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des Landes Oberösterreich
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VwSen-570002/2/Ur/Ri

Linz, 25.05.1999

VwSen-570002/2/Ur/Ri Linz, am 25. Mai 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des Mag. R L, H, L, gegen den Bescheid des Leiters der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservices X, GZ: VNR.: 2949 210265, vom 27. April 1999 wegen Verhängung einer Ordnungsstrafe zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 34 Abs.2 und Abs.3, § 36 Abs.2 und § 67d Abs.3 1.Alternative AVG idF BGBl. I Nr.158/1998.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde über den Berufungswerber (Bw) gemäß § 24 Abs.2 Arbeitsmarktservicegesetz (AMSG, BGBl.Nr.313/1994) iVm § 34 Abs.2 und 3 und § 36 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG), BGBl.Nr.51 1991, in der geltenden Fassung eine Ordnungsstrafe von 1.000 S wegen beleidigender Schreibweise in schriftlichen Eingaben verhängt.

Als Anlaß wurde das Schreiben des Bw vom 17.3.1999 - gerichtet an Herrn Tripper (richtig: T) - gewertet, welches folgenden Inhalt hat:

"Sehr geehrter Herr Tripper!

Innerhalb offener Rechtsmittelfrist erhebe ich Berufung gegen den Bescheid vom 10.3.99.

Ich begründe dies wie folgt: Ich habe bei der Firma M weder am 3.9.98 noch sonst wann ein Dienstverhältnis begründet. Ich bin bei der Firma M ein Unternehmer und habe dies entsprechend den Richtlinien bei Ihrem Amt gemeldet. Sobald das "Salzamt" sprich Finanzamt aufwacht, werde ich Ihnen einen Bescheid innerhalb von 14 Tagen übermitteln.

Ich ersuche Sie überdies mich nicht eines beleidigenden Stils zu bezichtigen, da Sie entgegen den Gesetzen mich schon einmal grundlos eines Vergehens vedächtigten.

Ich kann mir bei aller Gutmütigkeit nicht vorstellen, daß Sie bei einem Bezug unter dem Existenzminimum mir auch noch öS 1.000,- abziehen dürfen. An dieser Stelle weise ich Sie darauf hin, daß ein Bezug unter zirka öS 8.000,- pro Monat nicht exekutiertbar ist, weder von Ihnen noch von W.

Ich fordere Sie auf Ihre PAPiere gründlich zu lesen und nicht schlichtweg grundlos zu bestrafen. Wenn Sie weiterhin so vorgehen werde ich Sie als "Leiter" klagen.

L"

Begründend wurde hiezu im wesentlichen ausgeführt, daß die Achtung der Behörde voraussetze, daß sich die Kritik an ihr auf die Sache beschränke und dies in einer den Mindestanforderungen des Anstandes entsprechenden Form vorgebracht werde.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht. Um die geringe Sensibilität des Bw hinsichtlich der Wahrung des Anstandes zu unterstreichen, wird die Berufung wörtlich wiedergegeben, welche im übrigen ebenfalls in einem unsachlichen Ton gehalten ist, der nach h. Auffassung ebenfalls an die Grenzen des guten Geschmackes bzw Anstandes stößt.

"Bescheid vom 27.4.1999!

Sehr geehrte Damen und Herren!

Innerhalb offener Rechtsmittelfrist erhebe ich Berufung gegen den Bescheid vom 27.4.1999 (GZ-VNR 2949 210265) und begründe diese wie folgt:

1. Meiner subjektiven Überzeugung nach betreibt der Leiter der regionalen Geschäftsstelle X Herr S ein Katz und Maus Spiel mit mir. Vermutlich will er sich an mir rächen, weil ich einmal an Ihn privat ein Schreiben gerichtet habe und nicht an das Amt (neudeutsch - Service), wo er seine Amtsgewalt mißbrauchen kann. Ich habe auch schon persönlich bei ihm vorgesprochen, vermutlich kann er mich nicht leiden.

2. Ich habe das AMSG nicht bei mir, vermute aber, daß das AMS keine behördlichen Funktionen in Leistungsangelegenheiten mehr hat, da es aus der bundesstaatlichen Verwaltung ausgegliedert wurde und somit der Instanzenzug (=Rechtsschutz) nicht gewährleistet ist.

3. § 57 AVG kennt bei der Vorschreibung von Geldleistungen nur eine Vorstellung und keine Berufung, folglich ergeht dieser Bescheid ohne rechtliche Grundlage. Ähnlich ist ja auch die Mitteilung über Leistungen vom AMS-Bezug. Richtig ist auch, daß es sich hier nur um eine gezielte Verfolgungshandlung oder um Betrug handeln kann, denn wer die Gesetze in diesem Maße beugt, macht sich einer gerichtlich strafbaren Handlung schuldig. Ebenfalls ist es Betrug, wenn Arbeitslosen Bescheide im Sozialrecht vorgeschrieben werden und dieser AMS-Bezieher zu seiner Verteidigung beinahe wissenschaftlich geschult sein muß, um diesen Diebstahl abzuwehren.

4. Wie S selbst schreibt, kann wenn überhaupt nur dem Leiter die Behördenfunktion zukommen. Herr Trippacher ist nicht der Leiter der regionalen Geschäftsstelle und folglich geht der Bescheid ins Leere. Überdies war meine Berufung an die Oberbehörde gerichtet, folglich ist es eine Anmaßung diese Inhalte als an das AMS-X gerichtet zu sehen. Außerdem hat Frau H damals schon festgestellt, daß es in X beim Service keinen Herrn Tripper gibt. Ich habe mich vertippt.

5. Ich muß bezweifeln, daß Herr T oder S in Leistungsangelegenheiten oder überhaupt ein Verwaltungsorgan ist, noch handelte es sich um eine Verhandlung, Vernehmung, Augenschein oder eine Beweisaufnahme. § 34 AVG bezieht sich auch im Absatz 3 auf die Tätigkeit, welche eine Ordnungsstrafe charakterisiert. Sie nehmen nur einzelne Gesetzesstellen heraus und schneiden sich Ihren Reim zusammen. Dies ist sicherlich in betrügerischer Absicht. Sie schreiben § 34 / 2 AVG kennt eine Odnungsstrafe bis öS 10.000,-. Ich lese in meinem Gesetz nur bis öS 1.000,-. Ebenfalls hat das AMS beim ursprünglichen Bescheid von Trippacher gemeint § 72 AIVG kennt eine Geldstrafe von öS 2.000,-, wo ich in meinem "alten" Gesetzestext nur ÖS 200,-- erlesen kann. Teilen Sie mir auch mit, wann und wo Sie mich gemäß § 34 AVG ermahnt haben und wo und wie ich vorher beleidigend "schriftlich oder mündlich" gewesen bin. Da sich ja auch § 34 AVG inhaltlich auch auf die Strafgesetze bezieht, muß ich feststellen, daß § 115 StPO - öffentlich oder vor mehreren Leuten - Beleidigung genau normiert. Dazu kommt, wiederum muß ich zu meiner Verteidigung die StPO kennen?! Bei diesem Schreiben habe ich nun 3 Kodici verwendet, welche in Summe rund öS 1.200,- kosten.

6. Ich bediene mich in meinen Eingaben keiner beleidigenden Schreibweise, sondern führe meiner Erregung die richtigen Worte an, da es anders nicht sein kann, wenn Sie wahllos Unterlagen (Selbsteinschätzung, EA-Rechnung, tatsächliches Einkommen, u.a. auch unmaßgebend) unberücksichtigt lassen. Gleiches gilt ja für den jetztigen Bescheid, da ja vermutlich erst aufgrund meines Antrages auf Wiedereinsetzung vom 27. 4. 99 ergangen ist. Vermutlich haben Sie Angst etwas revidieren zu müssen, als Leiter der Geschäftsstelle, welches Sie vermutlich vorher angeschafft haben. Wenn ich Sie einer betrügerischen Handlung bezichtige, ist dies eine rechtliche Vermutung und keine Beleidigung. Selbiges haben nur die Strafgerichte zu beurteilen.

7. Ich fordere Sie hiermit auf mir dezidiert mitzuteilen, welche Passagen Sie als beleidigend erachten. Ich ersehe in meinen Schreiben nur Fakten. § 34 AVG setzt beleidigende Wörter mit strafgerichtlichen gleich, wo ich aber hier keinen Zusammenhang erkennen kann. Insbesondere haben Sie kein Recht Berufungen an die Landesgeschäftsstelle mißbräuchlich zu verwenden!!!

8. Teilen Sie mir mit, welche Gebietskörperschaft Ihren Aufwand bestreitet. (§ 36 / 1 AVG).

9. Sie schreiben eine Berufung sei beim unabhängigen Verwaltungssenat möglich, obwohl es eine Oberbehörde gibt. Ist eine Berufung dorthin leicht schon vorher notwendig, da die Oberbehörde stets gleich der regionalen Geschäftsstelle urteilt?

10. Wo steht im Gesetz (§ 34 / 3 AVG), daß es ohne Belang ist, ob die Behörde, das Verwaltungsorgan oder eine einzige Amtshandlung gemeint ist. Sie als Leiter sind gemäß AMSG Behörde und sonst niemand, da das Gesetz sonst normieren würde und dessen Vertreter.

11. Ihre Achtung der Behörde muß ins Leere gehen, wenn die Mindestregeln der Bescheidwürdigung nicht eingehalten werden. Letztendlich normiert der § 50 AIVG auch nur "maßgebende" Änderungen, welches heißt, daß Lappalien an Zubrot nicht zu werten sind. Überdies bin ich verpflichtet pro Jahr 24 Erklärungen und einen Steuerbescheid abzugeben. Dazu kommen dann noch die Schriftstücke der Firmen, auf die ich keinen Einfluß habe.

Letztendlich war die Antwort von M falsch.

12. Sie nehmen mir somit von meinem Notstandshilfebezug wiederum öS 1.000,-, dies ist hier das Höchstmaß an Strafrahmen, in Summe also öS 2.000,-, welches meinen Bezug extrem verkürzt. Sie gefährden meine Existenz und nehmen sich mehr Recht heraus, als das Gericht pfänden darf. Dies erachte ich als groben Verstoß gegen die Gesetze.

13. Sollte ich in beiden Angelegenheiten (Wiederaufnahme, Berufung) nicht innerhalb von 14 Tagen in einen richtigen Rechtszustand versetzt werden (Rückzahlung von öS 2.000,-) werde ich Sie beim BG-X anzeigen und zivilrechtlich klagen.

14. Insbesondere ist es auch nicht meine Aufgabe alle Gesetze als Buch, nur wegen Ihrer Rechtsbeugungen in meinem Besitz zu haben.

L"

3. Gemäß § 36 Abs.2 AVG 1991 i.d.F. BGBl. I Nr.158/1998 ist gegen den Bescheid, mit dem eine Ordnungs- oder Mutwillstrafe verhängt wird, Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat zulässig, der durch Einzelmitglied zu entscheiden hat.

Da es sich bei der Verhängung einer Ordnungsstrafe um einen verfahrensrechtlichen Bescheid handelt, konnte von einer mündlichen Berufungsverhandlung abgesehen werden (§ 67d Abs.3 1. Alternative AVG).

Gemäß § 34 Abs.2 AVG sind Personen, die die Amtshandlung stören oder durch ungeziemendes Benehmen den Anstand verletzen, zu ermahnen; bleibt die Ermahnung erfolglos, so kann ihnen nach vorausgegangener Androhung das Wort entzogen, ihre Entfernung verfügt und ihnen die Bestellung eines Bevollmächtigten aufgetragen werden oder gegen sie eine Ordnungsstrafe bis 10.000 S verhängt werden.

Gemäß § 36 Abs.3 AVG können die gleichen Ordnungsstrafen von der Behörde gegen Personen verhängt werden, die sich in schriftlichen Eingaben einer beleidigenden Schreibweise bedienen.

Das Erfordernis der vorausgehenden Ermahnung und Strafdrohung besteht - im Gegensatz zu einem Verhalten gemäß § 34 Abs.2 - bei beleidigender Schreibweise in Eingaben nicht (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, Seite 216, Anmerkung 4 und die an dieser Stelle zitierte Judikatur des VwGH).

Entgegen der "Vermutung" des Bw kommt der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice X Behördenqualität zu (vgl. Artikel II Abs.2 Z41 EGVG, Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren2, Seite 32, Randziffer 59). Darüber hinaus ist es für eine Bestrafung gemäß § 34 Abs.3 AVG irrelevant, ob sich die beleidigende Schreibweise gegen die Behörde, gegen das Verwaltungsorgan oder gegen eine einzelne Amtshandlung richtete (vgl. ebenfalls Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, Seite 215, Anm.1 zu § 34 Abs.3). Der Bescheid geht daher nicht - wie der Bw irrig meint - ins Leere.

Bemerkenswert ist, daß der Bw nunmehr in der Berufung den Abteilungsleiter des AMS korrekterweise mit Herrn T anspricht; in seiner Eingabe vom 17.3.1999 aber mit Herrn "Tripper" bezeichnete, obwohl ihm der Name des Abteilungsleiters auf Grund der Fertigungsklausel des Bescheides vom 10.3.1999 bekannt war. Eine derartig ins Vulgäre abgleitende Verunglimpfung des Familiennamens verletzt die Anstandspflicht gröblichst, zumal der Bildungsgrad des Bw (Magister) und die sonst fehlerfreie Schreibweise nicht auf einen "Tippfehler" schließen lassen.

Abgesehen davon stellt die Aufforderung/Androhung

"ich fordere Sie auf, Ihre Papiere gründlich zu lesen und nicht schlichtweg zu bestrafen. Wenn Sie weiterhin so vorgehen, werde ich Sie als "Leiter klagen".

ein ungeziemendes Vorbringen dar und widerspricht diese unsubstantiierte Klagsandrohung den Mindestanforderungen des Anstandes (vgl. sinngemäß VwGH vom 21.9.1988, 87/03/037, 0238).

Mangels Entscheidungsrelevanz war daher auf den übrigen Berufungsinhalt nicht weiter einzugehen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. Klempt

Beschlagwortung: Arbeitsmarktservice ist Behörde; Anwendung des AVG; Anstand

 

 

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