Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104573/6/BR

Linz, 12.05.1997

VwSen-104573/6/BR Linz, am 12. Mai 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn J, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 24. Februar 1997, Zl. VerkR96-15246-1996-Ro, nach der am 12. Mai 1997 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird in seinem Schuldspruch mit der Maßgabe bestätigt, daß der Tatvorwurf in Abänderung zu lauten hat: "Sie lenkten am 25.Februar 1996 gegen 09.15 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen in S auf dem Areal der Firma N (vom Parkplatz etwa 100 Meter zu einem anderen Bereich der Liegenschaft), obwohl Sie nicht im Besitze der erforderlichen Lenkerberechtigung gewesen sind, nachdem Ihnen diese mit Bescheid vom 15.12.1995, Zl. VerkR20/293-1995/BR, entzogen war." Die Geldstrafe wird jedoch auf 500 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 12 Stunden ermäßigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995 - AVG iVm § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 u. § 51i Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 620/1995 - VStG; II. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich auf 50 S. Für das Berufungsverfahren entfällt der Kostenbeitrag.

Rechtsgrundlage:

§ 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Über den Berufungswerber wurde mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau, wegen der Übertretung nach § 64 Abs.1 iVm § 134 Abs.1 KFG 1967, eine Geldstrafe von 3.000 S und für den Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen verhängt, weil er am 25. Februar 1996 gegen 09.15 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen von St. G bis nach Roßbach, J und somit auf öffentlichen Straßen gelenkt habe, obwohl er nicht im Besitze der erforderlichen Lenkerberechtigung gewesen sei, nachdem ihm diese mit Bescheid vom 15.12.1995, Zl. VerkR20/293-1995/BR, entzogen wurde.

1.1. Begründend führt die Erstbehörde in der Sache im wesentlichen aus, daß die Übertretung auf Grund der Anzeige der Gendarmerie als erwiesen anzusehen sei. Dem Berufungswerber wurde die Verantwortung, daß sein Schwiegersohn das Fahrzeug vom Abstellort in S nach Hause gelenkt habe, nicht geglaubt.

2. In der dagegen fristgerecht bei der Erstbehörde protokollarisch angebrachten Berufung führte der Berufungswerber aus, daß sein Fahrzeug nicht auf dem vorderen Parkplatz der Firma N, sondern hinter der Halle in einer Ecke abgestellt gewesen sei, was von der Straße aus nicht einsehbar gewesen wäre. Sein Schwiegersohn, A, habe das Fahrzeug etwa zur Mittagszeit abgeholt und nach Hause gebracht, während er vorher per Anhalter nach Hause gefahren sei. Gegen 16.00 Uhr sei ein Beamter des Gendarmeriepostens A gekommen und habe sich darüber erkundigt wie das Auto von S nach J gekommen sei. Das habe er dahingehend beantwortet, daß sowohl er als auch sein Schwiegersohn gefahren sein könnte. Er sei aber tatsächlich nicht gefahren. Er habe immer seine Strafen bezahlt und sehe nicht ein, daß er für etwas zahlen solle was er nicht getan habe. Der Berufungswerber beantragt abschließend die Verfahrenseinstellung.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Erörterung des bisherigen Ganges des Verfahrens im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung anhand des erstbehördlichen Verfahrensaktes. Ferner wurde der Berufungswerber als Beschuldigter und als Zeugen die Gendarmeriebeamten BezInsp. K und BezInsp. D vernommen. Vom letztgenannten Zeugen angefertigt und dem Beweisverfahren einbezogen wurde eine Übersichtsskizze des Areals der Tischlerei N (Beil.\1).

3.1. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Da sich das Berufungsvorbringen auch gegen das von der Erstbehörde zugrundegelegte Beweisergebnis richtet, war die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erforderlich (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Folgender Sachverhalt ist erwiesen:

4.1. Unbestritten ist, daß der Berufungswerber zur o.a. Zeit in St. Georgen bei Obernberg als Lenker seines Pkw's angetroffen wurde. Er war damals nicht im Besitz einer Lenkerberechtigung. Wegen der Fahrt bis zur hier verfahrensgegenständlichen Anhaltung wurde der Berufungswerber bereits rechtskräftig bestraft. Die Weiterfahrt wurde ihm folglich untersagt, wobei das Fahrzeug auf dem Parkplatz der Tischlerei N, unmittelbar im Anschluß an die alte Weilbacher Bezirksstraße abgestellt wurde. Der Berufungswerber räumt im Zuge der Berufungsverhandlung erstmals selbst ein, daß er nach Abschluß der Amtshandlung vorerst ein Stück den Bach entlang gegangen sei und sich danach entschlossen habe das Fahrzeug etwa 100 Meter weit auf dem Firmengelände hinter ein Gebäude zu lenken und es dort abzustellen. Als Motiv dafür führte er an, daß er das Fahrzeug nicht für jedermann sichtbar neben der Straße abgestellt lassen wollte. In weiterer Folge sei er per Anhalter nach Hause gefahren und sein Schwiegersohn habe gegen Mittag das Fahrzeug zu ihm nach Hause gebracht. Gegenüber der Gendarmerie habe er aus Ungehaltenheit heraus keine klare Antwort darauf gegeben, wer mit dem Fahrzeug nach Hause fuhr. Diese Angaben würdigt der unabhängige Verwaltungssenat so, daß der Berufungswerber tatsächlich das Fahrzeug nicht von St. Georgen nach Roßbach, J gelenkt hat, wobei durch das Offenlassen einer diesbezüglich klaren Antwort der einschreitende Gendarmeriebeamte BezInsp. K sehr wohl den Eindruck gewinnen mußte, daß der Berufungswerber mit dem Fahrzeug nach Hause gefahren sei. Dieser Sicht hat sich folglich auch die Erstbehörde in durchaus nachvollziehbarer Weise angeschlossen. In der Berufungsverhandlung legte der Berufungswerber jedoch nachvollziehbar die Motive für seine damalige Verschlossenheit dar, wobei seine Glaubwürdigkeit aber gerade darin liegt, daß er die Lenkereigenschaft auf dem Firmengelände - selbst wenn er sich diesbezüglich auf einen Verbots- bzw. Rechtsirrtum beruft - eingesteht. Aus den Ausführungen des Gendarmeriebeamten BezInsp. D geht schlüssig hervor, daß es sich bei dem Firmenareal um eine Fläche handelt, welche von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden kann. Die Zufahrt ist nicht etwa abgeschrankt und daher für jedermann zugänglich und mit einem Fahrzeug befahrbar. Die Eigentumsverhältnisse sind in diesem Zusammenhang nicht von Belang, so daß Feststellungen darüber unterbleiben können. Es bedurfte daher keiner weiteren Beweisführung in Form der zeugenschaftlichen Vernehmung des Schwiegersohnes des Berufungswerbers um den erstbehördlichen Tatvorwurf einer noch weiteren Beweisführung zu unterziehen.

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Das Lenken eines Kraftfahrzeuges auf Straßen mit öffentlichem Verkehr ist nur auf Grund einer von der Behörde erteilten Lenkerberechtigung für die Gruppe (§ 65 Abs. 1) zulässig, in die das Kraftfahrzeug fällt; . . . . . . Die Lenkerberechtigung war dem Berufungswerber mit dem Bescheid vom 15.12.1995, Zl. VerkR20-293-1995/BR, zur Tatzeit noch rechtswirksam entzogen. 5.1.1. Der Geltungsbereich der Straßenverkehrsordnung erstreckt sich auf Straßen mit öffentlichem Verkehr.

Straßen mit öffentlichem Verkehr sind gemäß § 1 Abs.1 zweiter Satz StVO 1960 solche, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden können. Eine Straße kann dann von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden, wenn sie nach dem äußeren Anschein zur allgemeinen Benützung freisteht. Auch aus dem einzigen Umstand, daß eine Straße nur von einer bestimmten Gruppe von Verkehrsteilnehmern benutzt werden darf, z.B. von Anrainern, oder wie hier, den Kunden oder Lieferanten der Tischlerei, kann nicht geschlossen werden, daß es sich um keine Fläche mit öffentlichem Verkehr handelt (vgl. VwGH v. 14.2.1985, Zl. 84/02/0296 und vom 17.6.1987, Zl. 86/03/0234, sowie VwGH v. 17.9.1986, Zl. 85/11/0189 - Qualifikation des Stadion-Parkplatzes im Sinne des § 1 StVO). Es kommt dabei auch nicht auf die Eigentumsverhältnisse an (vgl. VwGH 29.2.1975, ZVR 1975/233 u.v.a.). Diese rechtliche Qualifikation trifft demnach auch für die vom Berufungswerber befahrene kurze Fahrstrecke auf dem Firmenareal zu.

5.2. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der "Spruch" (§ 44 Abs.1 Z6 leg.cit), wenn er nicht auf Einstellung lautet, "die als erwiesen angenommene Tat" zu enthalten. Der Tatvorwurf konnte hier unter Einhaltung der strengen Anforderungen des § 44a Z1 VStG von der Berufungsbehörde eingeschränkt werden (vgl. VwGH 8.2.1995, 94/03/0072). Im Hinblick auf Tatort, Tatzeit und Tatverhalten findet sich bereits der nunmehrige (eingeschränkte) Tatvorwurf von der erstbehördlichen Verfolgungshandlung umfaßt, sodaß der Berufungswerber durch diesen einschränkenden Tatvorwurf weder in seinen Verteidigungsrechten beeinträchtigt, noch der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt war.

6. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.1. Konkret ist hier zur Strafzumessung auszuführen, daß wohl das Lenken ohne Lenkerberechtigung zu den schwersten Verstößen im Kraftfahrrecht zählt. Hier wurde das Fahrzeug auf einem Firmenareal bloß eine sehr kurze Wegstrecke zu einen anderen Abstellplatz gelenkt. Damit blieb der Tatunwert weit hinter dem für dieses Delikt typischen Ausmaß zurück. Zusätzlich war Bedacht zu nehmen, daß der Berufungswerber einen Irrtum über die Qualifikation nach § 1 Abs.1 StVO - die Öffentlichkeit einer derartigen Verkehrsfläche auf Privatgrund - glaubhaft zu machen vermochte. Dieser entschuldigt das Verhalten nicht, mildert jedoch die Schuld. Der Berufungswerber zeigte sich letztlich im Zuge der Berufungsverhandlung auch schuldeinsichtig, was zusätzlich in der Bezahlung der Strafe für die Fahrt bis zum Ort der Anhaltung seine Glaubwürdigkeit erfährt. Es genügt daher in diesem spezifischen Fall auch die nunmehr verhängte Strafe zur Erfüllung des Strafzwecks.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. B l e i e r

Beschlagwortung: Schuldminderung, Schuldmilderung, kurze Fahrt, Fahren ohne Führerschein, Verbotsirrtum

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