Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-550230/5/Kü/Hu

Linz, 19.09.2005

 

 

 

VwSen-550230/5/Kü/Hu Linz, am 19. September 2005

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine X. Kammer (Vorsitzende: Dr. Ilse Klempt, Berichter: Mag. Thomas Kühberger, Beisitzer: Dr. Leopold Wimmer) über den Antrag der Bietergemeinschaft A-M/H/K, vertreten durch Rechtsanwälte H/E & Partner, S, L, vom 13.9.2005 auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung vom 31.8.2005 sowie dem Antrag auf Ersatz der Kosten im Vergabeverfahren der Stadtgemeinde Perg betreffen "Neubau der HTL Perg" zu Recht erkannt:

 

 

  1. Dem Nachprüfungsantrag vom 13.9.2005 wird Folge gegeben und die angefochtene Zuschlagsentscheidung vom 31.8.2005, den Zuschlag der H & Söhne Bau GmbH, S, zu erteilen, für nichtig erklärt.
  2. Eine einstweilige Verfügung war daher nicht zu erlassen.

     

  3. Die Stadtgemeinde Perg hat der Antragstellerin die entrichteten Gebühren in der Höhe von insgesamt 10.000 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 1, 2, 3, 6, 11 und 13 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz - Oö. VNPG, LGBL. Nr. 153/2002 iVm §§ 81 Abs.1 und Abs.2, 98 Z8, 100 Bundesvergabegesetz 2002 - BVergG, BGBl. II Nr. 99/2002 idgF.

zu II.: § 18 Oö. VNPG iVm § 74 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idgF.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingabe vom 13.9.2005 wurde von der Bietergemeinschaft A-M/H/K (im Folgenden: Antragstellerin) der Antrag auf Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens und Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, längstens aber für die Dauer von einem Monat nach Antragstellung, zu untersagen, gestellt. Zudem wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren beantragt.

 

Begründend wurde vorgebracht, dass sich die Antragstellerin am von der Stadtgemeinde Perg ausgeschriebenen offenen Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich "Neubau der HTL Perg" (Ausschreibungsgegenstand: Generalunternehmerleistungen) durch Legung eines fristgerechten und firmenmäßigen Anbotes von 5.966.087,68 Euro beteiligt habe.

Die Angebotsöffnung habe am 8.8.2005 in den Räumlichkeiten der B S, I des Bundes mbH, stattgefunden. Mit Schreiben der B S sei der Antragstellerin mitgeteilt worden, dass die Zuschlagsentscheidung zugunsten der Fa. H & Söhne Bau GmbH zum Angebotspreis von 5.698.418 Euro erfolgen werde. Es werde diesbezüglich hingewiesen, dass die BIG Services Immobilienmanagementgesellschaft des Bundes mbH weder Auftraggeberin noch zur Vertretung der Auftraggeberin befugt sei. Die Auftraggeberin werde von der B B- & M vertreten.

An der Ausschreibung haben nachstehende Unternehmen teilgenommen.

Die Antragstellerin sei Bestbieterin nach der H & Söhne Bau GmbH.

 

Als Ausschreibungsunterlage sei ein standardisiertes Leistungsverzeichnis verwendet worden, welches jedoch in fast allen Punkten geändert worden war.

In der Ausschreibung wurde zur Position 50.24030 die Lieferung und Verlegung eines mit bestimmten Werten versehenen Prallschutzbelages ausgeschrieben. Die in der Leistungsbeschreibung angegebenen Werte seien durch ein Prüfzeugnis einer autorisierten österreichischen Prüfanstalt nachzuweisen. Die Prüfzeugnisse müssten gültig sein bzw. dürften nicht älter als 2 Jahre sein. Angebote ohne Prüfberichte würden ausnahmslos ausgeschieden werden. Ebenso verhält es sich bei der Position 50.30520 (flächenelastischer Hallensportbelag). Auch dort würde bei Nichtvorlage der Prüfberichte das Angebot ausgeschieden werden.

Mit Schreiben vom 6.9.2005 habe die Antragstellerin die Auftraggeberin um Auskunft gemäß § 100 Abs.3 BVergG ersucht. Dem Ersuchen wurde mit 9.9.2005 nachgekommen und darin mitgeteilt, dass aufgrund der fehlenden Prüfberichte die Antragstellerin auszuscheiden gewesen sei. Es sei richtig, dass die Antragstellerin die geforderten Prüfzeugnisse nicht vorgelegt habe. Es seien jedoch von sämtlichen anderen Bietern, inkl. der H & Söhne Bau GmbH, die geforderten Prüfzeugnisse nicht vorgelegt worden. Dies deshalb, da es für keinen der Bieter möglich gewesen sei, die geforderten Prüfzeugnisse vorzulegen, zumal es solche von einer autorisierten Prüfstelle nicht gäbe. Sollte dennoch ein Prüfzeugnis vorgelegt worden sein, müsse dieses entweder älter als zwei Jahre oder von einer ausländischen Prüfanstalt und nicht von der geforderten österreichischen Prüfanstalt stammen. Es wären daher alle Bieter zwingend auszuscheiden gewesen und hätte ein Widerruf der Ausschreibung erfolgen müssen.

 

Zudem liege auch ein Verfahrensfehler dahingehend vor, dass die Benachrichtigung über die beabsichtigte Zuschlagsentscheidung weder von der Auftraggeberin noch von deren Bevollmächtigter B B- & M, sondern von der - im Verfahren nicht beteiligten - B S, I des Bundes mbH vorgenommen worden sei. Es liege daher bis dato keine wirksame Benachrichtigung über die beabsichtigte Zuschlagsentscheidung vor.

 

Zum Interesse und dem drohenden Schaden führte die Antragstellerin aus, dass ihr durch die Verletzung des BVergG der Verlust der Möglichkeit des Zuschlags drohe sowie Kosten in Höhe von 10.992,03 Euro entstanden seien. Im Übrigen erachte sich die Antragstellerin in ihrem Recht auf die Einhaltung der Vergabevorschriften, insbesondere auf Ausscheidung des Angebots der H & Söhne Bau GmbH vom Vergabeverfahren sowie auf Widerruf der Ausschreibung als Teilakt der Zuschlagsentscheidung, verletzt.

 

Den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung begründet die Antragstellerin damit, dass ihr ein Schaden entstehen würde, welcher nur durch die Untersagung der Zuschlagserteilung abgewendet werden könne. Interessen der Auftraggeberin würden einer einstweiligen Verfügung nicht entgegenstehen.

 

 

2. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat die Stadtgemeinde Perg als Auftraggeberin am Nachprüfungsverfahren beteiligt. Zum vorliegenden Nachprüfungsantrag wurde von der Vertreterin der Stadtgemeinde Perg, der B B- und M eine Stellungnahme abgegeben. Darüber hinaus wurden von der B S, I des Bundes mbH die Unterlagen des Vergabeverfahrens vorgelegt.

 

Die B B- & M führt in ihrer Stellungnahme zum Nachprüfungsantrag aus, dass entgegen dem Vorbringen der Antragstellerin die Auftraggeberin nicht die Stadtgemeinde Perg sondern die Republik Österreich sei. Die Republik Österreich finanziere das gegenständliche Bauvorhaben, nämlich die Errichtung der Höheren Technischen Bundeslehranstalt zu 100 %. Das Gebäude werde lediglich auf einem im Eigentum der Stadt Perg stehenden Grundstück errichtet. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates sei daher nicht gegeben und hätte durch die Antragstellerin das Bundesvergabeamt als zuständige Behörde angerufen werden müssen.

 

Aus den Ausschreibungsunterlagen gehe klar und deutlich hervor, dass die B B- & M Vertreterin der Stadtgemeinde Perg sei, die reine Abwicklung des Verfahrens durch die auch als Zustelladresse genannte I des Bundes mbH (B S), die ebenso wie die B B- & M eine 100%ige Tochter der B sei, durchgeführt werde. Dies sei der Antragstellerin auch vollkommen klar gewesen, habe sie doch sowohl die Ausschreibungsunterlagen über die I des Bundes mbH bezogen als auch an der Angebotseröffnung in den Räumlichkeiten dieser Gesellschaft in Linz teilgenommen.

 

Der Antragstellerin fehle es jedenfalls an der subjektiven Antragslegitimation, da sie, wie sie selbst in ihrem Nachprüfungsantrag festhalte, die unter den angeführten Positionen geforderten Prüfzeugnisse gar nicht vorgelegt habe und daher auch richtigerweise ausgeschieden worden sei. Die Antragstellerin habe daher die Anforderungen der Ausschreibung selbst nicht erfüllt, dh selbst kein gültiges Angebot gelegt und komme ihr daher eben nach ständiger Rechtsprechung keine Antragslegitimation zu.

 

Die Bestbieterin, die H & Söhne Bau GmbH habe wie die Antragstellerin in ihrem Nachprüfungsantrag selbst darlege, sehr wohl die im Leistungsverzeichnis geforderten Prüfzeugnisse vorgelegt. Richtig sei, dass eines dieser Prüfzeugnisse nicht von einer autorisierten Prüfungsanstalt sondern von einer dieser gleichzuhaltenden deutschen Prüfanstalt vorgelegt worden sei. Die Im Leistungsverzeichnis gewählte Formulierung, nämlich die Vorlage eines Prüfzeugnisses einer autorisierten österreichischen Prüfanstalt möge unglücklich gewählt worden sein, habe jedoch im Sinne des Gemeinschaftsrechtes keine einschränkende Wirkung, sondern müsse gemeinschaftsrechtskonform interpretiert werden.

 

Des weiteren sei dies der Antragstellerin bereits bei Erstellung ihres Angebotes bekannt und bewusst gewesen und habe sei es entgegen den Regelungen des BVergG unterlassen, die B B- & M darauf hinzuweisen bzw. innerhalb der im BVergG bzw. im Oö. VNPG normierten 14-tägigen Frist diese gemäß § 20 Z13 lit.a BVergG gesondert anfechtbare Entscheidung anzufechten. Die nunmehr im Nachprüfungsantrag dargelegten Einwendungen seien daher jedenfalls verfristet.

 

Aus all den Gründen wurde beantragt den Antrag der Antragstellerin auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung sowie den Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung ab- bzw. zurückzuweisen.

 

 

3. Weil bereits aufgrund der Aktenlage sowie der vorgelegten Unterlagen des Vergabeverfahrens feststeht, dass die bekämpfte Entscheidung für nichtig zu erklären ist, kann die öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 12 Abs.2 Z2 Oö. VNPG entfallen, welche überdies auch nicht beantragt wurde.

 

Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates (nähere Begründung folgt) ergibt sich aus § 2 Abs.2 Z1 Oö. VNPG, wonach der Unabhängige Verwaltungssenat bis zur Zuschlagserteilung zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen das BVergG 2002 und die dazu ergangenen Verordnungen im Rahmen der von der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte zuständig ist.

 

Gemäß § 67a Abs.1 dritter Satz AVG ergibt sich, dass der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eine Kammer, die aus drei Mitgliedern besteht, berufen ist.

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den bezughabenden Vergabeverfahrensakt (insbesondere die vorgelegte Vergabebekanntmachung, Vergabevorschlag von Architekten N + M & Partner ZT GmbH, die Ausschreibungsunterlagen und die Originalangebote der H & Söhne Bau GmbH sowie der Antragstellerin) und steht aufgrund dieser Unterlagen folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt fest:

 

Mit Vergabebekanntmachung (Versendedatum 13.7.2005) im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften sowie der Amtlichen Wiener Zeitung wurde von der Stadtgemeinde Perg, vertreten durch B B- & M, N, W, p.a. B S, I des Bundes mbH, D N/G, B, L, der Bauauftrag "Neubau der HTL Perg, Marchlandstraße 46, 4320 Perg - Generalunternehmerleistungen im offenen Verfahren" bekannt gemacht. Aufgrund des geschätzten Auftragswertes in der Höhe von 5,958.395 Euro wurde die Leistung im offenen Verfahren im Oberschwellenbereich ausgeschrieben.

 

In den Bekanntmachungen scheint als offizieller Name und Anschrift des öffentlichen Auftraggebers die Stadtgemeinde Perg, vertreten durch die B B- & M, W, auf. Sonstige Hinweise darauf, dass die Stadtgemeinde Perg im Auftrag einer anderen Institution handeln würde, sind den Bekanntmachungen nicht zu entnehmen.

 

Gemäß den Ausschreibungsunterlagen (Pos. Nr. 01 50.24030 Z) ist ein Prallschutzbelag 18 mm Velours in einer Größenordnung von 132 gemäß den Richtlinien der ÖISS zu liefern und zu verlegen. Weiters ist festgehalten, dass der angebotene Belag genau definierte Parameter zu erfüllen hat und dass diese Werte durch ein Prüfzeugnis einer autorisierten österreichischen Prüfanstalt bei Angebotsabgabe nachzuweisen sind. Die Prüfzeugnisse müssen gültig sein und dürfen nicht älter als zwei Jahre sein. Angebote ohne Prüfberichte werden ausnahmslos ausgeschieden.

 

In Pos. 01 50.30520 Z ist angegeben, dass 430 eines flächenelastischen Hallensportbelages mit Sportparkettoberbelag zu liefern und zu verlegen sind. Für diesen Hallensportbelag sind wiederum nähere technische Parameter formuliert und festgehalten, dass diese Werte durch ein gültiges Prüfzeugnis einer autorisierten Prüfanstalt nachzuweisen sind. Angebote ohne Prüfzeugnis werden ausnahmslos ausgeschieden.

 

Ausnahmebestimmungen bezüglich der Vorlage von Prüfzeugnissen sind in den Ausschreibungsunterlagen nicht enthalten.

 

Die Angebotsöffnung wurde am 8.8.2005 bei der B S I des Bundes mbH, P, L, vorgenommen. Es wurden von sechs Bietern, nämlich der H & Söhne Bau GmbH, der Bietergemeinschaft A-M/H/K, der Bauunternehmung G, der S G S GmbH, der S AG und der S BaugmbH insgesamt sieben Angebote abgegeben.

 

Die Antragstellerin legte ein Angebot mit einem Gesamtpreis von 5, 966.087,68 Euro vor. Die geforderten Prüfberichte wurden von der Antragstellerin dem Angebot nicht angeschlossen.

 

Von der H & Söhne Bau GmbH, B, S, wurde ein Angebot mit einem Gesamtpreis von 5,698.418 Euro gelegt. Diesem Angebot wurde ein Prüfbericht des Instituts für Sportbodentechnik, Dipl. phys. B. Härting, Freiburgerallee 28, D 04416 Markkleeberg, über die Prüfung eines Hallensportbodens nach DIN, datiert mit 19.12.2001, angeschlossen. Des weiteren wurde dem Angebot ein Prüfzeugnis des Instituts für Sportstättenprüfung, xxüber die Prüfung einer punktelastischen Prallwand gemäß GUV-Richtlinie datiert mit 23.3.2005, vorgelegt.

 

Die eingelangten Angebote wurde von der Architekten N + M & Partner ZT GmbH, G, W, einer Prüfung unterzogen, wobei die Angebote der S AG, der S G S GmbH und der S Bau GmbH aufgrund der großen Unterschiede in der Angebotssumme (die Angebote liegen über 15 % über dem Angebot der H & Söhne Bau GmbH) nicht weiter geprüft wurden.

 

Zu den Angeboten der Antragstellerin und der Bauunternehmung G wurde im Prüfbericht festgehalten, dass diese Angebote aufgrund der fehlenden Prüfzeugnisse für den Sporthallenboden und den Prallschutz auszuscheiden sind.

 

Bei der qualitativen Prüfung des Angebots der H & Söhne Bau GmbH wurde festgehalten, dass die in der LG 01 und 50 geforderten Prüfberichte über den Sporthallenboden und den Prallschutz bei der Angebotsabgabe von der H & Söhne Bau GmbH beigebracht wurden. Die Forderung, dass es sich dabei um österreichischen Prüfberichte handeln muss, wurde nicht erfüllt.

 

Weiters ist im Prüfbericht festgehalten, dass diese Forderung jedoch auch von den anderen Bietern nicht erfüllt wurde, da von der S G S GmbH der Prüfbericht über den Prallschutz fehlt und es sich bei dem von der S AG vorgelegten Prüfbericht Prallschutz ebenfalls um keinen österreichischen handelt und alle weiteren Anbieter keine Prüfberichte beigelegt haben.

 

Im Prüfbericht ist sodann vermerkt, dass nach Rücksprache mit dem ÖISS Prüfberichte einer deutschen Prüfanstalt, jenen von Österreich gleichzusetzen sind. Aus Sicht des Generalplaners sind daher die von der H & Söhne Bau GmbH abgegebenen Prüfberichte von deutschen Prüfanstalten den gewünschten österreichischen Prüfberichten gleichzusetzen. Aufgrund der durchgeführten Prüfung wurde vorgeschlagen dem Billigstbieter, der H &Söhne Bau GmbH, S, mit den Generalunternehmerarbeiten gemäß dem Angebot vom 7.8.2005 zu beauftragen.

 

Mit Schreiben vom 31.8.2005 teilte die B S I des Bundes mbH der Antragstellerin mit, dass ihr Angebot nicht berücksichtigt werden konnte und beabsichtigt ist den Zuschlag mit einem Gesamtpreis (netto) von 5,698.418 Euro am 15.9.2005 an die H & Söhne Bau GmbH, S, zu erteilen.

 

Mit Telefax vom 13.9.2005 teilte der Rechtsvertreter der Antragstellerin mit, dass ein Nachprüfungsantrag auf Nichtigerklärung der mitgeteilten Zuschlagsentscheidung eingebracht wird.

 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

Gemäß § 1 Abs.1 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz (Oö. VNPG) regelt dieses Gesetz die Nachprüfung von Entscheidungen, die von einem öffentlichen Auftraggeber bzw. einer öffentlichen Auftraggeberin im Zuge einer Auftragsvergabe, die dem Bundesvergabegesetz 2002 (BVergG) unterliegt, getroffen wurden.

 

Gemäß § 2 Abs.2 Oö. VNPG ist der unabhängige Verwaltungssenat bis zur Zuschlagserteilung zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen das BVergG und die dazu ergangenen Verordnungen zuständig

  1. zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie
  2. zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Die Stadtgemeinde Perg ist öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 1 Abs.2 Z1 Oö. VNPG.

 

Dem Einwand der B B & M, welche in Vertretung der Stadtgemeinde Perg im Verfahren eine Stellungnahme abgegeben hat, wonach Auftraggeberin nicht die Stadtgemeinde Perg, sondern die Republik Österreich ist, da die zu 100 % das gegenständliche Bauvorhaben finanziert, ist in Anlehnung an das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 25.2.2002, Zl. 2001/04/0215, zu entgegnen, dass die Stadtgemeinde Perg weder in den Vergabebekanntmachungen noch in der Einladung zur Angebotsabgabe für die Bieter nach außen erkennbar kundgetan hat, dass sie nicht für sich selbst, sondern für einen anderen Auftraggeber den Auftrag zur Erbringung von Leistungen gegen Entgelt erteile oder zu erteilen beabsichtige. In den genannten Unterlagen ist jeweils die Stadtgemeinde Perg als öffentlicher Auftraggeber bzw. Ausschreiber genannt und ist lediglich auf ein Vertretungsverhältnis durch die B B & M, W, hingewiesen, wobei als Postadresse für diese GmbH die B S, I des Bundes mbH, L, angegeben wurde. Aus den vorgelegten Vergabeakten ergibt sich demnach, dass die Stadtgemeinde Perg das Vergabeverfahren im eigenen Namen durchführt und den Zuschlag nicht wie eingewendet für den Bund erteilt. Für sämtliche Bieter sei nicht erkennbar gewesen, dass die Gemeinde für einen anderen Auftraggeber tätig werden will, da eine etwaige Vertretungsfunktion der Gemeinde nach außen weder kundgetan noch erkennbar gewesen ist. Wie sich aus dem zitierten Erkenntnis des VwGH ergibt, vermögen selbst Mitwirkungsrechte einer anderen Gebietskörperschaft (Anmerkung: des Bundes) und sogar eine 100%ige Finanzierung durch eine andere Gebietskörperschaft, keine Auftraggebereigenschaft dieser Gebietskörperschaft zu begründen. Die Stadtgemeinde Perg ist somit als Auftraggeberin anzusehen, weil sie (für sich) einen Auftrag zur Erbringung von Leistungen gegen Entgelt erteile oder zu erteilen beabsichtigt habe. Aus diesen Gründen ergibt sich daher entgegen der Ansicht der B B & M die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich im gegenständlichen Nachprüfungsverfahren.

Nach § 3 Abs.1 BVergG kann ein Unternehmer bzw. eine Unternehmerin, der bzw. die ein Interesse am Abschluss eines dem BVergG unterliegenden Vertrages behauptet, vor der Zuschlagsentscheidung beim Unabhängigen Verwaltungssenat, die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern ihr durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

Nach § 13 Oö. VNPG hat der Unabhängige Verwaltungssenat eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene Entscheidung eines Auftraggebers bzw. einer Auftraggeberin für nichtig zu erklären, wenn sie

  1. in Widerspruch zu den Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes und der hiezu erlassenen Verordnungen steht und
  2. für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist.

 

Die Zuschlagsentscheidung ist gemäß § 20 Z13 lit.a sublit.aa BVergG eine gesondert anfechtbare Entscheidung (vgl. § 3 Abs.1 Oö. VNPG), welche gemäß § 9 Oö. VNPG iVm. Anlage Teil I Z1 des Oö. VNPG in der Frist gemäß § 100 Abs.2 BVergG angefochten werden kann.

 

Der gegenständliche Nachprüfungsantrag vom 13.9.2005 richtet sich gegen die Zuschlagsentscheidung vom 31.8.2005, und wurde innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist von 14 Tagen ordnungsgemäß vergebührt eingebracht und ist daher zulässig.

 

Die Ausschreibungsunterlagen sehen - wie im Sachverhalt festgestellt - vor, dass hinsichtlich des Prallschutzbelages die geforderten technischen Parameter durch ein Prüfzeugnis einer autorisierten österreichischen Prüfanstalt nachzuweisen sind. Eine Nachprüfung der Ausschreibung, welche gemäß § 20 Z13 lit.a sublit.aa BVergG eine gesondert anfechtbare Entscheidung des Auftraggebers darstellt, wurde innerhalb der gesetzlichen Frist von 14 Tagen vor Ablauf der Angebotsfrist von keinem Bieter beantragt. Mit dem System der gesondert anfechtbaren Entscheidungen und daran anknüpfenden Präklusionsfristen wird das Vergabeverfahren in verschiedene Abschnitte unterteilt. Dies bedeutet aber auch, dass eine rechtswidrige Festlegung eines öffentlichen Auftraggebers - gleich welcher Art -, die nicht gemeinsam mit der nächsten gesondert anfechtbaren Entscheidung angefochten wird, als saniert und unanfechtbar gilt. Nach Ablauf der Antragsfrist tritt daher Präklusion (Rechtsverlust durch Fristversäumung) ein und etwaige Fehler des Auftraggebers oder der Auftraggeberin werden mit Ablauf der Frist unanfechtbar. Zusammengefasst bedeutet dies, dass die gegenständlichen Ausschreibungsbedingungen, welche die Vorlage eines Prüfzeugnisses einer autorisierten österreichischen Prüfanstalt vorsehen, Gültigkeit erlangt haben.

 

Dem Angebotsprüfbericht der Architekten N + M & Partner ZT GmbH ist zu entnehmen, dass von der Antragstellerin und der Bauunternehmung G keine Prüfzeugnisse vorgelegt wurden, von der H & Söhne BaugmbH deutsche Prüfzeugnisse, von der S G S GmbH der Prüfbericht über den Prallschutz fehlt und die Fa. S AG ebenfalls keinen österreichischen Prüfbericht vorgelegt hat. Weiters ist festzuhalten, dass von der S BaugmbH laut Protokoll über die Angebotsöffnung lediglich ein Begleitschreiben, ein Lang-LV und ein Summenblatt und daher keine Prüfzeugnisse vorgelegt wurden.

 

Gemäß den Ausschreibungsbedingungen werden Angebote ohne entsprechende Prüfberichte ausnahmslos ausgeschieden. Dies ist im Zusammenhang mit der Beurteilung der Frage der Antragslegitimation der Antragstellerin, welche von der B B & M eingewendet wurde, von Bedeutung. Entsprechend der Judikatur des Bundesvergabeamtes ist eine Antragslegitimation dann zu verneinen, wenn es dem Angebot der Antragsteller in einem Nachprüfungsverfahren schon an der grundsätzlichen Eignung mangelt, auch bei Einhaltung der verletzten Vorschriften gemäß den Bestimmungen des Vergabegesetzes und der hiezu ergangenen Verordnungen für den Zuschlag überhaupt in Betracht gezogen zu werden (BVA 04/N-50/04-46 vom 23.7.2004).

 

Dem gegenüber steht die Entscheidung des Bundesvergabeamtes vom 26.4.2004, 12N-2/04-55, wonach für den Fall, dass auch ein letztes verbleibendes Angebot auszuscheiden wäre und somit der ex lege Widerruf des § 105 Abs.3 Bundesvergabegesetz 2002 eintritt, sich die Antragslegitimation der Antragsteller wiederum in einem neuen Lichte darstellt. Der Begriff des Schadens ist nach Ansicht des BVA nicht als Verursachung eines Vermögensschadens im Sinne des bürgerlichen Rechts zu verstehen, sondern jede Rechtswidrigkeit, die geeignet ist, Wettbewerbsverzerrungen zu verursachen, und müsse einer Nachprüfung zugänglich gemacht werden können. Die Möglichkeit, sich an einem neuerlichen Vergabeverfahren für den Zuschlag bewerben zu können, ist jedenfalls als "vermögenswerte Chance" anzusehen. Die Spruchpraxis des BVA bejahte somit - trotz Verwirklichung eines Ausscheidungsgrundes - das Vorliegen der Antragslegitimation, wenn die behauptete Rechtswidrigkeit einen Widerruf der Ausschreibung nach sich ziehen müsste.

 

Im gegenständlichen Fall ist festzuhalten, dass die Antragstellerin, wie sie selbst in ihrem Antrag darstellt, keine geforderten Prüfzeugnisse vorgelegt hat. Da - wie bereits erwähnt - die Ausschreibungsunterlagen nicht angefochten wurden, bedeutet dies, dass Angebote, welche diese geforderten Unterlagen nicht aufweisen, grundsätzlich auszuscheiden sind. Insofern wäre davon auszugehen, dass die Antragstellerin für einen Zuschlag nicht in Betracht zu ziehen wäre. Andererseits ist dem Angebotsprüfbericht zu entnehmen, dass auch von anderen Bietern keine Prüfzeugnisse bzw. nur Prüfzeugnisse von deutschen Instituten (bezogen auf den Prallschutzbelag) vorgelegt wurden. Insofern ist davon auszugehen, dass den Ausschreibungsbestimmungen, welche in Rechtskraft erwachsen sind, von keinem Bieter entsprochen wurde und ändert daran auch nichts der von der prüfenden Stelle aufgenommene Hinweis, dass nach Auskunft des ÖISS die deutschen Prüfberichte den österreichischen gleichzuhalten sind. Diese Ansicht mag technisch gesehen durchaus seine Berechtigung haben, ändert aber im gegenständlichen Fall nichts an der Tatsache, dass keine österreichischen Prüfzeugnisse vorgelegt wurden. In diesem Zusammenhang wird auf § 105 Abs.3 BVergG verwiesen, wonach die Ausschreibung als widerrufen gilt, wenn kein Angebot eingelangt ist oder nach dem Ausscheiden von Angeboten kein Angebot im Vergabeverfahren verbleibt.

 

Aus diesen Gründen ist daher in Anlehnung an die zuletzt zitierte Entscheidung des Bundesvergabeamtes davon auszugehen, dass die Antragstellerin, obwohl ihr Angebot auszuscheiden wäre, trotzdem zur Stellung eines Nachprüfungsantrages legitimiert ist.

 

Die Antragstellerin ist mit ihrem Vorbringen, wonach in dem Umstand ein Verfahrensfehler zu sehen ist, dass die Benachrichtigung über die beabsichtigte Zuschlagsentscheidung weder von der Stadtgemeinde Perg noch deren Bevollmächtigter, der B B & M erfolgt ist, im Recht. Den Vergabebekanntmachungen und der Einladung zur Angebotsabgabe samt Angebotsbestimmungen ist zu entnehmen, dass Ausschreiber die Stadtgemeinde Perg ist, welche vertreten wird durch die B B & M, Wien. Weiters ist unter der Adresse der B B & M nach der Abkürzung "p.a." die B S, I des Bundes mbH mit Adresse in L genannt. Der objektive Erklärungswert dieser Formulierung ist in der Weise zu deuten, dass die Stadtgemeinde Perg im gegenständlichen Verfahren von der B B & M vertreten wird. Lediglich der postalische Verkehr mit der B B & M soll über das Büro der B S I des Bundes mbH in L durchgeführt werden. Die Hilfsfunktion der B S I des Bundes mbH ergibt sich auch aus den weiteren Festlegungen in der Einladung zur Angebotsabgabe, wonach die Einsichtnahme in die Angebotsunterlagen bzw. die Angebotsabgabe und die Angebotsöffnung auch in deren Büroräumlichkeiten durchzuführen ist. In keiner Weise wird allerdings in diesen Unterlagen dargestellt bzw. darauf hingewiesen, dass der B S, I des Bundes mbH Vertretungsmacht durch die Stadtgemeinde Perg eingeräumt wurde. Ungeachtet dessen wurde allerdings mit Schreiben vom 31.8.2005 ausschließlich von der B S, I des Bundes mbH ohne Hinweis auf irgendein Vertretungsverhältnis den Bietern mitgeteilt, dass der Zuschlag der H & Söhne BauGmbH erteilt werden soll.

 

§ 100 Abs. 1 BVergG normiert die Verpflichtung des Auftraggebers zur Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung. Zuschlagsentscheidung meint dabei den Abschluss des auftraggeberinternen Willensbildungsprozesses, an dessen Ende die Fassung des rechtsgeschäftlichen Willens steht, einem bestimmten Bieter den Zuschlag zu erteilen. Die durch die B S, I des Bundes mbH abgegebene Erklärung kann mangels eindeutiger Bevollmächtigung nicht als Willenserklärung des öffentlichen Auftraggeber oder dessen bekannt gegeben Vertreters gewertet werden. Die schriftliche Äußerung könnte daher auch nur als Wissenserklärung (Mitteilung über Tatsachen) gedeutet werden, welche nach den allgemeinen Grundsätzen des bürgerlichen Rechts nicht die Folgen eines Rechtsgeschäftes auslöst.

Da allerdings von der B S, I des Bundes mbH an sämtliche Bieter eine dem äußeren Erscheinungsbild sehr wohl als Willenserklärung zu verstehende Äußerung (vermeintliche Willenserklärung) abgegeben wurde, wobei auf Grund der Sachlage nicht ausgeschlossen werden kann, dass die bekannt gegebene Zuschlagsentscheidung tatsächlich bereits der abgeschlossenen Willensbildung des öffentlichen Auftraggebers entspricht, war diese als eine an einem formalen Mangel leidende Zuschlagsentscheidung zu werten und im Hinblick auf das vorhandene Rechtsschutzbedürfnis sowie den oben bereits dargestellten Gründen für nichtig zu erklären.

 

 

6. Weil der Unabhängige Verwaltungssenat bereits eine Entscheidung über den Nachprüfungsantrag getroffen hat, war eine einstweilige Verfügung gemäß § 11 Oö. VNPG nicht zu erlassen.

 

 

7. Nach § 74 Abs.2 AVG bestimmen die Verwaltungsvorschriften, inwiefern einem Beteiligten ein Kostenersatzanspruch gegen einen anderen Beteiligten zusteht. Der Kostenersatzanspruch ist so zeitgerecht zu stellen, dass der Ausspruch über die Kosten in den Bescheid aufgenommen werden kann. Die Höhe der zu ersetzenden Kosten wird von der Behörde bestimmt und kann von dieser auch in einem Bauschbetrag festgesetzt werden.

 

Gemäß § 18 Abs.4 Oö. VNPG hat der bzw. die, wenn auch nur teilweise obsiegende Antragsteller bzw. Antragstellerin gegen den Antragsgegner bzw. die Antragsgegnerin Anspruch auf Ersatz der entrichteten Gebühren.

 

Von der Antragstellerin wurde mit Antrag vom 13.9.2005 beantragt, der Stadtgemeinde Perg die Bezahlung der verzeichneten Kosten zH des Rechtsvertreters der Antragstellerin binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution aufzutragen. Aufgrund des Umstandes, dass die angefochtene Zuschlagsentscheidung für nichtig zu erklären war, war der Antragstellerin unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6.4.2005, Zl. 2004/04/0091, unter rechtzeitiger Beantragung der Kostenersatz zuzusprechen.

 

 

8. Im Verfahren sind für den Antragsteller Stempelgebühren in der Höhe von 47,60 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Klempt

 

 

Beschlagwortung:

Antragslegitimation, Zuschlagsentscheidung

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum