Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-570008/2/WEI/Bk

Linz, 18.10.2000

VwSen-570008/2/WEI/Bk Linz, am 18. Oktober 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des M, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 13. September 2000, Zl. UR 96-19-4-2000-Brof, betreffend die Verhängung einer Ordnungsstrafe wegen beleidigender Schreibweise zu Recht erkannt:

Der Berufung wird keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm §§ 34, 36 Abs 2 AVG 1991 idF BGBl I Nr. 158/1998

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid der belangten Behörde wurde über den Berufungswerber (Bw) auf der Rechtsgrundlage des § 34 Abs 2 und 3 AVG 1991 wie folgt abgesprochen:

"Sie haben mit Einspruch vom 19.07.2000 gegen den Bescheid der ha. Behörde vom 12.07.2000, UR96-19-2-2000-Brof, wörtlich Folgendes geschrieben:

'Vorne weg ist deutlich anzumerken das Sie dummerweise wohl keinen Unterschied erkennen können Frau B denn wohl verpackt in Müllsäcken und zu Abfall Container gestellt ist nicht in die Gegend Umweltverschmutzend geschmissen worden!!!!!!!!!!

Wenn Gemeinde Arbeiter so stinkfaul sind die nicht mitzunehmen und die Gemeinde die noch dazu unterstützt!!!!!! und Anzeige erstattet so versauen die die ganze Gegend dort selbst und Sie Frau B mit dazu'

und sich somit in dieser schriftlichen Eingabe einer beleidigenden Schreibweise bedient, weshalb gegen Sie eine Ordnungsstrafe in der Höhe von S 1.000,-- verhängt wird."

2. Gegen diesen Bescheid, den die belangte Behörde am 13. September 2000 absendete, hat der Bw mit Telefaxschreiben vom 26. September 2000 offenbar rechtzeitig Berufung erhoben, mit der er erschließbar die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheids anstrebt.

Der Inhalt der Berufung lautet:

"Zu Aktz. UR96-19-4-2000-Brod

Berufung und Begründung !

Es ist Demokratie bedenklich, wenn wegen jeder freien

Meinungsäußerung Strafen folgen.

Diese versuchte Bestrafung hat einen Höhepunkt der Absurdität

erreicht wobei explizit bewußt falsche Einschätzung.(Vorsätzlichkeit

vermutlich).

Eine Aussage Napoleons - wonach es vom Erhabenen zum

lächerlichen nur ein kleiner Schritt sei.

Ich bin kein Anwalt und kann nur österr. mich ausdrücken in einer

volksmündigen gängigen Ausdrucksform die in keinster Weise die

'MINDESTANFORDERUNG' des Anstandes verletzt.

Frage : Im Verwaltungsstrafverfahren kann es zu keiner Strafe

gegen meine Person führen und es ergeht die Frage an Sie :

Soll dies eine Ersatzlösung sein ?

Die 'Drei Weisen' EU haben geäußert in ihren Bericht Österreich :

Daß in Österreich die freie Meinungsäußerung unzureichend verteidigt wird.

Frage : Machen Sie sich das zu Nutze ?

Diese Sache wird von mir mit jeden weiteren Rechtsmittel verfolgt

werden müßen.

Die Kosten werden dann den Verlierer auferlegt - eventu

Steuergelder ?

Ich ersuche Sie höflich das Verfahren einzustellen.

Es war nicht und nie meine Absicht Jemand zu beleidigen."

3. Die belangte Behörde hat dem unabhängigen Verwaltungssenat die bezughabenden Akten mit dem Ersuchen um Bestätigung vorgelegt und mitgeteilt, dass eine Berufungsvorentscheidung als nicht zielführend erachtet werde.

4. In der Sache hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass im gegenständlichen Fall das AVG 1991 in der Fassung der Novelle BGBl I Nr. 158/1998 anzuwenden ist. Der unabhängige Verwaltungssenat ist seit dieser Novelle gemäß dem § 36 Abs 2 AVG 1991 zur Entscheidung über eine Berufung gegen den Bescheid, mit dem eine Ordnungs- oder Mutwillensstrafe verhängt wird, zuständig, wobei er durch ein Einzelmitglied zu entscheiden hat.

Gemäß § 34 Abs 1 AVG 1991 hat das Verwaltungsorgan, das eine Verhandlung, Vernehmung, einen Augenschein oder eine Beweisaufnahme leitet, für die Aufrechterhaltung der Ordnung und für die Wahrung des Anstandes zu sorgen. § 34 Abs 2 AVG bestimmt, dass Personen, die die Amtshandlung stören oder durch ungeziemendes Benehmen den Anstand verletzen, zunächst zu ermahnen sind. Bleibt die Ermahnung erfolglos, so kann ihnen nach vorheriger Androhung das Wort entzogen, ihre Entfernung verfügt und die Bestellung eines Bevollmächtigten aufgetragen werden oder gegen sie eine Ordnungsstrafe bis S 10.000,-- verhängt werden.

Nach § 34 Abs 3 AVG 1991 können die gleichen Ordnungsstrafen von der Behörde gegen Personen verhängt werden, die sich in schriftlichen Eingaben einer beleidigenden Schreibweise bedienen.

4.2. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt eine beleidigende Schreibweise vor, wenn eine Eingabe ein unsachliches Vorbringen enthält, das in einer Art gehalten ist, die ein ungeziemendes Verhalten gegenüber der Behörde darstellt (vgl u.a. VwSlg 5.067 A/1959; VwSlg 14.064 A/1994). Die Überzeugung, berechtigte Kritik zu üben, rechtfertigt keine beleidigende Schreibweise. Auch eine Beleidigungsabsicht wird vom Tatbild des § 34 Abs 3 AVG 1991 nicht gefordert (vgl etwa VwGH 8.11.1996, 96/02/0463; VwGH 16.11.1993, 91/07/0084).

Eine Kritik ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dann gerechtfertigt, wenn sie sich auf die Sache beschränkt, in einer den Mindestanforderungen des Anstands entsprechenden Form vorgebracht wird und nicht Behauptungen enthält, die einer Beweisführung nicht zugänglich sind (vgl die Nachw bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, 217 f, E 23 und E 26 zu § 34 AVG). Wer den Boden sachlicher Kritik verlässt und anderen geistige Unfähigkeit, niedrige Gesinnung oder eine sittlich verpönte Vorgangsweise unterstellt, bedient sich einer beleidigenden Schreibweise.

4.3. Im vorliegenden Fall vertritt der Bw die Ansicht, dass er in der Eingabe vom 19. Juli 2000 nur von seinem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht hätte. Es wäre nie seine Absicht gewesen, jemanden zu beleidigen. Unbestritten hat er die im angefochtenen Bescheid inkriminierten Worte gebraucht. Die deutliche Anmerkung, dass Frau B "dummerweise wohl keinen Unterschied erkennen" könne, bedeutet objektiv betrachtet nichts anderes als, dass sie nach Meinung des Bw dafür zu dumm bzw. geistig unfähig ist, um die vom Bw als bedeutsam erachteten Unterschiede zu erkennen. Eine solche Äußerung verlässt ganz eindeutig den Boden sachlicher Kritik. Es bedarf keiner weiteren Erörterungen, dass er sich hier einer beleidigenden Schreibweise bedient hat, die ein unangebrachtes Verhalten gegenüber der Behörde darstellt.

Im Wesentlichen das Gleiche gilt für die zweite spruchgegenständliche Passage, in der die Gemeindearbeiter als stinkfaul bezeichnet werden und im Übrigen zum Ausdruck gebracht wird, dass diese und Frau B durch ihr Verhalten die ganze Gegend versauen. Auch diese Äußerung bedeutet klar erkennbar die Kundgabe eigener Missachtung gegenüber anderen Personen, denen zumindest ein nach sittlichen Maßstäben verächtliches Verhalten vorgeworfen wird, ohne dass für eine solche Schmähung der Wahrheitsbeweis angetreten werden könnte. Der aktenkundige Vorwurf der Ablagerung von 3 Säcken Hausmüll neben dem Mülleimer (entgegen § 43 Abs 1 Z 2 lit b iVm § 7 Abs 1 Oö. AWG) in der Strafverfügung der belangten Behörde vom 12. Juli 2000 konnte jedenfalls keinen Anlass für die verbalen Entgleisungen des Bw bieten. Es kann bei der gewählten Schreibweise von einer sachlichen, die Mindestanforderungen des Anstandes wahrenden Kritik keine Rede sein.

Die Berufung auf das Recht auf freie Meinungsäußerung (vgl Art 10 EMRK) geht fehl, weil dieses Grundrecht nicht schrankenlos gewährleistet wird. Die gesetzliche Möglichkeit der Verhängung von Ordnungsstrafen wegen beleidigender Schreibweise fällt unter die berechtigten Einschränkungen nach Art 10 Abs 2 EMRK, weil sie auch in einer demokratischen Gesellschaft zur Aufrechterhaltung der Ordnung und zum Schutz des guten Rufes und der Rechte anderer unentbehrlich ist (vgl dazu VwGH 11.5.1998, 96/10/0033 u. 97/10/0089 unter Hinweis auf VfSlg 7900/1976 und VfSlg 13.035/1992).

4.4. Die von der belangten Behörde verhängte Ordnungsstrafe von S 1.000,-- wurde der Höhe nach vom Bw nicht bekämpft. Der erkennende Verwaltungssenat kann auch aus der Aktenlage keine Anhaltspunkte dafür erkennen, dass diese Strafhöhe unangemessen wäre. Sie erscheint vielmehr in spezialpräventiver Hinsicht unbedingt notwendig, um den Bw von weiteren beleidigenden Eingaben abzuhalten. Es war daher der Berufung keine Folge zu geben und der angefochtene Bescheid der belangten Behörde zu bestätigen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von S 2.500,-- (entspricht 181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. W e i ß

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