Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104661/5/BR

Linz, 25.06.1997

VwSen-104661/5/BR Linz, am 25. Juni 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn F, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz, vom 28. April 1997, Zl. Cst 43183/96, nach der am 25. Juni 1997 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, daß gemäß § 21 Abs.1 VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen wird.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 471/1995 - AVG, iVm § 21 Abs.1, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1, und § 51i Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 620/1995 - VStG.

II. Es entfallen sämtliche Kostenbeiträge. Rechtsgrundlage: § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wider den Berufungswerber eine Geldstrafe in Höhe von 500 S und für den Nichteinbringungsfall 18 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er am 9. Oktober 1996 um 12.23 Uhr in , nächst . 15, das Kraftfahrzeug mit dem Kz. im Bereich von weniger als fünf Meter vom nächsten Schnittpunkt einander kreuzender Fahrbahnränder abgestellt habe.

1.1. Begründend führte die Erstbehörde im wesentlichen aus, daß das Fahrzeug des Berufungswerbers von einem Organ der Straßenaufsicht an der fraglichen Stelle abgestellt wahrgenommen worden ist. Den angeführten Entschuldigungsgrund der dringend aus geschäftlichen Gründen durchzuführen gewesenen Ladetätigkeit ließ die Erstbehörde nicht gelten. Diese Vorschrift diene neben der Flüssigkeit auch der Sicherheit des Verkehrs. Daher habe diese Ladetätigkeit zu keiner Straflosigkeit führen können.

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber in seiner fristgerecht, in einer umfangreichen Begründung inhaltlich an den Bürgermeister der Stadt Linz gerichteten Beschwerde, erhobenen Berufung. Dieses Schreiben wurde in Kopie auch an die Erstbehörde gerichtet, so daß - da dem Verwaltungsverfahren ein übertriebener Formalismus fremd zu sein hat - diese Eingabe als Berufung anzusehen ist. Der Berufungswerber bestreitet nicht das ihm zur Last gelegte Faktum. Er führt jedoch Klage über die Parksituation seit der schon eine lange Zeit bestehenden Baustelle " R". Ohne auf diese Ausführungen näher einzugehen, vermeint der Berufungswerber jedoch, daß durch die Situation eine Belieferung seines Geschäftes unmöglich gemacht werde und die Kunden vertrieben würden. Daher berufe er gegen das Straferkenntnis.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Erstbehörde, sowie durch Vernehmung des Berufungswerbers und der Vornahme eines Ortsaugenscheines. Die Erstbehörde nahm ohne Angabe von Gründen an der Berufungsverhandlung nicht teil.

4. Da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Weil die Berufung sich nicht nur gegen eine unrichtige rechtliche Beurteilung, sondern auch gegen Tatsachenfragen richtet, wurde zwecks umfassender Klärung des Sachverhaltes eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt und vor Ort durchgeführt (§ 51e Abs.1 VStG).

5. Wie anläßlich des Ortsaugenscheines festgestellt werden konnte, liegt das Geschäft des Berufungswerbers an der Ecke P. Gegenwärtig ist der westliche Bereich des P immer noch eine ausgedehnte Baustelle. Die Fahrbahn in Richtung P, östlich der Liegenschaft des Berufungswerbers ist acht Meter breit und mündet nach rechts in die sechs Meter breite P.

Der Berufungswerber hatte zum Tatzeitpunkt sein Fahrzeug mangels anderer Abstellmöglichkeit zum Zwecke des Entladens seines Fahrzeuges dieses p (östlich des Hauses) innerhalb des Bereiches von fünf Meter zum Schnittpunkt mit der P abgestellt, was zur gegenständlichen Anzeige führte. Dabei kam es infolge der Einsehbarkeit für aus Richtung P kommender Fahrzeuge in die P zu keiner nachteiligen Beeinträchtigung des Verkehrsgeschehens.

5.1. Diese Verantwortung legte der Berufungswerber anläßlich der Berufungsverhandlung glaubhaft dar. Dies konnte auch durch die Feststellungen vor Ort, insbesondere der kritischen Situation durch die im Bereich des Geschäftes des Berufungswerbers abgestellten Baustellenfahrzeuge, nachvollzogen werden.

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

6.1. Nach § 24 Abs.1 lit.d StVO ist das Halten und Parken im Bereich von weniger als 5 m vom nächsten Schnittpunkt einander kreuzender Fahrbahnränder verboten. Nach § 99 Abs.3 lit.a StVO ist eine Zuwiderhandlung mit einer Geldstrafe bis zu 10.000 S und im Falle der Uneinbringlichkeit bis zu zwei Wochen Ersatzarreststrafe zu bestrafen.

6.2. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 Abs. 1 u. 2 VStG Grundlage stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.2.1. Nach § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde jedoch auch ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten. Unter den in Abs.1 angeführten Voraussetzungen können die Organe der öffentlichen Aufsicht von der Verhängung einer Organstrafverfügung oder von der Erstattung einer Anzeige absehen; sie können den Täter in solchen Fällen in geeigneter Weise auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens aufmerksam machen. Diese Voraussetzungen vermag der unabhängige Verwaltungssenat in der damaligen Situation erblicken. Selbst wenn in aller Regel wirtschaftliche Interessen eine Verwaltungsübertretung weder rechtfertigen noch entschuldigen können, so hat die Gesetzesanwendung so lebensnah zu sein, daß derart zwingende Umstände, wie eben die notwendige Belieferung des eigenen Geschäftes eine ist und wie sie der Berufungswerber glaubhaft gemacht hat, zum Absehen von der Bestrafung zu führen haben. Auch die Frage der Verkehrsbeeinträchtigung ist im Einzelfall zu beurteilen, so daß auch nicht zwingend mit jedem Abstellen im "Fünf-Meter-Bereich" eine nachteilige Auswirkung verbunden sein muß. Dies war hier glaubhaft nicht der Fall. Auch dies ist im Einzelfall aus der gesamten Verkehrssituation heraus zu beurteilen. Wenn nun hier durch die Baustelle sich zahlreiche weitere Behinderungen ergeben und schon dadurch der Verkehrsfluß nachhaltig beeinträchtigt ist, vermag auch dem kurzzeitigen Abstellen zwecks Ladetätigkeit keine wirklich (zusätzlich quantifizierbare) nachteilige Folge zugemessen werden. Dieser Ermessensspielraum ist insbesondere vor Ort auch dem Organ der Straßenaufsicht eingeräumt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. B l e i e r

Beschlagwortung: 5-Metergrenze, Liefertätigkeit, Verschulden, Auswirkungen

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