Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-590071/4/Ste

Linz, 04.10.2004

 

 

 

VwSen-590071/4/Ste Linz, am 4. Oktober 2004

DVR.0690392 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Vizepräsident Mag.Dr. Wolfgang Steiner über die Berufung der T N, vertreten durch Mag. M E als vom B F bestellte Sachwalterin, V f S, , gegen den Bescheid des Bezirkshauptmanns Vöcklabruck vom 17. August 2004, Zl. SanRB01-6-2003, wegen Entziehung der Berechtigung zur Berufsausübung des Krankenpflegefachdienstes, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und

der angefochtene Bescheid wird bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmanns Vöcklabruck vom 17. August 2004, Zl. SanRB01-6-2003, wurde der Berufungswerberin (im Folgenden: Bwin) die Berechtigung zur Berufsausübung des Krankenpflegefachdienstes mit sofortiger Wirkung entzogen (Spruchpunkt I). Gleichzeitig wurde sie aufgefordert das von der Krankenpflegeschule am Landeskrankenhaus Vöcklabruck ausgestellte Diplom, das sie zur Führung der Berufsbezeichnung "Diplomierte Krankenschwester" berechtigt, binnen zwei Wochen nach Rechtskraft des Bescheids bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck abzugeben (Spruchpunkt II).

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die Berufungswerberin auf Grund der Tatsache, dass für sie ein Sachwalter bestellt worden ist, nicht mehr als "eigenberechtigt" im Sinn des § 27 Abs. 1 Z. 1 des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes anzusehen sei. Damit wäre auf der Basis des § 40 dieses Gesetzes die Voraussetzung für die Entziehung der Berechtigung zur Berufsausübung vorgelegen.

 

1.2. Gegen diesen ihr am 20. August 2004 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 3. September 2004 - und damit rechtzeitig - der Post zur Beförderung übergebene Berufung, die bei der Behörde am 6. September 2004 einlangte.

 

Darin bringt die Bwin im Wesentlichen vor, dass die Sachverhaltsfeststellung der Behörde erster Instanz unvollständig geblieben wäre. Diese hätte genauer feststellen müssen, inwieweit tatsächlich ein die Ausübung der Tätigkeit tangierender Verlust der Eigenberechtigung vorliege. Da die Behörde dies nicht getan und auf die Feststellungen im Sachwalterschaftsverfahren abgestellt habe, liege ein wesentlicher Verfahrensmangel vor. Die Behörde hätte ihrer Entscheidung auch eine unrichtliche rechtliche Beurteilung zu Grunde gelegt, weil mit der Sachwalterbestellung kein Verlust der Geschäftsfähigkeit im gesamten Umfang und damit der Eigenberechtigung verbunden ist. Der Entzug bei Verlust eines Teilbereiches der Geschäftsfähigkeit, welcher die Ausübung der Tätigkeit des Krankenpflegefachdienstes nicht tangiert, wäre daher unzulässig und auch sachlich nicht gerechtfertigt.

 

Abschließend wird beantragt, den Bescheid erster Instanz aufzuheben und zur Sachverhaltsergänzung zurückzuverweisen, in eventu den Bescheid erster Instanz zur Gänze aufzuheben.

 

In einer ergänzenden Stellungnahme vom 27. September 2004 wurden weitere Details zum Sachverhalt und den Lebensumständen der Bwin mitgeteilt und eine konkrete Überprüfung und Interessenabwägung gefordert.

 

 

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck zu Zl. SanRB01-6-2003 sowie die - auf Ersuchen des Oö. Verwaltungssenats - vorgelegte Stellungnahme der Bwin vom 27. September 2004 samt Nachforschungsbestätigung der Österreichischen Post AG, Postfiliale 4840 Vöcklabruck; da sich bereits aus diesen Unterlagen der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und im Verfahren im Wesentlichen ausschließlich die Beurteilung einer Rechtsfrage strittig ist, konnte gemäß § 67d AVG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Aus dem vorliegenden Akt geht folgender Sachverhalt hervor:

 

Mit Bescheid des Landeshauptmanns von Oberösterreich vom 25. April 1997, SanRB-12040/1-1997, wurde Frau T N, geb. am, die Bewilligung zur freiberuflichen Ausübung des Krankenpflegefachdienstes (allgemeine Krankenpflege) mit dem Berufssitz, erteilt. Der Berufssitz wurde in der Folge im Jahr 2003 nach 4880 St. Georgen im verlegt.

 

Mit Beschluss des Bezirksgerichts Frankenmarkt vom 12. April 2002, Zl. 8 P 60/00a-15 und -16, wurde für Frau T N eine einstweilige Sachwalterin gemäß § 238 Abs. 2 Außerstreitgesetz bestellt. Im Gerichtsbeschluss wurde verfügt, dass die einstweilige Sachwalterin folgende dringenden Angelegenheiten zu besorgen hat:

"a) alle finanziellen Angelegenheiten der Betroffenen, insbesondere Verwaltung ihres Einkommens und ihres Vermögens,

b) Vertretung der Betroffenen vor Ämtern, Behörden und Sozialversicherungsträgern,

c) alle mit dem Wohnbedarf der Betroffenen im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten."

 

Am 8. Jänner 2004 wurde vom Bezirksgericht Frankenmarkt unter Zl. 8 P 60/00a für Frau T N gemäß § 273 ABGB eine Sachwalterin bestellt. Sie hat folgenden Kreis von Angelegenheiten zu besorgen (§ 273 Abs. 3 Z. 2 ABGB): "alle finanziellen Angelegenheiten, Vermögensverwaltung, Vertretung vor Ämtern, Behörden und Sozialversicherungsträgern, insbesondere Renten-, Pensions- und Wohnungsangelegenheiten. Innerhalb dieses Wirkungsbereichs des Sachwalters kann Frau T N in folgenden Angelegenheiten frei verfügen und sich verpflichten: Verwaltung ihrer Pension zu Einkäufen des täglichen Lebens."

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Zur Rechtzeitigkeit der Berufung entstanden beim Oö. Verwaltungssenat zunächst Bedenken, da auf Grund der Aktenlage der Bescheid der belangten Behörde der Bwin (laut dem im Akt befindlichen Rückschein) am 20. August 2004 zugestellt wurde. Die mit 3. September 2004 datierte Berufung trägt den Eingangsstempel der Bezirkshauptmannschaft mit dem Datum 6. September 2004. Ein Kuvert ist im Akt nicht auffindbar. In ihrer vom Oö. Verwaltungssenat eingeholten Stellungnahme vom 27. September 2004 konnte die Bwin jedoch glaubhaft nachweisen, dass die Berufung von ihr bereits am 3. September 2004 der Post zu Beförderung übergeben hat. Die Berufung ist damit rechtzeitig iSd. § 63 Abs. 5 iVm. § 33 Abs. 3 AVG eingebracht.

 

3.2. Gemäß § 40 Abs. 1 des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes - GuKG, BGBl. I Nr. 108/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 6/2004, hat die auf Grund des Berufssitzes oder Hauptwohnsitzes zuständige Bezirksverwaltungsbehörde die Berechtigung zur Berufsausübung zu entziehen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 27 Abs. 1 weggefallen sind. Bei dieser Bestimmung handelt es sich auf Grund des eindeutigen Wortlauts um eine Rechtsentscheidung (arg. "hat"). Nach § 40 Abs. 2 GuKG sind anlässlich der Entziehung der Berufsberechtigung gemäß Abs. 1 ua. der Berufsausweis einzuziehen.

 

Gemäß § 27 Abs. 1 GuKG sind zur Ausübung des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege (nur) Personen berechtigt, die ua. nach Z. 1 "eigenberechtigt sind". Der Begriff der "Eigenberechtigung" ist im GuKG selbst nicht näher umschrieben. Jedoch enthalten bereits die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (709 BlgNR 20. GP 60) zu § 27 folgende Hinweise: "Die volle Eigenberechtigung setzt die Vollendung des 19. Lebensjahres voraus und geht bei der Bestellung eines Sachwalters gemäß § 273 ABGB verloren."

 

Daher kann der belangten Behörde nicht entgegen getreten werden, wenn sie auch im konkreten Fall vom Verlust der Eigenberechtigung durch die Bestellung einer Sachwalterin ausging. Diese Auslegung wird im Übrigen auch von der Judikatur der Höchstgerichte und der Literatur einhellig geteilt. Der Begriff "Eigenberechtigung" wird in vielen verschiedenen Gesetzen verwendet, wobei bei der Auslegung nach dem Grundsatz der einheitlichen Verwendung und des einheitlichen Inhalts von Begriffen in der Rechtsordnung grundsätzlich von einem einheitlichen Begriffsverständnis ausgegangen wird, sofern der Gesetzgeber im Einzelfall nicht ausdrücklich eine besondere Begriffsbestimmung trifft.

 

Nur beispielsweise ist in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshof vom 30. Jänner 2003, 7 Ob 328/01p, verwiesen, wo der Gerichtshof ausspricht, dass "Eigenberechtigung" nach Lehre (Simotta, Zweifelsfragen der "Eigenberechtigung" in ÖJZ 1990, 661, ua.) und Rechtsprechung volle Geschäftsfähigkeit bedeutet; und weiter wörtlich: "Jede Person, der für irgendeine Angelegenheit ein Sachwalter nach § 273 ABGB bestellt wurde, ist als nicht eigenberechtigt anzusehen ...".

 

Auch der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof gehen in ihrer Rechtsprechung von diesem Verhältnis Eigenberechtigung - Sachwalterbestellung aus (vgl. VfGH vom 8. März 2000, A 20/97: "Im Falle der Bestellung eines Sachwalters für eine bisher vermeintlich eigenberechtigte Person ..." sowie VwGH vom 18. Februar 2003, 2002/05/1498: "In der Sache selbst ist zunächst festzuhalten, dass der Zweitmitbeteiligte nicht unter Sachwalterschaft steht, somit eigenberechtigt ist ...".

 

Ebenso nur beispielsweise ist in diesem Zusammenhang auf Koziol/Welser, Grundriss des Bürgerlichen Rechts, 11. Aufl., 54 ff, sowie Zierl, Das Sachwalterrecht und seine Bedeutung für das Verwaltungsrecht, JBl. 1985, 65, jeweils mit weiterführenden Nachweisen, hinzuweisen.

 

Mit dem zuletzt genannten Autor (vgl. dessen Ausführungen zu § 8 Abs. 1 GewO) ist der Unabhängige Verwaltungssenat der Ansicht, dass keine schematische und allgemeine Verbindung einer Sachwalterbestellung (insbesondere, wenn sie nur bestimmte Bereiche umfasst) mit dem Verlust der Eigenberechtigung iSd. § 27 Abs. 1 Z. 1 GuKG besteht und diese Bestimmung insbesondere auch unter dem Blickwinkel des Art. 6 Abs. 1 StGG zu sehen ist, der die Freiheit der Erwerbsbetätigung verfassungsgesetzlich garantiert. Der Begriff der "Eigenberechtigung" nach § 27 Abs. 1 Z. 1 GuKG schließt daher nicht alle unter Sachwalterschaft stehende Personen grundsätzlich mit ein, sondern nur jene, die voraussichtlich kaum in der Lage sein werden, den Beruf im Krankenpflegefachdienst ordnungsgemäß auszuüben. Zweifellos handelt es sich beim Krankenpflegefachdienst um einen Bereich, der in der Rechtsordnung eine besondere Stellung einnimmt und der mit dem GuKG an (strenge) Voraussetzungen gebunden ist. Dabei kommt gerade auch dem Schutz Dritter (vor allem von Patientinnen und Patienten) eine besonderer Stellenwert zu. Vor diesem Hintergrund dürfte es keinesfalls dem Zweck des GuKG entsprechen, einer Person, die in - wie oben zitiert - relativ umfassenden Angelegenheiten eine Sachwalterin benötigt, den mit besonderen Verantwortlichkeiten verbunden Krankenpflegefachdienst ausüben zu lassen. Im konkreten Fall sind zweifellos die Interessen der Allgemeinheit derart groß, dass sie das Interesse der Bwin an der weiteren Berufsausübung überwiegen und die Rechte der Bwin in sachlich gerechtfertiger Weise zurückdrängen.

 

Auch nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenats ist daher im vorliegenden Fall mit der Bestellung einer Sachwalterin für die Bwin der Verlust der (vollen) Eigenberechtigung verbunden.

 

Die Bwin kann lediglich allgemeine und weder inhaltlich noch methodisch stichhaltige Argumente gegen die Annahme des Verlusts der Eigenberechtigung vorbringen. Letztlich hat auch die Sachwalterin der Bwin selbst im Schreiben vom 10. Februar 2003 an die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck eingeräumt, dass es "fraglich ist, ob es der Betroffenen [daher] möglich ist, freiberuflich Krankenpflege auszuüben."

 

Mit der Bestellung einer Sachwalterin im oben beschriebenen Umfang hat die Bwin demnach ihre vollständige Eigenberechtigung verloren und ist damit als nicht mehr eigenberechtigt iSd. § 27 Abs. 1 Z. 1 GuKG anzusehen.

 

Die von der Bwin im Verfahren erster Instanz und im Berufungsverfahren vorgebrachten Argumente vermögen nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenats an diesem Ergebnis nichts zu ändern, kommt doch der Behörde auf Grund des eindeutigen Wortlauts der gesetzlichen Bestimmungen keine Möglichkeit einer wie immer gearteten weiteren Interessenabwägung oder Ermessensentscheidung zu.

 

Im Übrigen stünde es der Bwin nach Wiedererlangung ihrer Eigenberechtigung gemäß § 40 Abs. 3 GuKG jederzeit offen, einen Antrag auf Wiedererteilung der Berufsberechtigung zu stellen.

 

3.3. Da die Bwin - wie oben ausgeführt - demnach die Voraussetzungen zur Ausübung des Krankenpflegefachdienstes gegenwärtig nicht erfüllt und sich im Zuge des Verfahrens herausstellte, dass die Voraussetzungen gemäß § 27 Abs. 1 Z. 1 GuKG mit der Bestellung einer Sachwalterin weggefallen sind, erweist sich der angefochtene Bescheid, mit dem der Bwin die Berechtigung zur Berufsausübung des Krankenpflegefachdienstes entzogen wurde, nicht als rechtswidrig. Die Zuständigkeit der Behörde erster Instanz war im Hinblick auf den bestehenden Berufssitz gegeben.

 

Die erhobene Berufung war daher als unbegründet abzuweisen.

 

3.4. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenats ergibt sich aus § 40 Abs. 4 GuKG.

 

3.5. Der Unabhängige Verwaltungssenat sieht sich noch veranlasst darauf hinzuweisen, dass er die im Einleitungssatz des angefochtenen Bescheids gebrauchte Wendung "ergeht von der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck als Organ der Landesverwaltung" als Irrtum und bloßen Schreibfehler der belangten Behörde wertet, dem im Hinblick auf die Rechtsschutzinteressen der Bwin keine wesentliche Bedeutung beizumessen ist.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im Verfahren sind Gebühren in Höhe von 13 Euro angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.
 

Mag.Dr. Wolfgang Steiner

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum