Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-570005/7/WEI/Bk

Linz, 27.03.2000

VwSen-570005/7/WEI/Bk Linz, am 27. März 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des F, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Linz vom 20. Jänner 2000, Zl. 3524 230951, betreffend die Verhängung einer Ordnungsstrafe wegen ungeziemenden Benehmens zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm §§ 34, 36 Abs 2 AVG 1991 idF BGBl I Nr. 158/1998

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

1.1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid des Arbeitsmarktservice Linz wurde über den Berufungswerber (Bw) wie folgt abgesprochen:

"Der Leiter der regionalen Geschäftsstelle verhängt über Sie gemäß § 24 Abs. 2 Arbeitsmarktservicegesetz (AMSG, BGBl.Nr. 313/1994) in Verbindung mit § 34 Abs. 1, 2 und 5 und § 36 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG), BGBl.Nr. 51/1991, in geltender Fassung, eine Ordnungsstrafe von öS 800,-- wegen ungeziemenden Benehmens während der Amtshandlung."

1.2. Die belangte Behörde stellte zum Sachverhalt fest, dass der Bw am 10. Jänner 2000 persönlich bei Herrn U vorgesprochen und sich erkundigt hätte, wer der Vorgesetzte von Herrn K ist. Nach erteilter Auskunft hätte er seinen Antrag auf Pensionsvorschuss bei Herrn M abgegeben. Danach wäre er ins Büro von Herrn K gekommen und hätte diesen mit folgenden Worten beschimpft:

"Du Volldepp! - Arsch mit Ohren, da siehst, daß eine Abgabe schneller auch geht als bei dir. Du Arsch mit Ohren!"

Eine solche Verhaltensweise wäre schon des Öfteren vorgefallen.

In rechtlicher Hinsicht nahm die belangte Behörde auf § 34 Abs 1 und 2 AVG Bezug und führte aus, dass der Bw anlässlich seiner Vorsprache am 10. Jänner 2000 die beleidigenden Äußerungen gesetzt hätte. Die Achtung der Behörde setze voraus, dass sich die Kritik auf die Sache beschränkt und in einer den Mindestanforderungen des Anstandes entsprechenden Form vorgebracht wird. Die vorgebrachten Behauptungen stellten eine Beleidigung der Behörde dar, weshalb eine Ordnungsstrafe von S 800,-- verhängt werde.

2. Gegen diesen Bescheid der belangten Behörde, der dem Bw am 28. Jänner 2000 mit RSb zugestellt wurde, brachte der Bw mit Schreiben vom 8. Februar 2000, eingelangt am 10. Februar 2000, rechtzeitig Berufung ein, mit der er erschließbar die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheids anstrebt.

In der Berufung, die der Bw mit Schreiben vom 18. Februar 2000 rechtzeitig verbessert hat, wird gerügt, dass der Bw entgegen der Vorschrift des § 34 Abs 2 AVG nie abgemahnt worden wäre, sein Verhalten einzustellen. Eine Behörde - wie in der Bescheidbegründung angeführt - hätte er nicht beleidigen können. Außerdem betrachte es anscheinend Herr K als sein Hobby, ihn seit 1998 wegen einer erfolgreichen Beschwerde bei der früheren Sozialministerin L zu schikanieren.

3. Die belangte Behörde hat dem unabhängigen Verwaltungssenat ihren Leistungsakt vorgelegt und von einer Gegenschrift abgesehen. Nach Einsicht in die für das gegenständliche Berufungsverfahren wesentlichen Aktenteile ergibt sich folgender Sachverhalt:

Dem Aktenvermerk der belangten Behörde vom 10. Jänner 2000 ist der im angefochtenen Bescheid festgestellte Sachverhalt zu entnehmen. Aus der Sachverhaltsdarstellung des Abteilungsleiters G geht ergänzend hervor, dass der Bw am 10. Jänner 2000 bei ihm erschienen war, um einen Antrag auf Leistung von Pensionsvorschuss abzugeben. Dabei berichtete er, dass Herr K für jeden Kunden zumindest eine halbe Stunde benötige und dass er bereits eine Stunde gewartet hätte. Deshalb ersuchte der Bw Herrn M um

Entgegennahme des Antrags, da er sonst Herrn K wieder etwas erzählen müsste, jedoch keine Schwierigkeiten bekommen wollte. Weil schon alle Unterlagen auflagen, verlief die Entgegennahme relativ rasch. Als Herr M Minuten später den Antrag zu Herrn K brachte, staunte er über dessen Schilderung vom Vorfall, der im Aktenvermerk vom 10. Jänner 2000 festgehalten wurde. Schon vor einem Jahr gab es Probleme, weil der Bw Herrn K beschimpfte. Damals wurde er vom Abteilungsleiter M darauf hingewiesen, dass er sich gebührlich verhalten müsste, widrigenfalls auch die Möglichkeit bestünde, eine Strafe auszusprechen.

Mit dem von Herrn M verfassten Bescheid vom 24. Jänner 2000, Zl. 3524 230951, wurde dem Bw nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 ab 1. Jänner 2000 ein Pensionsvorschuss in der Höhe des Arbeitslosengeldes von S 181, 90 täglich zuerkannt.

4. In der Sache hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass im gegenständlichen Fall das AVG 1991 in der Fassung der Novelle BGBl I Nr. 158/1998 anzuwenden ist. Der unabhängige Verwaltungssenat ist seit dieser Novelle gemäß dem § 36 Abs 2 AVG 1991 zur Entscheidung über eine Berufung gegen den Bescheid, mit dem eine Ordnungs- oder Mutwillensstrafe verhängt wird, zuständig, wobei er durch ein Einzelmitglied zu entscheiden hat.

Gemäß § 34 Abs 1 AVG hat das Verwaltungsorgan, das eine Verhandlung, Vernehmung, einen Augenschein oder eine Beweisaufnahme leitet, für die Aufrechterhaltung der Ordnung und für die Wahrung des Anstandes zu sorgen. § 34 Abs 2 AVG bestimmt, dass Personen, die die Amtshandlung stören oder durch ungeziemendes Benehmen den Anstand verletzen, zunächst zu ermahnen sind. Bleibt die Ermahnung erfolglos, so kann ihnen nach vorheriger Androhung das Wort entzogen, ihre Entfernung verfügt und die Bestellung eines Bevollmächtigten aufgetragen werden oder gegen sie eine Ordnungsstrafe bis S 10.000,-- verhängt werden.

Nach § 34 Abs 3 leg.cit. können die gleichen Ordnungsstrafen von der Behörde gegen Personen verhängt werden, die sich in schriftlichen Eingaben einer beleidigenden Schreibweise bedienen.

4.2. Im vorliegenden Fall hat der Bw nicht bestritten, Herrn K in der angelasteten Weise beleidigt zu haben. Dennoch ist die Ordnungsstrafe nicht zu Recht verhängt worden. Wie sich aus § 34 Abs 1 und 2 AVG ergibt, ist Grundvoraussetzung für die Möglichkeit der Verhängung einer Ordnungsstrafe, dass der Anstand durch ungeziemendes Benehmen während einer Amtshandlung verletzt wird. Überdies setzt § 34 Abs 2 AVG für jede der dort genannten Disziplinarmaßnahmen eine vorangehende Ermahnung und die Androhung voraus. Erst die Erfolglosigkeit der Androhung einer Maßnahme rechtfertigt deren Verhängung (vgl Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze13 (MSA 1998), Anm 4 zu § 34 AVG). Auch der Verwaltungsgerichtshof hat betont, dass die vorgeschriebene Vorgangsweise einzuhalten ist, widrigenfalls keine Berechtigung zur Verhängung einer Ordnungsstrafe besteht (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, E 1 und E 8 zu § 34 Abs 2 AVG).

Nach Ausweis der Aktenlage liegt gegenständlich nicht einmal eine Amtshandlung vor, die von Herrn K geleitet worden wäre. Seinen Antrag hatte der Bw bereits beim Abteilungsleiter M abgegeben und mit diesem die Anspruchsvoraussetzungen besprochen. Das nachträgliche Aufsuchen des Herrn K kann nicht mehr als Teil der vom Arbeitsmarktservice zu führenden Amtshandlung angesehen werden, zumal es nicht notwendig war. Es handelte sich dabei vielmehr um eine private Aktion des Bw, dem es offenbar nach der Amtshandlung noch ein Bedürfnis war, seinem vermeintlichen Widersacher K in ausfälliger Weise die Meinung zu sagen. Schon mangels behördlichen Tätigwerdens von Herrn K konnte das Verhalten des Bw nicht durch Ordnungsstrafe geahndet werden. Abgesehen davon wurde auch die gesetzlich vorgeschriebene Vorgangsweise nicht eingehalten.

Gegen Beschimpfungen wäre bei entsprechender Publizität iSd § 115 StGB (vgl Legaldefinition des § 115 Abs 2 StGB: "... in Gegenwart von mehr als zwei vom Täter und vom Angegriffenen verschiedenen Personen ...") eine strafrechtliche Privatanklage möglich. Da im gegenständlichen Fall diese Mindestpublizität gefehlt haben dürfte, wäre vor allem eine Anzeige wegen Verletzung des öffentlichen Anstandes nach § 1 Oö. PolStG an die Bundespolizeidirektion Linz als Verwaltungsstrafbehörde sinnvoll gewesen.

Im Ergebnis war jedenfalls der angefochtene Bescheid ersatzlos aufzuheben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von S 2.500,-- (entspricht 181, 60 Euro) zu entrichten.

Dr. W e i ß

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