Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550241/3/Kl/Rd/Pe

Linz, 18.10.2005

 

 

 

VwSen-550241/3/Kl/Rd/Pe Linz, am 18. Oktober 2005

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über den Antrag der z-t R- und A GmbH, vertreten durch B K und Q RechtsanwaltsgesmbH, vom 12.10.2005 auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Vergabeverfahren der Marktgemeinde K betreffend die Ausschreibung "ABA K BA 07, DFÜ-Pumpwerke und Zentrale" zu Recht erkannt:

 

Dem Antrag wird stattgegeben und der Auftraggeberin Marktgemeinde K die Erteilung des Zuschlages bis zur Entscheidung in diesem Nachprüfungsverfahren, längstens aber bis 13. November 2005, untersagt.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 1, 2, 3 und 11 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz - Oö. VNPG, LGBl. Nr. 153/2002.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingabe vom 12.10.2005, beim Oö. Verwaltungssenat eingelangt am 13.10.2005, wurde von der z-t R- und A GmbH (im Folgenden: Antragstellerin) der Antrag auf Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens und Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, längstens aber für die Dauer von einem Monat nach Antragstellung, zu untersagen, gestellt. Gleichzeitig wurde auch die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren begehrt.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die Auftraggeberin hinsichtlich des Bauvorhabens Abwasserbeseitigungsanlage K Bauabschnitt 07 die Lieferung der Mess-, Regel- und Fernwirktechnik sowie die Elektroinstallationen zur Errichtung einer Datenfernübertragung zwischen den Pumpwerken und der Zentrale im offenen Verfahren nach den Bestimmungen für den Unterschwellenbereich ausgeschrieben habe. Der Zuschlag sei gemäß § 67 Abs.2 BVergG dem Angebot mit dem niedrigsten Preis zu erteilen. Die Antragstellerin habe sich am gegenständlichen Vergabeverfahren durch die Legung eines ausschreibungskonformen Angebots beteiligt.

Die Angebotsöffnung sei am 4.8.2005 durchgeführt worden und habe nachstehende Angebotssummen (exkl. USt) erbracht:

  1. Z E GmbH 128.081,12 Euro
  2. H D T GmbH 177.567,40 Euro
  3. z-t R- und A GmbH 162.763,08 Euro.

Am 29.9.2005 wurde von der Auftraggeberin mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, den Zuschlag an die Firma Z E GmbH zu erteilen.

 

Die Antragstellerin habe ein großes Interesse am Erhalt des gegenständlichen Auftrages und habe ihr Angebot verhältnismäßig knapp kalkuliert, wobei sich die fixen und variablen Kosten auf insgesamt 152.743 Euro belaufen und ein Gewinn von 10.020 Euro verbleiben würde.

Da die angegebene Kostensituation, insbesondere aufgrund des hohen Materialanteiles vom Markt vorgegeben und für die einzelnen Bieter im Wesentlichen vergleichbar sei, sei davon auszugehen, dass das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin mit dem Angebotspreis von 128.081,12 Euro jedenfalls nicht kostendeckend kalkuliert und daher im hohen Ausmaße unterpreisig sei sowie betriebswirtschaftlich nicht erklär- und nachvollziehbar sei, wodurch das Angebot der Z E GmbH aufgrund der nicht plausiblen Zusammensetzung des Gesamtpreises gemäß § 93 iVm § 98 Z3 BVergG auszuscheiden sei.

 

Die Antragstellerin sei zudem in ihrem Recht auf Durchführung eines vergaberechtskonformen Vergabeverfahrens verletzt, insbesondere im Recht auf Erteilung des Zuschlages, im Recht auf Ausscheiden (Nichtberücksichtigung) des Angebotes der Firma Z E GmbH sowie im Recht auf Durchführung einer ordnungsgemäßen und vergaberechtskonformen Angebotsprüfung.

 

Zum Interesse am Vertragsabschluss wurde ausgeführt, dass die Antragstellerin ein massives Interesse daran habe. Neben dem damit verbundenen Gewinn liege dieses auch vor allem darin, dass es sich beim gegenständlichen Projekt um ein wichtiges Referenzprojekt für weitere Aufträge handle.

Des weiteren wurde von der Antragstellerin der Schaden mit ca. 25.470 Euro beziffert; darin seien Kosten für Angebotslegung, entgangener Deckungsbeitrag und Gewinn inkludiert.

 

Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung führt die Antragstellerin im Detail weiter aus, dass die Interessensabwägung zu ihren Gunsten auszufallen habe, da nur die Interessen der Antragstellerin bei der Fortführung des Vergabeverfahrens bedroht seien. Durch diese vorläufige Maßnahme würden keinerlei berücksichtigungswürdige Interessen der Auftraggeberin verletzt werden. Da zwischen Angebotsöffnung und Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung zwei Monate verstrichen sind, könne die Verzögerung von einem Monat nicht ins Gewicht fallen.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat die Marktgemeinde K als Auftraggeberin sowie die ausschreibende Stelle am Nachprüfungsverfahren beteiligt. Eine Stellungnahme wurde bis zum Entscheidungszeitpunkt nicht abgegeben.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Die Marktgemeinde K ist öffentliche Auftraggeberin im Sinn des § 7 Abs.1 Z1 BVergG bzw. des § 1 Abs.2 Z1 Oö. VNPG. Der Auftragswert der gegenständlichen Ausschreibung überschreitet nicht den Schwellenwert von mindestens 5,923.000 Euro bei Bauaufträgen iSd § 9 Abs.1 Z3 BVergG. Die gegenständliche Vergabe unterliegt daher dem Oö. VNPG und sind somit die gesetzlichen Bestimmungen für den Unterschwellenbereich anzuwenden.

 

Gemäß § 2 Oö. VNPG obliegt dem unabhängigen Verwaltungssenat die Nachprüfung von Entscheidungen gemäß § 1 Abs.1 leg.cit. Bis zur Zuschlagserteilung ist der unabhängige Verwaltungssenat zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen das Bundesvergabegesetz und die dazu ergangenen Verordnungen zuständig

  1. zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie
  2. zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen des Auftraggebers bzw. Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

Der gegenständliche Antrag ist rechtzeitig und zulässig.

 

3.2. Gemäß § 11 Oö. VNPG hat, sobald das Nachprüfungsverfahren vor Zuschlagserteilung eingeleitet ist, der unabhängige Verwaltungssenat auf Antrag durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen zu ergreifen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern. Vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung hat der Unabhängige Verwaltungssenat die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin, der sonstigen Bewerber oder Bieter bzw. Bewerberinnen oder Bieterinnen und des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist von ihrer Erlassung abzusehen. In einer einstweiligen Verfügung ist die Zeit, für welche die Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Sie tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch, wenn die einstweilige Verfügung ein Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich betrifft, einen Monat nach Antragstellung oder mit der Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates über den Antrag auf Nichtigerklärung außer Kraft.

 

Bereits zu der vorausgegangenen sinngemäßen Regelung des Bundesvergabegesetzes 1997 führte Bernd Elsner, Vergaberecht, Linde Verlag, auf Seite 86 aus: Die Entscheidung hängt von einer Abwägung der möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers und einem allfälligen besonderen öffentlichen Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens ab. Dabei muss es sich um ein "besonderes" öffentliches Interesse handeln. Es wird nämlich (hoffentlich) bei jeder öffentlichen Auftragsvergabe ein öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens und Vergabe eines Auftrages bestehen. Aber auch daran, dass Vergabeverfahren fehlerfrei ablaufen, besteht öffentliches Interesse. Eine Nichterlassung einstweiliger Verfügungen wird daher nur bei sonstiger Gefahr für Leib und Leben und besonderer Dringlichkeit zulässig sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn besondere Interessen der Daseinsvorsorge gefährdet würden.

 

Art.2 Abs.4 Satz 1 der Rechtsmittelrichtlinie darf nicht fälschlicherweise so ausgelegt werden, dass der vorläufige Rechtsschutz regelmäßig leerläuft. Mit diesem Interesse ist nicht das bei jeder Auftragsvergabe bestehende öffentliche Interesse an der zügigen Abwicklung gemeint.

 

Nach der Beschlusspraxis des EuGH kommt es in der Interessensabwägung maßgeblich darauf an, wer durch sein Verhalten die besondere Dringlichkeit der Auftragsvergabe verursacht hat. Für die öffentlichen Auftraggeber ergibt sich daraus eine echte Obliegenheit zu rechtzeitig geplanten und durchgeführten Beschaffungsvorgängen. Das Rechtsschutzinteresse des diskriminierten Bieters kann insoweit nur vom vorrangigen Schutz überragend wichtiger Rechtsgüter der Allgemeinheit zurückgedrängt werden (vgl. Schenk, Das neue Vergaberecht, 1. Auflage 2001, S. 172f).

 

Auch der Verfassungsgerichtshof hat insbesondere in seiner Entscheidung zu Zl. B 1369/01 vom 15.10.2001 ein öffentliches Interesse im Hinblick auf das Postulat effizienten Einsatzes öffentlicher Mittel in der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter gesehen, dem die Nachprüfung des Vergabeverfahrens letztlich dienen soll.

 

In Anbetracht der Tatsache, dass es sich beim gegenständlichen Vorhaben nicht um eine vordringliche Leistungserbringung handelt und zudem zwei Monate zwischen Angebotsöffnung und Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung verstrichen sind, kann daraus geschlossen werden, dass eine Gefährdung von Leib und Leben nicht aktuell ist. Auch trifft die Auftraggeberin im Hinblick auf die Rechtsnatur des Provisorialverfahrens und auf die allgemeine Mitwirkungspflicht der Parteien im Verwaltungsverfahren die Behauptungslast betreffend die gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen. Die Auftraggeberin hat aber konkret mit der Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung drohende Nachteile nicht dargelegt, sodass davon auszugehen ist, dass die nachteiligen Folgen des vorläufigen Zuschlagsverbotes nicht überwiegen und daher dem Antrag stattzugeben ist (vgl. BVA 1.12.2000, N-56/00-9). Es hat daher die Antragstellerin glaubwürdig und denkmöglich dargelegt, dass ihr durch die behauptete Rechtswidrigkeit der Entgang des Auftrages droht, sohin ein Schaden, der nur durch die vorläufige Untersagung der Zuschlagserteilung abgewendet werden kann. Abgesehen von dem vorausgesetzten öffentlichen Interesse an der Vergabe des gegenständlichen Auftrages ist aber ein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens weder durch die Auftraggeberin vorgebracht worden noch dem Oö. Verwaltungssenat zur Kenntnis gelangt. Vielmehr ist bei der Interessensabwägung iSd Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu berücksichtigen, dass der Auftraggeber ein Interesse an der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebotes, also an einem rechtmäßigen Vergabeverfahren haben muss. Es ist daher zu berücksichtigen, dass bei rechtmäßiger Ermittlung des günstigsten Angebotes unter Umständen die Auftraggeberin eine Kostenersparnis erwarten würde, die den aus der Verfahrensverzögerung allenfalls auftretenden Kosten entgegenzuhalten ist bzw. diese Kosten aufheben würde. Darüber hinaus ist auf die Rechtsprechung der Vergabekontrollinstanzen, dass ein öffentlicher Auftraggeber bei der Erstellung des Zeitplanes für eine Auftragsvergabe die Möglichkeit von Nachprüfungsverfahren und die damit einhergehende Verzögerung ins Kalkül zu ziehen hat, zu verweisen. Dass sich durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung eine Verzögerung der Bedarfsdeckung und ein organisatorischer und finanzieller Mehraufwand ergeben kann, liegt in der Natur der Sache. Da kein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an einem möglichst raschen Vertragsabschluss geltend gemacht wurde und auch nicht auf der Hand liegt, war dem Antrag stattzugeben.

 

Die im Vorbringen der Antragstellerin behaupteten Rechtswidrigkeiten sind zumindest denkmöglich. Eine Überprüfung, ob die behaupteten Rechtswidrigkeiten auch tatsächlich vorliegen, war im Rahmen des Provisorialverfahrens nicht durchzuführen.

 

Die Dauer der Aussetzung der Zuschlagserteilung ergibt sich aus § 11 Abs. 5 Oö. VNPG.

 

Die einstweilige Verfügung ist gemäß § 11 Abs.6 Oö. VNPG sofort vollstreckbar.

 

4. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Klempt

 

 

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