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VwSen-590005/9/Ki/Bk

Linz, 16.08.2001

VwSen-590005/9/Ki/Bk Linz, am 16. August 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 9. Kammer (Vorsitzender Dr. Bleier, Beisitzer Dr. Leitgeb, Berichter Mag. Kisch) über die Berufung des HW, vom 2. März 2001, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 16. Februar 2001, Zl. Pol01-31-2001-W, wegen eines Tierhalteverbotes nach dem Oö. Tierschutzgesetz nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 2. August 2001 zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen, der angefochtene Bescheid wird mit der Maßgabe bestätigt, dass als Beginn des Tierhalteverbotes der 1. Februar 2002 bestimmt wird. Die im Anwesen W, Gemeinde G gehaltenen landwirtschaftlichen Nutztiere sind bis zu diesem Zeitpunkt abzugeben.

Rechtsgrundlage:

§ 15 Oö. Tierschutzgesetz, LGBl.Nr. 118/1995 i.d.g.F. iVm § 66 Abs.4 AVG

Entscheidungsgründe:

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 16. Februar 2001, Pol01-31-2001-W, wurde über den Berufungswerber (Bw) ein Tierhalteverbot gemäß § 15 Oö. Tierschutzgesetz dahingehend verhängt, dass ihm die Haltung von landwirtschaftlichen Nutztieren, nämlich Rindern, Schweinen, Ziegen, Schafen und Pferden ab 15. Mai 2001 auf unbestimmte Zeit verboten wurde. Weiters wurde spruchgemäß festgestellt, dass die im Anwesen W, Gemeinde G derzeit gehaltenen landwirtschaftlichen Nutztiere bis zu diesem Zeitpunkt abzugeben sind.

Begründend wurde ausgeführt, dass am 10.11.2000 vom Amtstierarzt der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn festgestellt wurde, dass im Anwesen W vom Bw eine Fleckviehkuh mit einer bezeichneten Ohrmarkennummer über einen längeren Zeitraum nicht ausreichend behandelt worden sei, wobei dem Rind ungerechtfertigt und vorsätzlich Schmerzen und Leiden zugefügt wurden. Die Kuh sei festliegend gewesen und habe eine ca kindskopfgroße offene Stelle gehabt, aus der bereits aasartiger Geruch festgestellt habe werden können. Der Bw habe daher neuerlich eine Tierquälerei zu verantworten.

Bereits im Jahr 2000 sei er von der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn und vom Bezirksgericht Wildshut wegen Tierquälerei rechtskräftig bestraft worden.

Die Behörde habe in Anwendung des § 15 Abs.1 Oö. Tierschutzgesetz zur Hintanhaltung von weiterer Tierquälerei das Verbot der Tierhaltung aussprechen müssen. Auch wenn laut Angabe des Bw dieser sehr an der Landwirtschaft hänge, müsse angenommen werden, dass er aufgrund der Bestrafung und der vom Amtstierarzt neuerlich festgestellten Tierquälerei mit der Tierhaltung überfordert und daher nicht in der Lage sei, für eine ordnungsgemäße Fütterung und Betreuung zu sorgen.

2. Gegen diesen Bescheid hat der Rechtsmittelwerber mit Schreiben vom 2.3.2001 Berufung erhoben. Sinngemäß strebt er eine Aufhebung des Tierhalteverbotes an.

In der Begründung führt er aus, dass er doch gerne mit seiner Landwirtschaft weiter gemacht hätte. Er habe vier Hektar Felder und neun Hektar Wiesen von seiner Mutter und weiters drei Hektar Wiesen von einem Nachbarn gepachtet. Die Landwirtschaft gehöre noch der Mutter, sie sei in einem Pflegeheim und es werde derzeit vom Verkauf des Milchkontingents dazugezahlt. Auch müsse er für eine ledige Tochter noch 2.000 S monatlich bezahlen.

Er habe derzeit 13 trächtige Kühe, vier Kalbinnen und acht Stück Jungvieh. Sollte er das Vieh verkaufen müssen, könne er nicht mehr weiter machen, da der Verkauf von Getreide und Heu zu wenig bringe, wenn man Heu überhaupt verkaufen könne. Er hätte gerne noch seine Kühe als Mutterkühe angemeldet bis 26. März und auskalben lassen, im Herbst die Kühe gemästet und dann verkauft bzw dann mit einer Stiermast weitergemacht.

Er sei 51 Jahre alt und habe schon bei einigen Betrieben gefragt.

Was die kranke Kuh anbelange, so habe es sich um eine schwere Geburt gehandelt. Er habe den Tierarzt nach der Geburt verständigt und der Kuh Uterusstäbe gegeben. Der Tierarzt habe ihr eine Spritze gegeben, er habe eine Salbe bekommen, um die Kuh zu behandeln. Vom Tierarzt sei ihm auch gesagt worden, dass er die Kuh drei Wochen nicht verkaufen dürfe. Nach einiger Zeit habe die Kuh nicht mehr aufstehen wollen, er selbst habe die Kuh jeden Tag aufgestellt. Die Kuh habe am Oberschenkel eine "Riefern" bekommen, die dann aufgegangen sei. Er habe die Wunde mit Kamillentee ausgewaschen und gemeint, dass die Wunde wieder verheilen würde. Der Tierarzt sei während dieser Zeit einmal zur Behandlung im Anwesen gewesen und habe die Kuh auch angeschaut, jedoch nichts gesagt.

Ohne Vieh müsse er die Wiesen verpachten und vier Hektar Felder bewirtschaften, damit er überhaupt versichert sei und schauen, dass er eine Gelegenheitsarbeit bekomme. Er habe vor einiger Zeit eine Frau, die einen neunjährigen Sohn habe, kennen gelernt, vielleicht würde diese zu ihm ziehen. Sie hätte vielleicht Interesse, Bäuerin zu werden und es würde alles wieder besser weitergehen.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn hat die Berufung samt dem bezughabenden Verfahrensakt zunächst dem Amt der Oö. Landesregierung (Polizeiabteilung) vorgelegt. Von diesem wurde der Akt zuständigkeitshalber an den Oö. Verwaltungssenat vorgelegt.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie durch Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung im Gemeindeamt Geretsberg. An dieser Verhandlung nahmen der Bw sowie eine Vertreterin der Erstbehörde teil. Als Zeuge wurde der Amtstierarzt der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn, Dr. Josef S, einvernommen. Weiters wurde am Anwesen des Bw ein Augenschein abgehalten. Ebenfalls wurden im Wege der Bauernkammer Braunau der "Förderstatus" [AMA und ÖPUL] mit Blick auf die Haltepflichten erhoben.

Aus dem vorliegenden Verfahrensakt geht hervor, dass gegen den Bw bereits am 6.3.2000 durch den GP Braunau/Inn Strafanzeige beim Bezirksgericht Wildshut erstattet wurde und zwar mit dem Vorwurf, dass er es als alleinverantwortlicher Bewirtschafter des gegenständlichen landwirtschaftlichen Betriebes unterlassen habe, über einen längeren Zeitraum hindurch seine Rinder ordnungsgemäß zu betreuen und zu füttern. Die Tiere hätten zumindest bis zum 31.1.2000 über längere Zeit hindurch an Hunger gelitten. Von den insgesamt 37 Rindern und zwei Kälbern seien ca 1/3 offensichtlich stark abgemagert. Zwei dieser Tiere seien in einem durch Unterernährung herbeigeführten derart schlechten Gesundheitszustand, dass sie vom Amtstierarzt getötet werden mussten. Bei einer durchgeführten Sektion der Tiere sei festgestellt worden, dass sie über einen längeren Zeitraum hindurch an Hunger und Durst gelitten hätten und ausgehungert gewesen seien. Sie wären auch ohne Tötung durch den Amtstierarzt demnächst verendet.

Diese Angaben in der Anzeige sind durch Aktenvermerke des Amtstierarztes Dr. S sowie durch ein Sektionsprotokoll des Amtstierarztes der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 3.2.2000 belegt.

Herr W wurde daraufhin vom Bezirksgericht Wildshut für schuldig befunden, er habe es mehrere Wochen bis zum 31.1.2000 in G als damaliger Pächter des landwirtschaftlichen Betriebes in G, unterlassen, 37 Rinder und 2 Kälber ausreichend zu ernähren, weshalb 1/3 dieser Tiere stark abgemagert wären, und ihnen so unnötige Qualen zugefügt. Er habe hiedurch das Vergehen der Tierquälerei nach § 222 Abs.1 2. Fall StGB begangen. Darüber hinaus wurde auch durch die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn eine Verwaltungsstrafe nach dem Tierschutzgesetz verhängt.

Am 10.11.2000 erfolgte wiederum eine Tierschutzüberprüfung im Gehöft des Bw durch den Amtstierarzt der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn. Der Amtstierarzt konnte im Rahmen dieses Besuches eine festliegende Fleckviehkuh mit einer bezeichneten Ohrmarkennummer vorfinden. Seiner Auffassung nach dürfte die Kuh schon länger festgelegen sein, da am linken Oberschenkel eine ca kindskopfgroße offene Stelle - aasartiger Geruch - festgestellt werden konnte. Diese Kuh sei am 29.8.2000 aufgrund von Festliegen durch einen Tierarzt behandelt worden, eine weitere Behandlung sei nach Rücksprache nicht vorgenommen worden. Der Amtstierarzt hat das Tier getötet und die Abholung durch die TKV Regau angeordnet. Herr W hat bei der Abholung des Kadavers versucht, diesen zu verstecken, weshalb die Gendarmerie E zur Beihilfe in Anspruch genommen werden musste.

Ein Gutachten des Amtstierarztes der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 10.11.2000 bestätigt den festgestellten Zustand des Tieres.

Auch wegen dieses Vorfalles wurde Herr W wiederum nach § 222 StGB bzw von der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn nach dem Oö. Tierschutzgesetz bestraft.

Bei seiner Einvernahme im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung führte Herr W aus, dass der Hof seiner Mutter gehört habe, sie habe ihn nicht übergeben. Sie sei in der Zwischenzeit verstorben, das Verlassenschaftsverfahren sei jedoch noch im Gange. Er sei seit 1976 Pächter des Hofes, es sei alles so halbwegs gut gelaufen und sie hätten bis 1995 Milch geliefert. Gelegentlich sei ein Kalb verendet, aber es habe nie größere Probleme gegeben. Bis zum Jahre 1996 habe seine Mutter noch mitgearbeitet, dann habe sie nicht mehr arbeiten können und er sei plötzlich ganz alleine zur Arbeit gewesen. Im Jahre 1999 sei seine Mutter entmündigt worden. Er betreibe ausschließlich Viehwirtschaft. Probleme mit kranken Kälbern hätten auch dazu geführt, dass alles etwas verworren wurde und es könnte auch dies die Ursache dafür sein, dass eben die Viehhaltung im Gesamten etwas problematisch geworden sei. Die Ausführungen des Amtstierarztes wären jedoch übertrieben, schließlich gebe es auch bei anderen Bauern immer wieder Probleme.

Er sei nun 52 Jahre alt und sich nicht mehr sicher, ob er noch irgendwo unterkommen könnte. Er habe zwar die Schlosserei erlernt, dies jedoch nicht als Lehrberuf abgeschlossen. Falls er keine Kühe mehr halten könne, könnte er sich auch vorstellen, eine Schweinezucht zu betreiben. Die im Berufungsschriftsatz erwähnte Stiermast dürfte eher weniger bringen und so habe er es sich wieder anders überlegt.

Er habe von seinem Vater ein altes Haus geerbt und bekomme davon kleinere Mieteinnahmen in Höhe von ca 1.900 S pro Monat. Milch verkaufe er keine, die Kühe würden ausschließlich der Zucht dienen, bzw sei die Milch für die Kälber. Das Milchkontingent habe als Einmalzahlung 47.000 S betragen. Er sei heute der Auffassung, dass er mit der Milchlieferung hätte weiter tun und sich dazu vom Maschinenring Arbeitskräfte kommen lassen sollen. Maschinell sei er ausgerüstet mit einem Ladewagen, einer Erntemaschine und drei alten Traktoren, weiters besitze er einen Häcksler.

Er bezahle im Jahr 64.000 S an Sozialversicherungsbeiträgen und sei weiters für ein Kind sorgepflichtig, er habe 2.000 S zu bezahlen.

Der Amtstierarzt der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn, Dr. JS, bestätigte bei seiner zeugenschaftlichen Einvernahme im Wesentlichen die im Akt festgestellten Sachverhalte. Er sei auf die Situation durch einen Anruf aufmerksam geworden. Seiner Meinung nach sei der Zusammenhang so gegeben gewesen, dass die Mutter des Bw in das Pflegeheim gebracht wurde. Aus diesem Anlass dürften auch andere Personen am Gehöft gewesen sein und dabei könnte möglicherweise aufgefallen sein, dass bei der Tierhaltung etwas nicht in Ordnung sei. Er sei aus diesem Anlass das erste Mal zu dem Hof des Herrn W gefahren und habe sich die Situation angeschaut. Er hätte dann mit dem Bw besprochen, welche Maßnahmen zu treffen sind, damit es einer ordnungsgemäßen Tierhaltung gleichkomme. Bei der damaligen erstmaligen Kontrolle habe er feststellen müssen, dass große Mengen von Mist nicht aus dem Stall entfernt worden wären. Es seien dies Maßnahmen, wo er der Meinung sei, dass mit einem gewissen zumutbaren Arbeitseinsatz die Situation wieder in Ordnung gebracht werden könnte. Er sei in der Folge einige Male zum Bw hingefahren, dies bei sich bietenden Gelegenheiten. Mit gewissem Nachdruck seien von Herrn W die nötigen Arbeiten zunächst erledigt worden, jedenfalls wären einvernehmliche Lösungen gesucht worden, dies zum Nutzen der Tiere. In der Folge sei am 28.1.2000 wieder ein Anruf erfolgt, dass im Hof des Herrn W etwas nicht passe und er sei daraufhin am 31.1.2000 in den Betrieb gefahren, um die Angelegenheit zu überprüfen. Bei dieser Kontrolle sei die Situation insoferne dramatisch gewesen, als er auch festliegende Tiere vorgefunden habe. Diese Tiere seien auch hochgradig abgemagert gewesen und hätten nicht mehr aufstehen können, er habe zwei festliegende Tiere an Ort und Stelle sofort töten müssen. Nach seinem Erfahrungsstand seien diese Tiere hochgradig aufgelegen gewesen.

Er habe den Eindruck, dass in letzter Konsequenz Herrn W der innere Antrieb dazu fehle, etwas zu machen. Die Betreuung von 30 Tieren benötige einen Zeitaufwand von ca zwei bis drei Stunden täglich. Es handle sich im vorliegenden Falle um Mutterkühe, welche ja nicht zu melken wären. Er sei der Auffassung, dass die Arbeit im konkreten Fall machbar wäre. Herr W habe auch gewusst, dass er bei passender Gelegenheit kontrolliert werde, er selbst habe ihm dies angekündigt.

Der Bw führte dazu aus, dass er die Tiere deshalb nicht selbst getötet habe, weil er glaubte, sie würden wieder gesund werden.

Der Amtstierarzt führte weiters aus, dass er immer wieder beratend auf Herrn W eingewirkt habe. Es sei gemeinsam darüber nachgedacht worden, wie das Problem gelöst werden könnte, damit Herrn W die Existenzgrundlage erhalten bleibe, dies auch in Zusammenarbeit mit dem Sachwalter der Mutter. Er habe versuchen wollen, den gegenständlichen Betrieb auf ein durchschnittliches Niveau zu bringen.

Nachdem Herr W trotz seiner Bemühungen nicht für eine ordnungsgemäße Tierhaltung sorgen konnte, habe er zunächst versucht zu veranlassen, dass er die Tiere abgibt. Letztlich habe er dann aus sozialen Überlegungen eine reduzierte Tierhaltung gestattet, zumal davon auch Förderungen im Zusammenhang mit Haltefristen abhängig waren. Herrn W seien zwölf Kühe und eine Kalbin weiter belassen worden. In der Folge habe nach einer weiteren Kontrolle Herr W die Stallung in Ordnung gebracht. Die erforderlichen Arbeiten seien erledigt worden. Im Zuge einer Strafverhandlung habe er Herrn W mitgeteilt, dass er weitere Kontrollen durchführen werde.

Am 10.11.2000 sei er zufällig wieder zum Hof des Herrn W gekommen und habe dort wiederum eine festliegende Kuh feststellen müssen. Die Kuh sei von ihm getötet worden und es sei wiederum eine Sektion durchgeführt worden. Die Kuh sei bereits am 29.8. wegen Festliegens behandelt worden. Der behandelnde Tierarzt habe ihm mitgeteilt, dass dieser Herrn W über die Schwere der Verletzung bzw dass die Chancen für eine Heilung gering wären, informiert habe. Die Kuh sei sohin zehn Wochen festgelegen, was auch die Ursache für die massiven Veränderungen sein dürften. Er könne natürlich nicht sagen, ob die Kuh in dieser Zeit aufgestellt wurde oder nicht.

Der Bw führte über Befragen aus, dass er zwar arbeitsfähig wäre, es würde aber wahrscheinlich Probleme geben, eine Arbeit zu finden. Was die Weiterbewirtschaftung des Hofes anbelangt, so sei er noch am Überlegen, allenfalls könnte er sich eine Zuchtschweinehaltung vorstellen. Eine Feldwirtschaft sei nicht möglich, da die Grundflächen zu klein wären. Er habe zunächst Volks- und Hauptschule absolviert und wollte dann technischer Zeichner werden. Schließlich habe er jedoch am landwirtschaftlichen Hof arbeiten müssen.

Beim anschließenden Lokalaugenschein wurden in einem Stallgebäude, welches ursprünglich als Milchkammer verwendet wurde, 14 Mutterkühe und weiters 16 Jungtiere vorgefunden. Der Ernährungszustand der Tiere war in Ordnung. Teilweise waren diese jedoch verschmutzt. Der Amtstierarzt nannte als Ursache dafür, dass nicht entsprechend ausgemistet wurde. Überdies war vor einer Box ein Stacheldraht angebracht. Der Bw begründete dies damit, dass dies verhindern soll, dass ein Tier aus der Box springen könne. Der Amtstierarzt erklärte dazu, dass eine solche Vorgangsweise nicht üblich sei, zumal sich das Tier verletzen könnte.

Der Gesamtzustand des Gehöfts musste als nicht optimal - eher schon stark herabgewirtschaftet - bezeichnet werden.

Schließlich erklärte der Bw, dass er im Hinblick auf den Todesfall seiner Mutter im Augenblick "nicht so gut drauf" wäre. Er habe keine Schulden aber auch kein Einkommen.

Laut einer Schätzung des Amtstierarztes würde Herr W bei einem Verkauf der Mutterkühe pro Kuh ca 7.000 S erhalten. Für den derzeitigen Viehbestand (einschließlich der Jungtiere) würde er ca 150.000 S bis 160.000 S bekommen. Wie viel der Erlös aus einem allfälligen Verkauf des vom Vater geerbten Hauses in G erbringen würde, konnte der Bw nicht sagen.

Der Bw erklärte weiters, dass er sich bisher noch nirgends erkundigt habe, ob er noch irgendwo Arbeit finden könnte. Abschließend erklärte der Bw dann, dass er am Liebsten mit den Mutterkühen weitermachen wolle und ersuchte, dass der Berufung Folge gegeben werde, zumal ohne Tierhaltung seine Existenz zerstört wäre.

Dazu wird seitens des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich zunächst festgestellt, dass die Aussagen des als Zeugen einvernommenen Amtstierarztes der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn schlüssig sind. Seine Aussagen konnten insbesondere durch den vorgenommenen Augenschein verifiziert werden. Auch geht aus den Aussagen glaubwürdig hervor, dass sich der Amtstierarzt stets bemüht hat, dem Bw bei der Lösung seiner Probleme zu helfen. Es bestehen sohin keine Bedenken, die Aussagen des Zeugen der Entscheidung zugrunde zu legen.

Eine Recherche bei der Bezirksbauernkammer hat ergeben, dass hinsichtlich erteilter Förderungen für die Mutterkuhhaltung eine Haltefrist bis zum 23.9.2001 bzw aus dem ÖPUL-Förderprogramm eine Haltepflicht von sieben Großvieheinheiten bis zum 31.12.2001 gegeben ist.

5. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens ergibt sich nachstehender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

Der Bw hat im Jahre 1976 die gegenständliche Landwirtschaft von seiner Mutter gepachtet und diese zunächst mit ihr gemeinsam bewirtschaftet. Bis zum Jahre 1995 wurde auch Milch geliefert, in der Folge wurde dann auf Tierzucht umgestellt. Ab dem Jahre 1996 musste sich der Bw alleine um die Landwirtschaft kümmern, zumal seine Mutter nicht mehr arbeitsfähig war und überdies musste sie in der Folge in ein Pflegeheim eingewiesen werden. Offensichtlich im Zusammenhang mit der Einlieferung der Mutter in das Pflegeheim kam hervor, dass am Hof mit der Tierhaltung etwas nicht in Ordnung ist. Aus diesem Anlass wurde vom Amtstierarzt der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn eine Kontrolle vorgenommen, insbesondere wurde vom Amtstierarzt festgestellt, dass große Mengen von Mist nicht entfernt worden sind. Es wurden dann vom Amtstierarzt Maßnahmen vorgeschlagen, um wiederum zu einer ordnungsgemäßen Tierhaltung zu gelangen. Der Amtstierarzt hat dann in der Folge mehrere Kontrollen durchgeführt und er konnte mit gewissem Nachdruck erreichen, dass von Herrn W die nötigen Arbeiten erledigt wurden.

Zufolge eines Anrufes vom 28.1.2000 hat der Amtstierarzt am 31.1.2000 eine Kontrolle im Betrieb des Herrn W durchgeführt und bei dieser Kontrolle wurden festliegende Tiere vorgefunden. Überdies wurde festgestellt, dass die Tiere auch hochgradig abgemagert waren. Zwei festliegende Tiere mussten an Ort und Stelle sofort vom Amtstierarzt getötet werden. Der Amtstierarzt hat daraufhin zunächst veranlasst, dass Herr W die Tiere abzugeben habe, letztlich wurde Herrn W aus sozialen Überlegungen eine reduzierte Tierhaltung gestattet. Es wurden ihm 12 Kühe und eine Kalbin weiter belassen. Bei weiteren Kontrollen durch den Amtstierarzt konnte dieser zunächst feststellen, dass die Stallung in Ordnung war bzw die erforderlichen Arbeiten erledigt wurden.

Herr W wurde wegen des Vorfalles vom Bezirksgericht Wildshut gemäß § 222 StGB bzw durch die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn nach dem Oö. Tierschutzgesetz verurteilt.

Bei einer zufällig vorgenommenen Kontrolle am 10.11.2000 hat dann der Amtstierarzt wiederum eine festliegende Kuh festgestellt. Diese Kuh musste getötet werden und es kam heraus, dass bereits am 29.8.2000 eine tierärztliche Behandlung wegen dieses Festliegens erfolgt ist. Obwohl Herr W vom behandelnden Tierarzt über die Schwere der Verletzung bzw die geringen Chancen für eine Heilung informiert wurde, hat er keine effizienten Maßnahmen gesetzt, um die Leiden dieses Tieres zu beenden.

Auch dieser Vorfall führte wiederum zu einer Verurteilung nach § 222 StGB bzw nach dem Oö. Tierschutzgesetz.

In der Zwischenzeit ist die Mutter des Bw verstorben, das Verlassenschaftsverfahren ist noch nicht beendet.

Im Zusammenhang mit gewährten Förderungen sind überdies Behaltefristen (siehe Pkt. 4) vorgesehen.

6. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat rechtlich wie folgt erwogen:

Gemäß § 15 Abs.1 Oö. Tierschutzgesetz kann die Behörde Personen, die mindestens drei Mal wegen Übertretungen dieses Landesgesetzes oder einmal wegen des Vergehens der Tierquälerei nach § 222 StGB bestraft wurden, das Halten oder das Verwahren von Tieren verbieten oder an Befristungen, Auflagen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen binden, wobei die Art und Schwere der Übertretung und die mit der Beschränkung verbundenen Folgen für den Täter, insbesondere in wirtschaftlicher Hinsicht, abzuwägen sind.

Gemäß § 15 Abs.2 leg.cit. sind die Dauer und der Umfang von Verboten oder Einschränkungen nach Abs. 1 weiters so festzulegen, dass aufgrund der den Übertretungen zugrunde liegenden Sinnesart des Täters unter Berücksichtigung seines bisherigen Verhaltens angenommen werden kann, dass er in Hinkunft die Bestimmungen dieses Landesgesetzes einhalten, kein weiteres tierquälerisches Verhalten setzen und sich den Anforderungen des Tierschutzes entsprechend verhalten wird.

Der Bw wurde mittlerweile zweimal nach § 222 StGB bestraft, dies deshalb, weil er, wie oben ausführlich dargelegt wurde, Tiere auf gravierende Art und Weise vernachlässigt hat und ihnen so unnötige Qualen zufügte. Zielbestimmung des Oö. Tierschutzgesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen (§ 1 Abs.1). Das oben dargelegte Verhalten des Bw steht zu dieser Zielbestimmung in krassem Widerspruch, sodass im Interesse des Lebens und des Wohlbefindens der Tiere behördlicherseits entsprechende Maßnahmen, wie eben das gegenständliche Tierhalteverbot, anzuordnen sind.

Dagegen abzuwägen sind die mit der Beschränkung verbundenen Folgen für den Täter, insbesondere in wirtschaftlicher Hinsicht. Dazu wird festgestellt, dass es offensichtlich dem Bw ohne die Tierhaltung nicht mehr möglich sein wird, den landwirtschaftlichen Betrieb im Vollerwerb weiterzuführen, zumal die vorhandenen Grundflächen für eine andere Bewirtschaftung zu klein sind. Dies wirkt sich natürlich in wirtschaftlicher Hinsicht nachteilig für den Bw aus. Andererseits sind für den Bw durch den Verkauf der noch vorhandenen Tiere bzw allenfalls der landwirtschaftlichen Grundflächen Einnahmen zu erwarten, die zur Bestreitung seines weiteren Lebensunterhaltes beitragen können. Dazu kommen noch Mieteinnahmen aus einem geerbten Haus. Weiters besteht für den Bw trotz seines Lebensalters von 52 Jahren noch immer die Möglichkeit, dass er auch anderweitig eine Arbeit finden könnte, laut seinen Angaben hat er sich diesbezüglich noch nicht entsprechend gekümmert.

Bei Abwägung aller relevanten Umstände ist auch zu berücksichtigen, dass der Bw mit der gegenständlichen Tierhaltung offensichtlich überfordert ist. Er hat zunächst die Wirtschaft gemeinsam mit seiner Mutter geführt bzw hat es den Anschein, dass er sich von seiner Mutter stets führen ließ und er nie selbständig geworden ist. Nachdem seine Mutter nicht mehr mitarbeiten konnte, war er auf sich allein gestellt und dieser Umstand dürfte den Bw völlig überfordern. Ein Anzeichen dafür ist auch, dass letztlich der gesamte landwirtschaftliche Betrieb sich in einem eher schon verwahrlosten Zustand befindet. Dem Bw fehlt offensichtlich der innere Antrieb dafür, den Betrieb nach den Regeln einer durchschnittlichen ordnungsgemäßen landwirtschaftlichen Bearbeitung zu führen. Es hat den Anschein, dass die Tierhaltung für den Bw eher eine Belastung darstellt und er dieser Belastung permanent nicht gewachsen ist, zumal es ihm trotz intensiver Beratung durch den Amtstierarzt nicht gelungen ist, auf Dauer eine ordnungsgemäße Tierhaltung zu garantieren. Dazu kommt noch, dass Herr W auch ein eher uneinsichtiges Verhalten zeigt und er überdies sich nicht im Klaren ist, wie er den Betrieb tatsächlich weiterführen möchte. Hat er in seiner Berufung zunächst ausgeführt, er möchte eine Stierzucht betreiben, so sprach er im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung zunächst von einer Schweinezucht, um letztlich doch wiederum auf eine Mutterkuhhaltung zurückzukommen. All diese Umstände müssen zu dem Schluss führen, dass aus der Sinnesart des Herrn W bzw unter Berücksichtigung seines bisherigen Verhaltens nicht angenommen werden kann, dass er künftighin eine ordnungsgemäße und zumindest mit den Zielen des Oö. Tierschutzgesetzes übereinstimmende Tierhaltung betreiben könnte, weshalb auch von einer bloßen Androhung im Sinne des § 15 Abs. 3 Oö. Tierschutzgesetz Abstand genommen werden mußte.

In Abwägung all der dargelegten Umstände gelangt daher die Berufungsbehörde zur Auffassung, dass das angefochtene Tierhalteverbot zu Recht ausgesprochen wurde, weshalb die Berufung als unbegründet abzuweisen war.

In Anbetracht der wirtschaftlichen Situation war jedoch der Beginn des Tierhalteverbotes auf den spruchgemäß festgelegten Zeitpunkt festzusetzen, zumal Herr W einerseits die Möglichkeit haben sollte, sich um eine anderweitige Beschäftigung umzusehen bzw dass er für eine wirtschaftlich optimale Lösung im Zusammenhang mit der Veräußerung der Tiere Sorge tragen kann. Auch steht der Bw derzeit noch im Genuss von Förderungen, welche er bei sofortiger Wirksamkeit zurückzahlen müsste. Es wird im konkreten Falle durchaus als vertretbar erachtet, Herrn W einen verlustfreien Ausstieg mit Blick auf die noch laufenden Förderungen zu ermöglichen. Die Haltefrist für die Mutterkuhhaltung läuft bis zum 23.9. d. J., weiters besteht noch eine Haltepflicht von sieben Großvieheinheiten bis zum 31.12. d.J. Bei entsprechender veterinärmedizinischer Kontrolle durch den Amtstierarzt ist zu erwarten, dass mit einer Tierhaltung, welche mit der Zielbestimmung des Oö. Tierschutzgesetzes vereinbar ist, bis zum Ablauf der gewährten Frist gerechnet werden kann.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht 181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. B l e i e r

Beschlagwortung:

Tierhalteverbot nach Oö. Tierschutzgesetz - Abwägung der Ziele d. Gesetzes und den mit der Beschränkung vorhandenen Folgen

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