Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-600009/7/Ga/Fb

Linz, 18.09.1998

VwSen-600009/7/Ga/Fb Linz, am 18. September 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 5. Kammer (Vorsitzender: Dr. Grof; Berichter: Mag. Gallnbrunner; Beisitzer: Dr. Schön) über die Berufung des G A, vertreten durch Dr. L H, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 3. Juni 1998, VerkR-590.188/2-1998/Vie, betreffend die Abweisung eines Devolutionsantrages, zu Recht erkannt:

Aus Anlaß der Berufung wird a) verfügt, daß der Spruch des angefochtenen Bescheides zu lauten hat: "Der Antrag auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung auf den Landeshauptmann von Oberösterreich wird als unzulässig zurückgewiesen, dies mit der Feststellung, daß der von der Bezirkshauptmannschaft Perg erlassene Mandatsbescheid vom 18. September 1997, VerkR21-211-1997, von Gesetzes wegen mit Ablauf des 17. Oktober 1997 außer Kraft getreten ist; b) im übrigen der angefochtene Bescheid hingegen aufgehoben.

Rechtsgrundlage: §§ 66 Abs.4, 67a Abs.1 Z1 und Abs.2 AVG.

Entscheidungsgründe:

Mit dem auf § 57 Abs.1 AVG gestützten (sogen.) Mandatsbescheid vom 18. September 1997 entzog die Bezirkshauptmannschaft Perg dem nunmehrigen Berufungswerber (Bw) die Lenkerberechtigung für die Gruppe B vorübergehend für die Dauer von fünf Jahren, gerechnet ab Zustellung dieses Bescheides und verfügte gleichzeitig, daß er den Führerschein unverzüglich bei der Entziehungsbehörde abzuliefern habe. In der Begründung stützte die Bezirkshauptmannschaft das Mandat maßgeblich auf die "vorliegende Anzeige der Gendarmerie", worin dem Berufungswerber zur Last gelegt werde, seit dem Jahr 1980 minderjährige männliche Jugendliche überwiegend in dem auf dem Campingplatz in B, Gemeinde S, abgestellt gewesenen Wohnwagen sexuell mißbraucht zu haben; zu diesem Campingplatz sei der Bw unter Ausnutzung seiner Lenkerberechtigung mit dem eigenen PKW angereist und habe auch verschiedentlich die Opfer in deren Wohnorten abgeholt, um die strafbaren Handlungen später zu begehen. Weil Gefahr im Verzug vorgelegen sei und es sich daher um eine unaufschiebbare Maßnahme gehandelt habe, sei die Entziehung der Lenkerberechtigung ohne vorangegangenes Ermittlungsverfahren zu verfügen gewesen. Gegen diesen Mandatsbescheid hat der Berufungswerber rechtzeitig Vorstellung erhoben; das Rechtsmittel ist am 3. Oktober 1997 bei der Bezirkshauptmannschaft eingelangt. Über die Vorstellung ist in der Folge - nach bloß faktischer Aussetzung durch einfaches, mit wiederholtem Nachfragen verbundenes Zuwarten auf die Entscheidung der Staatsanwaltschaft Salzburg über die Erhebung der Strafanklage - nicht entschieden worden. Deshalb hat der Berufungswerber einen auf § 73 Abs.1 AVG gestützten Antrag auf Übergang der Zuständigkeit der Entscheidung (folgend kurz: Devolutionsantrag) eingebracht, der (auf einem Schriftsatz ohne Datum) an den Landeshauptmann von Oberösterreich als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde gerichtet wurde und am 20. Mai 1998 beim Amt der oö. Landesregierung einlangte. Den Devolutionsantrag wies der Landeshauptmann mit dem nun angefochtenen Bescheid ab, weil die Verzögerung nicht ausschließlich auf ein Verschulden der Bezirkshauptmannschaft zurückzuführen gewesen sei.

Der Landeshauptmann hat - ohne Gegenäußerung und ohne Anträge in der Sache - die bezughabenden Verwaltungsakten nur unvollständig vorgelegt und diesen Vorlagemangel auch nach ausdrücklicher h. Aufforderung unter Fristsetzung nur teilweise behoben (so zB fehlt die Anzeige der Gendarmerie, auf welche der Mandatsbescheid maßgebend gestützt worden sei). Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsicht in die von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten; da sich bereits aus diesen der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, aus Anlaß der vorliegenden Berufung lediglich ein verfahrensrechtlicher Bescheid zu erlassen ist und entsprechende Anträge seitens der Verfahrensparteien nicht gestellt wurden, konnte im übrigen von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Sache des beim Oö. Verwaltungssenat behängenden Berufungsverfahrens ist allein die Frage, ob die Abweisung des Devolutionsantrages rechtens war. Mit ihrer materiellen Entscheidung über den Antrag ist die belangte Behörde von dessen formalrechtlicher Zulässigkeit ausgegangen. Ob sie für die Annahme der Zulässigkeit aber auch andere Gesichtspunkte als jenen des schlichten Ablaufs der Entscheidungsfrist geprüft hat, geht aus der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht hervor. Gemäß § 57 Abs.3 AVG hat die Behörde binnen zwei Wochen nach Einlangen des Rechtsmittelantrages ("Vorstellung") das Ermittlungsverfahren einzuleiten, widrigenfalls der angefochtene Mandatsbescheid von Gesetzes wegen außer Kraft tritt. (.....) Ein Devolutionsantrag gegen die Nichtentscheidung über die gegen einen Mandatsbescheid erhobene Vorstellung ist - neben der Erfüllung weiterer, hier nicht zu untersuchender Voraussetzungen - zulässig, wenn das Ermittlungsverfahren nicht rechtzeitig iSd § 57 Abs.3 erster Satz AVG eingeleitet wurde. Die stattgefundene Einleitung des Ermittlungsverfahrens muß im Verfahrensakt in einer den Anforderungen des Rechtsschutzes genügenden Qualität - nachprüfbar jedenfalls - dokumentiert sein. Soweit nun aus dem Verfahrensakt der Bezirkshauptmannschaft (in dem von der belangten Behörde vorgelegten Umfang) hervorgeht, erfolgte, wie sogleich zu begründen sein wird, keine rechtzeitige, dh noch innerhalb der Zweiwochenfrist ab Einlangen der Vorstellung - rechtlich wirksam - stattgefundene Einleitung des Ermittlungsverfahrens. Für die entsprechende behördliche Anordnung käme nach der Aktenlage - aus zeitlicher Sicht - überhaupt nur die als Formularschimmel im Halbformat gestaltete "Verfügung" (ohne Ordnungszahl) in Frage. Abgesehen von der Geschäftszahl des Verfahrensaktes der Bezirkshauptmannschaft enthält diese "Verfügung" keine anderen Hinweise, die den sachlichen Bezug zum Vorstellungswerber und das ihn betreffende Entziehungsverfahren verdeutlichen könnten. Erkennbar aber ist, daß auf diesem Formularschimmel drei verschiedene Organwalter der Bezirkshauptmannschaft handschriftliche Eintragungen vorgenommen haben. Dies ist aus den unterschiedlichen, mit je anderen Schreibwerkzeugen geschriebenen (im übrigen unleserlichen) Namenskürzeln zu schließen. Danach hat ein Bearbeiter mit derselben schwarzen Schrift die Geschäftszahl und als Datum der Verfügung den "6.10.97" eingetragen, ohne aber gleichzeitig einen von mehreren, am Formularschimmel (nach Art einer Multiple-choice-Auswahl) vorgegebenen Ermittlungsschritten anzuordnen. Dann erst hat ein weiterer Bearbeiter mit blauer Schrift, jedoch ohne gleichzeitig ein Datum beizufügen, bestimmte Ermittlungsschritte angekreuzt (nämlich: "Strafregisterauskunft einholen" und "Verwaltungsstrafakt beischaffen"; der im Hinblick auf die Sache des Mandatsbescheides zunächst naheliegende Ermittlungsschritt "Gerichtsakt einholen" blieb hingegen unangekreuzt). Erst ein - in vermutlicher Reihenfolge - dritter Bearbeiter (andere Paraphe, andere blaue Schrift) hat eingetragen, daß die Strafregisterauskunft "am 28.10.97" eingeholt und kein Verwaltungsstrafakt angelegt (worden) sei.

Ausgehend davon aber, daß innerhalb der in Rede stehenden Zweiwochenfrist eine zwar mit dem Datum "6.10.97" versehene, im übrigen aber gänzlich inhaltsleere "Verfügung" getroffen und zum Akt genommen wurde, stellt der Oö. Verwaltungssenat fest, daß auf diese Weise das Ermittlungsverfahren nicht mit der dem § 57 Abs.3 erster Satz AVG innewohnenden Wirksamkeit eingeleitet werden konnte. Im Zweifel zugunsten des Vorstellungswerbers würdigt der Oö. Verwaltungssenat die oben geschilderten weiteren handschriftlichen Eintragungen auf dem Formularschimmel als jedenfalls später vorgenommen und liegt das hiefür - als einziges - auffindbare Datum "28.10.97" bereits außerhalb des für die Vornahme des behördlichen Ermittlungsschrittes zur Verfügung gestandenen Zeitraumes (im übrigen stellt die einschlägige Judikatur, soweit - mit einem allerdings älteren Erkenntnis - auffindbar, gleichfalls auf die tatsächliche "Vornahme" des Ermittlungsschrittes ab - vgl. VwGH 16.9.1981, 03/0463/80; die schlichte Verfügung allein, die ohne faktische Durchführung bleibt, genügt nicht). Von dieser Beurteilung abgesehen, hält der Oö. Verwaltungssenat für fragwürdig, ob eine in keiner, wie auch immer geeigneten, Weise näher auf die Sache des Mandatsverfahrens bezogenen Anordnung, nämlich eine "Strafregisterauskunft einzuholen", aus dem Blickwinkel der hier gebotenen materiellen Betrachtungsweise schon als Einleitung eines konkreten Ermittlungsverfahrens hätte gelten können.

Aus allen diesen Gründen ist, weil nach Einlangen der Vorstellung am 3. Oktober 1997 das Ermittlungsverfahren nicht rechtzeitig eingeleitet wurde, der zit. Mandatsbescheid von Gesetzes wegen bereits mit Ablauf des 17. Oktober 1997 außer Kraft getreten. Daran konnten die mehrfachen, sämtlich jedoch späteren Auskunftsersuchen der Bezirkshauptmannschaft an die Staatsanwaltschaft Salzburg nichts ändern. Damit erweist sich aber auch der Devolutionsantrag - mangels "Anfechtungsgegenstand" - als somit unzulässig, weshalb wie im Spruch zu entscheiden war.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. G r o f Beschlagwortung: Leumundserhebung; Strafregisterauskunft; tatsächliche Vornahme als Einleitung eines Ermittlungsverfahrens.

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