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VwSen-550278/4/Kl/Pe

Linz, 14.06.2006

 

 

 

VwSen-550278/4/Kl/Pe Linz, am 14. Juni 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über den Antrag der M R GmbH, vertreten durch Rechtsanwälte H E & P, vom 6.6.2006 auf Nachprüfung der Zuschlagsentscheidung im Vergabeverfahren der Marktgemeinde B Z betreffend "Neubau Kindergarten B Z" zu Recht erkannt:

 

I. Der Nachprüfungsantrag wird als unzulässig zurückgewiesen.

 

II. Der Antrag auf Zuspruch des Kostenersatzes wird abgewiesen.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 6 Abs.2 Z2 und § 9 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz - Oö. VNPG, LGBl. Nr. 153/2002.

zu II.: § 18 Abs.4 Oö. VNPG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingabe vom 6.6.2006 wurde von der M R GmbH (im Folgenden: Antragstellerin) der Antrag auf Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens und Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, längstens aber für die Dauer von einem Monat nach Antragstellung, zu untersagen, gestellt. Darüber hinaus wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühr begehrt.

 

Begründend wurde hiezu dargelegt, dass sich die Antragstellerin an dem durch die Marktgemeinde B Z ausgeschriebenen offenen Vergabeverfahren "Neubau Kindergarten B Z" beteiligt habe. Mit Schreiben vom 12.4.2006 sei die Antragstellerin eingeladen worden, ein "unverbindliches" Angebot zu legen. Als Ausschreibungsunterlage sei ein standardisiertes Leistungsverzeichnis verwendet worden. An der Ausschreibung haben die S-M GesmbH und die Antragstellerin teilgenommen. Von der Antragstellerin sei am 24.4.2006 fristgerecht ein firmenmäßig gefertigtes Angebot zum Preis von 91.840 Euro (zuzüglich 20 % USt) eingereicht worden. Die Angebotsöffnung habe am 26.4.2006 stattgefunden.

 

In der technischen Beschreibung der Angebotsbedingungen sei u.a. Nachfolgendes gefordert worden:

70.00 Z:

"Allgemeines: der Bieter muss ein Angebot gem. Abschnitt 3 der Ö-Norm A2050 erstellen. Ein Angebot gilt nur dann als ausschreibungsgemäß, wenn es auf den Vordrucken des Ausschreibers erstellt wurde. .... Das Angebot ist auch an die vorgeschriebene Materialart gebunden. Jedes anders erstellte Angebot wird nach Abschnitt 3 Punkt 5 der Ö-Norm A2050 ausgeschieden". Auf Seite 2 finde sich: "Das Angebot Kindergarten ist auch an die vorgeschriebene Holzart Birke gebunden. Jedes anders erstellte Angebot wird nach Abschnitt 4.5. der Ö-Norm 2050 ausgeschieden".

Damit sei ausdrücklich die Holzart Birke vorgeschrieben, und zwar als Mussmerkmal mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass jedes anders erstellte Angebot ausgeschieden werde.

Weiters werde unter "Ausführung der Kanten" gefordert, dass Seiten, Böden und sichtbare Fächer mit 10 mm starken halbrund gefrästen Massivholzanleimern versehen sein, die Kanten der Türen und der innenliegenden Fächer 5 mm stark ausgeführt sein müssen. Bei der "Ausführung der Kindersessel" sei gefordert worden, dass diese dicht verschraubt sein müssen. Bei "Holzverbindungen" sei gefordert worden, dass grundsätzlich alle Massivholzverbindungen, mit Schlitz- und Zapfen, Hartholzverdübelung, Gradleisten, Nut- und Feder, Fingerzinken und Einnuten zu verwenden sind. Es dürfen keine Metallverbindungen oder Hilfen verwendet werden. Bei den "Beschlägen" sind die Griffe einzulassen.

 

In den Allgemeinen Vorbemerkungen der Ausschreibungsunterlage sei Punkt 00.0528 Z darauf hingewiesen worden, dass die Auftraggeberin zum Nachweis der Befugnis und Leistungsfähigkeit des Bieters unter anderem Muster der zu liefernden Erzeugnisse verlangen könne.

Dementsprechend sei von der ausschreibenden Stelle der Antragstellerin per Telefax vom 28.4.2006 mitgeteilt worden, dass am 10.5.2006 eine Bemusterung der angebotenen Möbel vor einer Kommission stattfinden werde und sei dazu u.a. gefordert worden, dass für die Beurteilung lt. technischen Vorbemerkungen der Ausschreibung der Holzbau, die Kantenausführung, Beschläge, Sockel, Laden und Ausführung der Garderobenroste ersichtlich sein müssen.

Von der Antragstellerin seien die zur Bemusterung geforderten Möbel zur Ansicht gebracht worden.

Von der S-M GmbH sei hingegen zu Pos. 70.0001M Z (Sessel) ein geschraubter Kindersessel aus Buchenholz sowie zu Pos. 70.0002U Z (Türenschrank) ein Türschrank ohne die geforderten halbrund gefrästen Massivholzanleimer beigebracht worden.

 

Es sei marktbekannt, dass die S-M GmbH keine Referenzobjekte in Birkenholz je gefertigt und vorgewiesen habe. Es sei daher der Aufforderung der Auftraggeberin nach Bemusterung in der gewünschten Holzart Birke seitens der S-M GmbH nicht nachgekommen worden und sei daher ein Sessel in Buche bemustert worden.

Zudem sei die S-M GmbH nicht auf die Fertigung von kindersicheren Vollholzmöbeln mit Massivholzverbindungen spezialisiert, weshalb sie entgegen den ausdrücklichen Ausschreibungsbedingungen den Kindersessel nur mit einer Metallverschraubung bemustern konnte. Schließlich habe der bemusterte Kasten auch nicht die geforderten halbrund gefrästen Massivholzanleimer an den Kanten, sondern nur eine offene Sperrholzplattenkante, an der die einzelnen Holzschichten sichtbar sind, aufgewiesen. Auch seien die Griffe nicht wie gefordert "eingelassen" sondern herausstehend gewesen, welcher Umstand die Verletzungsgefahr bei Kindern erhöhe.

 

Am 24.5.2006 habe die ausschreibende Stelle die Zuschlagsentscheidung bekannt gegeben. Demnach werde die Zuschlagserteilung nach Ablauf der Stillhaltefrist (7.6.2006) an ein anderes Unternehmen als Bestbieter erfolgen.

 

In der Ausschreibung sei mehrfach darauf hingewiesen worden, dass das Angebot an die vorgeschriebene Materialart Birke gebunden sei und jedes andere Angebot den Bestimmungen der ÖNORM A2050 ausgeschieden werde. Das von der S-M GmbH gelegte Angebot entspreche nicht der Ausschreibung und hätte ausgeschieden werden und hätte die Zuschlagsentscheidung zugunsten der Antragstellerin ausfallen müssen.

 

Die Antragstellerin erachte sich in ihrem Recht auf Einhaltung der Vergabevorschriften, insbesondere auf Ausscheidung der S-M GmbH vom Vergabeverfahren und Zuschlag des Auftrages verletzt.

 

Zum Interesse der Antragstellerin und zum drohenden Schaden wurde vorgebracht, dass sich die Antragstellerin neben der S-M GmbH am Vergabeverfahren beteiligt habe. Es seien zwei Angebote vorgelegen, von denen jenes der S-M GmbH auszuscheiden gewesen wäre.

Der unmittelbare Schaden, der der Antragstellerin durch die Verletzung des BVergG drohe, sei der Verlust der Möglichkeit den Zuschlag zu erhalten. Dies insbesondere aufgrund der von der Antragstellerin auf das gegenständliche Vergabeverfahren hin gemachten finanziellen und betrieblichen Dispositionen und die damit verbundenen Kosten.

Hätte die Auftraggeberin die gesetzlichen Vergabebestimmung eingehalten, wäre die S-M GmbH auszuscheiden gewesen und hätte die Antragstellerin als Best- und Billigstbieter den Zuschlag erhalten müssen.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat die Marktgemeinde B Z als Auftraggeberin am Nachprüfungsverfahren beteiligt. Mit Stellungnahme vom 12.6.2006 wird darauf hingewiesen, dass das verfahrensgegenständliche Vergabeverfahren im nicht offenen Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung im Unterschwellenbereich abgewickelt wurde.

 

Gemäß § 345 BVergG 2006 ist auf das Vergabeverfahren das BVergG 2006 bereits anzuwenden, weil die Einleitung desselben nach dem 1.2.2006 erfolgte.

 

Gemäß § 132 Abs.1 BVergG 2006 beträgt die Stillhaltefrist im Unterschwellenbereich generell sieben Tage. Diese Stillhaltefirst korrespondiert mit der Rechtsmittelfrist für Vergabenachprüfungsanträge vor Zuschlagserteilung. Auch die Bestimmungen des Oö. VNPG führen zu keinem anderen Ergebnis, weil der Verweis auf § 100 Abs.2 BVergG 2002 ebenfalls eine Stillhaltefrist von sieben Tagen im nicht offenen Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung im Unterschwellenbereich ergibt. Es hätte daher der gegenständliche Vergabenachprüfungsantrag binnen sieben Tagen ab der Zuschlagsentscheidung vom 24.5.2006 beim Oö. Verwaltungssenat eingebracht werden müssen. Der Antrag ist sohin verfristet und zurückzuweisen.

 

In der Sache selbst wird darauf hingewiesen, dass fristgerecht zwei Angebote vorgelegt wurden und gemäß § 100 BVergG 2006 das Billigstbieterprinzip anzuwenden ist. Das Angebot der Antragstellerin wäre aber zwingend auszuscheiden gewesen, zumal eine falsche Werkstoffqualität angeboten wurde und, daher ein ausschreibungswidriges Angebot vorlag. Auch wurden bei den anzubietenden Elektrogeräten nicht die vorgegebenen Leitprodukte verwendet, ausschreibungswidrig aber kein konkretes Produkt sondern nur ein Fabrikat angeboten und die Gleichwertigkeit nicht nachgewiesen. Auch diesbezüglich liege der Ausscheidungsgrund gemäß § 126 Abs.1 Z7 BvergG 2006 vor.

 

Schließlich wurde mangelnde Antragslegitimation infolge der zwingenden Ausscheidungsgründe geltend gemacht.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

3.1. Nach den Angaben der Auftraggeberin wurde das gegenständliche Vergabeverfahren nach dem 1.2.2006 eingeleitet und unterliegt daher materiellrechtlich den Vorschriften des BvergG 2006. Die Marktgemeinde B Z ist öffentliche Auftraggeberin im Sinn des § 1 Abs.2 Z1 Oö. VNPG. Dies hat zur Folge, dass gemäß Art.14b Abs.3 B-VG die Gesetzgebung und Vollziehung in den Angelegenheiten der Nachprüfung der Vergabe von Aufträgen durch Gemeinden Landessache ist. Die Bestimmungen des vierten Teils des BVergG 2006 (Rechtschutz) sind daher im gegenständlichen Fall nicht anwendbar. Das Rechtschutzverfahren unterliegt in Beachtung der RL 2004/18/EG vom 31.3.2004, der Rechtsmittelrichtlinie und des Art.14 Abs.3 B-VG, zumal vom Landesgesetzgeber bislang keine neue Regelung getroffen wurde, weiterhin den Bestimmungen des Oö. VNPG, LGBl. Nr. 153/2002.

 

Der geschätzte Gesamtauftragswert überschreitet den Schwellenwert für Bauleistungen gemäß § 12 Abs.1 BVergG 2006 nicht, weshalb die Bestimmungen für Bauaufträge im Unterschwellenbereich anzuwenden sind.

 

3.2. Gemäß § 2 Oö. VNPG obliegt dem unabhängigen Verwaltungssenat die Nachprüfung von Entscheidungen gemäß § 1 Abs.1. leg.cit. Bis zur Zuschlagserteilung ist der unabhängige Verwaltungssenat zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen das BVergG und die dazu ergangenen Verordnungen zuständig

  1. zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie
  2. zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen des Auftragebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Gemäß § 9 Oö. VNPG sind Anträge auf Nachprüfung vor Zuschlagserteilung beim unabhängigen Verwaltungssenat innerhalb der in der Anlage genannten Fristen einzubringen.

 

Entgegen der Behauptung der Antragstellerin wurde kein offenes Vergabeverfahren durchgeführt sondern das Gewerk Kindergarteneinrichtung im Rahmen des Bauvorhabens Neubau Kindergarten B Z im nicht offenen Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung ausgeschrieben. Das entsprechende Vergabeverfahren wurde durch schriftliche Aufforderung zur Angebotsabgabe vom 12.4.2006 unter Anschluss der Ausschreibungsunterlagen eingeleitet. Laut ausgewiesener Kostenzusammenstellung vom 27.11.2002 sind für die Kindergarteneinrichtung geschätzte Kosten von 98.000 Euro vorgesehen.

 

Gemäß Teil II der Anlage zu § 9 Oö. VNPG, Punkt 3, wird im Unterschwellenbereich für das nicht offene Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung als Anfechtungsfrist zur Anfechtung der Zuschlagsentscheidung die Frist gemäß § 100 Abs.2 BVergG festgesetzt.

 

Gemäß § 100 Abs.2 BVergG 2002 darf der Zuschlag bei sonstiger Nichtigkeit nicht innerhalb einer Frist von 14 Tagen ab Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung gemäß Abs.1 erteilt werden. Im Fall eines nicht offenen Verfahrens ohne vorherige Bekanntmachung verkürzt sich die Stillhaltefirst auf sieben Tage. Es beträgt daher die Anfechtungsfrist sieben Tage.

 

Die angefochtene Zuschlagsentscheidung wurde am 24.5.2006 bekannt gegeben. Die siebentägige Anfechtungsfrist endete daher mit Ablauf des 31.5.2006. Der gegenständliche Nachprüfungsantrag wurde am 6.6.2006 eingebracht und ist daher verspätet.

 

Gemäß § 6 Abs.2 Z2 Oö. VNPG ist der Nachprüfungsantrag vor Zuschlagserteilung unzulässig, wenn er nicht innerhalb der in § 9 genannten Fristen gestellt wird.

 

Es war daher der Nachprüfungsantrag als unzulässig zurückzuweisen.

 

3.3. Hinsichtlich der Zuschlagsentscheidung wird hingegen angemerkt, dass diese nicht der Bestimmung des § 131 BVergG 2006 entspricht, zumal ihr Angaben über den Bieter, dem der Zuschlag erteilt werden soll, die Vergabesumme und die Gründe für die Ablehnung des Angebotes sowie die gesetzmäßige Stillhaltefrist fehlen.

 

3.4. Gemäß § 18 Abs.4 Oö. VNPG hat der bzw. die, wenn auch nur teilweise, obsiegende Antragsteller bzw. Antragstellerin gegen den Antragsgegner bzw. die Antragsgegnerin Anspruch auf Ersatz der entrichteten Gebühren.

 

Da der Nachprüfungsantrag als unzulässig zurückzuweisen war, war kein Obsiegen der Antragstellerin festzustellen und entfällt daher der Anspruch auf Gebührenersatz. Darüber hinausgehender Kostenersatz ist hingegen mangels einer Rechtsgrundlage nicht vorgesehen und war daher nicht zuzusprechen.

 

4. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 128,60 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Klempt

 

 

Beschlagwortung:

Stillhaltefrist 7 Tage, Unterschwellenbereich, Anfechtungsfrist

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