Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550277/4/Wim/Rd/RSt

Linz, 07.06.2006

 

 

 

VwSen-550277/4/Wim/Rd/RSt Linz, am 7. Juni 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 10. Kammer (Vorsitzende: Dr. llse Klempt, Berichter: Dr. Leopold Wimmer, Beisitzer: Mag. Thomas Kühberger) über den Antrag der G. Ö. GmbH, vertreten durch D. S. Rechtsanwälte GmbH, A-T, D. C. S., 12 W. vom 1. Juni 2006 auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Vergabeverfahren der Oö. G u S AG betreffend "Versorgung der gespag-Häuser mit Einkammer-, Zweikammer und biventrikulären Schrittmachern sowie Einkammer-, Zweikammer- und biventrikulären Defibrillatoren" zu Recht erkannt:

 

Dem Antrag wird stattgegeben und der Auftraggeberin Oö. G u S AG die Angebotsöffnung bis zur Entscheidung in diesem Nachprüfungsverfahren, längstens aber bis 1. August 2006, untersagt.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 1, 2, 3 und 11 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz - Oö. VNPG, LGBl. Nr. 153/2002.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingabe vom 30.5.2006, beim Oö. Verwaltungssenat eingelangt am 1.6.2006, wurde von der G. Ö. GmbH (im Folgenden Antragstellerin) der Antrag auf Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens und Nichtigerklärung der Aufforderung zur Angebotsabgabe (Angebotsunterlage), Nichtigerklärung der sonstigen Festlegungen (Klarstellungen) vom 23.5.2006 während der Angebotsfrist sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Öffnung der Angebote, längstens aber für die Dauer von zwei Monaten nach Antragstellung, zu untersagen, gestellt. Zudem wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren begehrt.

 

Begründend wurde hiezu ausgeführt, dass die Auftraggeberin das gegenständliche Vergabeverfahren als Verhandlungsverfahren am 7.4.2006 im Supplement S zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften EU-weit sowie in der Amtlichen Linzer Zeitung bekannt gegeben habe. Tag der Absendung der EU-weiten Bekanntmachung sei der 28.3.2006 gewesen und sei als Schlusstermin für den Eingang der Teilnahmeanträge der 28.4.2006, 10.45 Uhr festgelegt worden. In der EU-weiten Bekanntmachung sei die Oö. G u S AG, Landeskrankenhaus als Auftraggeber bekannt gegeben worden.

Der gegenständliche Auftrag sei laut Bekanntmachung als Verhandlungsverfahren zur Vergabe eines Lieferauftrages im Oberschwellenbereich ausgeschrieben worden. Ein geschätzter Auftragswert sei nicht angegeben worden. Laut Punkt VI.3) der EU-weiten Bekanntmachung werde ein Rahmenvertrag ausgeschrieben. Anhaltspunkte für die Vergabe als Rahmenvereinbarung würden sich in der EU-weiten Bekanntmachung nicht finden. Hingegen werde der Auftrag nach der Bekanntmachung in der Amtlichen Linzer Zeitung als "Rahmenvereinbarung mit höchstens 3 Parteien vergeben".

 

Die Antragstellerin habe innerhalb der gesetzten Frist einen Teilnahmeantrag abgegeben und sei von der vergebenden Stelle mit Schreiben vom 11.5.2006, eingelangt am 16.5.2006, zur Angebotslegung eingeladen worden. Gleichzeitig mit der Einladung zur Angebotslegung habe die Auftraggeberin der Antragstellerin die Angebotsunterlage (AU) übermittelt. Als Schlusstermin für den Eingang der Angebote sei in Punkt 1.3.2. der AU der 1.6.2006, 11.00 Uhr, festgelegt worden.

Die Antragstellerin habe am 17.5.2006 ein E-Mail an die vergebende Stelle gerichtet, mit dem sie eine Reihe von Fragen zur AU gestellt habe. Die gestellten Fragen seien mit E-Mail vom 19.5.2006 beantwortet und die AU in einigen Punkten korrigiert worden.

 

Die gegebenen Antworten hätten die Bedenken der Antragstellerin zur AU jedoch nicht ausräumen könne, weshalb mit Schreiben vom 22.5.2006 mitgeteilt worden sei, welche Festlegungen in der AU nach Ansicht der Antragstellerin vergabewidrig seien. Seitens der Antragstellerin sei ersucht worden, diese Mängel bis zum 24.5.2006, 10.00 Uhr zu beheben bzw zumindest den Schlusstermin für die Legung der Angebote auf den 20.6.2006 zu verschieben. Die vergebende Stelle sei diesem Ersuchen mit E-Mail vom 23.5.2006 nachgekommen, in dem sie eine Reihe von Klarstellungen zur AU vorgenommen und die Angebotsfrist auf den 6.6.2006 erstreckt habe.

Aufgrund der noch vorhandenen Unklarheiten habe die Antragstellerin am 29.5.2006 um weitere Präzisierung der AU ersucht. Diesem Ersuchen sei nicht nachgekommen worden.

Zur Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates und hinsichtlich der Zulässigkeit des Nachprüfungsantrages bringt die Antragstellerin vor, dass die Auftraggeberin zu 100 % im Eigentum des Landes stehe und daher öffentlicher Auftraggeber iSd § 1 Abs.2 Oö. VNPG sei.

Angefochten werde die gesondert anfechtbare rechtswidrige Aufforderung zur Angebotsabgabe sowie die sonstige Festlegung während der Angebotsfrist vom 23.5.2006.

Der Antrag sei rechtzeitig eingebracht worden, zumal die Aufforderung zur Angebotslegung samt AU der Antragstellerin am 16.5.2006 zugegangen sei. Ein gegen diese Entscheidung gerichteter Nachprüfungsantrag sei gemäß Punkt 3 des Teils I der Anlage zum Oö. VNPG binnen 14 Tagen ab Zugang der Aufforderung, also spätestens am 30.5.2006 einzubringen.

Im Hinblick auf die - als sonstige Festlegung des Auftraggebers während der Angebotsfrist zu qualifizierende - Klarstellung sei festzuhalten, dass diese der Antragstellerin am 23.5.2006 zugegangen sei. Ein gegen diese Entscheidung gerichteter Nachprüfungsantrag sei also spätestens am 6.6.2006 einzubringen.

Der Nachprüfungsantrag wurde am 30.5.2006 - somit zeitgerecht - eingebracht. Auch sei die Auftraggeberin sowie die vergebende Stelle von der beabsichtigten Einbringung eines Nachprüfungsantrages verständigt und die Gebühren entrichtet worden.

 

Zum Schaden führt die Antragstellerin aus, dass ihr aufgrund der bisherigen Beteiligung am gegenständlichen Verfahren Kosten in Höhe von ca. 4.228 Euro erwachsen seien. Für den Fall, dass die gerügten Rechtswidrigkeiten in der AU nicht behoben werden, sei die Antragstellerin nicht in der Lage, ein seriös kalkuliertes und konkurrenzfähiges Angebot zu erstellen. Bestandteil des Schadens seien darüber hinaus die Kosten der rechtsfreundlichen Vertretung im Nachprüfungsverfahren in Höhe von ca. 4.000 Euro; auch würde ein wichtiges Referenzprojekt verloren gehen. Die Antragstellerin habe ihr Interesse an der Teilnahme des gegenständlichen Vergabeverfahrens und damit am Vertragsabschluss durch das Stellen eines Teilnahmeantrages sowie mit ihren Schreiben, in denen auf die in der AU enthaltenen Rechtswidrigkeiten hingewiesen wurde, dargelegt. Die Rechte der Antragstellerin können daher nur durch den vorliegenden Akt gewahrt werden.

Zudem erachte sich die Antragstellerin in ihrem Recht auf ordnungsgemäße Durchführung des Vergabeverfahrens, insbesondere in ihrem Recht auf Festlegung konkreter Zuschlagskriterien, die von allen durchschnittlich fachkundigen Bietern bei der üblichen Sorgfalt in gleicher Weise ausgelegt werden können und auf eine eindeutige und vollständige Leistungsbeschreibung verletzt.

 

Bezüglich der Rechtswidrigkeiten verweist die Antragstellerin eingangs darauf, dass die Vergabe einer Rahmenvereinbarung im Oberschwellenbereich im Bereich der Vollziehung der Länder noch bis zum 31.12.2006 unzulässig sei.

Weiters wird ausgeführt, dass gemäß § 80 Abs.3 BVergG der Auftraggeber in der Bekanntmachung oder in den AU alle Zuschlagskriterien, deren Verwendung er vorsieht, im Verhältnis der ihnen zuerkannten Bedeutung anzugeben habe. Diese Zuschlagskriterien seien so zu konkretisieren, dass alle durchschnittlich fachkundigen Bieter sie bei der üblichen Sorgfalt in gleicher Weise auslegen können. Diese Verpflichtung würde sich auch auf allfällige Sub-Zuschlagskriterien erstrecken; diese seien samt deren Reihung und Gewichtung in der gleichen Weise wie die Oberkriterien bekannt zu geben. Eine Reihe der in der AU festgelegten Zuschlagskriterien entspreche nicht der vergaberechtlichen Konkretisierungspflicht.

So entspreche das Zuschlagskriterium "Laufzeitgarantie bei optimalen Bedingungen" (Subkriterium des Zuschlagskriteriums 2 "Gestellte System-Anforderungen") nicht dieser Anforderung, da es für die anzubietenden Premiumprodukte, die typischerweise nicht länger als zwei Jahre am Markt befindlich seien, über den geforderten Zeitraum von 8 Jahren keine Praxiswerte geben könne. Des Weiteren sei nicht festgelegt, unter welchen Umständen die Laufzeitgarantie gelten bzw berechnet werden solle. Zudem sei für die Auftraggeberin bei der Auftragsabwicklung nicht überprüfbar, ob die von den Bietern in den Angeboten angegebenen Werte auch eingehalten werden. Ein Zuschlagskriterium, mit dem im Vergabeverfahren ein nicht nachvollziehbarer Angebotsinhalt bewertet werden soll, sei jedoch vergaberechtlich unzulässig.

Die Problematik der Unüberprüfbarkeit dieses Kriteriums sei auch nicht durch die Klarstellung vom 23.5.2006 behoben worden.

Auch sei das auf Seite 13 der AU beschriebene Zuschlagskriterium "Rückholaktionen innerhalb der letzten 3 Jahre" (Subkriterium des Zuschlagskriteriums 3 "Nachweise, Daten, Dokumentation und Aktionen") zu unbestimmt, da nicht festgelegt sei, was der Auftraggeber unter einer "Rückholaktion" verstehe. Darunter könne die Reklamation einzelner Produkte, aber auch die Zurückziehung aller Exemplare eines bestimmten Modells zu verstehen sein. Es bleibe daher völlig der Auftraggeberin überlassen, ob und in welchem Ausmaß sie derartige Formen von "Rückholaktionen" in die Angebotsbewertung einfließen lässt.

Die Auftraggeberin habe in ihrer Klarstellung vom 23.5.2006 präzisiert, was sie unter "Rückholaktion" verstehe; unklar bleibe jedoch weiterhin, in welchem Ausmaß einzelne Rückholaktionen bzw die betroffenen Chargengrößen/Stückzahlen in die Bewertung einfließen. Der Auftraggeberin bleibe damit ein großer Spielraum für eine willkürliche Bewertung.

Schließlich sei auch das für den erneuten Aufruf zum Wettbewerb vorgesehene Zuschlagskriterium "Erfahrungen des Auftraggebers im vorangegangenen Vertragsjahr" vergabewidrig. Eine dermaßen unkonkrete Umschreibung ermögliche es der Auftraggeberin, die Angebote beim erneuten Aufruf zum Wettbewerb in einer Weise zu bewerten, die nicht nachvollziehbar sei.

Die Antragstellerin vermute, dass die Bewertung offenbar anhand von Sub-Zuschlagskriterien erfolgen solle, die den Bietern nicht vollständig offen gelegt werden und deren Gewichtung den Bietern verborgen bleibe. Ein solches Zuschlagskriterium sei nach der ständigen Judikatur der Vergabekontrollbehörden rechtswidrig.

 

Abschließend werde festgehalten, dass das Zuschlagssystem in seiner Gesamtheit von der Auftraggeberin ausgesprochen intransparent und schwer nachvollziehbar gestaltet worden sei. Dies sei im Hinblick auf das vergaberechtliche Transparenzgebot bedenklich und beeinträchtige die Nachvollziehbarkeit der Bestbieterermittlung. Es werde einem Bieter praktisch unmöglich gemacht festzustellen, wie er sein Angebot gestalten muss, um eine optimale Bewertung zu erhalten.

Die unbestimmte Festlegung der Zuschlagskriterien belaste das gesamte Vergabeverfahren mit Rechtswidrigkeit, da sie eine willkürliche Bewertung der Angebote zur Folge habe. Die Rechtsfolgen der Verstöße seien so gravierend, dass die Nachvollziehbarkeit der Bestbieterermittlung nicht gegeben sein kann, was eine vergaberechtskonforme Bestbieterermittlung unmöglich mache.

 

Im Übrigen liege auch eine mangelnde Vergleichbarkeit der Angebote vor. Dies deshalb, da die Festlegungen im Konsignationslagervertrag nicht ausreichend detailliert seien, da keine Mindestlieferzeiten definiert seien. Die Bieter können daher in ihren Erstangeboten von Lieferfristen von wenigen Tagen bis zu mehreren Wochen ausgehen.

In der Klarstellung hiezu führte die Auftraggeberin aus, dass sie grundsätzlich davon ausgehe, dass bei einer Bestellung bis 14 Uhr (vom Montag bis Donnerstag) die Waren innerhalb von 24 Stunden geliefert werden. Letztendlich hänge die notwendige Lieferzeit aber von der unternehmensspezifischen Konzeption des Konsignationslagers ab, die bereits im Rahmen des Teilnahmeantrages darzustellen gewesen sei. Durch diese Klarstellung sei für die Vergleichbarkeit der Angebote nichts gewonnen.

Auch seien die Produktgruppen in den AU nicht definiert. Insbesondere sei unklar, was unter "Premiumqualität" zu verstehen sei. Nach der derzeitigen Marktlage sei davon auszugehen, dass der Mitbewerb über keine Produkte verfüge, die den Produkten der Antragstellerin im Premiumsegment entsprechen. Für eine objektive Angebotsbewertung sei es aber erforderlich, dass in den AU Kriterien festgelegt sind, anhand der jeder Bieter seine Produkte in die Produktgruppen einordnen könne. Auch sei nicht festgelegt, ob Bieter, die in einer Produktgruppe mehrere Produkte anbieten können, diese auch parallel anbieten dürfen.

In der Klarstellung vom 23.5.2006 seien hiezu keine klaren Festlegungen getroffen worden.

Mangels verbindlicher Festlegung, welche Merkmale/Features ein Produkt erfüllen müsse, um als innovativstes Produkt zu gelten bzw welche Anforderungen ein Standardmodell erfüllen müsse, beeinträchtigen auch diese Vorgaben die Vergleichbarkeit der Angebote.

Die aufgezeigten Mängel würden zur Folge haben, dass die auf Basis dieser AU gelegten Angebote nicht vergleichbar seien, was eine objektive Bestbieterermittlung unmöglich mache.

 

Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung führt die Antragstellerin aus, dass diese zwingend erforderlich sei, da die Auftraggeberin durch Zuschlagserteilung unumkehrbare Tatsachen schaffe, die von der Antragstellerin mit den Mitteln des BVergG nicht mehr beseitigt werden könne.

Die Angebotsöffnung sei im Vergabeverfahren ein zentraler Vorgang. Nur Angebote, die bis zur Angebotsöffnung beim Auftraggeber einlangen und geöffnet werden, können für die Zuschlagsentscheidung überhaupt in Betracht kommen. Verspätet eingelangte Angebote seien auszuscheiden. Die Öffnung der Angebote solle unmittelbar nach dem Ablauf der Angebotsfrist am 6.6.2006 stattfinden.

 

Das Interesse der Antragstellerin auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gründe sich darauf, dass nach der Öffnung der Angebote die Antragstellerin kein auf der Basis einer rechtskonformen AU erstelltes Angebot mehr legen könne; dies obwohl das gegenständliche Vergabeverfahren mit gravierenden Mängeln behaftet sei. Im Falle der Abweisung des Antrages wäre die Antragstellerin zur Durchsetzung ihrer Ansprüche auf den ordentlichen Rechtsweg verwiesen. Diese Alternative widerstreite dem Interesse der Antragstellerin an einer raschen Bereinigung des gegenständlichen Rechtsstreits.

 

Im gegenständlichen Fall würde das Interesse der Antragstellerin bei weitem gegenüber allfälligen nachteiligen Folgen einer derartigen Maßnahme für die Auftraggeberin überwiegen.

Es seien auch keine besonderen Interessen der Auftraggeberin ersichtlich, die gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechen würden. Besondere öffentliche Interessen, die gegen die Erlassung sprechen würden, seien ebenfalls nicht ersichtlich.

Im Übrigen stelle die Unterlassung der Angebotsöffnung als gelindeste noch zum Ziel führende Maßnahme dar und sei auch nicht überschießend, da einerseits die Interessen der Antragstellerin ausschließlich durch die Öffnung der Angebote geschädigt werden können und andererseits die Auftraggeberin die volle Dispositionsfreiheit über alle übrigen Entscheidungen des Vergabeverfahrens behalten würde.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat die Oö. G u S AG als Auftraggeberin am Nachprüfungsverfahren beteiligt. Von der Auftraggeberin erging mit 6.6.2006 eine Stellungnahme hinsichtlich des Hauptantrages; Ausführungen bezüglich der Erlassung einstweiligen Verfügung wurden jedoch nicht getroffen, sodass davon ausgegangen werden kann, dass keine Einwände gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung vorliegen.

 

3. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Die Oö. G u S AG als Rechtsträgerin der Landeskrankenhäuser steht in hundertprozentigem Eigentum des Landes Oberösterreich und ist daher öffentliche Auftraggeberin iSd § 1 Abs.2 Z4 Oö. VNPG.

Den von der Auftraggeberin den potentiellen Bietern zur Verfügung gestellten Ausschreibungsunterlagen ist zu entnehmen, dass das Vergabeverfahren betreffend "Versorgung der gespag-Häuser mit Einkammer-, Zweikammer- und biventrikulären Herzschrittmachern sowie Einkammer-, Zweikammer- und biventrikulären Defibrillatoren" im Oberschwellenbereich ausgeschrieben wurde, weshalb die Bestimmungen für den Oberschwellenbereich anzuwenden sind. Unter Zugrundelegung der RL 2004/18/EG vom 31.3.2004 sowie der Rechtsmittelrichtlinie und des Art.14b Abs.3 B-VG unterliegt die gegenständliche Vergabe unter Nichtbeachtung der Zitierung des BVergG 2002 auch weiterhin dem Oö. VNPG.

 

Gemäß § 2 Oö. VNPG obliegt dem Unabhängigen Verwaltungssenat die Nachprüfung von Entscheidungen gemäß § 1 Abs.1 leg.cit. Bis zur Zuschlagserteilung ist der unabhängige Verwaltungssenat zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen das Bundesvergabegesetz und die dazu ergangenen Verordnungen zuständig

  1. zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie
  2. zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen des Auftraggebers bzw Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

Der gegenständliche Antrag ist rechtzeitig und zulässig.

 

3.2. Gemäß § 11 Oö. VNPG hat, sobald das Nachprüfungsverfahren vor Zuschlagserteilung eingeleitet ist, der Unabhängige Verwaltungssenat auf Antrag durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen zu ergreifen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern. Vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung hat der Unabhängige Verwaltungssenat die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers bzw der Antragstellerin, der sonstigen Bewerber oder Bieter bzw Bewerberinnen oder Bieterinnen und des Auftraggebers bzw der Auftraggeberin sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist von ihrer Erlassung abzusehen. In einer einstweiligen Verfügung ist die Zeit, für welche die Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Sie tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch, wenn die einstweilige Verfügung ein Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich betrifft, zwei Monate nach Antragstellung oder mit der Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates über den Antrag auf Nichtigerklärung außer Kraft.

 

Bereits zu der vorausgegangenen sinngemäßen Regelung des Bundesvergabegesetzes 1997 führte Bernd Elsner, Vergaberecht, Linde Verlag, auf Seite 86 aus: Die Entscheidung hängt von einer Abwägung der möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers und einem allfälligen besonderen öffentlichen Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens ab. Dabei muss es sich um ein "besonderes" öffentliches Interesse handeln. Es wird nämlich (hoffentlich) bei jeder öffentlichen Auftragsvergabe ein öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens und Vergabe eines Auftrages bestehen. Aber auch daran, dass Vergabeverfahren fehlerfrei ablaufen, besteht öffentliches Interesse. Eine Nichterlassung einstweiliger Verfügungen wird daher nur bei sonstiger Gefahr für Leib und Leben und besonderer Dringlichkeit zulässig sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn besondere Interessen der Daseinsvorsorge gefährdet würden.

 

Art.2 Abs.4 Satz 1 der Rechtsmittelrichtlinie darf nicht fälschlicherweise so ausgelegt werden, dass der vorläufige Rechtsschutz regelmäßig leer läuft. Mit diesem Interesse ist nicht das bei jeder Auftragsvergabe bestehende öffentliche Interesse an der zügigen Abwicklung gemeint.

 

Nach der Beschlusspraxis des EuGH kommt es in der Interessensabwägung maßgeblich darauf an, wer durch sein Verhalten die besondere Dringlichkeit der Auftragsvergabe verursacht hat. Für die öffentlichen Auftraggeber ergibt sich daraus eine echte Obliegenheit zu rechtzeitig geplanten und durchgeführten Beschaffungsvorgängen. Das Rechtsschutzinteresse des diskriminierten Bieters kann insoweit nur vom vorrangigen Schutz überragend wichtiger Rechtsgüter der Allgemeinheit zurückgedrängt werden (vgl. Schenk, Das neue Vergaberecht, 1. Auflage 2001, S. 172f).

 

Auch der Verfassungsgerichtshof hat insbesondere in seiner Entscheidung zu Zl. B 1369/01 vom 15.10.2001 ein öffentliches Interesse im Hinblick auf das Postulat effizienten Einsatzes öffentlicher Mittel in der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter gesehen, dem die Nachprüfung des Vergabeverfahrens letztlich dienen soll.

 

In Anbetracht der Tatsache, dass es sich beim gegenständlichen Vorhaben nicht um eine vordringliche Leistungserbringung handelt, zumal seitens der Auftraggeberin kein beschleunigtes Verfahren für die Beschaffung der Geräte gewählt wurde, kann daraus geschlossen werden, dass eine Gefährdung von Leib und Leben nicht aktuell ist.

 

Auch trifft die Auftraggeberin im Hinblick auf die Rechtsnatur des Provisorialverfahrens und auf die allgemeine Mitwirkungspflicht der Parteien im Verwaltungsverfahren die Behauptungslast betreffend die gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen. Die Auftraggeberin hat aber konkret mit der Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung drohende Nachteile nicht dargelegt, sodass davon auszugehen ist, dass die nachteiligen Folgen der vorläufigen Untersagung der Angebotsöffnung nicht überwiegen und daher dem Antrag stattzugeben ist (vgl. BVA 1.12.2000, N-56/00-9). Es hat daher die Antragstellerin glaubwürdig und denkmöglich dargelegt, dass ihr durch die behauptete Rechtswidrigkeit eine Angebotslegung unmöglich wäre und daher der Entgang des Auftrages droht, sohin ein Schaden, der nur durch die vorläufige Untersagung der Angebotsöffnung abgewendet werden kann. Eine Fortsetzung des Vergabeverfahrens würde hingegen nicht nur die Antragstellerin, sondern auch allen übrigen Bewerbern/Bewerberinnen irreversible Nachteile bringen, insbesondere bei der beantragten Nichtigerklärung, die zwangsläufig zum Widerruf und zur Neuausschreibung des Vergabeverfahrens führen muss. Durch die Offenlegung bei der Angebotseröffnung wären erhebliche Nachteile für sämtliche teilnehmenden Bewerber/Bewerberinnen im neuen Vergabeverfahren verbunden. Bei Ablauf der Angebotsfrist könnte von der Antragstellerin kein zulässiges Angebot mehr gelegt werden.

 

Abgesehen von dem vorausgesetzten öffentlichen Interesse an der Vergabe des gegenständlichen Auftrages ist aber ein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens weder durch die Auftraggeberin vorgebracht worden noch dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Kenntnis gelangt. Vielmehr ist bei der Interessensabwägung iSd Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu berücksichtigen, dass der Auftraggeber ein Interesse an der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebotes, also an einem rechtmäßigen Vergabeverfahren haben muss. Es ist daher zu berücksichtigen, dass bei rechtmäßiger Ermittlung des günstigsten Angebotes unter Umständen die Auftraggeberin eine Kostenersparnis erwarten würde, die den aus der Verfahrensverzögerung allenfalls auftretenden Kosten entgegenzuhalten ist bzw. diese Kosten aufheben würde. Darüber hinaus ist auf die Rechtsprechung der Vergabekontrollinstanzen, dass ein öffentlicher Auftraggeber bei der Erstellung des Zeitplanes für eine Auftragsvergabe die Möglichkeit von Nachprüfungsverfahren und die damit einhergehende Verzögerung ins Kalkül zu ziehen hat, zu verweisen. Dass sich durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung eine Verzögerung der Bedarfsdeckung und ein organisatorischer und finanzieller Mehraufwand ergeben können, liegt in der Natur der Sache. Da kein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an einer möglichst raschen Fortführung des Vergabeverfahrens geltend gemacht wurde und auch nicht auf der Hand liegt, war dem Antrag stattzugeben. Dabei wurde nach Interessensabwägung die beantragte Anordnung getroffen.

Die im Vorbringen der Antragstellerin behaupteten Rechtswidrigkeiten sind zumindest denkmöglich. Eine Überprüfung, ob die behaupteten Rechtswidrigkeiten auch tatsächlich vorliegen, war im Rahmen des Provisorialverfahrens nicht durchzuführen.

 

Die Dauer der Untersagung der Angebotsöffnung ergibt sich aus § 11 Abs.5
Oö. VNPG.

 

Die einstweilige Verfügung ist gemäß § 11 Abs.6 Oö. VNPG sofort vollstreckbar.

4. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Klempt

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