Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-550179/5/Bm/Sta VwSen550180/7/Bm/Sta VwSen550181/5/Bm/Sta VwSen550182/7/Bm/Sta

Linz, 13.12.2004

 

 

 VwSen-550179/5/Bm/Sta
VwSen-550180/7/Bm/Sta
VwSen-550181/5/Bm/Sta
VwSen-550182/7/Bm/Sta
Linz, am 13. Dezember 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine
IX. Kammer (Vorsitzender: Dr. Konrath, Berichterin: Mag. Bismaier, Beisitzerin:
Dr. Klempt) über den Antrag der M- und M mbH, A, O, vertreten durch Rechtsanwälte H-W, R, G, auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens betreffend das Vergabeverfahren "Entsorgung/Verwertung Zwischenlager Deponie A - T" des Bezirksabfallverbandes Linz-Land sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, zu Recht erkannt:

Die Anträge auf Einleitung des Nachprüfungsverfahrens und auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung werden als unzulässig zurückgewiesen. Gleichzeitig wird der Antrag, die Antragsgegnerin zum Ersatz der Gebühren zu verpflichten, abgewiesen.

 
 
Rechtsgrundlage:

§§ 3, 6 Abs. 2 Z2, § 9 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz iVm Teil 1 Punkt 4 der Anlage zum Oö. Vergabenachprüfungsgesetz, LGBl.Nr. 153/2002.
 
 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingabe vom 3.12.2004, eingelangt am 6.12.2004 beim Oö. Verwaltungssenat,

hat die M- und M mbH (im Folgenden: Antragstellerin) einen Antrag auf Einleitung des Nachprüfungsverfahrens vor Zuschlagserteilung im Vergabeverfahren "Entsorgung/Verwertung Zwischenlager Deponie A - T" im Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung begehrt sowie einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gestellt. Mit Schriftsatz vom 9.12.2004 wurde der Antrag insbesondere im Hinblick auf die Bezeichnung der Auftraggeberin verbessert. Es wurde konkret beantragt, die Bewerberauswahl, die Nichtzulassung der Antragstellerin im Vergabeverfahren sowie die Entscheidung der Auftraggeberin, das Vergabeverfahren nicht zu widerrufen, für nichtig zu erklären. Begründend wurde ausgeführt, die Auftraggeberin beabsichtige, den Auftrag zur Ausgrabung, zum Auflegen sowie zum Abtransport von ca. 4.600 t bis 5.000 t Siedlungsabfall sowie dessen Entsorgung/Verwertung aus der Zwischendeponie M der Gemeinden T und A ab 16.12.2004 zu vergeben. Zur Durchführung des Vergabeverfahrens habe die Auftraggeberin das Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung gemäß § 23 Abs.6 Bundes-Vergabegesetz im beschleunigten Verfahren gewählt.

Es seien insgesamt fünf Unternehmer zur Angebotsabgabe eingeladen worden und habe die Frist zur Einreichung des Angebotes am 2.12.2004, 12.00 Uhr geendet. Für den 7.12.2004 sei eine Sitzung sämtlicher Gesellschafter der Oö. B A GmbH geplant, in dessen Verlauf die Zuschlagentscheidung fallen werde. Der Zuschlag sei in weiterer Folge als unmittelbar nach Ablauf der Stillhaltefrist im beschleunigten Verfahren für den 15.12.2004 geplant.

Die Entscheidung der Auftraggeberin, die Antragstellerin nicht zum Vergabeverfahren zuzulassen sowie die Entscheidung der Auftraggeberin, das Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung gemäß § 24 Abs.6 BVergG zu wählen, verletzte die Antragstellerin in ihrem Recht auf Teilnahme am Vergabeverfahren sowie in ihrem Recht auf Zuschlagserteilung.

Die Geschäftsführerin der Antragstellerin habe am Mittwoch, 1.12.2004 vom gegenständlichen Vergabeverfahren sowie von der Entscheidung der Auftraggeberin, die Antragstellerin nicht zur Anbotslegung einzuladen, erfahren. Gemäß § 9 iVm Teil 2 Punkt 5 der Anlage zum Oö. Vergabenachprüfungsgesetz betrage die Frist zur Einbringung eines Nachprüfungsantrages im beschleunigten Verfahren 3 Tage und erweise sich sohin der gegenständliche Antrag als rechtzeitig, da die Rechtsmittelfrist des § 9 iVm der Anlage zum Oö. Vergabenachprüfungsgesetz ab Kenntnis vom Inhalt der anzufechtenden Entscheidung zu laufen beginne. Die Bewerberauswahl und damit die Nichtzulassung der Antragstellerin stelle gemäß § 20 Z13 lit. a sublit.cc eine gesondert anfechtbare Entscheidung dar. Die Entscheidung der Auftraggeberin, das Vergabeverfahren nicht zu widerrufen, stelle gemäß § 20 Z13 lit.b BVergG eine Entscheidung dar, die gemeinsam mit der Entscheidung über die Nichtzulassung der Antragstellerin angefochten werden könne (Hahnl, Bundesvergabegesetz 2002, 173). Dieser Antrag erweise sich sohin auch hinsichtlich des Anfechtungsgegenstandes als zulässig.

Die Auftraggeberin sei von der Antragstellerin vor Einbringung dieses Nachprüfungsantrages durch Übermittlung einer Gleichschrift informiert worden und gelange die entsprechende Bestätigung in einem zur Vorlage.

Der Einzahlungsbeleg über die ordnungsgemäße Vergebührung werde ebenfalls in einem zur Vorlage gebracht.

Gemäß § 3 Abs.1 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz seien Unternehmer antragslegitimiert, die ein Interesse am Abschluss eines dem BVergG unterliegenden Vertrages behaupten, sofern ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung ein Schaden entstanden sei oder zu entstehen drohe. Die Antragstellerin ist am Abschluss des von der Auftraggeberin ausgeschriebenen Vertrages interessiert. Durch die Rechtswidrigkeiten, insbesondere durch die Wahl des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung und daran anknüpfend durch die Entscheidung, die Ausschreibung nicht zu widerrufen, sowie durch die Nichtzulassung der Antragstellerin beim Vergabeverfahren sei der Antragstellerin bereits ein Schaden entstanden und drohe ein weiterer Schaden zu entstehen. Der Antragstellerin drohe zunächst ein Schaden in Höhe des Erfüllungsinteresses, da die Antragstellerin nicht zum Vergabeverfahren zugelassen worden sei, obgleich ihr als Bestbieter der Zuschlag zu erteilen wäre. Des Weiteren habe die Antragstellerin bereits durch Gänge zum Rechtsanwalt, Telefonat, Informationsaufnahme, Ermittlungen beträchtlichen Aufwand, der durch das unzulässige Verhalten der Auftraggeberin verursacht worden sei. Dieser Schaden werde mit jedenfalls 1.000 Euro beziffert. Dass die Antragstellerin nicht von der Auftraggeberin zur Legung eines Angebotes eingeladen worden sei, kann das Entstehen eines Schadens nicht ausschließen, da die Antragstellerin mit diesem Antrag den Widerruf der Ausschreibung anstrebe (BVA vom 20.4.2001, N-43/01-20, Schwarz, BVergG (2003) § 163 RZ 2 (568). Die Zulässigkeitsvoraussetzungen für das Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung normieren im Falle eines Dienstleistungsauftrages § 25 Abs.6 und § 26 Abs.3 Z1 BVergG. Ausgehend vom Entsorgungsvolumen von 4.600 bis 5.000 t werde der in § 26 Abs.3 Z1 BVergG enthaltene Auftragswert von 60.000 Euro bei weitem überschritten. Es sei pro zu entsorgender Tonne Siedlungsabfall mindestens von einem Wert von 100 Euro auszugehen.

Damit gelange man zu einem Auftragswert von zumindest Euro 460.000 bis 500.000. Die Auftraggeberin könne sich sohin bei der Wahl des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung nicht auf § 26 BVergG stützen. Einzige im gegenständlichen Fall in Betracht kommende Rechtsgrundlage für das Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung könne im Rahmen des
§ 25 Abs.6 BVergG die Ziffer 3 der genannten Bestimmung sein.

Danach sei ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung zulässig, wenn dringende zwingende Gründe, die nicht dem Verhalten des Auftraggebers zuzuschreiben seien, im Zusammenhang mit Ereignissen, die der Auftraggeber nicht voraussehen könne, es nicht zulassen, die im offenen Verfahren, im nicht offenen Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung oder in einem gemäß Abs.5 durchzuführenden Verhandlungsverfahren vorgeschriebenen Fristen einzuhalten. Nach den EBRV seien als unvorhersehbares Ereignis im Sinne dieser Bestimmung nur solche Ereignisse zu verstehen, die den Rahmen des wirtschaftlichen und sozialen Lebens sprengen, wie zB Naturkatastrophen, die dringende Lieferung von Hilfsleistungen oder zum Schutz der Opfer. Gemäß § 104 Abs.1 BVergG sei die Ausschreibung während der Angebotsfrist bzw gemäß § 105 Abs.1 BVergG nach Ablauf der Angebotsfrist zu widerrufen, wenn Umstände bekannt werden, die eine Ausschreibung ausgeschlossen oder zu einer inhaltlich wesentlich anderen Ausschreibung geführt hätten. Danach sei eine Ausschreibung jedenfalls immer dann zu widerrufen, wenn sie im Widerspruch zu wesentlichen Grundsätzen des BVergG stehe und durch die Art der Ausschreibung der Ausgang des Vergabeverfahrens wesentlich beeinflusst werden könne. Die Wahl des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung sei durch die Auftraggeber zu unrecht erfolgt und hätte sie das dennoch eingeleitete Vergabeverfahren widerrufen müssen. Dies hätte zur Folge, dass der Antragstellerin die Gelegenheit gegeben worden wäre, einen Teilnahmeantrag zu erstatten.

Zur Anbotslegung seien von der Auftraggeberin insgesamt fünf Unternehmen aufgefordert worden. Darunter befindet sich insbesondere und bemerkenswerter Weise die A E GmbH. 99%iger Gesellschafter der A E GmbH sei die A B GmbH & Co.KG., dessen Komplementär die A B GmbH und dessen Kommanditist in Energie AG Oberösterreich sei. Alleiniger Gesellschafter der A B GmbH sei ebenfalls die Energie AG Oberösterreich, sodass dargelegt werden könne, dass sich im Vergabeverfahren in Wahrheit die E AG O beteiligt habe. Bekanntlich sei von der Oö. B A GmbH eine Konzession zum Bau und zum Betrieb einer oder mehrerer Anlagen zur gesetzeskonformen Behandlung von Haus- und Sperrabfällen ausgeschrieben worden, wobei nach Darstellung der Oö. B A GmbH der Zuschlag der Bietergemeinschaft bestehend aus E AG O und L S GmbH erteilt worden sei. Nachdem im bereits oben dargelegten erstmaligen Ausschreibungsverfahren direkt durch die Gemeinde T und A nicht die E AG O (bzw. die A) als billigster Bieter hervorging, sei das damalige Vergabeverfahren widerrufen worden und nunmehr zweifelsohne aus Sicherheitsgründen ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung gewählt, um auch in diesem Falle der E AG O den Zuschlag zu verschaffen. Bereits am 10.11.2004 habe auch der Obmann des B L-L und Bürgermeister von A gegenüber den Oö. N angegeben, entweder die L oder die E AG mit dem Auftrag betrauen zu wollen.

 

Obgleich der Auftraggeberin die Möglichkeit und auch die Bereitschaft der Antragstellerin den Auftrag zu übernehmen, sehr wohl bekannt gewesen sei, sei die Auftraggeberin dennoch nie eingeladen worden ein Angebot zu legen. Die Auswahl derjenigen Unternehmen, die zur Legung von Angeboten eingeladen worden seien, sei sohin im krassen Widerspruch zum Diskriminierungsverbot des § 21 Abs.1 BVergG gewählt worden. Die im § 21 BVergG enthaltenen allgemeinen Grundsätze des Vergabeverfahrens seien zur Interpretation und Ergänzung der übrigen Bestimmungen im Bundesvergabegesetz heranzuziehen. Da § 35 BVergG keine Vorschriften über die Auswahl der einzelnen Unternehmer enthalte, sei § 21 BVergG hiebei als Auslegungsmaßstab heranzuziehen. Nutzbar könne in diesem Zusammenhang auch die Bestimmung des § 33 Abs.3 BVergG herangezogen werden. Danach sei die Anzahl der einzuladenden Unternehmer entsprechend der Leistung festzulegen. Nur bei einer Leistung, die viele Unternehmer anbieten würden, könne davon ausgegangen werden, dass bereits ein entwickelter Wettbewerb herrsche und sei daher nur in diesen Fällen eine geringe Zahl ausreichend. Bei oligopolähnlichen Märkten, wie im gegenständlichen Fall, sei jedoch eine möglichst große Zahl von geeigneten Unternehmern zuzulassen, um eine ernsthafte Wettbewerbssituation herzustellen. Nicht anderes könne auch für den vorliegenden Fall gelten.

Die Antragstellerin betreibe in O I seit Jahrzehnten eine mechanisch biologische Abfallbehandlungsanlage mit Reststoffdeponie, wobei seit Jahrzehnten die oberösterreichischen Bezirke Ried, Schärding sowie teilweise Braunau erfolgreich und klaglos vom Hausabfall entsorgt werden würden. Die Bewerberauswahl und damit die Entscheidung der Auftraggeberin, die Antragstellerin beim gegenständlichen Vergabeverfahren nicht zuzulassen, erweise sich sohin auch aus diesem Grund als rechtswidrig.

Es würden daher die Anträge gestellt, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und die Entscheidung der Auftraggeberin, das Vergabeverfahren nicht zu widerrufen, obwohl die Wahl des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung zu unrecht erfolgt sei, sowie die Entscheidung der Auftraggeberin die Antragstellerin nicht zum Vergabeverfahren zuzulassen, für rechtswidrig und nichtig zu erklären sowie die Auftraggeberin gemäß § 18 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz in den Kostenersatz zu verfällen. Des Weiteren wurde beantragt, eine einstweilige Verfügung zu erlassen.

 

2. In Wahrung des Parteiengehörs legte die Auftraggeberin die geforderten Unterlagen des Vergabeverfahrens vor und teilte in ihrer Stellungnahme mit, dass am 3.12.2004 die Zuschlagsentscheidung entgegen der Aussagen der Antragstellerin zu Gunsten der Firma R Entsorgungsbetrieb bekannt gegeben worden sei. Gleichzeitig wurde beantragt, die Anträge der Antragstellerin als unzulässig, in eventu als unbegründet abzuweisen.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Vergabeakt des B L-L.

 

Da wie im Folgenden zu zeigen sein wird, der Nachprüfungsantrag und der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen waren, konnte ungeachtet des Parteienantrages von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 12 Abs.2 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz abgesehen werden.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 1 Abs.1 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz (im Folgenden: Oö. VergNPG) regelt dieses Gesetz die Nachprüfung von Entscheidungen, die von einem öffentlichen Auftraggeber bzw. einer öffentlichen Auftraggeberin im Zuge einer Auftragsvergabe, die dem Bundesvergabegesetz 2002 (BVergG) unterliegt, getroffen wurden.

Öffentliche Auftraggeber bzw. öffentliche Auftraggeberinnen im Sinne dieses Landesgesetzes sind nach § 1 Abs.2 Z1 das Land, die Gemeinden und die Gemeindeverbände.

Die Auftraggeberin im gegenständlichen Vergabeverfahren ist der B L-L, bei welchem es sich um einen Gemeindeverband im Sinne des § 1 Abs.2 Z1 des Oö. VergNPG handelt.

 

Gemäß § 2 Abs.1 Oö. VergNPG obliegt die Nachprüfung von Entscheidungen gemäß § 1 Abs.1 dem Unabhängigen Verwaltungssenat.

 

Der gegenständliche Auftrag ist als Dienstleistungsauftrag im Sinne des § 4 Abs.1 BVergG zu verstehen. Vergeben wird ein Auftrag über eine prioritäre Dienstleistung "Entsorgung von Abfällen auf der Deponie A/T" gemäß Anhang 3, Kategorie 16 BVergG in Form eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung im beschleunigten Verfahren gemäß § 25 Abs.6 Z3 BVergG. Das Auftragsvolumen übersteigt den einschlägigen Schwellenwert gemäß § 9 Abs.1 Z5, der Auftrag ist somit dem Oberschwellenbereich zuzuordnen.

 

Gemäß § 2 Abs.2 Oö. VergNPG ist der Unabhängige Verwaltungssenat bis zur Zuschlagserteilung zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen das BVergG und die dazu ergangenen Verordnungen zuständig:

  1. .....
  2. zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen des Auftraggebers (§ 20 Z4 BVergG (bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte).

 

Gemäß § 3 Abs.1 leg.cit. kann ein Unternehmer (§ 20 Z32 BVergG) bzw. eine Unternehmerin, der bzw. die ein Interesse am Abschluss eines dem BVergG unterliegenden Vertrages behauptet vor der Zuschlagserteilung beim Unabhängigen Verwaltungssenat die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung
(§ 20 Z13 BVergG) des Auftraggebers im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantrage, sofern ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

 

Gemäß § 9 Oö. VergNPG sind Anträge auf Nachprüfung vor Zuschlagserteilung beim Unabhängigen Verwaltungssenat innerhalb der in der Anlage genannten Fristen einzubringen.

 

Als Beschwerdepunkte führte die Antragstellerin die Unzulässigkeit der Entscheidung, die Antragstellerin nicht zum Vergabeverfahren zuzulassen sowie die Wahl der Vergabeverfahrensart an.

 

Gemäß § 20 Z13 lit.a sublit. ee sind gesondert anfechtbare Entscheidungen im Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung:

die Aufforderung zur Angebotsabgabe; sonstige Festlegungen während der Verhandlungsphase bzw. während der Angebotsfrist und die Zuschlagsentscheidung.

 

Gemäß § 9 iVm Teil I Z4 der Anlage zum Oö. Vergabenachprüfungsgesetz betragen die Fristen für die Anfechtung der Aufforderung zur Angebotsabgabe im beschleunigten Verfahren 7 Tage nach Zugang der Aufforderung, hinsichtlich sonstiger Festlegungen 7 Tage ab Kenntnis oder ab dem Zeitpunkt, ab dem Kenntnis erlangt hätte werden können und 7 Tage im Hinblick auf die Zuschlagsentscheidung.

 

Im besonderen Teil der Erläuterungen RV 2002 zu § 20 Z13 wird ausgeführt:

"Durch die Unterscheidung zwischen gesondert und nicht gesondert anfechtbaren Entscheidungen (des Auftraggebers) soll eine Strukturierung des Vergabeverfahrens und effiziente Abwicklung von Rechtsschutzverfahren erreicht werden. Letzterem Ziel dienen auch die flankierenden Bestimmungen betreffend die Fristen und die Präklusionsregelung (zur Zulässigkeit derartiger Regelungen vgl. u.a. die Ausführungen von Generalanwalt Alber in der RSC 470/99, insbesondere RZ 69, 71 und 74). Durch die gesondert anfechtbaren Entscheidungen wird ein Vergabeverfahren in verschiedene Abschnitte unterteilt. Jeder Abschnitt endet mit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung, die vom Auftraggeber bekannt gegeben wird. Alle der gesondert anfechtbaren Entscheidung vorangegangene (nicht gesondert anfechtbaren) Entscheidungen sind zusammen mit dieser anzufechten. So stellt etwa das Ausscheiden keine gesondert anfechtbare Entscheidung dar. Diese Entscheidung des Auftraggebers ist zusammen mit der zeitlich nächst folgenden gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers der Zuschlagsentscheidung bekämpfbar."

Dieses System entspricht dem derzeitigen Stand des Gemeinschaftsrechtes und den Vorgaben der Rechtsmittelrichtlinien nach einem effektivem Rechtsschutz.

 

Zum einen betrifft der vorliegende Antrag die Nichtigerklärung der Entscheidung der Auftraggeberin, die Antragstellerin nicht zum Vergabeverfahren zuzulassen. Diese Entscheidung der Auftraggeberin ist keine gesondert anfechtbare Entscheidung iS der obgenannten Bestimmungen des BVergG und daher nur gemeinsam mit der zeitlich darauf folgenden gesondert anfechtbaren Entscheidung bekämpfbar. Dies ist in concreto die Aufforderung zur Angebotsabgabe.

 

Wie oben bereits erwähnt, beträgt die Frist zur Anfechtung der Aufforderung zur Angebotsabgabe und damit die Bewerberauswahl im beschleunigten Verfahren
7 Tage nach Zugang der Aufforderung. Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang, dass das Oö. Vergabenachprüfungsgesetz nicht auf die Kenntnis oder auf den Zeitpunkt ab dem Kenntnis erlangt hätte werden können abstellt, sondern ausdrücklich auf den Zugang der Aufforderung.

Die Aufforderung zur Angebotsabgabe an die Bieter erfolgte nachweislich per E-Mail, zugestellt am 22.11.2004 und ist auch an diesem Tage zugegangen.

Die Frist für die Anfechtung der Nichtzulassung zum gegenständlichen Vergabeverfahren endete damit am 29.11. 2004, ist mit Einbringung des Antrages am 6.12.2004 bereits abgelaufen und damit Präklusion eingetreten, was bedeutet, dass etwaige Fehler der Auftraggeberin nach Ablauf dieser Frist unangreifbar werden.

 

Es war daher der Antrag, die Entscheidung der Auftraggeberin, die Antragstellerin nicht zum Vergabeverfahren zuzulassen, für nichtig zu erklären, gemäß § 9 Abs.2 Z2 Oö. VergNPG als unzulässig zurückzuweisen.

 

Zum weiteren Antrag die Entscheidung der Auftraggeberin, das Vergabeverfahren nicht zu widerrufen, für nichtig zu erklären, wird festgehalten, dass vom Standpunkt der Rechtsmittelrichtlinie in Verbindung mit dem diese in innerstaatliches Recht umsetzenden 6. Hauptstück des ersten Teiles des BVergG Unterlassungen eines Auftraggebers als anfechtbare Entscheidungen nur insofern in Betracht kommen, als jene Unterlassungen einen solchen Erklärungswert besitzen, dass sie als selbstständige Teilakte des Vergabeverfahrens nach außen in Erscheinung treten und ein dementsprechendes Rechtsschutzbedürfnis auslösen.

Eine nach außen hin kundgetane und damit anfechtbare Entscheidung des Auftraggebers liegt bei einem Unterlassen des Widerrufs der Ausschreibung nicht vor

und ist der Antrag auf Nichtigerklärung des Unterlassens des Widerrufs der Ausschreibung von vorneherein unzulässig und nicht geeignet, eine Entscheidungskompetenz des Unabhängigen Verwaltungssenates gemäß § 2 Abs.2 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz zu begründen (vgl. hiezu VfGH 2.3.2002, B691/01-14, B856/01-12=RPA 2002/2, 123; BVA 20.8.2002, N20/02-18, N-30/02-12).

 

Der vorliegende Nachprüfungsantrag ist aber auch aus folgenden Gründen unzulässig:

 

Gemäß § 3 Abs.1 leg.cit. kann ein Unternehmer (§ 20 Z32 BVergG) bzw. eine Unternehmerin, der bzw. die ein Interesse am Abschluss eines dem BVergG unterliegenden Vertrages behauptet vor der Zuschlagserteilung beim Unabhängigen Verwaltungssenat die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung
(§ 20 Z13 BVergG) des Auftraggebers im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

 

Daraus ergibt sich, dass Gegenstand eines Nachprüfungsverfahrens nur die Feststellung von Verletzungen subjektiver Rechte von Bewerbern oder Bietern sein kann und Bieter oder Bewerber dann ein subjektives Recht auf Einhaltung der Vergabevorschriften haben, wenn diese dem Schutz ihrer Interessen vor dem Eintritt eines Schadens dienen (vgl. Thienel, das Nachprüfungsverfahren nach dem Bundesvergabegesetz, WBl 1993, 373; VwGH 23.1.2002, 2001/04/0041). Folglich ist ein Unternehmer nur insoweit antragslegitimiert, als seine Möglichkeiten am Vergabeverfahren teilzunehmen, durch die behauptete Rechtswidrigkeit beeinträchtigt werden könnten.

Mangelt es dem Angebot eines Antragstellers in einem Nachprüfungsverfahren schon an der grundsätzlichen Eignung, für den Zuschlag überhaupt in Betracht gezogen zu werden, so ist die Antragslegitimation zu verneinen (Hahnl, BVergG, zu § 163 E5).

 

Im gegenständlichen Fall wurde bei der Antragstellerin vom Vertreter der Auftraggeberin mündlich angefragt, ob Interesse an der Räumung der Deponie A-T bestehe.

Mit Schreiben vom 1.10.2004, eingelangt am 4.10.2004 wurde folgendes mitgeteilt:

"Wie uns gestern mitgeteilt wurde, wird wahrscheinlich in der ersten Novemberwoche nochmals ein Umbau bei der MBA-Anlage stattfinden. Hiezu muss die Anlage abgestellt werden. Erst nach diesem Umbau könnten wir nach Aufarbeitung der vertraglichen Mengen eventuell zusätzliches Material verarbeiten. Ich kann ihnen daher jetzt noch keine Zusage für zusätzliche Mengen geben."

Es war daher bei der Bewerberauswahl für das Vergabeverfahren davon auszugehen, dass die Antragstellerin kein Interesse am Abschluss des Vertrages, der das Ergebnis des Vergabeverfahrens sein kann, hat. Aus der von der Antragstellerin als rechtswidrig gerügten Bewerberauswahl könnte ihr jedoch nur dann ein Schaden erwachsen sein, wenn sie rechtlich überhaupt für die Aufforderung zur Angebotsabgabe und in weiterer Folge für die Zuschlagerteilung in Betracht gekommen wären.

Nach dem oben genannten Schreiben der Antragstellerin vom 1.10.2004 ist nach objektivem Erklärungsbild davon auszugehen, dass die Antragstellerin kein Interesse am ausgeschriebenen Auftrag hat und auch nicht in der Lage ist, die ausgeschriebenen Leistungen zu erbringen, weshalb ihr auch kein Schaden erwachsen sein kann und somit auch von einer fehlenden Antragslegitimation für den Nachprüfungsantrag auszugehen ist.

 

Mit Schreiben vom 1.12.2004 wurde von der Antragstellerin vorgebracht, dass es sich hinsichtlich der Kapazitäten offenbar um ein Missverständnis gehandelt habe. Sie sei zwar gefragt worden, ob Kapazitäten bei der MBA-Anlage frei wären und habe sie vor kurzem schriftlich und auch mündlich bestätigt, dass derzeit auf Grund von Umbauarbeiten keine Übernahme von MBA-Material vorgesehen sei; sie sei jedoch davon ausgegangen, dass es sich um "frischen" kontinuierlich anfallenden Hausabfall handle.

Auch wenn man der Antragstellerin zustimmt, dass es bei der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Entscheidung, den Auftrag nicht zu widerrufen, im Hinblick auf einen Schadenseintritt nicht auf die Möglichkeit der Zuschlagsentscheidung im konkreten Vergabeverfahren ankommt, sondern darauf, ob die Antragstellerin im Falle eines neuerlichen Vergabeverfahrens die Möglichkeit hätte, den Zuschlag zu erlangen, so ist dem entgegen zu halten, dass im gegenständlichen Fall auch die Entsorgung der Abfälle vom Leistungsumfang umfasst ist und bei einem Stillstand der Anlage, wie im Schreiben vom 1.10.2004 festgehalten, auch ein zwischengelagerter Abfall nicht verwertet werden könne, weshalb mangels technischer Leistungsfähigkeit auch jetzt nicht die Möglichkeit bestehe, für eine Zuschlagserteilung in Betracht zu kommen.

 

 

5. Gemäß § 11 Abs.1 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz ist ein Antrag auf einstweilige Verfügung (nur dann) zulässig, wenn (sobald) das Nachprüfungsverfahren eingeleitetet ist. Da kein zulässiger Antrag vorliegt, war auch das Nachprüfungsverfahren nicht einzuleiten. Die Erlassung einer einstweiligen Verfügung ist daher ebenfalls nach § 11 Abs.1 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz unzulässig.

 

6. Gemäß § 18 Abs.4 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz hat die, wenn auch nur teilweise, obsiegende Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin Anspruch auf Ersatz der entrichteten Gebühren. Auf Grund des Obsiegens der Antragsgegnerin entfällt ein Ersatzanspruch. Dies war spruchgemäß festzustellen.

 

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 60,20 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 

Dr. Konrath

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum