Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550247/5/Kü/Rd/Hu

Linz, 02.12.2005

 

 

 

VwSen-550247/5/Kü/Rd/Hu Linz, am 2. Dezember 2005

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine X. Kammer (Vorsitzende: Dr. Ilse Klempt, Berichter: Mag. Thomas Kühberger, Beisitzer: Dr. Leopold Wimmer) über den Antrag des Herrn Mag.arch.Ing. G H, G, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. M S, B, W, vom 29.11.2005 auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Vergabeverfahren der Oö. G- und S AG betreffend "Altbauten, Umbau und Sanierung, Planungsarbeiten am LKH S" zu Recht erkannt:

Dem Antrag wird stattgegeben und der Auftraggeberin Oö. G- und S AG die Erteilung des Zuschlages bis zur Entscheidung in diesem Nachprüfungsverfahren, längstens aber bis 29. Jänner 2006, untersagt.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 1, 2, 3 und 11 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz - Oö. VNPG, LGBl. Nr. 153/2002.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingabe vom 29.11.2005 wurde von Herrn Mag.arch.Ing. G H (im Folgenden: Antragsteller) der Antrag auf Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens und Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, längstens aber für die Dauer von zwei Monaten nach Antragstellung, zu untersagen, gestellt.

Darüber hinaus wurde die Zuerkennung der Pauschalgebühren, des Ersatzes des Schriftsatzaufwandes sowie die Kosten der Rechtsvertretung begehrt.

 

Begründend wurde dabei im Wesentlichen vorgebracht, dass die Auftraggeberin in einem offenen Verfahren Dienstleistungsaufträge für Altbauten, Umbau und Sanierung sowie Planungsarbeiten am LKH S ausgeschrieben habe. Nach den Festlegungen der Ausschreibungsunterlagen handle es sich um Dienstleistungsaufträge im Oberschwellenbereich. In Punkt III seien die Teilnahmebedingungen, im Punkt III 1) die Eignungskriterien, im Punkt III 1)a) der Nachweis der Befugnis wie folgt, festgelegt worden:

"a1) Teilnahmeberechtigt sind alle österreichischen Architekten und Zivilingenieure für Hochbau und ZT-Gesellschaften mit entsprechender Befugnis nach den Bestimmungen des ZTG in der geltenden Fassung.

b1) Staatsangehörige einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) und der Schweiz, die zur Ausübung des Berufes eines selbständigen Architekten gemäß der Richtlinie 85/384/EWG des Rates vom 10.6.1985 berechtigt sind.

Juristische Personen, deren satzungsgemäßer Gesellschaftszweck die Ausübung des Architektenberufes ist und einer der vertretungsbefugten Geschäftsführer die an natürliche Personen gerichteten Anforderungen erfüllt."

 

Am 16.11.2005 sei dem Antragsteller die Zuschlagsentscheidung bekannt gegeben und darin mitgeteilt worden, dass die Auftraggeberin beabsichtige, den Zuschlag bezüglich Planungsarbeiten der Firma Dr. S & P G GesmbH, H, L, zu erteilen.

Über Anfrage vom 17.11.2005 habe der Antragsteller erfahren, dass er mit seinem Angebot den 2. Platz belegt habe.

 

Wegen einer angebotenen Zusammenarbeit durch das Büro Dr. S & P G GmbH habe der Antragsteller Erkundigungen über die fachliche und rechtliche Qualifikation eingeholt und habe im Zuge dessen feststellen müssen, dass es sich dabei um keine Ziviltechnikergesellschaft iSd Ziviltechnikergesetzes handle. Die Dr. S & P G GmbH sei zu FN 134249 a beim Firmenbuch des LG L registriert. Geschäftsführer sei DI Dr. A S, einziger Gesellschafter sei die Dr. S & P H GmbH. Letztere sei zu FN 238041 k beim Firmenbuch des LG L registriert, handelsrechtlicher Geschäftsführer sei auch hier DI Dr. A S, der auch Gesellschafter mit einem Anteil von 25 % sei, Frau H S halte einen Anteil von 56 %, DI A H von 11 %, Ing. R D und Ing. J B von jeweils 4 %.

Ing. J B sei Elektrotechniker, keiner der anderen Gesellschafter oder der Geschäftsführer seien Ziviltechniker. DI H sei Ziviltechnikeranwärter. DI Dr. A S selbst sei laut tel. Auskunft der Gewerbebehörde Baumeister, sodass eine Vergesellschaftung mit einem Ziviltechniker nach den Bestimmungen des ZTG unzulässig wäre.

 

Über Anfrage seitens des Antragstellers habe die Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für und Salzburg mitgeteilt, dass weder DI Dr. A S noch DI H Ziviltechniker seien; DI H sei in der Länderkammer als Ziviltechnikeranwärter eingetragen.

 

Hinsichtlich des behaupteten drohenden oder bereits eingetretenen Schadens führte der Antragsteller aus, dass bereits umfangreiche Planungs- und Kalkulationsleistungen erbracht worden seien und daher ein entsprechendes Interesse an der Erlangung des Auftrages vorliege. Der Schaden werde mit ca. 177.550 Euro netto beziffert. Der Antragsteller habe auch ein massives Interesse am Vertragsabschluss, zumal es sich dabei um ein Referenzprojekt handle.

 

Zudem erachte sich der Antragsteller in seinem Recht auf ordnungsgemäße Durchführung des Vergabeverfahrens, auf Erteilung des Zuschlags, auf Einhaltung und Wahrung eines fairen und alle Bieter gleichbehandelnden Wettbewerbes, auf die gesetzmäßige Handhabung iSd BVergG, auf Durchführung einer gesetzmäßigen und ausschreibungskonformen Angebotsprüfung, auf Ausscheidung von Offerten, die nicht den Angebotsbestimmungen entsprechen sowie unter Umständen auf eine ordnungsgemäße Zustellung der Zuschlagsentscheidung als verletzt.

 

Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung verweist der Antragsteller auf seine Ausführungen zum Hauptantrag und führt weiters aus, dass eine unmittelbar drohende Schädigung seiner Interessen vorliege, zumal mit der Zuschlagserteilung an den vermeintlichen Bestbieter eine Ausführung des Werkes und ein Abschluss des Dienstleistungsauftrages betreffend die Planungsarbeiten durch den Antragsteller nicht mehr möglich sei.

Besondere öffentliche Interessen würden im vorliegenden Fall schon deshalb nicht vorliegen, weil sich die Auftraggeberin mit der Bekanntgabe, wer für den Zuschlag in Aussicht genommen würde, ohnehin schon Monate Zeit gelassen habe. Dagegen würde der Zuschlag in seiner jetzigen Form einen erheblichen Schaden für die öffentliche Hand bedeuten, da aus den gezeigten Gründen von der Nichtigkeit des Zuschlags zwingend auszugehen sei und darüber hinaus der für den Zuschlag in Aussicht genommene Bieter den geforderten Nachweis iSd ZTG nicht erbringen könne.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat die Oö. G- und S AG als Auftraggeberin am Nachprüfungsverfahren beteiligt. Mit Schreiben vom 1.12.2005 teilte die Auftraggeberin mit, dass hinsichtlich des Antrages auf einstweilige Verfügung keine Stellungnahme erfolge.

 

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Die Oö. G- und S AG als Rechtsträgerin des Landeskrankenhauses S steht in hundertprozentigem Eigentum des Landes Oberösterreich und ist daher öffentliche Auftraggeberin iSd § 1 Abs.2 Z4 Oö. VNPG. Der Auftragswert der gegenständlichen Ausschreibung überschreitet den Schwellenwert von mindestens 236.000 Euro bei Dienstleistungsaufträgen iSd § 9 Abs.1 Z5 BVergG. Die gegenständliche Vergabe unterliegt daher dem Oö. VNPG; es sind daher die gesetzlichen Bestimmungen für den Oberschwellenbereich anzuwenden.

 

Gemäß § 2 Oö. VNPG obliegt dem unabhängigen Verwaltungssenat die Nachprüfung von Entscheidungen gemäß § 1 Abs.1 leg.cit. Bis zur Zuschlagserteilung ist der unabhängige Verwaltungssenat zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen das Bundesvergabegesetz und die dazu ergangenen Verordnungen zuständig

  1. zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie
  2. zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen des Auftraggebers bzw Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Der gegenständliche Antrag ist rechtzeitig und zulässig.

 

3.2. Gemäß § 11 Oö. VNPG hat, sobald das Nachprüfungsverfahren vor Zuschlagserteilung eingeleitet ist, der unabhängige Verwaltungssenat auf Antrag durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen zu ergreifen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern. Vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung hat der unabhängige Verwaltungssenat die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers bzw der Antragstellerin, der sonstigen Bewerber oder Bieter bzw Bewerberinnen oder Bieterinnen und des Auftraggebers bzw der Auftraggeberin sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist von ihrer Erlassung abzusehen. In einer einstweiligen Verfügung ist die Zeit, für welche die Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Sie tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch, wenn die einstweilige Verfügung ein Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich betrifft, zwei Monate nach Antragstellung oder mit der Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates über den Antrag auf Nichtigerklärung außer Kraft.

 

Bereits zu der vorausgegangenen sinngemäßen Regelung des Bundesvergabegesetzes 1997 führte Bernd Elsner, Vergaberecht, Linde Verlag, auf Seite 86 aus: Die Entscheidung hängt von einer Abwägung der möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers und einem allfälligen besonderen öffentlichen Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens ab. Dabei muss es sich um ein "besonderes" öffentliches Interesse handeln. Es wird nämlich (hoffentlich) bei jeder öffentlichen Auftragsvergabe ein öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens und Vergabe eines Auftrages bestehen. Aber auch daran, dass Vergabeverfahren fehlerfrei ablaufen, besteht öffentliches Interesse. Eine Nichterlassung einstweiliger Verfügungen wird daher nur bei sonstiger Gefahr für Leib und Leben und besonderer Dringlichkeit zulässig sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn besondere Interessen der Daseinsvorsorge gefährdet würden.

 

Art.2 Abs.4 Satz 1 der Rechtsmittelrichtlinie darf nicht fälschlicherweise so ausgelegt werden, dass der vorläufige Rechtsschutz regelmäßig leerläuft. Mit diesem Interesse ist nicht das bei jeder Auftragsvergabe bestehende öffentliche Interesse an der zügigen Abwicklung gemeint.

 

Nach der Beschlusspraxis des EuGH kommt es in der Interessensabwägung maßgeblich darauf an, wer durch sein Verhalten die besondere Dringlichkeit der Auftragsvergabe verursacht hat. Für die öffentlichen Auftraggeber ergibt sich daraus eine echte Obliegenheit zu rechtzeitig geplanten und durchgeführten Beschaffungsvorgängen. Das Rechtsschutzinteresse des diskriminierten Bieters kann insoweit nur vom vorrangigen Schutz überragend wichtiger Rechtsgüter der Allgemeinheit zurückgedrängt werden (vgl. Schenk, Das neue Vergaberecht,
1. Auflage 2001, S. 172f).

 

Auch der Verfassungsgerichtshof hat insbesondere in seiner Entscheidung zu Zl.
B 1369/01 vom 15.10.2001 ein öffentliches Interesse im Hinblick auf das Postulat effizienten Einsatzes öffentlicher Mittel in der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter gesehen, dem die Nachprüfung des Vergabeverfahrens letztlich dienen soll.

 

In Anbetracht der Tatsache, dass es sich bei den gegenständlichen Planungsarbeiten nicht um eine vordringliche Leistungserbringung handelt und zudem zwei Monate zwischen Angebotsöffnung und Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung verstrichen sind, kann daraus geschlossen werden, dass eine Gefährdung von Leib und Leben nicht aktuell ist. Auch trifft die Auftraggeberin im Hinblick auf die Rechtsnatur des Provisorialverfahrens und auf die allgemeine Mitwirkungspflicht der Parteien im Verwaltungsverfahren die Behauptungslast betreffend die gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen. Die Auftraggeberin hat aber konkrete mit der Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung drohende Nachteile nicht dargelegt, sodass davon auszugehen ist, dass die nachteiligen Folgen des vorläufigen Zuschlagsverbotes nicht überwiegen und daher dem Antrag stattzugeben ist (vgl. BVA 1.12.2000, N-56/00-9). Es hat daher der Antragsteller glaubwürdig und denkmöglich dargelegt, dass ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit der Entgang des Auftrages droht, sohin ein Schaden, der nur durch die vorläufige Untersagung der Zuschlagserteilung abgewendet werden kann.

Abgesehen von dem vorausgesetzten öffentlichen Interesse an der Vergabe des gegenständlichen Auftrages ist aber ein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens weder durch die Auftraggeberin vorgebracht worden noch dem Oö. Verwaltungssenat zur Kenntnis gelangt. Vielmehr ist bei der Interessensabwägung iSd Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu berücksichtigen, dass der Auftraggeber ein Interesse an der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebotes, also an einem rechtmäßigen Vergabeverfahren haben muss. Es ist daher zu berücksichtigen, dass bei rechtmäßiger Ermittlung des günstigsten Angebotes unter Umständen die Auftraggeberin eine Kostenersparnis erwarten würde, die den aus der Verfahrensverzögerung allenfalls auftretenden Kosten entgegenzuhalten ist bzw diese Kosten aufheben würde. Darüber hinaus ist auf die Rechtsprechung der Vergabekontrollinstanzen, dass ein öffentlicher Auftraggeber bei der Erstellung des Zeitplanes für eine Auftragsvergabe die Möglichkeit von Nachprüfungsverfahren und die damit einhergehende Verzögerung ins Kalkül zu ziehen hat, zu verweisen. Dass sich durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung eine Verzögerung der Bedarfsdeckung und ein organisatorischer und finanzieller Mehraufwand ergeben kann, liegt in der Natur der Sache. Da kein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an einem möglichst raschen Vertragsabschluss geltend gemacht wurde und auch nicht auf der Hand liegt, war dem Antrag stattzugeben.

 

Die im Vorbringen des Antragstellers behaupteten Rechtswidrigkeiten sind zumindest denkmöglich. Eine Überprüfung, ob die behaupteten Rechtswidrigkeiten auch tatsächlich vorliegen, war im Rahmen des Provisorialverfahrens nicht durchzuführen.

 

Die Dauer der Aussetzung der Zuschlagserteilung ergibt sich aus § 11 Abs.5
Oö. VNPG.

 

Die einstweilige Verfügung ist gemäß § 11 Abs.6 Oö. VNPG sofort vollstreckbar.

 

4. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Klempt

 

 

 

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