung rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weiters sei auch ihr Inhalt rechtswidrig.

In Bezug auf die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften wurde ausgeführt, dass gemäß § 100 Abs.4 BVergG der Auftraggeber unverzüglich nach Eingang des Antrages der Antragstellerin (gem. § 100 Abs.3 BVergG), jedenfalls aber drei Tage vor Ablauf der Stillhaltefrist die Gründe für die Nichtberücksichtigung des Angebotes sowie die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes bekannt geben müsse. Die Antragstellerinnen haben die Bekanntgabe jedoch erst am 2.12.2004 mittels Telefax erhalten. Bei Einhalten der Dreitagesfrist vor Ablauf der Stillhaltefrist hätten die Antragstellerinnen die Bekanntgabe spätestens am 29.11.2004 erhalten müssen. Die verspätete Bekanntgabe, nämlich erst wenige Stunden vor Ablauf der Stillhaltefrist und damit auch wenige Stunden vor Ablauf der Frist für das Stellen dieses Nachprüfungsantrages habe es der Antragstellerin unmöglich gemacht, die vom Auftraggeber angegebenen Gründe für die Nichtberücksichtigung des Angebotes inhaltlich zu überprüfen und nachzuvollziehen.

Überdies haben die mittels Telefax zugestellten Unterlagen nicht der Dokumentationspflicht des § 99 Abs.2 BVergG entsprochen, zumal die Dokumentationspflicht die Rechtmäßigkeit einer Zuschlagsentscheidung objektivierbar machen solle. Die Dokumentation des Auftraggebers habe nahezu keine, schon gar nicht eine detaillierte verbale Begründung der Zuschlagsentscheidung enthalten, sondern begnüge sich diese mit "ja" und "nein", dem Vergeben von Punkten und - allerdings auch nur zu einem kleinen Teil der Kriterien - mit stichwortartigen Bemerkungen. Die Bewertung der Angebote sei so nicht objektivierbar, insbesondere nicht die ausschlaggebende Vergabe der Punkte in der "Analyse".

Ebenso wenig sei mangels detaillierter verbaler Begründung nachvollziehbar, warum trotz der deutlich schlechteren Erfüllung der Kriterien der vermeintliche Bestbieter zum Teil gleiche Punktezahlen erhalten habe, wie die Antragstellerinnen.

Ein Vermeiden der aufgezeigten Verfahrensmängel hätte zu einer anderen Bewertung und damit zu einer anderen Zuschlagsentscheidung führen können, weswegen es sich um wesentliche Verfahrensmängel gehandelt habe.

Zum Schaden wurde ausgeführt, dass sich der Verdienstentgang auf etwa 10 % der Angebotssumme belaufe, Personalabbau durch Nichtauslastung der Kapazitäten erforderlich wäre sowie Aufwendungen für das Ausarbeiten des Angebotes sowie die Beteiligung am Vergabeverfahren angefallen seien. Es bestehe daher ein Interesse am Vertragsabschluss.

Weiters wurde von der präsumtiven Bestbieterin Bietergemeinschaft M B E C & T GmbH und Baumeister Ing. G R, beide, ein Teilnahmeantrag am 9.12.2004 eingebracht.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat den S R als Auftraggeber am Nachprüfungsverfahren beteiligt. In seiner Stellungnahme vom 14.12.2004 legte dieser den Gang des Vergabeverfahrens dar und erläuterte insbesondere die Angebotsprüfung anhand der festgelegten Kriterien und Unterkriterien sowie insbesondere die Punktevergabe zum Kriterium "Qualität". Weiters wurden die vom Oö. Verwaltungssenat angeforderten Unterlagen vorgelegt.

 

3. Weil bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass die bekämpfte Entscheidung für nichtig zu erklären ist, kann die öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 12 Abs.2 Z2 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz entfallen.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die von den Parteien vorgelegten Schriftstücke und Unterlagen (Bekanntmachung, geschätzte Kosten, Protokoll über die Angebotseröffnung, Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung, Ausschreibungsunterlagen, Angebotsunterlagen der Antragstellerinnen und der präsumtiven Bestbieterin, Prüfprotokoll und Beschluss des S, Verständigung von der Einbringung eines Nachprüfungsantrages, sonstiger Schriftverkehr mit den Antragstellerinnen und der präsumtiven Bestbieterin).

Laut Bekanntmachung im Amtsblatt der EU, veröffentlich am 27.7.2004, wurde vom S R die Baubetreuung für den Zu- und Umbau des Bezirksalten- und Pflegeheimes K als Dienstleistungsauftrag im offenen Verfahren im Oberschwellenbereich ausgeschrieben. Die Angebotseröffnung erfolgte am 29.9.2004. Die Zuschlagsfrist wurde mit drei Monaten festgesetzt. 17 Angebote wurden rechtzeitig eingebracht, zwei Angebote sind verspätet eingelangt.

Mit Schreiben vom 15.11.2004, SHV70-4-1-2004/Rg, postalisch aufgegeben und per Post zugestellt am 18.11.2004, wurde die Entscheidung des S R mitgeteilt, dass der Auftrag an den Bestbieter, Bietergemeinschaft M B GmbH & Baumeister Ing. G R (Gesamtpreis: 595.764 Euro inkl. MwSt.), vergeben werden soll.

Mit Schreiben vom 18.11.2004, urgiert am 29.11.2004, ersuchten die Antragstellerinnen um Bekanntgabe der Gründe für die Nichtberücksichtigung ihres Angebotes sowie der Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes. Eine Antwort durch den Auftraggeber erfolgte am 1.12.2004. Über weitere Anfrage wurde am 2.12.2004 per Fax vom Auftraggeber die Niederschrift über die Angebotseröffnung, Bewertungsmatrix und Checklisten nach Kriterien, Bewertungsreihung und Analyse vorgelegt.

Aus den vorliegenden Angebotsunterlagen ist ersichtlich, dass die Antragstellerinnen gemeinsam ein Angebot eingereicht haben und eine Bietererklärung am 25.9.2004 für die Bietergemeinschaft "Projektmanagement K und M - O & K" abgegeben wurde.

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Der S R ist öffentlicher Auftraggeber im Sinn des § 7 Abs.1 Z1 BVergG bzw. des § 1 Abs.2 Z1 Oö. VNPG. Der Auftragswert der gegenständlichen Ausschreibung überschreitet den Schwellenwert von 200.000 Euro bei Dienstleistungsaufträgen im Sinn des § 9 Abs.1 Z5 BVergG. Die gegenständliche Vergabe unterliegt daher dem Oö. VNPG; es sind daher die gesetzlichen Bestimmungen für den Oberschwellenbereich anzuwenden.

 

5.2. Gemäß § 2 Abs.2 und § 13 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz ist der unabhängige Verwaltungssenat bis zur Zuschlagserteilung zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen das BVergG und die dazu ergangenen Verordnungen zuständig

  1. zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie
  2. zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

Der Oö. Verwaltungssenat hat eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene Entscheidung eines Auftraggebers bzw. einer Auftraggeberin für nichtig zu erklären, wenn sie

  1. im Widerspruch zu Bestimmungen des BVergG oder den hierzu erlassenen Verordnungen steht und
  2. für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist.

Die Zuschlagsentscheidung ist gemäß § 20 Z13 lit.a sublit.aa BVergG eine gesondert anfechtbare Entscheidung (vgl. § 3 Abs.1 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz), welche gemäß § 9 und Teil I Z1 der Anlage zu § 9 des Oö. Vergabenachprüfungsgesetzes in der Frist gemäß § 100 Abs.2 BVergG angefochten werden kann.

 

Der Nachprüfungsantrag vom 2.12.2004 richtet sich gegen die Zuschlagsentscheidung vom 15.11.2004 und erfüllt die Zulassungsvoraussetzungen.

 

Gemäß § 3 Abs.1 Oö. VNPG kann ein Unternehmer (§ 20 Z32 BVergG) bzw. eine Unternehmerin, der bzw. die ein Interesse am Abschluss eines dem BVergG unterliegenden Vertrages behauptet, vor der Zuschlagserteilung beim unabhängigen Verwaltungssenat die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung (§ 20 Z13 BVergG) des Auftraggeber bzw. der Auftraggeberin im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern ihm bzw. ihr durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

 

Es waren daher die im ursprünglich eingebrachten und verbesserten Antrag benannten Antragstellerinnen jeweils zur Einbringung eines Nachprüfungsantrages berechtigt. Im Antrag wurde zwar ausgeführt, dass die Antragstellerinnen in einer Bietergemeinschaft ein Angebot gelegt haben. Eine ausdrückliche Erklärung, dass der Antrag als Antrag der Bietergemeinschaft und nicht der einzelnen Gesellschafter der Bietergemeinschaft eingebracht wurde, findet sich nicht. So wurden auch die weiteren Ausführungen und letztlich das Begehren in der "Wir-Form" ausgeführt und nicht zugunsten der Bietergemeinschaft. Wenngleich auch der Verwaltungsgerichtshof mit seinem Erkenntnis vom 30.6.2004, Zl. 2002/04/0011, einer Bietergemeinschaft Antragslegitimation und Parteistellung im Vergabenachprüfungsverfahren zuerkannt hat, so ist mit diesem Erkenntnis nicht ausgeschlossen, dass auch den einzelnen Gesellschaftern einer Bietergemeinschaft Antragslegitimation zukommt (vgl. ZVB 2004/90, Seite 323). Die einzelnen Antragsstellerinnen haben hiermit auch jeweils Parteistellung gemäß § 5 Abs.1 Oö. VNPG (siehe auch unten).

 

Der Teilnahmeantrag der präsumtiven bestbietenden Bietergemeinschaft ist rechtzeitig und zulässig (§§ 5 und 7 Oö. VNPG).

 

Mit Entscheidungen des Oö. Verwaltungssenates vom 9.12.2004, VwSen-550174/10/Kl/Rd/Pe und VeSen-550176/10/Kl/Rd/Pe, wurde dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung stattgegeben und die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, längstens aber bis 2.2.2005, untersagt.

 

5.3. Gemäß § 2 Abs.2 Z2 und § 13 Abs.1 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz hat der unabhängige Verwaltungssenat im Rahmen der von der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte die Nichtigerklärung der angefochtenen Zuschlagsentscheidung auszusprechen, wenn sie im Widerspruch zu den Bestimmungen des BVergG oder der hiezu erlassenen Verordnungen steht und für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist.

Als Beschwerdepunkte führten die Antragstellerinnen eine Rechtsverletzung durch Nichtanwendung oder unrichtige Anwendung insbesondere der Bestimmungen nach §§ 99 und 100 BVergG, sohin in ihren Rechten auf eine ordnungsgemäße Bewertung und Wahl des Angebotes für den Zuschlag und auf eine ordnungsgemäße und fristgerechte schriftliche Bekanntgabe der Gründe für die Nichtberücksichtigung des Angebotes sowie der Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes an.

 

5.4. Nach den Behauptungen der Antragstellerinnen und den Nachweisen der vorgelegten Unterlagen wurde die Zuschlagsentscheidung vom 15.11.2004 vom Auftraggeber den am Vergabeverfahren beteiligten Bietern per Post zugestellt, sodass die Antragstellerinnen am 18.11.2004 durch Zustellung von der Zuschlagsentscheidung zugunsten der Bietergemeinschaft M B GmbH & Baumeister Ing. G R Kenntnis erlangten.

 

Gemäß § 100 Abs.1 BVergG hat der Auftraggeber den Bietern gleichzeitig, unverzüglich und nachweislich elektronisch oder mittels Telefax mitzuteilen, welchem Bieter der Zuschlag erteilt werden soll. Ein unter Verstoß gegen die gemäß den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes bestehende Verpflichtung zur Mitteilung der Zuschlagsentscheidung erfolgter Zuschlag ist nichtig.

 

Gemäß § 100 Abs.2 BVergG darf der Zuschlag bei sonstiger Nichtigkeit nicht innerhalb einer Stillhaltefrist von 14 Tagen ab Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung gemäß Abs.1 erteilt werden.

 

Gemäß § 20 Z42 BVergG ist eine Zuschlagsentscheidung die an Bieter abgegebene nicht verbindliche Absichtserklärung, welchem Bieter der Zuschlag erteilt werden soll.

 

Im konkreten Fall ist davon auszugehen, dass die gegenständlich angefochtene Handlung der Auftraggeberin mit Ausnahme der Voraussetzungen des § 100 Abs.1 BVergG jedenfalls die übrigen Voraussetzungen für das Vorliegen einer Zuschlagsentscheidung erfüllt. So hat der interne Willensbildungsprozess beim Auftraggeber ordnungsgemäß stattgefunden, der Bekanntgabe an die Bieter kommt ein Erklärungswert nach außen zu und die Handlung ist dem Auftraggeber zuzurechnen. Darüber hinaus ist die Bekanntgabe ausnahmslos an sämtliche Bieter ergangen. Darin wurde mitgeteilt, wem der Zuschlag erteilt werden soll. Sowohl nach der Rechtsprechung des BVA und des VfGH sowie des europäischen Rechts, wurde daher eine Zuschlagsentscheidung als Willenserklärung, der Erklärungswert nach außen zukommt und die dem Auftraggeber zuzurechnen ist, erlassen.

 

Fraglich ist hingegen, ob die nach außen in Erscheinung getretene Zuschlagsentscheidung (nach der Definition des § 20 Z42 BVergG) mangels der Einhaltung der Bekanntmachungsvorschrift gemäß § 100 Abs.1 Satz 1 BVergG einen tauglichen Anfechtungsgegenstand iSd § 20 Z13 lit.a sublit.aa BVergG bildet oder ob sie per se nichtig und somit als nicht existent anzusehen ist.

 

Das Bundesvergabeamt hat in seiner Entscheidung vom 19.9.2003, 10N-81/03-12, ausgeführt: "Wesentlich ist dabei, ob es in der dogmatischen Begrifflichkeit einen Unterschied geben kann zwischen der einen zulässigen Anfechtungsgegenstand bildenden und somit für die Nachprüfung verfahrensrelevanten Zuschlagsentscheidung einerseits und andererseits der die Rechtsfolgen des § 100 BVergG auslösenden und somit vollwirksamen Zuschlagsentscheidung, wobei der letzte Begriff neben den Voraussetzungen für die ‚verfahrensrelevante Zuschlagsentscheidung' zusätzlich auch die Voraussetzungen des § 100 Abs.1 erster Satz BVergG erfüllt. Zur Beantwortung dieser Frage ist zunächst festzuhalten, dass § 100 BVergG nicht dem Rechtsschutz (Verfahrensrecht), sondern dem materiellen Recht des BVergG (iSd Art.14b B-VG) zuzurechnen ist. Dieser Bestimmung kommt daher prima vista für die Auslegung des Begriffs (und des Vorhandenseins) der Entscheidung bzw. Zuschlagsentscheidung im Verfahrensrecht keine Bedeutung zu. Diese Unterscheidung wird gerade im Hinblick auf die Kompetenzbestimmung des Art.14b B-VG und der damit zusammenhängenden Regelungskompetenz der Landesgesetzgeber offenbar. Somit kennen auch die gesetzlichen Vergabevorschriften eine Unterscheidung zwischen dem materiellen Recht und dem Verfahrensrecht. Es ist daher grundsätzlich davon auszugehen, dass diese beiden Rechtsteilbereiche unterschiedliche Begrifflichkeiten beinhalten können. Die Möglichkeit des Vorliegens von unterschiedlichen Begrifflichkeiten wird auch durch den Gesetzestext des BVergG 2002 selbst indiziert. So lautet die Überschrift zu § 100 BVergG: ‚Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung'. Auf den ersten Blick ist diese Überschrift zwar insofern irreführend, als dem nachprüfungsrechtlichen Entscheidungsbegriff notwendigerweise jedenfalls eine gewisse Publizität zu eigen ist ....... Geht man allerdings davon aus, dass § 100 BVergG eine, im materiellen Recht weitere Rechtsfolgen auslösende Bekanntmachungsvorschrift einer verfahrensrelevanten Zuschlagsentscheidung ist, erhält die bei § 100 BVergG gewählte Überschrift ‚Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung' Sinnhaftigkeit. ..... Damit lässt sich aus § 100 BVergG samt dessen Überschrift ableiten, dass der Gesetzgeber zwischen der verfahrensrelevanten Zuschlagsentscheidung und der die Rechtsfolgen des § 100 BVergG auslösenden, vollwirksamen Zuschlagsentscheidung unterscheidet."

Diese Rechtsansicht wird auch in einem verstärkten Senat vom BVA am 9.2.2004, 10N-137/03-20, bekräftigt.

 

Dieser Rechtsauffassung hat sich auch der Oö. Verwaltungssenat angeschlossen (vgl. VwSen-550162/5/Kl/Pe, VwSen-550166/5/Kl/Pe u.a.m.). Es ist daher die gegenständlich angefochtene Zuschlagsentscheidung aus Sicht des Nachprüfungsverfahrens als verfahrensrelevante (existente) Entscheidung des Auftraggebers und daher tauglicher Anfechtungsgegenstand gemäß § 20 Z13 lit.a sublit.aa BVergG anzusehen.

 

Dabei geht der Oö. Verwaltungssenat von folgenden weiteren Überlegungen aus:

Gemäß Art.II Abs.2 A Z2 EGVG haben die unabhängigen Verwaltungssenate das AVG voll anzuwenden. Dem AVG liegt der Bescheid als anfechtbare Entscheidung zugrunde. Gemäß der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sowie des Verfassungsgerichtshofes zum Bescheidbegriff bzw. zur Qualität einer Entscheidung als Bescheid gemäß § 58 AVG muss an eine behördliche Erledigung hinsichtlich der Wertung als Bescheid nach ihrem Inhalt ein strenger Maßstab angelegt werden und ist dann die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid nur dann nicht wesentlich, wenn der Inhalt einer behördlichen Erledigung, also ihr Wortlaut und ihre sprachliche Gestaltung, keinen Zweifel darüber aufkommen lässt, dass die Behörde die Rechtsform des Bescheides gewählt hat. Dabei ist der Bescheid als Ganzes zu beurteilen. Schließlich wurde ausgesprochen, dass die Frage nach dem Bescheidcharakter einer Erledigung nicht zu Lasten der Partei beantwortet werden darf (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 434f mit Nachweisen). Die Judikatur stellt daher Form und Inhalt einer Erledigung in gewisse Wechselbeziehung. Weil die Zuschlagsentscheidung des Auftraggebers ebenfalls als anfechtbare Entscheidung im Nachprüfungsverfahren vor der Nachprüfungsbehörde einer Rechtsbeurteilung unterzogen wird, kann die Bestimmung des § 58 AVG und die dazu ergangene Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts analog herangezogen werden. Demnach ist auch bei der gegenständlich ergangenen Zuschlagsentscheidung aus dem Inhalt klar der Wille des Auftraggebers und der Wille zur Erlassung einer Entscheidung ersichtlich und kommt daher der in § 100 Abs.1 Satz 1 BVergG angeordneten Übermittlungsart keine existenzbedrohende Bedeutung zu. Dies insbesondere auch deshalb, weil - wie auch schon das Bundesvergabeamt in der obzit. Entscheidung ausgeführt hat - § 100 Abs.1 BVergG eine Bestimmung des materiellen Rechts darstellt und daher die Formalvoraussetzung dieser Bestimmung nur wesentlich ist für die Rechtswirkungen gemäß § 100 Abs.2 BVergG, nämlich die Auslösung der Stillhaltefrist von 14 Tagen "ab Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung gemäß Abs.1". Die Bekanntgabe iSd Formalvorschriften des § 100 Abs.1 Satz 1 BVergG stellt daher nur eine wesentliche und existenzbegründende Vorschrift für die Auslösung der Stillhaltefrist und die Nichtigkeit eines trotzdem erfolgten Zuschlages bzw. die Nichtigkeit eines Zuschlages entgegen der gesetzlichen Mitteilungsverpflichtung dar. Eine Bedeutung im Nachprüfungsverfahren im Hinblick auf die Existenz der Entscheidung kommt der Bestimmung des § 100 Abs.1 Satz 1 BVergG nicht zu.

 

Diese Auslegung entspricht im Übrigen auch der Judikatur des EuGH, der grundsätzlich von einem weiten Begriff der in einem Nachprüfungsverfahren anfechtbaren Entscheidung ausgeht (vgl. z.B. EuGH 28.10.1999, C-81/98, Alcatel Austria).

 

Aus der Sicht des Nachprüfungsverfahrens als Verwaltungsverfahren nach dem AVG darf daher nach der bereits zitierten Judikatur der Höchstgerichte als auch der Judikatur des EuGH ein Fehler in der Entstehung einer Handlung des Auftraggebers und das Risiko der Qualifikation dieser Handlung des Auftraggebers nicht dem Rechtsschutzsuchenden aufgebürdet werden. Bei anderer Auslegung hätte es nämlich sonst der Auftraggeber durch Fehler der Bekanntmachung der Zuschlagsentscheidung in der Hand, den Erfolg bzw. Misserfolg des von der Antragstellerin eingeleiteten Nachprüfungsverfahrens zu steuern. Dies wäre aber mit einem effektiven Rechtsschutz nicht vereinbar. Die Annahme der Nichtexistenz der Zuschlagsentscheidung bzw. des Nichtingangsetzens der Stillhaltefrist würde den Bieter jeglichen Rechtsschutzes berauben (vgl. auch die Judikatur des Oö. Verwaltungssenates, VwSen-550132/6/Kl/Pe vom 5.3.2004 sowie VwSen-550162/5/Kl/Pe).

 

5.5. Wie bereits oben dargestellt wurde, ist die Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung - durch die postalische Zustellung - nicht entsprechend § 100 Abs.1 erster Satz BVergG erfolgt. Die Zuschlagsentscheidung ist daher rechtswidrig und bereits aus diesem Grund für nichtig zu erklären.

 

Gemäß § 13 Abs.1 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz ist nämlich die Zuschlagsentscheidung für nichtig zu erklären, wenn sie im Widerspruch zu Bestimmungen des BVergG (konkret zu § 100 Abs.1 erster Satz BVergG) steht und für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist.

 

Auch diese kumulativ geforderte Voraussetzung für eine Nichtigerklärung liegt vor, weil ein in Folge einer nicht rechtmäßig bekannt gegebenen Zuschlagsentscheidung erteilter Zuschlag nichtig ist (§ 100 Abs.1 letzter Satz BVergG, wobei gemäß den obigen Ausführungen für das Zustandekommen einer Zuschlagsentscheidung im materiellrechtlichen Sinn die Einhaltung der Formvorschriften für die Mitteilung erforderlich ist). Zu diesem Ergebnis kommt auch das BVA in seiner Entscheidung vom 19.9.2003, 10N-81/03-12, RN 25.

Bei diesen Ergebnis von daher der Teilnahmeantrag abzuweisen.

 

5.6. Ergänzend weist der Oö. Verwaltungssenat darauf hin, dass dem nicht erfolgreichen Bieter ein Recht auf Bekanntgabe der Gründe für die Nichtberücksichtigung des Angebotes sowie der Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes zukommt, zumal gemäß § 100 Abs.4 BVergG dem Auftraggeber die gesetzliche Pflicht auferlegt wird, unverzüglich nach Eingang des Antrages, sofern der Antrag gemäß Abs.3 jedoch rechtzeitig gestellt wurde, jedenfalls aber drei Tage vor Ablauf der Stillhaltefrist, dem nicht erfolgreichen Bieter die Vergabesumme sowie die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes bekannt zu geben. Diese Pflicht hat der Auftraggeber gröblich verletzt. Der Antrag auf Bekanntgabe wurde von den Antragstellerinnen am 18.11.2004 gestellt. Die Stillhaltefrist begann mit der Zustellung der Zuschlagsentscheidung am 18.11.2004 und endete somit am 2.12.2004. Es hätte daher jedenfalls bis spätestens 29.11.2004 (drei Tage vor Ablauf der Stillhaltefrist) die Bekanntgabe erfolgen müssen. Das unzureichende Schreiben des Auftraggebers vom 1.12.2004 bzw. die Bekanntgabe vom 2.12.2004 waren daher verspätet. Hiezu hat bereits der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 12.6.2004, Zl. B190/02, im Grunde des Urteiles des EuGH vom 28.10.1999, RS C-81/98, Alcatel, es als zwingend erachtet, dass dem Bieter nach Auskunftserteilung (über rechtzeitiges Begehren) jedenfalls noch drei Tage Stillhaltefrist offen stehen müssen. Eine verspätete Auskunftserteilung durch den Auftraggeber muss also zu einer entsprechenden Verlängerung der Stillhaltefrist führen. Ein Verständnis, wonach eine Verletzung der Pflicht zur rechtzeitigen Erteilung der Auskunft für die Wirksamkeit der Zuschlagserteilung "unbeachtlich" sein soll, verkennt den offenkundigen Sinn und Zweck der Bestimmung, weil es diesfalls der Auftraggeber (Antragsgegner des Verfahrens) in der Hand hätte, ein Nachprüfungsverfahren zu vereiteln oder ins Leere laufen zu lassen.

 

5.7. Weiters wird festgehalten, dass die Ausschreibung (§ 20 Z6 BVergG) gemäß § 20 Z13 lit.a sublitt.aa BVergG eine gesondert anfechtbare Entscheidung ist, und es wurde die gegenständliche Ausschreibung in der gemäß § 9 und Teil I Z1 der Anlage zu § 9 des Oö. VNPG festgelegten Frist nicht angefochten. Es sind daher allfällige Mängel, die die Ausschreibung betreffen, wegen Verfristung von einer weiteren Nachprüfung ausgeschlossen. Die Ausschreibung ist rechtskräftig und rechtswirksam geworden. Dies bedeutet, dass die Antragstellerinnen die in der Ausschreibung festgelegten Ausschreibungsbedingungen, insbesondere auch die Zuschlagskriterien für die Ermittlung des besten Angebotes gegen sich gelten lassen müssen.

 

5.8. Nach § 74 Abs.2 AVG bestimmen die Verwaltungsvorschriften, in wie fern einem Beteiligten ein Kostenersatzanspruch gegen einen anderen Beteiligten zusteht. Der Kostenersatzanspruch ist so zeitgerecht zu stellen, dass der Ausspruch über die Kosten in den Bescheid aufgenommen werden kann. Die Höhe der zu ersetzenden Kosten wird von der Behörde bestimmt und kann von dieser auch in einem Pauschbetrag festgesetzt werden.

 

Gemäß § 18 Abs.4 Oö. VNPG hat der bzw. die, wenn auch nur teilweise, obsiegende Antragsteller bzw. Antragstellerin gegen den Antragsgegner bzw. die Antragsgegnerin Anspruch auf Ersatz der entrichteten Gebühren.

 

Dieser Ersatzanspruch bezieht sich nur auf die nach § 18 Abs.1 Oö. VNPG entrichteten Gebühren, nicht aber auf andere Aufwendungen des Antragstellers.

Nach dem Ausschussbericht Blg. Nr. 1550/2002 zum kurzschriftl. Bericht des Oö. Landtags, XXV. Gesetzgebungsperiode, zu § 18, handelt es sich bei diesem Gebührenersatz um einen zivilrechtlichen Ersatzanspruch, der mittels Mahnklage bei den ordentlichen Gerichten geltend gemacht werden kann, was zur Folge hat, dass die obsiegende Antragstellerin zur Durchsetzung des Gebührenersatzes gezwungen ist, ein zusätzliches Verfahren vor Gericht einzuleiten. Diese Auffassung steht jedoch in Konflikt mit dem System des Verwaltungsverfahrensrechtes und verfassungsrechtlichen Vorgaben.

 

Dazu führten jüngst Thienel und Bratrschovsky in ZVB 2004/33 aus: "Bei den in § 177 vorgesehenen Gebühren handelt es sich um Kosten iSd § 74 AVG, die dem Antragsteller im Verwaltungsverfahren erwachsen. Das AVG enthält zwar keine Definition des Begriffes der "Kosten" der Beteiligten; wegen der prinzipiellen Vorbildwirkung der ZPO für das AVG liegt es aber nahe, zur Auslegung dieser Bestimmung auf die Regelungen der ZPO über die Kostentragung durch die Parteien und den allfälligen Kostenersatz zurückzugreifen. Der für die Kostentragung einschlägige § 40 ZPO spricht in diesem Zusammenhang von "durch ihre Prozesshandlungen verursachten Kosten": Diese sind zunächst von jeder Partei selbst zu bestreiten und der obsiegenden Partei unter bestimmten Voraussetzungen zu ersetzen. Es ist offensichtlich, dass sich § 74 AVG an die Systematik dieser Regelungen anlehnt. Die Formulierung der ZPO geht in diesem Zusammenhang von einem weiten Verständnis des Begriffes "Kosten" aus. Dies spricht dafür, auch den Begriff "Kosten der Beteiligten" in § 74 AVG weit auszulegen. Die Gebühr nach § 177 ähnelt nun den Gerichtsgebühren nach dem GGG. Diese werden in gerichtlichen Verfahren als Kosten iSd § 40 ZPO behandelt und ihr Ersatz wird nach den §§ 41 und 43 ZPO im Falle des Obsiegens zugesprochen. Auch die vergleichbaren Eingabegebühren in Verfahren vor dem VwGH und dem VfGH werden selbstverständlich als Kosten des Verfahrens behandelt und dem Antragsteller bei Obsiegen ersetzt. Angesichts der Ähnlichkeit der Gebühren nach § 177 mit den genannten Gebühren ist kein Grund ersichtlich, warum sie nicht als Kosten der Beteiligten iSd § 74 AVG zu qualifizieren sein sollten. Beim Gebührenersatz nach § 177 Abs.5 geht es somit um den Ersatz von Verfahrenskosten.

Nach § 74 Abs.1 AVG hat jeder Beteiligte die ihm erwachsenden Kosten (zunächst) selbst zu bestreiten, das heißt, zu bezahlen. Inwiefern einem Beteiligten ein Kostenersatzanspruch gegen einen anderen Beteiligten zusteht, richtet sich gemäß § 74 Abs.2 AVG nach den Verwaltungsvorschriften; das AVG sieht also keinen generellen Ersatz der Kosten der Beteiligten vor, sondern verweist diesbezüglich auf die Verwaltungsvorschriften. Nur für den Fall, dass die Verwaltungsvorschriften einen solchen Kostenersatz vorsehen, regelt § 74 Abs.2 AVG dessen Geltendmachung: Der Anspruch ist danach so zeitgerecht geltend zu machen, dass der Ausspruch über die Kosten in den Bescheid aufgenommen werden kann. Dementsprechend bestimmt § 59 Abs.1 AVG, dass der Spruch des Bescheides (in der Hauptsache) auch die "allfällige Kostenfrage" zu erledigen hat; zu dieser Kostenfrage gehört auch die Entscheidung über einen Kostenersatz nach § 74 Abs.2 AVG. Das AVG geht also unmissverständlich davon aus, dass es sich bei der Entscheidung über den Kostenersatz nach § 74 Abs.2 AVG um eine akzessorische Erledigung handelt, die zur Hauptsache hinzutritt und zu der die in der Hauptsache zuständige Behörde berufen ist.

Dieser akzessorische Charakter der Kostenentscheidung in Verwaltungsverfahren wird in der Rechtsprechung aller Höchstgerichte betont: So hat der VwGH wiederholt judiziert, dass es sich bei der Entscheidung über einen Kostenersatz um eine verfahrensrechtliche Entscheidung handelt, für die hinsichtlich Zuständigkeit und Instanzenzug die jeweiligen Bestimmungen für die "Hauptsache" maßgeblich sind. Auch der VfGH hat mehrfach ausdrücklich ausgesprochen, dass Verfahrenskosten eines Verwaltungsverfahrens akzessorisch zum Hauptanspruch seien, selbst wenn es im betreffenden Verwaltungsverfahren um einen zivilrechtlichen Anspruch geht.

 

Für die Gebühren nach § 177 und deren Ersatz ergibt sich daraus Folgendes:

§ 177 Abs.5 ist eine Verwaltungsvorschrift iSd § 74 Abs.2 AVG, die den Ersatz bestimmter Kosten - die dem Antragsteller erwachsen sind - vorsieht. Da das BVergG 2002 keine Regelungen über die Geltendmachung dieses Gebührenersatzes enthält, kommt § 74 Abs.2 AVG zur Anwendung. Dies bedeutet, dass das BVA auf Antrag über diesen Kostenersatz abzusprechen hat. Dass diese Kompetenz des BVA in § 162 BVergG nicht vorgesehen ist, verschlägt dabei nichts: Selbstverständlich ist das BVA im Zuge der von ihm durchgeführten Verfahren zur Erlassung aller im AVG vorgesehenen verfahrensrechtlichen Bescheide zuständig: Die Kompetenz dazu ergibt sich aus dem AVG, das die jeweils in der Hauptsache zuständige Behörde zur Erlassung aller verfahrensrechtlichen Bescheide im Zuge des betreffenden Verfahrens ermächtigt."

 

Dieser Rechtsauffassung schließt sich der Oö. Verwaltungssenat an. Das Oö. Vergabenachprüfungsgesetz enthält hinsichtlich der Gebühren und des Gebührenersatzes zum Bundesvergabegesetz gleichlautende Bestimmungen.

Gemäß Artikel II Abs.2A Z2 EGVG haben auch die Unabhängigen Verwaltungssenate das AVG und damit § 74 AVG anzuwenden. Da die Gebühren nach § 18 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz eindeutig als Kosten der Beteiligten iSd § 74 AVG zu qualifizieren sind, § 18 Abs.4 leg.cit. eben eine Verwaltungsvorschrift iSd § 74 Abs.2 AVG, die den Ersatz bestimmter Kosten vorsieht, darstellt, und auch das Oö. Vergabenachprüfungsgesetz wie das BVergG 2002 keine Regelungen über die Geltendmachung des Gebührenersatzes enthält, hat auch der Oö. Verwaltungssenat, der das AVG anzuwenden hat, über diesen Kostenersatz abzusprechen.

Auf Grund dieser eindeutigen Regelung des AVG und des Fehlens entsprechender (abweichender) Bestimmungen im Oö. VNPG kommt auch der Oö. Verwaltungssenat zur Überzeugung, dass die Materialien außer Betracht bleiben müssen, die eine Gerichtszuständigkeit annehmen, und war demgemäß spruchgemäß zu entscheiden.

 

5.9. Dem Antrag auf Rückerstattung der für die zweitgenannte Antragstellerin eingehobenen Pauschalgebühr für den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens in der Höhe von insgesamt 3.200 Euro, war nicht stattzugeben.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin regelt § 18 Abs.1 Oö. VNPG, dass nach Maßgabe einer entsprechenden finanzausgleichsrechtlichen Ermächtigung für Anträge gemäß den §§ 3 Abs.1, 4 Abs.1, 11 Abs.1 und 14 Abs.1 und für Teilnahmeanträge gemäß § 5 Abs.2 und 4 von den Antragstellern bzw. den Antragstellerinnen eine Pauschalgebühr einzuheben ist, wobei die Höhe der zu entrichtenden Gebühren durch Verordnung der Landesregierung zu bestimmen ist. Entsprechend regelt § 1 Abs.1 Oö. Vergabe-Pauschalgebührenverordnung, LGBl. Nr. 127/2003, dass "die vom Antragsteller für den Antrag auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens vor Zuschlagserteilung, auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens nach Zuschlagserteilung oder Widerruf,... zu entrichtende Pauschalgebühr" die näher angegebene Summe beträgt. Da im Nachprüfungsantrag eindeutig zwei Antragstellerinnen angeführt sind und beide Antragstellerinnen einen Antrag auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens stellten, war für jede Antragstellerin eine Gebühr zu entrichten. Entgegen den Bestimmungen über die Stempelgebühren nach dem Gebührengesetz besteht eine dem § 7 Gebührengesetz gleichlautende Regelung (nach diesem ist für Rechtsgemeinschaften, Personengemeinschaften mit gleicher Rechtsgrundlage und dgl. nur eine Gebühr zu entrichten) in der Oö. Vergabe-Pauschalgebührenverordnung nicht. Mangels einer solchen Ausnahmeregelung war daher nicht "automatisch" eine gebührenrechtliche Umdeutung der Antragstellung auf die Bietergemeinschaft vorzunehmen.

Wie aber bereits oben ausgeführt wurde, wurde der gegenständliche Nachprüfungsantrag klar und eindeutig von zwei namentlich angeführten Antragstellerinnen eingebracht, welchen dann auch gemäß § 5 Abs.1 Oö. VNPG Parteistellung zukommt. Eine Änderung des Antrages zugunsten der Bietergemeinschaft anstelle der genannten Mitglieder der Bietergemeinschaft kann aber vom Oö. Verwaltungssenat nicht vorgenommen werden. Dies würde ja auch eine Änderung der Parteistellung zugunsten der Bietergemeinschaft und zu Lasten der genannten Antragstellerinnen bedeuten.

 

6. Für den gegenständlichen Nachprüfungsantrag sind Stempelgebühren in der Höhe von 58,60 Euro (einmal) angefallen. Hier gilt § 7 Gebührengesetz. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

7. Für den gegenständlichen Teilnahmeantrag sind Stempelgebühren in der Höhe von 85 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Konrath

 

 

 

Beschlagwortung VwSen-550173:

Zuschlagsentscheidung, Postzustellung, Nichtigkeit, Sperrfrist, Verlängerung, nicht rechtzeitige Bekanntgabe der Gründe, Antragslegitimation

 

Beschlagwortung VwSen-550175:

Antragslegitimation, Vergebührung, verspätete Bekanntgabe der Gründe, Postzustellung der Zuschlagsentscheidung

 

Beschlagwortung VwSen-550189:

Postzustellung der Zuschlagsentscheidung, Verlängerung der Sperrfrist, verspätete Bekanntgabe der Gründe

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