Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-600038/9/Bm/Sta

Linz, 06.07.2005

 

 

 VwSen-600038/9/Bm/Sta Linz, am 6. Juli 2005

DVR.0690392
 

 
 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine
IX. Kammer (Vorsitzender: Mag. Dr. Steiner, Berichterin: Mag. Bismaier, Beisitzerin:
Dr. Klempt) über den Devolutionsantrag des Herrn Ing. Mag. M R, A-D, L, vom 25.1.2005, wegen behaupteter Verletzung der Entscheidungspflicht durch die Bezirkshauptmannschaft Perg zu Recht erkannt:

 

  1. Dem Devolutionsantrag wird stattgegeben.
  2. Der Antrag des Herrn Ing. Mag. M R auf Vorschreibung zusätzlicher Auflagen betreffend die gastgewerbliche Betriebsanlage im Standort A-D, L, Gst. Nr. , KG. L, wird abgewiesen.

 

Rechtsgrundlage:

§ 73 AVG; § 79 Abs.1, § 79a Abs.1 GewO 1994.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 26.9.1985, Ge-124-1985, wurde die gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung eines Gastgewerbebetriebes in der Betriebsart eines Cafe-Restaurants in A, L, unter der Voraussetzung genehmigt, dass die Musikanlage nur mit Hintergrundmusik (65 dB(A)) erfolgt.

 

Mit Eingabe vom 25.4.2004 wurde von dem Nachbarn Ing. Mag. M R ein Antrag gemäß § 79a Abs.1 GewO 1994 auf Einleitung eines Verfahrens gemäß § 79 Abs.1 leg.cit. gestellt und im Besonderen die Vorschreibung eines Lärmbegrenzers und Einstellung auf max. 65 dB für die Musikanlage beantragt.

 

Auf Grund dieses Antrages wurde von der Bezirkshauptmannschaft Perg am 8.6.2004 eine gewerbebehördliche Überprüfung der gegenständlichen gastgewerblichen Betriebsanlage durchgeführt und festgestellt, dass die Musikanlage über die genehmigte, als Hintergrundmusik beschriebene Lautstärke betrieben wird. Auf Grund dieses Ergebnisses wurde Herr W H aufgefordert, die Anlage auf eine max. Lautstärke von 65 dB(A) einzustellen und eine Versiegelung bzw. Sicherung der Anlage derart vorzunehmen, dass eine Manipulation an der Lautstärke und den Frequenzbereichen nicht möglich ist.

Auf Grund weiterer Beschwerdevorbringen der Nachbarn erfolgte eine weitere Überprüfung der gegenständlichen gastgewerblichen Betriebsanlage durch den technischen Amtssachverständigen und wurde wiederum festgestellt, dass die Musikanlage nicht in dem mit Bescheid vom 26.9.1985, Ge-124-1985, genehmigten Umfang betrieben wird.

Daraufhin wurde der Betreiber der gastgewerblichen Betriebsanlage wiederum schriftlich aufgefordert die Einstellung und Plombierung der Musikanlage auf 65 dB vorzunehmen; dieser Aufforderung ist Herr W nunmehr nach dem Prüfbericht des technischen Amtssachverständigen vom 25.4.2005 nachgekommen und wurden vom Betreiber auch entsprechende Nachweise vorgelegt.

 

1.2. Mit Schriftsatz vom 25.1.2005 wurde schließlich von Herrn Ing. Mag. M R an das Amt der Oö. Landesregierung, Abt. Gewerbe, ein Devolutionsantrag gestellt, welcher von der Abt. Gewerbe mit Schreiben vom 11.4.2005 samt bezughabenden Verfahrensakt zuständigkeitshalber an den Oö. Verwaltungssenat weitergeleitet wurde.

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Perg, Ge20-47-2003; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 67d AVG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 73 Abs.1 AVG sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber 6 Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen.

 

Gemäß § 73 Abs.2 AVG geht dann, wenn der Bescheid nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen wird, auf schriftlichen Antrag der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, wenn aber gegen den Bescheid Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat erhoben werden könnte, auf diesen über (Devolutionsantrag). Der Devolutionsantrag ist bei der Oberbehörde (beim Unabhängigen Verwaltungssenat) einzubringen. Er ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

 

Gemäß § 79 Abs.1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn sich nach Genehmigung der Anlage ergibt, dass die gemäß § 74 Abs.2 wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht hinreichenden geschützt sind, die nach dem Stand der Technik und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zur Erreichung dieses Schutzes erforderlichen anderen oder zusätzlichen Auflagen vorzuschreiben.

 

Gemäß § 79a Abs.1 hat die Behörde ein Verfahren gemäß § 79 von Amts wegen oder nach Maßgabe des Abs.3 auf Antrag eines Nachbarn einzuleiten.

 

Nach Abs.3 dieser Bestimmung muss der Nachbar in seinem Antrag gemäß Abs.1 glaubhaft machen, dass er als Nachbar vor den Auswirkungen der Betriebsanlage nicht hinreichend geschützt ist, und nachweisen, dass er bereits im Zeitpunkt der Genehmigung der Betriebsanlage oder der betreffenden Betriebsanlagenänderung Nachbar im Sinne des § 75 Abs.2 und 3 war.

 

Die Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 79a GewO 1994 ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes der Art nach ein Zulassungsverfahren:

Wird im Antrag nicht glaubhaft gemacht, dass der Nachbar vor den Auswirkungen der Betriebsanlage nicht hinreichend geschützt ist, so erlangt der Antragsteller keine Parteistellung und ist der Antrag zurückzuweisen und kein Sachverfahren durchzuführen; wurde jedoch der Prozessvoraussetzung der Glaubhaftmachung sowie des Nachweises, dass der Antragsteller bereits im Zeitpunkt der Genehmigung der Betriebsanlage oder betreffenden Betriebsanlagenänderung Nachbar im Sinne des § 75 Abs.2 und 3 GewO 1994 war, entsprochen, so ist der Antrag zulässig und das Sachverfahren gemäß § 79 Abs.1 GewO 1994 durchzuführen und meritorisch über den Antrag abzusprechen.

Das bedeutet, dass die Bezirkshauptmannschaft in jedem Fall - sei es durch Zurückweisung, sei es auch durch Abweisung - bescheidmäßig über den Antrag des Nachbarn gemäß § 79a GewO 1994 zu entscheiden hat.

 

Der Antrag des Herrn Ing. Mag. M R auf Vorschreibung nachträglicher Auflagen gemäß § 79a GewO 1994 langte bei der Bezirkshauptmannschaft Perg am 25. Mai 2004 ein.

Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat über den Antrag auf Vorschreibung nachträglicher Auflagen betreffend das Tanzcafe A im Standort A, L, weder innerhalb der gesetzlichen Frist noch bis zur Stellung des Devolutionsantrages bescheidmäßig entschieden.

 

Spätestens zum Zeitpunkt der gewerbebehördlichen Überprüfungsverhandlung am
8. Juni 2004 hätte die Bezirkshauptmannschaft auf Grund des Ergebnisses dieser Überprüfung - unabhängig von den durch den Anlageninhaber verursachten Verzögerungen - den Antrag des Herrn Ing. Mag. R bescheidmäßig erledigen können.

 

Da die Bezirkshauptmannschaft Perg nicht innerhalb der gesetzlichen Frist den Antrag des Nachbarn nach § 79a GewO 1994 bescheidmäßig erledigt hat, war dem Devolutionsantrag stattzugeben und sohin eine Sachentscheidung zu treffen.

 

3.2. Voraussetzung für die Zulässigkeit der Vorschreibung anderer oder zusätzlicher Auflagen ist zunächst das Vorliegen einer rechtskräftigen Genehmigung der Betriebsanlage bzw. einer rechtskräftigen Genehmigung der Änderung einer genehmigten Betriebsanlage. Im vorliegenden Fall ist diese Voraussetzung erfüllt; mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 26.9.1985, Ge-124-1985, wurde die gastgewerbliche Betriebsanlage im Standort A, L, durch die Bezirkshauptmannschaft genehmigt.

 

Eine weitere Voraussetzung für die Zulässigkeit der Vorschreibung zusätzlicher Auflagen ist aber auch, dass die gemäß § 74 Abs.2 wahrzunehmenden Interessen trotz konsensgemäßem Betrieb und trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht hinreichend geschützt sind.

 

Der Umstand allein, dass die genehmigte Betriebsanlage nicht konsensgemäß betrieben wird, rechtfertigt nicht die Vorschreibung einer anderen oder zusätzlichen Auflage; § 79 Abs.1 bietet keine Grundlage, eine vom Genehmigungsbescheid abweichende Betriebsweise durch Vorschreibung zusätzlicher Auflagen zu regeln (siehe VwGH 17.4.1998, 96/04/0269).

 

Gerade dieser Sachverhalt liegt aber im gegenständlichen Fall vor:

Im oben zitierten ursprünglichen Genehmigungsbescheid der in Rede stehenden gastgewerblichen Betriebsanlage wurde in der Verhandlungsschrift im Befund festgehalten, dass Musikdarbietungen lediglich mit Hintergrundmusik erfolgen und im Bereich des Gastgartens keine Musikdarbietungen durchgeführt werden.

Dadurch, dass diese Verhandlungsschrift einen ergänzenden Bestandteil des Bescheides bildet und der gewerbebehördlichen Genehmigung zu Grunde liegt, erlangt diese Feststellung insofern normativen Charakter, als damit der Betrieb der Musikanlage nur mit Hintergrundmusik betrieben werden darf.

Sowohl bei der Überprüfung am 8. Juni 2004 als auch bei einer weiteren Überprüfung wurde festgestellt, dass die gegenständliche Musikanlage weit über den genehmigten Umfang, nämlich mit 85 dB, betrieben wurde.

Eine Vorschreibung zusätzlicher Auflagen betreffend die Musikanlage - wie vom Antragsteller in seinem Antrag nach § 79a GewO 1994 gefordert - ist unter diesem Blickwinkel jedoch, wie oben unter Hinweis auf die dazu ergangene VwGH-Judikatur erörtert, nicht möglich.

Vielmehr hat die Behörde im Falle des Abweichens vom Genehmigungskonsens (sowie im gegenständlichen Fall im Zuge der behördlich durchgeführten Überprüfung hervorgekommen) ein Strafverfahren einzuleiten bzw. Zwangsmaßnahmen nach
§ 360 leg.cit. zu setzen, um den der Rechtsordnung entsprechenden Zustand herzustellen.

Ein Vorgehen nach § 79 GewO 1994 stellt hiefür keine taugliche Grundlage dar.

 

Da somit die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Auflagenvorschreibung nach § 79 Abs.1 GewO 1994 nicht gegeben sind, war der Antrag als unbegründet abzuweisen.

 

Das Gleiche gilt auch für die weiters im Antrag angeführten geforderten zusätzlichen Auflagen. Der Begriff der genehmigungspflichtigen Betriebsanlage im Sinne des § 74 ist nicht auf einen Bestand einer bestimmten Gewerbeberechtigung abgestellt und hat die vorliegende Gewerbeberechtigung keinen Einfluss auf die von der Behörde wahrzunehmenden Nachbarinteressen. Ebenso wenig enthält § 79 GewO 1994 die gesetzliche Ermächtigung der Behörde eine Antragstellung nach der Gewerbeordnung durch den Betreiber zu erzwingen.

 

Abschließend wird festgehalten, dass mittlerweile vom Konsensinhaber ein Nachweis über die durchgeführte Einstellung und Plombierung der Musikanlage auf 65 dB vorgelegt wurde und somit von einem konsensgemäßen Betrieb der Musikanlage auszugehen ist. Dies wurde auch durch die vom technischen Amtssachverständigen am 18.4. 2005 durchgeführte Überprüfung bestätigt.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Wolfgang Steiner

 
 
Beschlagwortung:
Devolutionsantrag

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