Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-560076/2/WEI/WW/An

Linz, 12.10.2004

 

 

 VwSen-560076/2/WEI/WW/An Linz, am 12. Oktober 2004

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß aus Anlass der Berufung des Herrn B Z, P, S, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 19. April 2004, Zl. SH-56/04, betreffend Festsetzung einer Kostenersatzpflicht für Sozialhilfeleistungen gemäß § 47 Oö. Sozialhilfegesetz 1998 - Oö. SHG 1998 (LGBl Nr. 82/1998 zuletzt geändert mit LGBl Nr. 68/2002), zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe abgeändert, dass der Berufungswerber für den Zeitraum von März bis September 2004 verpflichtet wird, für die seiner Mutter A G gewährten Sozialhilfeleistungen der Stadt Steyr als Sozialhilfeträgerin einen Kostenbeitrag in Höhe von monatlich 150 Euro zu leisten.

 

Der Berufungswerber hat daher den fälligen Gesamtbetrag von 1.050 Euro binnen 2 Wochen bei sonstiger Zwangsfolge an die Stadt Steyr z.Hd. des Magistrats Steyr zu bezahlen. Das Mehrbegehren der Stadt Steyr wird abgewiesen.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm §§ 52 und 66 Abs 3 Oö. SHG 1998.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Über Antrag der Stadt Steyr als Sozialhilfeträgerin erging vom Bürgermeister der Stadt Steyr als Behörde erster Instanz im übertragenen Wirkungsbereich über die Kostenersatzpflicht für die Frau A G, geb., gewährten Sozialhilfeleistungen folgender Spruch:

 

"Herr B Z, geb., wh. S, P, ist gemäß §§ 47 und 49 des O.Ö. Sozialhilfegesetzes (O.Ö. SHG), LGBl. Nr. 82/1998 i.d.g.F., verpflichtet, bei sonstiger Zwangsfolge, beginnend mit 10.3.2004 bis 30.9.2004 der Stadt Steyr, zu Handen des Magistrates Steyr als Ersatz für die seiner Mutter A G seit 2.2.2004 gewährten Sozialhilfebarleistungen (§ 16 O.Ö. SHG) in Höhe von durchschnittlich mtl. € 692,15 in mtl. Raten € 355,00 zu bezahlen.

 

Die zur Rechtskraft dieses Bescheides fällig gewordenen Beträge sind binnen 14 Tagen, die künftig fällig werdenden Beträge längstens bis 10. eines jeden Monats im voraus, bei sonstiger Zwangsfolge zu bezahlen. Bei Säumnis von zwei Ratenzahlungen wird die noch offene Restschuld sogleich zur Gänze fällig."

 

Begründend wurde ausgeführt, der Mutter des Verpflichteten, A G, sei gemäß §§ 7 und 11 des Oö. SHG 1998 von der Stadt Steyr Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes gewährt worden. Der Berufungswerber sei seiner Mutter gegenüber unterhaltspflichtig. Gemäß § 47 des zitierten Gesetzes hätten die zum Unterhalt verpflichteten Angehörigen des Hilfeempfängers im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht Kostenersatz zu leisten. Der Berufungswerber verdiene bei der B S durchschnittlich im Monat 1.880,73 Euro. Seine Sorgepflicht für die minderjährige L S sei bei der Berechnung berücksichtigt worden. Laut österreichischer Rechtsprechung bestehe keine Unterhaltspflicht für Lebensgefährten. Kreditraten könnten ebenfalls bei der Berechnung nicht berücksichtigt werden. In Anbetracht der gegebenen Sachlage sei die Kostenersatzrate mit monatlich 355 Euro festgelegt worden. Die wirtschaftliche Existenz des Berufungswebers sei dadurch nicht gefährdet. Frau G vollende am 1. Oktober 2004 das 60. Lebensjahr. Danach sei im Sozialhilfegesetz für Oberösterreich keine Kostenersatzpflicht mehr vorgesehen.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid, der dem Berufungswerber (im Folgenden: Bw) am 23. April 2004 durch Hinterlegung zugestellt wurde, richtet sich die vorliegende Berufung. Dem aktenkundigen Aufgabeschein ist zu entnehmen, dass die Berufung am 29. April 2004 zur Post gegeben wurde. Die Berufung ist daher rechtzeitig. Der Bw beantragt, der berechnete monatliche Kostenrückersatz (für geleistete Sozialhilfe an seine Mutter A G vom 10.3.2004 bis 30.9.2004) von 355 Euro monatlich möge auf maximal 50 Euro monatlich reduziert werden. Begründend führt er aus, es treffe zu, dass er seiner Mutter gegenüber unterhaltspflichtiger Angehöriger sei und daher grundsätzlich zum Kostenersatz gemäß § 47 Oö. SHG 1998 verpflichtet sei. Der Kostenersatz richte sich nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Angehörigen. Wenn die Behörde behaupte, es würde laut österreichischer Rechtsprechung keine Unterhaltspflicht für Lebensgefährten bestehen, so mag dies auf das Familienrecht zutreffen, widerspreche jedoch ganz offensichtlich dem Gesetzeswortlaut von § 52 Abs 2 Oö. SHG 1998. Ebenso wenig gesetzlich gedeckt sei die Aussage, Kreditraten könnten bei der Berechnung nicht berücksichtigt werden. Aus § 52 Abs 2 Oö. SHG 1998 gehe deutlich genug hervor, dass die wirtschaftliche Existenz der leistungspflichtigen Person nicht gefährdet werden dürfe. Dies würde aber in seinem Fall sehr wohl gegeben sein, da sich seine monatlichen Fixkosten, wie er bereits aufgelistet habe, auf 1.250 Euro beliefen. Wenn also sein durchschnittliches Einkommen mit 1.880 Euro angenommen werde, so würden seiner Lebensgefährtin, ihrem gemeinsamen Kind und ihm 630 Euro monatlich zum Leben bleiben. Müsste er auch noch 355 Euro an Sozialhilferückzahlung leisten, so würden ihm 275 Euro übrig bleiben. Es könne nicht ernsthaft davon ausgegangen werden, dass dadurch seine wirtschaftliche Existenz nicht gefährdet würde.

2. Mit Vorlageschreiben vom 28. Juli 2004, eingelangt am 2. August 2004, wurde dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich die Berufung vom 29. April 2004 samt dem bezughabenden Sozialhilfeakt, Zl. SH-56/04, vorgelegt. Die belangte Behörde machte darauf aufmerksam, dass die Berufung fristgerecht eingegangen sei. Das Original der Berufung sei am Postweg verloren gegangen, weshalb lediglich eine Kopie mitgeschickt werden könne.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der belangten Behörde zur Zahl SH-56/04. Da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte gemäß § 67d AVG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

3.1. Aus dem angefochtenen Bescheid und dem vorliegenden Akt ergibt sich im Wesentlichen folgender S a c h v e r h a l t :

 

Der Bw wurde am geboren und wohnt in P, S. Dort lebt er zusammen mit seiner Lebensgefährtin E S und ihrem gemeinsamen Kind L S, geb. Der Bw ist bei der B, H, S, als Arbeiter-Monteur beschäftigt. Sein monatliches Einkommen beträgt 1.880,73 Euro. Die Lebensgefährtin des Bw ist seit 1. Jänner 2004 geringfügig beschäftigte Arbeiterin bei der Bäcker S.

 

Die Mutter des Bw, Frau A G, geb. am, ist j Staatsbürgerin (S und M) und ledig. Seit 2. Februar 2004 ist sie an der Adresse G, S, polizeilich gemeldet. Im Jahr 1999 wurde ihr in Österreich die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Sie verfügt über eine Bescheinung über die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.

 

Mit Schriftsatz vom 2. Februar 2004 stellte Frau G den Antrag auf Sozialhilfeunterstützung für die Dauer ihrer Notlage. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 10. März 2004, Zl. SH-56/04, wurde ihr gemäß §§ 7 und 11 des Oö. SHG 1998 nach Maßgabe der Sozialhilfeverordnung 1998, solange sich die Grundlagen dieses Bescheides nicht ändern, eine monatliche Geldleistung von 511,50 Euro und ein monatlicher Unterkunftsaufwand von 95,40 Euro ab 2. Februar 2004 gewährt. Dieser Bescheid ist bis 30. September 2004 befristet. Die belangte Behörde ging davon aus, dass die Mutter des Bw über kein eigenes Einkommen verfügte. Einem Aktenvermerk zufolge wurde sie bislang zur Gänze von ihrem Sohn finanziell unterstützt.

 

Mit Schreiben vom 10. März 2004 teilte die Stadt Steyr dem Bw mit, dass er nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts zur Leistung von Unterhalt an seine Mutter, für die die Stadt Steyr seit 2. Februar 2004 soziale Hilfe leiste, verpflichtet sei. Mit dieser Anzeige würden gemäß § 49 Oö. SHG 1998 die Rechtsansprüche auf die Stadt Steyr als Sozialhilfeträgerin übergehen.

 

Mit Schreiben vom 23. März 2004 hat die Stadt Steyr darauf aufmerksam gemacht, dass die zum Unterhalt verpflichteten Angehörigen des Hilfeempfängers im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht Kostenersatz zu leisten hätten. Der Bw wurde unter Hinweis auf die seiner Mutter gewährte Sozialhilfe von monatlich 606,90 Euro aufgefordert, der Stadt Steyr in Erfüllung seiner Unterhaltspflicht monatlich 355 Euro ab 2. Februar 2004 zu ersetzen. Weiters wird in diesem Schreiben genau angegeben, wie die belangte Behörde den Kostenbeitrag des Berufungswerbers berechnete. Als Bemessungsgrundlage wurde ein monatliches Einkommen von 1.880.73 Euro angenommen. Die Sorgepflicht für ein Kind wurde berücksichtigt. Außerordentliche Belastungen wurden nicht in Abzug gebracht. Der Bw erhielt die Gelegenheit, binnen 14 Tagen nach Zustellung dieses Schreibens schriftlich oder mündlich Stellung zu nehmen.

 

Am 1. April 2004 sprach der Bw beim Magistrat der Stadt Steyr vor und teilte mit, er könne sich den vorgeschriebenen Sozialhilfekostenbeitrag nicht leisten. Mit Schreiben vom 6. April 2004 übermittelte er dem Magistrat der Stadt Steyr eine Aufstellung seiner monatlichen Fixausgaben. Die Miete bezifferte er mit 480 Euro (Hinweis: keine Wohnbeihilfe), Stromkosten mit 40 Euro, Kosten für den Kindergarten mit 160 Euro, 80 Euro für die Autoversicherung, 150 Euro für die Autokreditrate, 300 Euro für eine Kreditrate und 40 Euro für Lebens- sowie Unfallversicherung. Insgesamt würden seine monatlichen Fixausgaben 1.250 Euro betragen. Sein monatliches Einkommen betrage 1.500 Euro. Er sei unterhaltspflichtig für seine Tochter L, geb., und für seine Lebensgefährtin. Es sei ersichtlich, dass es ihm nicht möglich sei, den vorgeschlagenen Rückzahlungsbetrag zu leisten, denn er käme dann selbst in eine Notlage. Er sei bereit, monatlich 40 Euro als Kostenrückerstattung für seine Mutter zu leisten.

 

Daraufhin stellte die Stadt Steyr als Sozialhilfeträgerin am 9. April 2004 - unter Darstellung des Falles und Hinweis darauf, dass ein Vergleich nicht abgeschlossen werden konnte - den Antrag, über den Ersatzanspruch gemäß § 52 Abs 5 Oö. SHG 1998 zu entscheiden und einen monatlichen Betrag von 355 Euro ab März 2003 zuzusprechen. Auf diesen Antrag hin wurde der bekämpfte Bescheid erlassen.

 

3.2. Der oben geschilderte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt und war im Wesentlichen unstrittig. Das monatliche Einkommen des Bw bei der B in Höhe von 1.880,73 Euro wurde anhand einer Lohnauskunft betreffend die Monate September 2003 bis Februar 2004 berechnet. Diese bereits im Bescheid der Erstbehörde getroffene Feststellung hat der Bw in seiner Berufung nicht ausdrücklich bestritten. Die noch in seinem Schriftsatz vom 6. April 2004 aufgestellte Behauptung, er verdiene 1.500 Euro monatlich, ist nicht nachvollziehbar. Der Entscheidung war daher ein monatliches Einkommen in der Höhe von 1.880,73 Euro zu Grunde zu legen. Die Angaben zur geringfügigen Beschäftigung der Lebensgefährtin des Bw stützen sich auf einen Versicherungsdatenauszug der österreichischen Sozialversicherung.

 

4. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 47 Abs 1 Oö. SHG haben gesetzlich zum Unterhalt verpflichtete Angehörige des Empfängers sozialer Hilfe im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht Ersatz zu leisten. Eine Ersatzpflicht besteht nicht, wenn der Ersatz wegen des Verhaltens des Hilfeempfängers gegenüber der unterhaltspflichtigen Person sittlich nicht gerechtfertigt wäre, oder wenn durch den Ersatz der Erfolg der Hilfe, insbesondere im Hinblick auf die nach § 2 zu beachtenden Grundsätze, gefährdet würde.

 

Gemäß § 47 Abs 2 leg.cit. haben Eltern für soziale Hilfe, die ihrem Kind in stationären Einrichtungen und in spezifischen Wohnformen ab dem auf die Vollendung des 19. Lebensjahres folgenden Monat geleistet wird, in dem Ausmaß Ersatz zu leisten, als sie für dieses Kind auf Grund gesetzlicher, vertraglicher oder statutarischer Bestimmungen auch über diesen Zeitpunkt hinaus Anspruch auf Leistungen haben oder solche Leistungen geltend machen können.

 

Gemäß § 47 Abs 3 Oö. SHG 1998 dürfen nicht zum Ersatz nach Absatz 1 herangezogen werden:

 

1. Großeltern und Enkel des Hilfeempfängers;

2. Minderjährige für soziale Hilfe, die ihren Eltern (einem Elternteil) geleistet wurde; 3. volljährige Kinder für soziale Hilfe, die ihren Eltern (einem Elternteil) in einer stationären Einrichtung sowie nach Vollendung des 60. Lebensjahres geleistet wurde.

Gemäß § 52 Abs 1 Oö. SHG 1998 können, bis eine Kostenersatzpflicht gemäß § 41, § 42 Abs. 1 oder 2 oder auf Grund einer Vereinbarung gemäß § 62 leg.cit. feststeht, Ansprüche gemäß §§ 46 bis 49 Oö. SHG 1998 vom Träger der Kosten nach § 40 Abs 1 leg.cit. geltend gemacht werden. Sobald eine Kostenersatzpflicht gemäß § 41 oder § 42 Abs. 1 oder 2 Oö. SHG 1998 feststeht, ist dieser regionale Träger zur Geltendmachung berechtigt.

Ansprüche gemäß §§ 46 bis 49 Oö. SHG 1998 dürfen gemäß § 52 Abs 2 leg.cit nicht geltend gemacht werden, wenn dadurch die wirtschaftliche Existenz der leistungspflichtigen Person und der ihr gegenüber unterhaltsberechtigten Angehörigen sowie des Lebensgefährten gefährdet wird. Die Landesregierung kann nach Maßgabe der Aufgaben und Ziele dieses Landesgesetzes durch Verordnung nähere Bestimmungen über die Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz erlassen.

Von der Geltendmachung von Ansprüchen gemäß §§ 46 bis 49 Oö. SHG 1998 kann gemäß § 52 Abs 3 leg.cit abgesehen werden, wenn das Verfahren mit unverhältnismäßig hohen Kosten oder einem unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand verbunden wäre.

Die Träger sozialer Hilfe können gemäß § 52 Abs 4 Oö. SHG 1998 über Ansprüche gemäß §§ 46 bis 49 leg.cit. Vergleiche mit den Ersatzpflichtigen abschließen. Einem Vergleich kommt, wenn er von der Behörde, die gemäß Abs 5 über den Anspruch zu entscheiden hätte, beurkundet wird, die Wirkung eines gerichtlichen Vergleiches (§ 1 Z 15 Exekutionsordnung) zu. Kommt über Ansprüche gemäß §§ 46 bis 48 Oö. SHG 1998 ein Vergleich nicht zustande, hat auf Antrag des Trägers sozialer Hilfe die Behörde (§ 66) gemäß § 52 Abs 5 leg.cit mit schriftlichem Bescheid über den Anspruch zu entscheiden.

4.2. Das Kind schuldet gemäß § 143 Abs 1 ABGB seinen Eltern und Großeltern unter Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse den Unterhalt, soweit der Unterhaltsberechtigte nicht imstande ist, sich selbst zu erhalten, und sofern er seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind nicht gröblich vernachlässigt hat.

 

Die Unterhaltspflicht der Kinder steht gemäß § 143 Abs 2 ABGB der eines Ehegatten, eines früheren Ehegatten, von Vorfahren und von Nachkommen näheren Grades des Unterhaltsberechtigten im Rang nach. Mehrere Kinder haben den Unterhalt anteilig nach ihren Kräften zu leisten.

 

Der Unterhaltsanspruch eines Eltern- oder Großelternteils mindert sich gemäß § 143 Abs 3 ABGB insoweit, als ihm die Heranziehung des Stammes eigenen Vermögens zumutbar ist. Überdies hat ein Kind nur insoweit Unterhalt zu leisten, als es dadurch bei Berücksichtigung seiner sonstigen Sorgepflichten den eigenen angemessenen Unterhalt nicht gefährdet.

 

Mit der Wendung "im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht" in § 47 Abs 1 Oö. SHG 1998 verweist das Gesetz auf die Vorschriften des Bürgerlichen Rechts über die gesetzliche Unterhaltspflicht (vgl VwGH 20.6.2001, Zl. 97/08/0425).

 

Angesichts des Umstandes, dass es sich bei der Mutter des Bw um eine j Staatsangehörige handelt, ist fraglich, ob die gesetzliche Unterhaltspflicht des Berufungswerbers gegenüber seiner Mutter den Bestimmungen des internationalen Privatrechts zufolge nach österreichischem Recht oder nach jugoslawischen Recht zu beurteilen ist. Da der Mutter des Bw in Österreich Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wurde und sie hier ihren Wohnsitz hat, stellt § 9 Abs 3 IPRG diesbezüglich klar, dass das Personalstatut der Mutter des Bw das Recht der Republik Österreich ist. Folglich ist das österreichische Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch anzuwenden.

 

Die Anwendung des österreichischen ABGB erscheint aber auch aus verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten im gegenständlichen Fall geboten. So besteht für staatliche Behörden das verfassungsrechtliche Gebot, Gleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. Art 7 B-VG, Art 14 EMRK), woraus folgt, dass sachlich ungerechtfertigte Differenzierungen verfassungswidrig sind. Eine solche unsachliche Differenzierung würde nun darin liegen, die Höhe des Kostenersatzbeitrages nach dem Oö. SHG 1998 von der Staatsangehörigkeit eines Kostenersatzpflichtigen abhängig zu machen. Dementsprechend ist die Bestimmung des § 47 Abs 1 Oö. SHG 1998 dahingehend zu verstehen, dass jedenfalls das österreichische ABGB der Berechnung des Kostenersatzes zugrunde zu legen ist. Jede andere Ansicht würde zu unsachlichen Vorteilen bzw. Nachteilen zwischen Inländern und Ausländern führen.

 

4.3. Voraussetzung für die Unterhaltspflicht des Nachfahren gemäß § 143 Abs 1 ABGB ist der Mangel der Selbsterhaltungsfähigkeit des Vorfahren. Entscheidend für die Beurteilung dieser Frage ist, ob der Vorfahre in der Lage ist, die seinen Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse zu decken (vgl VwGH 25.5.2004, Zl. 2001/11/0034). Es war ohne weiteres davon auszugehen, dass die Mutter des Bw in diesem Sinne nicht selbsterhaltungsfähig ist, da der Bw Gegenteiliges nicht behauptet hat, insbesondere nicht vorgebracht hat, seine Mutter beziehe die Sozialhilfe in dem ihr zugesprochenen Ausmaß zu Unrecht.

 

Gemäß § 143 ABGB gebührt den Vorfahren von ihren Kindern grundsätzlich "angemessener" Unterhalt, das heißt, dass die Unterhaltshöhe zur Deckung der "angemessenen" Bedürfnisse des berechtigten Vorfahren ausreichen muss. Die Angemessenheit der zu deckenden Bedürfnisse richtet sich nach den Lebensverhältnisses sowohl des verpflichteten Kindes als auch des berechtigten Vorfahren. Grundsätzlich wird die gleiche Prozentkomponente wie für den Unterhalt erwachsener Kinder heranzuziehen sein. Als "angemessen" werden daher 22 % der Bemessungsgrundlage (= regelmäßig das Nettoeinkommen) des unterhaltspflichtigen Kindes anzunehmen sein.

 

Gemäß § 143 Abs 3 ABGB darf jedoch die Unterhaltsleistung des Kindes unter Berücksichtigung seiner sonstigen Sorgepflichten den eigenen angemessenen Unterhalt nicht gefährden. Weitere Unterhaltspflichten des Unterhaltsschuldners werden nicht linear durch Abzüge ihrer absoluten Höhe von der Bemessungsgrundlage, sondern ausschließlich durch Abzüge von Prozentpunkten vom maßgebenden Unterhaltssatz berücksichtigt. Unter Bedachtnahme auf die einschlägige Rechtsprechung des OGH (vgl etwa OGH 25.7.2000, 1 Ob 16/00k) bedeutet dies, dass für die am 7. September 1999 geborene Tochter des Bw ein Prozentpunkt vom maßgebenden Unterhaltssatz (von 22 %) in Abzug zu bringen war. Nach der Rechtsprechung des OGH ist eine vergleichsweise Berücksichtigung der Kosten für den Unterhalt der Lebensgefährtin nicht vorgesehen, da gegenüber dieser nach österreichischem ABGB keine Unterhaltspflicht besteht. Der Bw führt aber hier zu Recht den Wortlaut des § 52 Abs 2 Oö. SHG 1998 ins Treffen. Dieser Bestimmung zu Folge ist bei Geltendmachung des Kostenersatzanspruches auch auf das Vorhandensein eines Lebensgefährten Rücksicht zu nehmen. Insofern wird gewissermaßen eine Gleichstellung mit den ebenso in § 52 Abs 2 Oö. SHG 1998 angeführten unterhaltsberechtigten Angehörigen (wie z.B. einer Ehegattin) angeordnet. Um diesem Gesetzesauftrag gerecht zu werden, ist es nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenates geboten, im Rahmen der Berechnung der Kostenersatzpflicht die vom Obersten Gerichtshof entwickelte Rechtsprechung zur Berücksichtigung der Unterhaltspflicht gegenüber einer Ehegattin auch auf Lebensgefährten auszudehnen. Für einen Ehegatten sind je nach dessen Eigenverdienst 0 bis 3 % und für einen einkommenslosen Ehegatten 3% abzuziehen (vgl OGH 25.7.2000, 1 Ob 16/00k). Anknüpfend daran erscheint für die Lebensgefährtin des Bw, die geringfügig beschäftigt ist, eine weitere Minderung um 2 % gerechtfertigt. Im Ergebnis sind daher nicht 22 %, sondern - wie von der belangten Behörde im Ergebnis richtig berechnet wurde - lediglich 19 % der im Folgenden aufgeschlüsselten Bemessungsgrundlage für den Unterhaltsanspruch der Mutter des Bw heranzuziehen.

 

4.4. Zu dem als Unterhaltsbemessungsgrundlage dienenden Einkommen zählen alle tatsächlich erzielten Einnahmen des Unterhaltspflichtigen in Geld oder geldwerten Leistungen, über die er verfügen kann (vgl OGH 28.1.1997, 5 Ob 3/97w uva.). Der Bw verfügt über ein durchschnittliches Monatseinkommen von 1.880,73 Euro. Dieses wurde anhand einer Lohnauskunft der B (betreffend September 2003 bis Februar 2004) nachvollziehbar berechnet und war daher der Entscheidung zugrunde zu legen. Nach § 52 Abs 2 Oö. SHG 1998 darf die wirtschaftliche Existenz der leistungspflichtigen Person durch Ansprüche nach §§ 46 bis 49 leg.cit. nicht gefährdet werden. Es sind daher auch die nicht variablen Ausgaben angemessen zu berücksichtigen.

 

Abzugfähig von der Bemessungsgrundlage sind nur lebens- und existenznotwendige Ausgaben, namentlich Aufwendungen des Unterhaltspflichtigen, die der Sicherung und Aufrechterhaltung seines Lebens und seiner Arbeitskraft sowie seiner wirtschaftlichen Existenzgrundlage dienen. Nicht abzugsfähig sind hingegen Aufwendungen des täglichen Lebens und sonstige übliche Lebensaufwendungen (vgl VwGH 25.5.2004, Zl. 2001/11/0034).

 

Die in glaubhafter Höhe angegebenen monatlichen Fixausgaben für Miete (480 Euro), Strom (40 Euro), Kindergarten (160 Euro) sowie die Kosten für die Lebens- und Unfallversicherung in Höhe von 40 Euro sind lebens- und existenznotwendige Ausgaben, die bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage vom Einkommen des Bw in Abzug zu bringen sind. Nicht lebens- und existenznotwendig in diesem Sinne sind die Kosten für die Autoversicherung (80 Euro), die Autokreditrate in Höhe von 150 Euro und die Kreditrate in Höhe von 300 Euro. Der monatliche Unterhaltsanspruch der Mutter des Bw beläuft sich dieser Berechnung zufolge auf rund 220 Euro (19 % von 1.160,73 Euro).

 

Für die Höhe des Kostenbeitrages ist aber nicht nur das Ausmaß des Unterhaltsanspruches des unterhaltsberechtigten Angehörigen maßgeblich. § 52 Abs 2 Oö. SHG 1998 ermöglicht nämlich - wie bereits im Zusammenhang mit den Kosten für den Unterhalt der Lebensgefährtin erörtert wurde - soziale Gesichtspunkte aufzugreifen, die bei der Bemessung des Unterhaltsanspruches an sich nicht zu berücksichtigen sind. Auf die Höhe des Kostenbeitrages haben daher nicht nur lebens- und existenznotwendige Ausgaben des Unterhaltsschuldners Einfluss, es können vielmehr auch die Kosten für die Autoversicherung sowie die Autokreditrate in Höhe von 150 Euro und die Kreditrate in Höhe von 300 Euro entsprechend zur Minderung des Kostenbeitrages führen, zumal diese - wenn sie nicht rechtzeitig getilgt werden - zweifelsohne zwangsweise eingetrieben werden und der Bw so in eine prekäre Lage geraten könnte. Eine vollkommene Gleichbehandlung mit lebens- und existenznotwendigen Ausgaben erscheint aber nicht sachgerecht. Die erwähnten Ausgaben sind daher nicht in voller Höhe von der Bemessungsgrundlage abzuziehen. Im Ergebnis erscheint nach Abwägung aller Umstände ein Kostenbeitrag in Höhe von monatlich 150 Euro als gerechtfertigt. Es ist nicht ersichtlich, dass ein Kostenbeitrag in dieser Höhe, der um 205 Euro niedriger ist als der von der Erstbehörde festgesetzte Kostenbeitrag, die wirtschaftliche Existenz des Bw und der ihm gegenüber unterhaltsberechtigten Angehörigen sowie der Lebensgefährtin gefährden könnte, zumal auch die Lebensgefährtin im Rahmen ihrer geringfügigen Beschäftigung zum Auskommen der Familie beitragen kann. Auch ist darauf hinzuweisen, dass der Bw ohnedies nur bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres seiner Mutter (am 1.10.2004) einen Kostenbeitrag zu entrichten hat (vgl § 47 Abs 3 Z 3 Oö. SHG 1998). Dem wurde mit der Befristung der Kostenbeitragspflicht Rechnung getragen.

 

4.5. Anzumerken ist noch, dass der Bw von der belangten Behörde verpflichtet wurde, von 10.3.2004 bis 30.9.2004 einen Kostenbeitrag zu leisten. Die belangte Behörde ging offenbar davon aus, dass die Kostenersatzpflicht des Bw erst mit dem Schreiben vom 10.3.2004, in dem er auf die Kostenbeitragspflicht hingewiesen wurde, begründet wurde. Dem ist zu erwidern, dass es nach dem Wortlaut des hier maßgeblichen § 47 Oö. SHG 1998 keinen Einfluss auf die Verpflichtung des unterhaltspflichtigen Angehörigen zur Entrichtung eines Kostenbeitrages hat, wann er über diese Verpflichtung informiert wird. § 49 Abs 1 Oö. SHG, demzufolge Ansprüche gegenüber Dritten erst mit der schriftlichen Anzeige auf den Sozialhilfeträger übergehen, war im gegenständlichen Fall nicht einschlägig, weil Grundlage für die Kostenersatzpflicht des Bw dessen gesetzliche Unterhaltspflicht gegenüber seiner Mutter und nicht ein vertraglich oder gerichtlich festgesetzter Anspruch des Sozialhilfeempfängers iSd § 49 Abs 1 Oö. SHG 1998 war.

 

Keine Deckung im Gesetz findet die im Spruch des bekämpften Bescheides enthaltene Anordnung, bei Säumnis von zwei Ratenzahlungen sei die noch offene Restschuld sogleich zur Gänze fällig. Ein solcher "Terminsverlust" ist im Oö. SHG 1998 nicht vorgesehen.

 

5. Im Ergebnis war dem Bw auf Grund der Antragstellung der Stadt Steyr eine monatliche Kostenbeitragspflicht für die Monate März bis September 2004 aufzuerlegen. Er war daher zu verpflichten, binnen zwei Wochen den mittlerweile fälligen Gesamtbetrag von 1.050 Euro (7 x 150 Euro) an die Stadt Steyr bei sonstiger Zwangsfolge zu leisten.

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. W e i ß

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