Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-590069/5/WEI/An VwSen590070/5/WEI/An

Linz, 01.04.2005

 

 VwSen-590069/5/WEI/An
VwSen-590070/5/WEI/An
Linz, am 1. April 2005

DVR.0690392
 
 

 
 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des J P, geb. H, L, vom 9. August 2004 gegen die Bescheide des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 7. Juli 2004, Zl. 933-3, und vom 23. Juli 2004, Zl. 933-3 betreffend Maßnahmen nach dem Oö. Hundehaltegesetz 2002 (LGBl Nr. 147/2002) beschlossen und zu Recht erkannt:

 

 

  1. Zur Entscheidung im Berufungsverfahren gegen den Bescheid vom 7. Juli 2004 betreffend Untersagung der Hundehaltung ist der Oö. Verwaltungssenat sachlich nicht zuständig, da diese Angelegenheit im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde wahrzunehmen ist. Der Antrag auf Aufhebung dieses Bescheids in der Berufung wird daher zurückgewiesen.
  2.  

  3. Der Berufung gegen den Bescheid vom 23. Juli 2004 betreffend Entziehung des Eigentums am Schäferhund, Rufname R, Hundemarke, wird Folge gegeben und dieser Bescheid zur Gänze aufgehoben.

 
Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991;
 
 
 
 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz wurde über den Berufungswerber (Bw) wie folgt abgesprochen:

 

"Vom Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz als Bezirksverwaltungsbehörde ergeht nachfolgender

 

Spruch

 

  1. Ihnen wird als Hundehalter das Eigentum an dem Schäferhund, Rufname R, Hundemarke, entzogen.
  2.  

  3. Sie haben die Kosten und Gefahr einer Veräußerung oder Unterbringung in einem behördlich bewilligten Tierheim zu tragen.
  4.  

  5. Wegen Gefahr in Verzug wird die aufschiebende Wirkung ausgeschlossen.

 

Rechtsgrundlagen i.d.g.F.:

§§ 1, 19 Oö. Hundehaltegesetz 2002, LGBl.Nr. 147/2002

§§ 56 ff, 64 AVG, BGBl.Nr. 51/1999"

 

1.2. Begründend führt die belangte Behörde nach Wiedergabe des § 9 Abs 1 Z 6, Abs 2 und Abs 3 Oö. Hundehaltegesetz 2002 zum wesentlichen Sachverhalt Folgendes aus:

 

"Aufgrund verschiedener Vorfälle wurden sie vom Magistrat Linz, Gesundheitsamt, Abt. Veterinärdienst, schon mehrmals zur amtsärztlichen Untersuchung mit Ihrem Hund aufgefordert, welche jedoch von Ihnen nicht wahrgenommen wurden. In der Folge wurde aufgrund der Aktenlage ein veterinärmedizinisches Amtssachverständigengutachten erstellt, welches beeinhaltet, dass Sie nicht in der Lage sind, einen Hund so zu halten, dass Gefährdungen von Mensch und Tier abgewendet werden können.

 

Mit Bescheid vom 7.7.2004 wurde Ihnen die generelle Hundehaltung untersagt. Weiters wurden Sie aufgefordert, Ihren Hund (Schäfer, Rufname R, Hundemarke) binnen 14 Tagen wegzugeben.

 

Aufgrund einer neuerlichen Anzeige durch die Bundespolizeidirektion Linz wegen fahrlässiger Körperverletzung (Hundebiss durch Hund R am 13.7.2004) war daher von Gefahr in Verzug auszugehen und Ihnen mit sofortiger Wirkung das Eigentum an ihren beiden Hunden zu entziehen.

 

Die allenfalls durch die Hundeveräußerung bzw. Unterbringung in einem behördlich bewilligten Tierheim auftretenden Kosten sind von Ihnen zu tragen.

 

Grundsätzlich haben rechtzeitig eingebrachte Berufungen aufschiebende Wirkung. Die aufschiebende Wirkung kann jedoch ausgeschlossen werden, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr in Verzug dringend geboten ist. Aufgrund der laufenden Vorfälle, dass Ihr Hund für Menschen eine ernsthafte Gefahr darstellt, ist die aufschiebende Wirkung auszuschließen."

 

1.3. Gegen diesen Bescheid, der für den Bw nach zwei vergeblichen Zustellversuchen am 23. und 26. Juli 2004 bei der belangten Behörde zur Abholung ab 27. Juli 2004 bereitgehalten und vom Bw am 6. August 2004 übernommen wurde, richtet sich die vorliegende Berufung vom 9. August 2004, die am 10. August 2004 bei der belangten Behörde rechtzeitig einlangte. Der Bw brachte die Berufung mit Beilagen am 13. August 2004 zusätzlich beim Oö. Verwaltungssenat ein.

 

1.4. In der Berufung gesteht der Bw zwar zu, dass es verschiedene Vorfälle gegeben habe, hält aber die Feststellungen der belangten Behörde dazu für unzutreffend.

 

Die Ladung zur amtsärztlichen Untersuchung vom 15. Jänner 2004, Zl. 303-K-IV-2004/fe/pa, habe er erst am 1. Februar 2004 im Briefkasten vorgefunden, weil er vom 17. Dezember 2003 bis einschließlich 30. Jänner 2004 auf Weihnachtsurlaub im Ausland gewesen wäre. Eingetragene Ortsabwesenheit beim Hauptpostamt und Grenzstempel im Pass würden dies bestätigen.

 

Zur Untersuchung mit dem Hund wäre er bereits am 17. Dezember 2003 vor der Urlaubsreise gewesen. Aus der dazu vorgelegten Kopie Nr. 2 soll dies hervorgehen. (Das Datum "17.12.2003" auf der Kopie der Seite 2 eines Gesundheitszeugnisses wurde rechts oben nur handschriftlich beigefügt). Der Hund sei schon am 16. und 26. Juli 2004 tierärztlich untersucht worden. Dazu geht aus einer weiteren Kopie hervor, dass der schwarzbraune Schäferhund R am 26. Juli 2004 im Tierambulatorium F tierärztlich auf Tollwut untersucht wurde, wobei keine Anhaltspunkte dafür festgestellt werden konnten. Der klinische Befund lautete: "RUHIG u. AUFMERKSAM". Der Bw führt weiter aus, dass beim Hund noch nie Krankheitssymptome oder Aggressivität festgestellt worden wäre.

 

Die in der Bescheidbegründung auf Seite 2 erwähnte Haltung von zwei Hunden entspreche nicht der Wahrheit. Der Bescheid über die Untersagung der Hundehaltung sei nicht rechtskräftig. Dem Magistrat wären auch Kopien von einer bestehenden Hundeversicherung und von einem Sachkundenachweis für Hundehalter nachgereicht worden.

 

Bei einer Prüfung BGH 1 im Juli 2003 hätte R 80 Punkte und damit die Bewertung gut erreicht. Auch den Kurs BGH 2 besuche er, aus Zeitgründen aber nicht die Prüfung. Den Befehl zum Beißen kenne R nicht und sei ihm dieser auch nie gelehrt worden. Niemand könne behaupten, dass R jemanden ohne jeglichen Grund gezwickt oder gebissen hätte.

 

Zum Vorfall in der Altstadt im Dezember 2003 berichtet der Bw, dass er R gerade an die Leine nehmen wollte, als er von hinten einen Schlag auf seinen gebrochenen Rückenwirbel erhalten hätte. Daraufhin hätte er sich reflexartig mit ausgestrecktem Arm umgedreht und "die angeheiterte bekommt eine Ohrfeige". Zwei Türsteher hätten ihn dann bis zum Eintreffen der Polizei festgehalten. Der Hund R wäre in der Zwischenzeit von 3 bis 4 jungen Personen mit Gewalt am Halsband um die Ecke gezerrt worden. Seinen Begleiter L hätte er mehrmals ersucht, den Hund zu holen. Die Leute hätten den Hund festgehalten, obwohl er fremd war, und somit habe er gebissen.

 

Beim Vorfall im Juni 2004 beim Imbissstand Schillerpark habe er zu dem Herrn gesagt, er möge den Hund in Ruhe lassen. Er habe gerade bezahlt und der Hund wäre an der Leine gewesen.

 

Im Juli 2004 habe er den Hund am Bulgariplatz auf der großen Verkehrsinsel (Wiese mit ca. 10 großen Bäumen) an einen Baum angeleint. Zwei Männer hätten R geärgert, wodurch er unruhig geworden wäre und sich in der Leine verhängt hätte. Als ein Polizeifahrzeug kam, habe ein Beamter dem angehängten R helfen wollen. Da der Hund nicht wissen konnte, was der Mann mit ihm vorhatte, zwickte er ihn vermutlich aus Angst in den Arm. Im Wachzimmer hätte ein Kollege dem Bw erklärt, er wäre nicht zum Hund gegangen, aber der andere Beamte hätte auch einen Hund zu Hause. Der Bw meint dazu, dass der Polizeibeamte habe wissen müssen, dass man zu einem fremden Hund, der angeleint ist, nicht hingeht und herumfuchtelt.

 

Abschließend stellt der Bw die Berufungsanträge, der Unabhängige Verwaltungssenat möge der Berufung Folge geben und die Bescheide vom 7. und 23. Juli 2004 aufheben.

 

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgender wesentliche S a c h v e r h a l t :

 

2.1. Der Anzeige des Wachzimmers Landhaus vom 11. Dezember 2003 ist zu entnehmen, dass der Bw nach Angaben von Zeugen seinen Hund mit dem Kommando "Fass" auf zwei Raufende gehetzt haben soll. Einen habe der Hund in den Unterarm gebissen, wobei er eine kleine Wunde erlitten hätte. Diese unbekannte Person hatte sich noch vor Entreffen der Polizei entfernt. Die Zeugin A W habe den Bw daraufhin angesprochen. Nach kurzem Wortwechsel habe ihr der Bw eine Ohrfeige versetzt. Er sei dann von Türstehern festgehalten worden. Die Altstadtbesucherin Z S packte nach eigenen Angaben den frei herumlaufenden Hund am Halsband und ging mit ihm hinter ein Hauseck, wobei sie sich neben den Hund kniete, um ihn zu beruhigen. Plötzlich habe sie der Hund in die Oberlippe gebissen. Sie wurde mit der Rettung ins UKH Linz gebracht und ambulant behandelt.

 

2.2. In einer Stellungnahme des Amtstierarztes vom 29. Jänner 2004 wurde bloß auf Grund des Aktenstudiums geschlossen, dass es sich um ein gefährliches Tier nach dem § 6 Oö. PolStG und um einen auffälligen Hund nach dem Oö. Hundehaltegesetz 2002 handeln würde. Ferner wird auf die nötige Sachkunde und Verlässlichkeit von Personen nach dem Oö. Hundehaltegesetz 2002 hingewiesen, die einen auffälligen Hund halten. Dies sei beim Bw offensichtlich nicht der Fall. Es werde eine Hundeabnahme und Untersagung der Hundehaltung vorgeschlagen.

2.3. Nach der Anzeige der BPD Linz vom 13. Juni 2004 wurde der offensichtlich alkoholisierte H H bei den Imbissständen Schillerplatz vom Hund des Bw durch einen Biss im Gesicht verletzt. H war zur Schilderung des Vorfalls nicht in der Lage. Der Bw hatte sich bereits entfernt.

2.4. Nach fruchtloser Aufforderung zur Rechtfertigung vom 1. Juli 2004 hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 7. Juli 2004, Zl. 933-3, wie folgt abgesprochen:

"Spruch

  1. Zur Vermeidung von Gefährdungen und unzumutbaren Belästigungen von Menschen und Tieren wird Ihnen ab sofort (ab Zustellung dieses Bescheides) die Haltung von Hunden untersagt.
  2. Sie haben binnen zwei Wochen nach Rechtskraft des Untersagungsbescheides den Nachweis zu erbringen, dass Sie nicht mehr Halter des Hundes Schäfer, Rufname R, Hundemarke, sind.

Rechtsgrundlagen i.d.g.F.:

§§ 9, 13 Oö. Hundehaltegesetz 2002, LGBl.Nr. 147/2002,

§§ 56 ff AVG, BGBl.Nr. 51/1999"

Begründend wird auf die Vorfälle mit dem Hund des Bw vom 7. Dezember 1993 und 13. Juni 2004 und darauf verwiesen, dass der Bw einer Auforderung zur amtstierärztlichen Untersuchung nicht nachgekommen war. Laut Gutachten auf Grund der Aktenlage sei der Bw nicht in der Lage, einen Hund so zu halten, dass Gefährdungen von Mensch und Tier abgewendet werden können. Außerdem habe der Bw auch den Nachweis einer Haftpflichtversicherung für den Hund noch nicht erbracht. Der Bw habe binnen zwei Wochen nach Rechtskraft des Untersagungsbescheids den Nachweis zu erbringen, dass er nicht mehr Halter des Hundes ist, widrigenfalls auf die gesetzlichen Folgen hingewiesen wird.

Gegen diesen Bescheid vom 7. Juli 2004 betreffend Untersagung der Hundehaltung brachte der Bw am 19. Juli 2004 rechtzeitig Berufung ein.

2.5. Ein Schreiben der belangten Behörde vom 2. Juni 2004 betreffend Erbringung des Nachweises einer Haftpflichtversicherung über eine Deckungssumme von 730.000 Euro für den Hund hat der Bw mit einem Beiblatt zurückgesendet, auf dem folgender handschriftliche Vermerk angebracht wurde:

"Der Hund ist bereits an einen anderen Hundehalter abgegeben worden, somit wird kein Vers. Nachweis mehr notwendig sein.

2.07.04 J. P"

 

2.6. Mit Anzeige der BPD Linz vom 15. Juni 2004 wird über einen Vorfall vom 30. März 2004 berichtet, bei dem der Hund des Bw im Lokal "N " den A P in die linke Hand gebissen hat. Nach der Verletzungsanzeige des AKH war die Bissverletzung dem Grade nach leicht. P gab am 22. April 2004 niederschriftlich an, dass er im Lokal an der Bar stand, als ihn etwas an den Beinen streifte. Ohne nach unten zu sehen, hätte er in einer Reflexbewegung auf seine Beine gegriffen und im selben Moment einen starken Schmerz in seiner linken Hand verspürt, weil ihn ein Schäferhund gebissen hatte. Laut Bericht der BPD Linz, Wachzimmer Polizeidirektion, vom 15. Juni 2004 war der Bw als Hundebesitzer zu keiner Aussage bereit.

 

2.7. Mit weiterer Anzeige der BPD Linz vom 13. Juli 2004 berichtet ein Polizeibeamter, dass am 13. Juli 2004 um 08.30 Uhr im Zuge des Streifendienstes ein an einem Baum am Bulgariplatz angeleinter Schäferhund vorgefunden wurde, der sich nach Angaben einer Schülerin schon seit 08.00 Uhr dort befand. Da sich die Leine um den Fuß des Hundes gewickelt hatte, begab sich der Beamte zum Hund, um ihn aus seiner Lage zu befreien. Nachdem der Hund befreit war, hätte er sich plötzlich und völlig unerwartet im rechten Unterarm des Polizeibeamten verbissen und diesen verletzt. Er erlitt mehrere Bisswunden am rechten Unterarm und am linken Ringfinger. Der Hund schnappte nach allen sich nähernden Personen und konnte auch von der Feuerwehr nicht abtransportiert werden. Die Beamten erhoben in der Folge, dass der Hundebesitzer im nahegelegenen AMS einen Kurs besuchte. Der verständigte Bw kam dann um 09.10 Uhr zum Hund und legte ihm einen Beißkorb an. Er war ungehalten und beschimpfte den Polizisten, der sich danach zur ambulanten Behandlung ins UKH begab. Schon am Vortag soll der Hund zwischen 09.00 Uhr und 12.30 Uhr angeleint worden sein.

 

Nach diesem Vorfall hat die belangte Behörde ohne weitere Erhebungen den angefochtenen Bescheid erlassen.

 

2.8. Zum Vorfall vom 13. Juni 2004 betreffend Verletzung des H H hat die belangte Behörde offenbar nachträglich weitere Unterlagen erhalten. Aus der Verletzungsanzeige des AKH Linz ergibt sich ein leichter Verletzungsgrad. Bei seiner niederschriftlichen Vernehmung durch die BPD Linz am 27. Juni 2004 gab H an, dass er dem frei herumlaufenden Hund mit Einverständnis des Hundebesitzers eine Wurst fütterte. Nachdem der Hund ein paar Wurststücke aus der Hand gefressen hatte, warf H in leicht gebeugter Haltung ein Wurststück in die Luft. Der Hund sprang dabei hoch, um die Wurst zu fangen und streifte beim "Landen" H am Kopf und im Gesicht. Dieser wurde dabei verletzt und erlitt Risswunden an der rechten Schläfe und an der Oberlippe. Ob ihn der Hund mit den Zähnen oder den Krallen streifte, konnte H nicht angeben. Die Betreiberin des Würstelstands verständigte die Rettung. Der Hundebesitzer entfernte sich mit dem Hund noch vor deren Eintreffen. Im AKH wurden die Wunden genäht.

 

Nach dem Bericht der BPD Linz vom 11. August 2004, Zl. II/1586/04/OPP, kam der Bw zwei schriftlichen Ladungen nicht nach und konnte auch an seiner Wohnanschrift nicht angetroffen werden. Zur Verletzung des H hält es der Polizeibericht für wahrscheinlich, dass dieser beim beschriebenen Fütterungsvorgang durch die Krallen und nicht durch einen Biss verletzt worden war.

 

Dem Bericht ist weiter zu entnehmen, dass der Hund im Tierheim Linz untergebracht war und am 16. Juli 2004 tierärztlich untersucht wurde. Nach dem aktenkundigen tierärztlichen Zeugnis über das Ergebnis der ersten Untersuchung aus Anlass des Vorfalls vom 13. Juli 2004 (Bissverletzung des Polizeibeamten L) wurden keine Anhaltspunkte auf Wutkrankheit festgestellt. Der klinische Befund lautete: "Allgemeinverhalten lebhaft & aufmerksam; Pupillarreflex beiderseits prompt; sonst o.B."

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt festgestellt, dass der angefochtene Bescheid schon nach der Aktenlage aufzuheben war.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Nach den Begriffsbestimmungen des § 1 Abs 2 Oö. Hundehaltegesetz 2002 bedeutet im Sinne dieses Landesgesetzes:

 

"1. auffälliger Hund: ein Hund, bei dem auf Grund bestimmter Tatsachen von einem erhöhten Gefährdungspotential für Menschen und Tiere ausgegangen werden kann. Als auffällig gilt jedenfalls ein Hund, der

 

  1. einen Menschen oder ein Tier durch Biss schwer verletzt hat, ohne selbst angegriffen oder provoziert worden zu sein, oder
  2. wiederholt Menschen gefährdet hat, ohne selbst angegriffen oder provoziert worden zu sein, oder
  3. wiederholt gezeigt hat, dass er unkontrolliert zum Hetzen oder Reißen von Wild oder Vieh neigt;

 

2. Hundehalter(in): die Person, die im eigenen Namen darüber zu entscheiden hat, wie der Hund zu verwahren oder zu beaufsichtigen ist;

 

... "

 

Die Legaldefinition des Hundehalters entspricht in etwa der herkömmlichen Auffassung zum Tierhalter in der zivilrechtlichen Judikatur (vgl RV Blg 1145/2001 zum kurzschriftlichen Bericht des Oö. LT, 25. GP, Seite 4 zu § 1). Nach hM ist Tierhalter, wer die tatsächliche Herrschaft über das Verhalten des Tieres ausübt und über Verwahrung und Beaufsichtigung entscheidet (vgl näher mwN Dittrich/Tades, MGA ABGB ³³, E 18 ff zu § 1320; Reischauer in Rummel², Rz 7 f zu § 1320 ABGB). Auf eine bestimmte rechtliche Beziehung zum Tier (etwa das Eigentumsrecht) kommt es dabei nicht an. Wie der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen hat, sind die faktischen Verhältnisse der Herrschaft über das Tier (Aufzucht, Ernährung, Unterbringung, Pflege und gesundheitliche Betreuung) für den Begriff des Haltens entscheidend (vgl VwGH 30.7.1992, 88/17/0149).

 

4.2. Gemäß § 7 Abs 1 Oö. Hundehaltegesetz 2002 hat der Bürgermeister (Magistrat) mit Bescheid festzustellen, dass ein Hund auffällig ist, wenn Umstände bekannt werden, die auf die Auffälligkeit eines Hundes schließen lassen.

 

Nach § 7 Abs 2 leg.cit hat der Bürgermeister (Magistrat) den Hundehalter im Bescheid nach Abs 1 zu verpflichten, binnen einer angemessenen, längstens jedoch einjährigen Frist in geeigneter Form nachzuweisen, dass

 

  1. er die nötige Sachkunde für das Halten des auffälligen Hundes besitzt oder
  2. eine Person, die zum Halten eines auffälligen Hundes befugt ist, neuer Halter des Hundes ist oder
  3. der Hund einem behördlich bewilligten Tierheim übergeben wurde.

 

4.3. Nach § 9 Abs 1 Oö. Hundehaltegesetz 2002 hat der Bürgermeister (Magistrat) dem Hundehalter das Halten eines Hundes mit Bescheid zu untersagen, wenn

 

  1. der Hundehalter bei der Meldung mindestens einen Nachweis gemäß § 2 Abs. 2 nicht erbringt, oder
  2. sich herausstellt, dass kein Versicherungsschutz gemäß § 2 Abs. 2 Z. 2 besteht, oder
  3. der Halter eines auffälligen Hundes die Verlässlichkeit gemäß § 5 nicht besitzt, oder
  4. der Halter eines auffälligen Hundes den Nachweis gemäß § 2 Abs. 3 oder § 7 Abs. 2 nicht fristgerecht erbringt, oder
  5. Anordnungen gemäß § 8 nicht ausreichen, um die unzumutbare Belästigung oder Gefährdung zu beseitigen, oder
  6. der Halter - unabhängig davon, ob er die nötige Sachkunde besitzt - nicht in der Lage ist, einen Hund so zu halten, dass Gefährdungen und unzumutbare Belästigungen von Menschen und Tieren abgewendet werden.

Der Hundehalter, dem die Haltung eines Hundes untersagt wurde, hat gemäß § 9 Abs 2 Oö. Hundehaltegesetz 2002 binnen zwei Wochen nach Rechtskraft des Untersagungsbescheides dem Bürgermeister (Magistrat) gegenüber nachzuweisen, dass er nicht mehr Halter des Hundes ist.

 

Gemäß § 9 Abs 3 Oö. Hundehaltegesetz 2002 hat bei Gefahr im Verzug oder bei ungenütztem Ablauf der Frist gemäß § 9 Abs 2 leg.cit. der Bürgermeister (Magistrat) den Untersagungsbescheid der Bezirksverwaltungsbehörde zu übermitteln. Die Bezirksverwaltungsbehörde hat dem Hundehalter das Eigentum an dem Hund mit Bescheid zu entziehen. Der Hund ist auf Kosten und Gefahr des Hundehalters zu veräußern oder in einem behördlich bewilligten Tierheim unterzubringen. Ist dies nicht möglich, ist der Hund schmerzlos zu töten. Der Erlös aus der Veräußerung oder sonstigen Verwertung ist nach Abzug der für den Hund sonst von der Bezirksverwaltungsbehörde aufgewendeten Kosten dem Hundehalter zuzuweisen.

 

Nach § 9 Abs 4 Oö. Hundehaltegesetz entscheidet über Bescheide gemäß Abs 3 der unabhängige Verwaltungssenat in zweiter Instanz. Im Übrigen sind die im Oö. Hundehaltegesetz 2002 geregelten Aufgaben der Gemeinde nach § 13 leg.cit im eigenen Wirkungsbereich wahrzunehmen. Deshalb ist der Oö. Verwaltungssenat auch nicht zur Entscheidung über eine Berufung gegen den Bescheid gemäß § 9 Abs 1 Oö. Hundehaltegesetz 2002 betreffend Untersagung der Hundehaltung zuständig. Dieses Verfahren ist vielmehr im gemeindeeigenen Instanzenzug durchzuführen.

 

4.4. Im § 9 Abs 3 Oö. Hundehaltegesetz 2002 ist bei Gefahr im Verzug oder ungenütztem Ablauf der Frist nach Abs 2 vorgesehen, dass der Bürgermeister den Untersagungsbescheid der Bezirksverwaltungsbehörde zu übermitteln hat, die dem Hundehalter dann das Eigentum an dem Hund mit Bescheid zu entziehen hat.

 

Im vorliegenden Fall steht zunächst nicht einmal unzweifelhaft fest, dass der Bw noch als Halter des Schäferhundes R in Betracht kommt. Noch weniger erscheint es nach der Aktenlage erwiesen, dass er Eigentümer des Hundes ist, was mit der Haltereigenschaft nicht unbedingt konform gehen muss. Die belangte Behörde hat der Eingabe des Bw vom 2. Juli 2004, wonach der Hund bereits an einen anderen Hundehalter abgegeben worden sei und deshalb kein Versicherungsnachweis notwendig sein werde (vgl Aktblatt 21), keine Beachtung geschenkt und keine Erhebungen zu dieser Frage durchgeführt. Im Vorlageschreiben teilte die belangte Behörde mit, dass am 17. August 2004 eine Frau S R, M, L, eine Hundeanmeldung bezüglich des Schäferhundes R abgegeben hat. Demnach wäre der Bw nicht mehr der Halter. Aus einer Kopie dieser Hundeanmeldung vom 16. August 2004 (vgl Aktblatt 83) geht hervor, dass der schwarzbraune Schäfer "R", geb. am gemeint ist und dass ein P Vorbesitzer war. Frau R hat möglicherweise irrtümlich in Bezug auf das Datum erklärt: "Ich halte diesen Hund seit 07.03.2002 in L." Jedenfalls kann nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenats auf Grund dieser aktenkundigen Umstände, auch wenn die Berufung - aus welchen Gründen immer - darüber kein Wort verliert, nicht davon ausgegangen werden, dass der Bw noch (?) Eigentümer und Halter des Hundes im Zeitpunkt der Bescheiderlassung war. Wer nicht Halter und Eigentümer eines Hundes ist, dem kann aber auch rechtswirksam nicht das Eigentum mit Bescheid entzogen werden.

 

Auch die weitere Annahme der belangten Behörde, dass wegen der Anzeige der BPD Linz vom 13. Juli 2004 (Verletzung des Polizisten L durch den Schäferhund R) Gefahr im Verzug vorgelegen wäre, kann der erkennende Verwaltungssenat nicht teilen. Schon aus der Anzeige geht hervor, dass sich der Polizeibeamte freiwillig selbst zu dem an einem Baum angeleinten Hund begab, da sich die Leine um den Fuß gewickelt hatte. Dabei überschätzte dieser Beamte möglicherweise seine eigenen Kenntnisse und Erfahrungen mit Hunden, wie der Bw in der Berufung sinngemäß zum Ausdruck bringt. Der Hund hat die Situation falsch aufgefasst und den fremden Mann gebissen. Aus einer solchen freiwilligen Selbstgefährdung kann man wohl kaum Gefahr im Verzug ableiten. Der vorangegangene Vorfall vom 13. Juni 2004 am Würstelstand Schillerplatz, bei dem H H Risswunden an der Schläfe und der Oberlippe erlitt, war nach h. Ansicht ebenfalls nicht geeignet, die Vorgangsweise der belangten Behörde zu begründen, zumal die Verletzungen wahrscheinlich durch die Krallen des hochgesprungenen Hundes im Zuge des wohl ungeschickten Fütterungsvorgangs des alkoholisierten H entstanden sind. Auch hier lag es weniger am Hund als am Menschen. Auch wenn nach der gesamten Aktenlage begründete Bedenken gegen die Hundehaltung des Bw plausibel erscheinen mögen, konnte die belangte Behörde deshalb noch keine Gefahr im Verzug annehmen. Sie blieb eine ausreichende Begründung dafür schuldig. Der 2. Fall des § 9 Abs 3 Oö. Hundehaltegesetz 2002 "bei ungenütztem Ablaufs der Frist gemäß Abs 2" kam schon mangels Rechtskraft des Untersagungsbescheids nicht in Betracht.

 

Im Ergebnis war daher der vorliegenden Berufung insoweit Folge zu geben, als der angefochtene Bescheid vom 23. Juli 2004 betreffend den Entzug des Eigentums und die Veräußerung des Hundes zur Gänze aufzuheben war.

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 
 
 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 13 Euro für die Berufung angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.
 

 

 

Dr. W e i ß

 

 

 

 

 

 
 

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