Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550282/4/Wim/Rd/RSt

Linz, 05.07.2006

 

 

 

VwSen-550282/4/Wim/Rd/RSt Linz, am 5 . Juli 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leopold Wimmer über den Antrag der S. B. G. (im Folgenden: Antragstellerin), vertreten durch Rechtsanwälte G. L. T., S., 40 L., vom 29.6.2006 auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Vergabeverfahren der Verein zur Förderung der Infrastruktur der Stadtgemeinde P. (im Folgenden: Auftraggeberin) betreffend das Vorhaben "Baumeister- und Professionistenarbeiten für die Generalsanierung des Schulzentrums Peuerbach", zu Recht erkannt:

 

Dem Antrag wird stattgegeben und der Auftraggeberin Verein zur Förderung der Infrastruktur der Stadtgemeinde P. die Erteilung des Zuschlages bis zur Entscheidung in diesem Nachprüfungsverfahren, längstens aber bis 29. Juli 2006, untersagt.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 1, 2, 3 und 11 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz - Oö. VNPG, LGBl. Nr. 153/2002.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit Eingabe vom 27.6.2006, beim Oö. Verwaltungssenat am 29.6.2006, 15.25 Uhr, persönlich eingebracht, wurde von der Antragstellerin der Antrag auf Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens und Nichtigerklärung des Ausscheidens des Angebots der Antragstellerin und Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, längstens aber für die Dauer von einem Monat nach Antragstellung, zu untersagen, gestellt. Darüber hinaus wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren begehrt.

 

Begründend wurde hiezu dargelegt, dass das verfahrensgegenständliche Verfahren von der Auftraggeberin durch die ausschreibende Stelle Baumeister Ing. L. GmbH, L., im offenen Verfahren im Unterschwellenbereich nach Maßgabe des BVergG 2006 hinsichtlich nachstehender Gewerke ausgeschrieben worden sei:

1. Baumeisterarbeiten

2. Zimmermeisterarbeiten

3. Dachdecker/Spengler

4. Fenster aus Kunststoff

5. Turnsaaleinrichtung

6. Haustechnikinstallation

7. Elektroinstallation

 

Angefochten werde die getroffene Entscheidung der Auftraggeberin vom 21.6.2006, der Antragstellerin am 22.6.2006 bekannt gemacht, betreffend das Gewerk Turnsaaleinrichtung, den Zuschlag der Fa. S., W., erteilen zu wollen.

 

Auftraggeberin sei der V. zur Förderung der Infrastruktur der Stadtgemeinde P. Persönlich haftender Gesellschafter sei der V. zur Förderung der Infrastruktur der Stadtgemeinde P., Kommanditist die Stadtgemeinde P. Die Auftraggeberin sei zum besonderen Zweck gegründet worden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben der Stadtgemeinde P. zu erfüllen. Die Auftraggeberin sei rechtsfähig und werde überwiegend von der Stadtgemeinde P. finanziert. Weiters bestehe zwischen dem Bürgermeister der Stadtgemeinde P. und dem Obmann des V. zur Förderung der Infrastruktur der Stadtgemeinde P. eine Personalunion. Die Auftraggeberin werde sohin von der Stadtgemeinde sowohl wirtschaftlich als auch organisatorisch beherrscht. Der Auftraggeberin sei somit öffentliche Auftraggeberin iSd § 3 Abs.1 Z2 BVergG 2006.

 

Zum maßgeblichen Sachverhalt und zum Interesse am Vertragsabschluss brachte die Antragstellerin vor, dass die Frist zur Abgabe des Angebots am 12.6.2006, 9.00 Uhr, geendet habe. Die Antragstellerin habe sich dabei hinsichtlich des Gewerks Turnsaaleinrichtung an der Ausschreibung beteiligt und ein Angebot mit einer ausgepreisten Auftragssumme von 123.561,61 Euro binnen offener Frist abgegeben.

Mit Schreiben der Auftraggeberin vom 21.6.2006, mitgeteilt durch die ausschreibende Stelle, sei bekannt gegeben worden, dass das Angebot der Antragstellerin ausgeschieden wurde und beabsichtigt sei, den Zuschlag der Fa. S. mit einer Angebotssumme von 137.148,22 Euro erteilen zu wollen. Dieses Schreiben sei der Antragstellerin am 22.6.2006 mittels Email zugegangen.

 

Bezüglich des Schadens bzw Interesses am Vertragsabschluss wurde von der Antragstellerin angeführt, dass sie insbesondere deshalb Interesse am Vertragsabschluss habe, um einerseits einen entsprechenden Gewinn aus diesem Auftrag zu erwirtschaften und um andererseits die Auslastung des Unternehmens zu gewährleisten. Der Schaden wurde mit ca. 11.000 Euro für entgangenen Gewinn und Deckungsbetrag sowie mit 1.000 Euro für die Kosten der rechtsfreundlichen Vertretung beziffert. Weiters drohe der Verlust eines Referenzprojektes.

Die Antragstellerin erachte sich in ihrem Recht auf Nichtausscheidung des Angebots, auf Zuschlagserteilung und auf Gleichbehandlung aller Bieter verletzt.

 

Als Gründe für die Rechtswidrigkeit führte die Antragstellerin ins Treffen, dass der Auftraggeberin die Ausscheidung der Antragstellerin damit begründet habe, dass ungenügend gültige Prüfzeugnisse dem Angebot angeschlossen gewesen seien. Das von der Antragstellerin beigelegte Prüfzeugnis zu dem in der Bieterlücke angeführten Sportboden "Duoelastic 60 ME mit Taraflex Surface" existiere nicht und sei lediglich ein Prüfzeugnis für den Sportboden "Linodur" beigebracht worden.

 

Im Leistungsverzeichnis "Turnsaaleinrichtung" sei von der Auftraggeberin im Punkt 61.16 ein mischelastischer Sportboden gewünscht worden. In den Unterpunkten 61.16.04/61.16.04B habe die Antragstellerin die dort vorhandene Bieterlücke mit "Duoelastic 60 ME mit Taraflex Surface" ausgefüllt. Dieses in der Bieterlücke angebotene Produkt habe dabei den Richtlinien des ÖISS für mischelastische Sportböden zu entsprechen und sei diese Tatsache mit gültigen Prüfzeugnissen einer autorisierten österreichischen Prüfanstalt nachzuweisen.

Tatsächlich habe die Antragstellerin hinsichtlich des mischelastischen Sportbodens der Typbezeichnung "Duoelastic 60 ME" ein Prüfzeugnis vom 30.8.2005 der Fa. I. C. G. beigebracht. Darin sei der Sportboden des Typs "Duoelastic 60 ME" mit dem Oberflächenbelag 4 mm Linoleum, 2 mm PUR-Beschichtung getestet worden. Insoweit sei der Standpunkt der Auftraggeberin zu teilen, dass laut Leistungsverzeichnis ein Produkt mit einer Taraflex Oberfläche anzubieten sei. Hiebei werde auf Seite 3 des Prüfberichtes, Punkt "Angaben zum Oberbelag" verwiesen.

Mit diesem Gutachten werde attestiert, dass der Sportbodenbelag Duoelastic 60 ME nicht nur mit einem Oberbelag aus Linoleum, sondern auch mit anderen Oberbelägen, insbesondere aus PVC, aufgebracht werden könne. Diesfalls sei aber ein Untersuchungsbericht über den Gleitwert beizubringen. Es stehe somit fest, dass die Antragstellerin hinsichtlich des angebotenen Sportbodens ein gültiges Prüfzeugnis beigebracht habe, welches ausdrücklich auch bescheinige, dass andere Oberflächenbeläge als Linoleum verwendet werden könnten, sofern der Gleitwert in einem gesonderten Untersuchungsbericht nachgewiesen werde. Die Antragstellerin habe die Erstellung eines Gleitwertuntersuchungsberichts hinsichtlich des Taraflex-Oberbelags in Auftrag gegeben. Diese Untersuchung sei von der o. T. & I., W., durchgeführt und das Ergebnis im Schreiben vom 2.5.2006 festgehalten worden. Im Untersuchungsbericht seien ua die Gleitwerte des Taraflex-Oberflächenbelags dargestellt und ausdrücklich bescheinigt worden, dass der Taraflex-Oberflächenbelag der ÖISS-Richtlinie "Anforderungen an Sporthallenböden", aktuelle Ausgabe vom 10/2005 entspreche.

 

Aus diesem Grund sei festzuhalten, dass das Prüfzeugnis vom 30.8.2005 der Fa. I. C. iZm dem Untersuchungsbericht der Fa. O. T. & I. vom 2.5.2006 die Eignung des Sportbodens Duoelastic 60 ME mit Taraflex Oberfläche gutachterlich bescheinige.

 

Der Hinweis der Auftraggeberin, dass der Untersuchungsbericht der Fa. O. T. & I. vom 2.5.2006 ein anderes Bauvorhaben betreffe, sei ebenso nicht stichhaltig. Richtig sei lediglich, dass diese Untersuchung ursprünglich für die Erstellung eines Gewerks in Z. in Auftrag gegeben worden sei. Da sich aber der Untersuchungsgegenstand auf den Taraflex Oberflächenbelag beschränkt habe, sei es auch nicht maßgeblich, ob diese Untersuchung für ein anderes Bauvorhaben in Auftrag gegeben worden sei, zumal die Qualität des genannten Oberflächenbelages nicht davon abhänge, wo dieser eingesetzt werde.

 

Weiters wurde vorgebracht, dass aufgrund von Anfragen bei der Herstellerfirma seitens der Antragstellerin bekannt sei, dass hinsichtlich des ausgeschriebenen Sportbodens ein aktuelles Prüfzeugnis noch nicht existiere. Hintergrund sei, dass die Richtlinie ÖISS für mischelastische Sportböden per 10/2005 novelliert worden sei. Die existierenden Prüfberichte würden sich auf die alte ÖISS-Richtlinie beziehen, welche ihre Geltung per 10/2005 verloren habe.

 

Im gegenständlichen Verfahren stelle sich die Situation so dar, dass sämtliche Mitbewerber hinsichtlich des Sportbodens Prüfzeugnisse vorgelegt haben, welche lediglich die Konformität mit der per 10/2005 außer Kraft getretenen ÖISS-Richtlinie für Sportböden bestätige.

 

Die Auftraggeberin habe aber bei den Mitbewerbern offenbar auch jene Prüfzeugnisse zugelassen, welche ungültig waren. Durch diese Vorgangsweise sei die Antragstellerin gegenüber den Mitbewerbern benachteiligt worden, zumal von der Antragstellerin aktuelle und gültige Prüfzeugnisse gefordert worden seien, die Angebote anderer Mitbewerber aber auch bei Vorlage alter Prüfzeugnisse, welche nicht der Ausschreibung entsprechen, zugelassen worden seien. Es werde darauf verwiesen, dass auch das Unterlassen einer obligatorischen Ausscheidung gemäß § 129 BVergG 2006 einen Vergabeverstoß darstelle.

 

Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung führte die Antragstellerin noch aus, dass sie von einem Schaden bedroht sei, der nur durch die vorläufige Untersagung der Zuschlagserteilung abgewendet werden könne, da der möglicherweise bestehende Anspruch auf Zuschlagserteilung nur wirksam gesichert werden könne, wenn das Verfahren in der Hauptsache in einem Stand gehalten werde, der eine allfällige spätere Zuschlagsentscheidung an die Antragstellerin ermögliche.

Es werde auch darauf hingewiesen, dass durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung keinerlei öffentliche Interessen des gegenständlichen Vergabeverfahrens oder der Auftraggeberin wesentlich beeinträchtigt oder auch nur verletzt werden. Geringe zeitliche Verzögerungen bei der Bauausführung würden in der Natur des vergaberechtlichen Rechtsschutzes liegen und vermögen daher ein überwiegendes öffentliches Interesse nicht zu begründen.

 

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat die V. zur Förderung der Infrastruktur der Stadtgemeinde P. als Auftraggeberin am Nachprüfungsverfahren beteiligt. Bis zum Entscheidungszeitpunkt wurde keine Stellungnahme hinsichtlich der Erlassung einer einstweiligen Verfügung abgegeben.

Weiters wurde zusätzlich zu den von der Antragstellerin vorgelegten Urkunden der Gesellschaftsvertrag der K. und die Satzungen des V. beigeschafft.

 

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Die V. zur Förderung der Infrastruktur der Stadtgemeinde P. ist unter Zugrundelegung der eingeholten Firmenbuchauszüge, des Gesellschaftsvertrags, der Satzungen und des Vereinsregisterauszuges - vorbehaltlich einer endgültigen rechtlichen Klärung im Nachprüfungsverfahren - als öffentliche Auftraggeberin im Sinn des Art 14b Abs.2 Z.2 lit. c B-VG zu beurteilen.

Gemäß Art.14b Abs.3 B-VG ist die Gesetzgebung und Vollziehung in den Angelegenheiten der Nachprüfung der Vergabe von Aufträgen durch solche Auftraggeber Landessache.

Das gegenständliche Vergabeverfahren wurde nach der Novellierung des Bundesvergabegesetzes 2006 eingeleitet und unterliegt daher materiellrechtlich den Vorschriften des BVergG 2006.

Die Bestimmungen des 4. Teils des BVergG 2006 (Rechtsschutz) sind daher im gegenständlichen Fall nicht anwendbar. Das Rechtsschutzverfahren unterliegt in Beachtung der RL 2004/18/EG vom 31.3.2004, der Rechtsmittelrichtlinie und des Art.14 Abs.3 B-VG, zumal vom Landesgesetzgeber bislang keine neue Regelung getroffen wurde, weiterhin den Bestimmungen des Oö. Vergabenachprüfungsgesetzes, LGBl. Nr. 153/2002.

Der Auftragswert der gegenständlichen Ausschreibung überschreitet nicht den Schwellenwert von mindestens 5.278.000 Euro bei Bauaufträgen iSd § 12 Abs.1 Z3 BVergG 2006; es sind daher die gesetzlichen Bestimmungen für den Unterschwellenbereich anzuwenden.

Gemäß § 2 Oö. VNPG obliegt dem unabhängigen Verwaltungssenat die Nachprüfung von Entscheidungen gemäß § 1 Abs.1 leg.cit. Bis zur Zuschlagserteilung ist der unabhängige Verwaltungssenat zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen das Bundesvergabegesetz und die dazu ergangenen Verordnungen zuständig

  1. zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie
  2. zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen des Auftraggebers bzw. Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

Der gegenständliche Antrag ist rechtzeitig und zulässig.

3.2. Gemäß § 11 Oö. VNPG hat, sobald das Nachprüfungsverfahren vor Zuschlagserteilung eingeleitet ist, der unabhängige Verwaltungssenat auf Antrag durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen zu ergreifen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen der Antragstellerin zu beseitigen oder zu verhindern. Vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung hat der unabhängige Verwaltungssenat die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin, der sonstigen Bewerber oder Bieter bzw. Bewerberinnen oder Bieterinnen und des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist von ihrer Erlassung abzusehen. In einer einstweiligen Verfügung ist die Zeit, für welche die Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Sie tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch, wenn die einstweilige Verfügung ein Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich betrifft, einen Monat nach Antragstellung oder mit der Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates über den Antrag auf Nichtigerklärung außer Kraft.

Bereits zu der vorausgegangenen sinngemäßen Regelung des Bundesvergabegesetzes 1997 führte Bernd Elsner, Vergaberecht, Linde Verlag, auf Seite 86 aus: Die Entscheidung hängt von einer Abwägung der möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers und einem allfälligen besonderen öffentlichen Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens ab. Dabei muss es sich um ein "besonderes" öffentliches Interesse handeln. Es wird nämlich (hoffentlich) bei jeder öffentlichen Auftragsvergabe ein öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens und Vergabe eines Auftrages bestehen. Aber auch daran, dass Vergabeverfahren fehlerfrei ablaufen, besteht öffentliches Interesse. Eine Nichterlassung einstweiliger Verfügungen wird daher nur bei sonstiger Gefahr für Leib und Leben und besonderer Dringlichkeit zulässig sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn besondere Interessen der Daseinsvorsorge gefährdet würden.

Art.2 Abs.4 Satz 1 der Rechtsmittelrichtlinie darf nicht fälschlicherweise so ausgelegt werden, dass der vorläufige Rechtsschutz regelmäßig leer läuft. Mit diesem Interesse ist nicht das bei jeder Auftragsvergabe bestehende öffentliche Interesse an der zügigen Abwicklung gemeint.

Nach der Beschlusspraxis des EuGH kommt es in der Interessensabwägung maßgeblich darauf an, wer durch sein Verhalten die besondere Dringlichkeit der Auftragsvergabe verursacht hat. Für die öffentliche Auftraggeberin ergibt sich daraus eine echte Obliegenheit zu rechtzeitig geplanten und durchgeführten Beschaffungsvorgängen. Das Rechtsschutzinteresse des diskriminierten Bieters kann insoweit nur vom vorrangigen Schutz überragend wichtiger Rechtsgüter der Allgemeinheit zurückgedrängt werden (vgl. Schenk, Das neue Vergaberecht,
1. Auflage 2001, S. 172f).

Auch der Verfassungsgerichtshof hat insbesondere in seiner Entscheidung zu Zl. B 1369/01 vom 15.10.2001 ein öffentliches Interesse im Hinblick auf das Postulat effizienten Einsatzes öffentlicher Mittel in der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter gesehen, dem die Nachprüfung des Vergabeverfahrens letztlich dienen soll.

In Anbetracht der Tatsache, dass es sich beim gegenständlichen Vorhaben nicht um eine vordringliche Leistungserbringung handelt, kann daraus geschlossen werden, dass eine Gefährdung von Leib und Leben nicht aktuell ist. Auch trifft die Auftraggeberin im Hinblick auf die Rechtsnatur des Provisorialverfahrens und auf die allgemeine Mitwirkungspflicht der Parteien im Verwaltungsverfahren die Behauptungslast betreffend die gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen. Der Auftraggeberin hat aber konkret mit der Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung drohende Nachteile nicht dargelegt, sodass davon auszugehen ist, dass die nachteiligen Folgen des vorläufigen Zuschlagsverbotes nicht überwiegen und daher dem Antrag stattzugeben ist (vgl. BVA 1.12.2000, N-56/00-9).

Die Antragstellerin hat denkmöglich ausgeführt, dass ihr durch die behauptete Rechtswidrigkeit der Entgang des Auftrages droht, sohin ein Schaden, der nur durch die vorläufige Untersagung der Zuschlagserteilung abgewendet werden kann. Abgesehen von dem vorausgesetzten öffentlichen Interesse an der Vergabe des gegenständlichen Auftrages ist aber ein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens weder durch die Auftraggeberin vorgebracht worden noch dem Oö. Verwaltungssenat zur Kenntnis gelangt. Vielmehr ist bei der Interessensabwägung iSd Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu berücksichtigen, dass die Auftraggeberin ein Interesse an der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebotes, also an einem rechtmäßigen Vergabeverfahren haben muss. Es ist daher zu berücksichtigen, dass bei rechtmäßiger Ermittlung des günstigsten Angebotes unter Umständen die Auftraggeberin eine Kostenersparnis erwarten würde, die den aus der Verfahrensverzögerung allenfalls auftretenden Kosten entgegenzuhalten ist bzw. diese Kosten aufheben würde. Darüber hinaus ist auf die Rechtsprechung der Vergabekontrollinstanzen, dass ein öffentlicher Auftraggeberin bei der Erstellung des Zeitplanes für eine Auftragsvergabe die Möglichkeit von Nachprüfungsverfahren und die damit einhergehende Verzögerung ins Kalkül zu ziehen hat, zu verweisen. Dass sich durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung eine Verzögerung der Bedarfsdeckung und ein organisatorischer und finanzieller Mehraufwand ergeben kann, liegt in der Natur der Sache. Da - wie bereits erwähnt - kein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an einem möglichst raschen Vertragsabschluss geltend gemacht wurde und auch nicht auf der Hand liegt, war dem Antrag stattzugeben.

Die im Vorbringen der Antragstellerin behaupteten Rechtswidrigkeiten sind zumindest denkmöglich. Eine Überprüfung, ob die behaupteten Rechtswidrigkeiten auch tatsächlich vorliegen, war im Rahmen des Provisorialverfahrens nicht durchzuführen.

Die Dauer der Aussetzung der Zuschlagserteilung ergibt sich aus § 11 Abs.5
Oö. VNPG.

 Die einstweilige Verfügung ist gemäß § 11 Abs.6 Oö. VNPG sofort vollstreckbar.

 4. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Wimmer

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