Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-104719/2/BR

Linz, 30.06.1997

VwSen-104719/2/BR Linz, am 30. Juni 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Frau Mag. M, vertreten durch die gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz, vom 23. Mai 1997, Zl: Cst. - 3.966/97, wegen Übertretungen des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird mit der Maßgabe bestätigt, daß der Spruch in Ergänzung ab der Wortfolge nach . . . . 'vom 30.01.1997' zu lauten hat: "zugestellt am 20. März 1997, mit Ihrem Schreiben vom 3. April 1997 nicht binnen zwei Wochen Auskunft darüber erteilt, wer dieses Kfz in dem 13.12.1996 um 12.05 Uhr abgestellt hat, sodaß es dort am 13.12.1996 von 12.05 Uhr bis 12.35 Uhr gestanden ist." Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995 - AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 620/1995 - VStG; II. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden als Kosten für das Berufungsverfahren 400 S (20% der verhängten Strafe) auferlegt.

Rechtsgrundlage: § 64 Abs.1 u. 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Erstbehörde hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis wider die Berufungswerberin wegen Übertretung nach § 103 Abs.2 KFG iVm § 134 Abs.1 KFG eine Geldstrafe von 2.000 S und für den Fall der Nichteinbringlichkeit 48 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil sie als Zulassungsbesitzerin des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen auf Verlangen der Bundespolizeidirektion Linz vom 30. Jänner 1997, mit ihrem Schreiben vom 3. März 1997 (richtig wohl: 3. April 1997), nicht Auskunft darüber erteilt habe, wer dieses Kraftfahrzeug in abgestellt hat, so daß es dort am 13. Dezember 1996 von 12.05 Uhr bis 12.35 Uhr gestanden ist.

2. Die Erstbehörde vertrat in ihrer Begründung im Kern die Rechtsauffassung, daß der Berufungswerberin kein Recht auf Entschlagung zugekommen wäre, weil der Berufungswerberin die Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers im Rahmen des unter der gleichen Zahl (nämlich der nach dem beeinspruchten StVO-Delikt) geführten Administrativverfahrens und nicht im Rahmen des darauffolgenden Strafverfahrens zugegangen wäre. Bei der Strafzumessung wertete die Erstbehörde eine einschlägige Vormerkung als erschwerend. Die Erstbehörde ging von einem Einkommen der Berufungswerberin in der Höhe von 25.000 S aus. 2.1. Dagegen wandte sich die Berufungswerberin mit ihrer fristgerecht erhobenen Berufung. Inhaltlich wies sie unter Hinweis auf die "ständige Judikatur des VwGH" (Erk. v. 11.5.1973, ZVR 1974/111) hin, wonach ein Verstoß nach § 103 KFG nur dann vorliege, wenn die Befragung des Zulassungsbesitzers außerhalb eines Strafverfahrens erfolge. Dies sei in diesem Verfahren nicht geschehen, jedenfalls sei es für sie nicht erkennbar gewesen, daß es sich um ein anderes Verfahren gehandelt haben soll. Ihr könne daher die Verweigerung nicht vorgeworfen werden. Abschließend wurde noch die Höhe der verhängten Strafe als unangemessen gerügt und die Verfahrenseinstellung beantragt. 3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den erstbehördlichen Verfahrensakt. Daraus ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt.

4. Da keine 10.000,- S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Da weiter keine 3.000 S übersteigende Strafe verhängt wurde und auch ein diesbezüglich gesonderter Antrag nicht gestellt wurde, konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung Abstand genommen werden (§ 51e Abs.2 VStG).

5. Gegen die Berufungswerberin wurde wegen eines sogenannten "Falschparkens" ohne vorerst eine Lenkererhebung durchzuführen, eine Strafverfügung wegen dieses Deliktes versendet. Diese wurde von der Berufungswerberin fristgerecht beeinsprucht und gleichzeitig die Einleitung des Ermittlungsverfahrens beantragt. Daraufhin forderte die Erstbehörde unter der gleichen Aktenzahl und ohne eine Verfügung über das beeinspruchte Verfahren wegen der Übertretung der StVO zu treffen (etwa die Einstellung desselben) die Berufungswerberin zur Lenkerbekanntgabe nach § 103 Abs.2 KFG 1967 auf. Unbestritten ist, daß die Berufungswerberin die ihr von der Erstbehörde zugestellte Aufforderung zur Erteilung der Lenkerauskunft nicht beantwortete und sich auf ein "Entschlagungsrecht als Beschuldigte" berief. 6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

6.1. Der § 103 Abs.2 KFG 1967 lautet: Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen (Verfassungsbestimmung). Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

6.2. Dazu sei ergänzend noch bemerkt, daß die Gestaltung des letzten Satzes als Verfassungsbestimmung auch der Verfassungsgerichtshof im Einklang mit den Baugesetzen des B-VG nicht im Widerspruch zu Art.6 EMRK erachtete. Der Verfassungsgerichtshof hob das in dieser Bestimmung rechtspolitische Anliegen des Gesetzgebers, welches dieser nur durch das Institut der Lenkerauskunft in dieser Form nachkommen zu können glaubt, [Durchbrechung des Anklageprinzips gemäß Art.90 Abs.2 B-VG, durch einen mit einer Strafsanktion ausgeübten Zwang zur Ablegung eines Geständnisses, VfSlg. 9950/1984, 10394/1985] jedoch durchaus kritisch hervor (siehe VfGH 29.09.1988, Zl. G72/88 u.a.). Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u. a. Erk. vom 29. September 1993, Zl. 93/02/0191) liegt der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, sicherzustellen, daß der verantwortliche Lenker eines Kraftfahrzeuges jederzeit festgestellt werden kann. Dabei kann die Rechtmäßigkeit nicht davon abhängen, ob die Erstbehörde etwa aus Gründen der Verwaltungsökonomie vorerst gleich ohne eine Lenkererhebung das Grunddelikt mit einer Strafverfügung zu verfolgen sucht und folglich - nach dem Einspruch - bei gleichbelassener Aktenzahl, ein (neues) Verfahren nach § 103 Abs.2 KFG einleitet.

Der Berufungswerberin vermag daher in ihrer Rechtsauffassung im Hinblick auf das ihr unter den gegebenen Umständen zukommende Verweigerungsrecht zur Auskunftserteilung nicht gefolgt werden. Auch die von ihr in diesem Zusammenhang zitierte Judikatur läßt ein Recht auf Verweigerung dieser Auskunft nicht erkennen. Das von der Berufungswerberin erwähnte Erkenntnis stellt fest, daß bloß dann nicht gegen die Auskunftspflicht verstoßen wird, wenn ein Beschuldigter nicht auf Verlangen der Behörde, sondern nur anläßlich einer Rechtfertigung (gemeint im Verfahren gegen das Grunddelikt [StVO-Delikt]), allenfalls auch wahrheitswidrig dartut, er habe das Fahrzeug nicht gelenkt (VwGH 11.5.1973, 867/72). In diesem Verfahren tat dies die Berufungswerberin anläßlich einer Rechtfertigung in einem anderen Verfahren, welche die Behörde folglich ohne (anders als hier) eine förmliche Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers gestellt zu haben, zu Unrecht als Übertretung nach § 103 Abs.2 KFG qualifizierte. Die Berufungswerberin verkennt den Inhalt dieses Judikates, wenn sie zu meinen scheint, daß die Behörde im Lichte des genannten Erkenntnisses nicht unter der identen Aktenzahl des StVO-Verfahrens das Verfahren nach § 103 Abs.2 KFG 1967 fortsetzen hätte dürfen.

6.2.1. Die Erstbehörde wird aber noch eine Verfügung über das beeinspruchte Delikt wegen der ursprünglich verfolgten Übertretung nach § 24 Abs.1 lit.a iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 zu treffen haben.

7. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

7.1. Konkret ist zur Strafzumessung auszuführen, daß die von der Erstbehörde verhängte Strafe durchaus angemessen ist. Grundsätzlich ist der Unwertgehalt dieser Übertretungen als nicht bloß geringfügig zu erachten gewesen. Es liegt im öffentlichen Interesse, insbesondere im Interesse der Pflege der Verkehrssicherheit, daß ein(e) Fahrzeuglenker(in), welcher straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften zuwiderhandelt, einer entsprechenden Bestrafung zugeführt werden kann. Angesichts des bis zu 30.000 S reichenden Strafrahmens kann in der Ausschöpfung des Strafrahmens im Ausmaß von unter 10% keine Überschreitung des Ermessensspielraumes durch die Erstbehörde erblickt werden. Dabei ist insbesondere noch auf das beträchtlich über dem Durchschnitt liegende Einkommen der Berufungswerberin und ihrer bereits einschlägigen Vormerkung Bedacht zu nehmen gewesen. Somit ist insbesondere auch noch aus Gründen der Spezialprävention diese Bestrafung gerechtfertigt.

7.1.1. Die Behörde ist ferner bei der Strafzumessung nicht gehalten auf jene Strafdrohung Rücksicht zu nehmen, welche hinsichtlich jener Verwaltungsübertretung besteht, die Anlaß für das Auskunftsverlangen war (VwGH 22.2.1989, Zl. 89/02/0005). Daher vermag die Berufungswerberin auch keine Rechtswidrigkeit bei der Strafzumessung darin darzutun, wenn sie auf das ursprünglich nur mit 500 S bestrafte Grunddelikt hinwies.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. B l e i e r

Beschlagwortung: Grunddelikt, Aktenzahl

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum